| Titel: | Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 674 | 
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                        Fortschritte und Neuerungen im Kran- und
                           								Windenbau.
                        Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
                              									höheren Maschinenbauschule in Posen.
                        Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau.
                        
                     
                        
                           Im Jahrgänge 1908 D. P. J. habe ich in einer Reihe von Aufsätzen versucht, die
                              									Entwicklung und den gegenwärtigen Stand des modernen Hebezeugbaus in großen Zügen
                              									darzustellen. Die vorliegende Arbeit soll nun an jene Artikelreihe anknüpfen, indem
                              									sie die Fortschritte des Kran- und Windenbaus im vergangenen Jahr schildert und
                              									zudem die oben genannten Arbeiten ergänzt.
                           Schon auf Seite 2 des vorigen Jahrganges ist erwähnt worden, daß sich die Begriffe
                              									modern und elektrisch im Hebezeugbau decken. An der Tatsache, daß, abgesehen vom
                              									Handantrieb, der elektrische Antrieb von Kranen und Aufzügen wenigstens bei uns zur
                              									Regel geworden ist, läßt sich nun einmal nicht rütteln.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 673
                              Fig. 1. Elektrisch betriebener Laufkran mit verschiebbarem Ausleger von
                                 										Stuckenholz.
                              
                           Wenn, wie es mir noch im vergangenen Sommer passierte, ein älterer Betriebsleiter
                              									einer Hafenanlage sich für Preßwasser als Kraftmittel bei Hafenkranen ins Zeug legte
                              									und den elektrischen Antrieb eine „Modesache“ nannte, so ist dies nur ein
                              									Beweis dafür, daß die Erkenntnis von den großen Vorteilen der Elektrizität als
                              									Kraftmittel für alle intermittierend arbeitenden Maschinen noch nicht Allgemeingut
                              									geworden ist.
                           Auch in einem Aufsatze „Hydraulische Vorrichtungen englischer Walzwerke“ in
                              									Stahl und Eisen 1908, S. 1489 u.f. kommt ein ähnlicher Ausdruck vor. Dort heißt es:
                              										„Der Ruf nach rein elektrischen Betrieben scheint sich zu einem Schlagwort
                                 										auszuwachsen, das der all-steel Reklame des Amerikaners vergleichbar
                                 										wäre.“ Wenn dem wirklich so wäre, dann müßte auch wohl über kurz oder lang
                              									eine Reaktion nach dieser Richtung eintreten. Daß dies aber nicht geschehen wird,
                              									daß der hydraulische Betrieb für Hebezwecke heute schon, wenn auch nicht als
                              									überwundener Standpunkt, so doch als Ausnahme anzusehen ist, dürfte jedem
                              									einsichtigen Ingenieur klar sein.
                           Wenn manche Hütteningenieure sich noch nicht von dem hydraulischen Gießwagen trennen
                              									können, so sind dies wohl nur Nachwirkungen von Anschauungen einer schon hinter uns
                              									liegenden Zeit. Denn stichhaltige
                           Gründe gegen rein elektrische Gießwagen gibt es heute nicht mehr. Wollte man deren
                              									Betriebssicherheit anzweifeln, dann müßte man es erst recht bei den schweren
                              									Gießkranen tun; hier kommt aber Preßwasser überhaupt nicht in Frage. Ein Absturz der
                              									Pfanne wird in den meisten Fällen bei letzteren unheilvollere Folgen haben als bei
                              									ersteren. Trotzdem kommen Gießkrane immer mehr in Aufnahme, ein Beweis, daß man den
                              									Konstruktionselementen des elektrischen Antriebes volles Vertrauen entgegenbringt.
                              									Auch im Walzwerksbetrieb, der ja ebenfalls zum intermittierenden Betriebe gehört,
                              									sehen wir dieselbe Entwicklung; immer häufiger findet hier der elektrische Antrieb
                              									Verwendung bei Rollgängen, Hebetischen, Blockscheren (D. P. J. 1909, S. 441) und
                              									dergl., abgesehen von den Walzenzugsmaschinen, bei denen die Verhältnisse
                              									ähnlich wie bei Hauptschachtfördermaschinen (D. P. J. 1909, S. 161) liegen.
                           Vom Dampfbetrieb läßt sich wenig sagen; er wird neben dem elektrischen Antrieb immer
                              									dort noch seine Stelle behaupten, wo elektrische Energie nicht zur Verfügung steht
                              									oder doch schwer hinzuleiten ist. Ihm könnte allerdings die
                              									Verbrennungskraftmaschine namentlich für flüssige Brennstoffe das Feld streitig
                              									machen. Abgesehen von einigen kleineren Ausführungen ist dieser Antrieb in letzter
                              									Zeit auch bei mehreren größeren Schwimmkranen zur Verwendung gekommen. Es wird dort
                              									hauptsächlich das billige Rohbenzol als Brennstoff benutzt, gegen das indes Bedenken
                              									bezüglich seines Gefrierpunktes vorliegen. Das gewöhnliche Benzol beginnt schon bei
                              									4° C unter Null zu erstarren; das sogenannte Winterbenzol allerdings erst bei – 10°
                              									C. Man muß daher im Freien bei strengerer Kälte mit einem Gemisch von Benzol und
                              									Spiritus oder mit reinem Spiritus arbeiten, was natürlich eine Erhöhung der
                              									Betriebskosten infolge des höheren Brennstoffpreises sowohl wie infolge der
                              									ungünstigeren Ausnutzung des Brennstoffes im Motor zur Folge hat. Solche
                              									Schwierigkeiten sind denn auch in der Praxis zutage getreten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 674
                              Fig. 2 u. 3: Laufkran mit festem Ausleger von Schenck.
                              
                           Der Hebezeugkonstrukteur wird klug tun, von einer Verbrennungskraftmaschine jeder Art
                              									als Antriebsmaschine von Hebezeugen stets abzuraten und nur in Notfällen dazu zu
                              									greifen. Alle Hinweise auf die geringeren Anschaffungskosten, die geringeren Kosten
                              									für das Kraftmittel gegenüber dem elektrischen Antriebe können nur den Laien
                              									täuschen. Denn ersteren stehen die weit höheren Abschreibungsquoten und
                              									Reparaturkosten gegenüber; letztere bestehen in Wirklichkeit aber nur dann, wenn die
                              									Maschine annähernd normal belastet ist, was im Hebezeugbetrieb doch nicht der Fall
                              									ist. Das Endergebnis wird daher immer das sein, daß die jährlichen Betriebskosten
                              									höhere sind als bei elektrischem oder Dampfantrieb. Aber wenn dies auch umgekehrt
                              									wäre, die Verbrennungskraftmaschine kann wegen ihrer besonderen Eigenschaften nur im
                              									Notfall Verwendung im Hebezeugbetrieb finden. Diese Maschine arbeitet nur bei
                              									kontinuierlichem Betriebe und unter normaler Belastung günstig; je stärker
                              									intermittierend der Betrieb ist, d.h. je mehr Anlaufen, Stillsetzen, Umsteuern und
                              									Geschwindigkeitsänderungen in Frage kommen, um so ungeeigneter ist sie. Denn sie
                              									läuft nicht von selbst und unter Belastung an, sie ist wenig überlastungsfähig, d.h.
                              									ihr Kraftüberschuß zum Beschleunigen der Massen ist gering, sie ist nicht
                              									umsteuerbar, bedarf also kraftverzehrender und betriebsunsicherer Reibkupplungen und
                              									Wendegetriebe.
                           Beim Anheben der Höchstlast stehen einer Verbrennungskraftmaschine nur etwa 10 bis 15
                              									v.H., dem Elektromotor jedoch 100 bis 150 v.H. Kraftüberschuß zur Verfügung. Um die
                              									gleiche Last in der gleichen Zeit gleich hoch zu heben, müßte die Normalleistung
                              									der ersteren um etwa 40 bis 50 v.H. größer gewählt werden als die des
                              									letzteren. Ich habe erst kürzlich alle diese nicht abzuleugnenden Mängel ins Feld
                              									führen müssen, um eine städtische Verwaltung vor Schaden zu bewahren, als dieser für
                              									den Verschiebedienst an ihrer Umschlagstelle eine Benzollokomotive als das non plus
                              									ultra angepriesen wurde. Ich kann es gar nicht verstehen, wie einige
                              									Gasmotorenfirmen für einen schweren Verschiebedienst, bei dem täglich etwa 300 mal
                              									angefahren werden muß, eine Benzollokomotive anbieten können; der Hinweis auf die
                              									vielen Grubenlokomotiven mit Benzolmotoren kann doch unmöglich ernst genommen
                              									werden; einmal handelt es sich dort nur um geringe Motorleistungen, 8 bis höchstens
                              									12 PS, dann haben diese Lokomotiven stets größere Strecken, 1 bis 2 km,
                              									ununterbrochen zurückzulegen; hier arbeitet der Benzolmotor, indem ein mehr
                              									kontinuierlicher Betrieb mit konstanter Belastung vorliegt, unter für ihn günstigen
                              									Verhältnissen. Für jeden stark intermittierenden Betrieb ist jedoch eine
                              									Verbrennungskraftmaschine, welcher Art sie auch sei, die aller ungeeignetste
                              									Maschine. In dem Entwicklungsgang des Hebezeugbaus scheint eine Periode der Sammlung
                              									eingetreten zu sein, die durch die geringere Bautätigkeit infolge der schlechten
                              									Geschäftslage in der Industrie begünstigt wird.
                           Man benutzt diese stillere Zeit, um das Bewährte konstruktiv besser auszubilden und
                              									auf die Fabrikation zuzuschneiden. Hinsichtlich des letzteren Punktes scheint noch
                              									manches im Argen zu liegen, denn sonst könnte man es nicht verstehen, daß die
                              									Angebote auf zwei normale elektrische Portalkrane, die mir im vorigen Jahre zur
                              									Begutachtung vorlagen, zwischen 30000 und 42000 M. differierten.
                           Die konstruktive Durchbildung des mechanischen Teiles elektrischer Krane für
                              									allgemeine Zwecke dürfte heute schon als abgeschlossen gelten. Neuerungen werden vor
                              									allem auf dem Gebiete der Spezialhebezeuge zu suchen sein; tauchen doch dort immer
                              									wieder neue Aufgaben für den Hebezeugkonstrukteur auf.
                           
                        
                           Hebezeuge für den
                                 										WerkstättenbetriebD. P. J. 1908, S. 49
                                    											u.f..
                           Die Entwicklung des normalen elektrischen Laufkranes für allgemeine Werkstättenzwecke
                              									ist vorläufig als abgeschlossen zu betrachten; hier ist nichts Neues zu verzeichnen.
                              									Der von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg
                              									eingeführte Doppelantrieb mittels Planetenräder für weitgehendere
                              									Geschwindigkeitsabstufungen soll an anderer Stelle betrachtet werden.
                           Das Bestreben, den Bereich des Lasthakens unter die Kranbahnen hinweg bis in die
                              									Nebenräume zu erweitern, ist nachhaltig gewesen; bei Neuanlagen mit parallelen
                              									Schiffen wird heute schon fast regelmäßig
                              									davon Gebrauch gemacht. In vielen Fällen begnügt man sich dabei mit einem nur
                              									verschiebbaren Ausleger, wie ihn Fig. 1 nach einer
                              									Ausführung von Ludwig Stuckenholz zeigt. Der Ausleger
                              										a ruht mittels Laufrollen auf den Untergurten der
                              									Kranträger b; er wird durch den Motor e mittels des Seiles f
                              									verschoben. Die Hubwinde befindet sich auf der Laufkatze c, die sich auf den
                              									Unterflanschen des Auslegers bewegt. Ihre Fahrbewegung wird durch den Motor g und das Seil h bewirkt,
                              										d ist der Kranfahrmotor.
                           Nützliche Dienste kann auch schon ein Laufkran mit festem Ausleger leisten, wie ihn
                              									die Firma Carl Schenck in Darmstadt für Handbetrieb
                              									ausgeführt hat, Fig. 2
                              									u. 3. Die Kranträger
                              										a kragen unter dem Kranbahnträger b in den Nebenraum hinein. Bei dieser Anordnung muß der
                              									Kranbahnträger natürlich auf seiner ganzen Länge freitragend sein.
                           Der von dem Lautkran bestrichene Raum läßt sich von dem Lasthaken völlig beherrschen,
                              									wenn der Ausleger außer der Verschiebbarkeit noch Drehbarkeit besitzt; in D. P. J.
                              									1908, S. 65 und 66 sind solche Ausleger-Laufdrehkrane und deren betriebstechnische
                              									Vorteile besprochen worden. Die dortigen Erörterungen wären noch dadurch zu
                              									ergänzen, daß die Last nicht nur in den Seitenschiffen, sondern auch bei genügender
                              									Höhe des Einganges außerhalb der Werkstätte an deren Stirnwänden abgesetzt werden
                              									kann, ohne daß die Fahrbahn des Kranes nach außen verlängert zu werden braucht.
                           Bei kleinerer Spannweite genügt auch schon die bloße Drehbarkeit des Auslegers; eine
                              									solche Anordnung findet man u.a. bei den neuen Helling-Krananlagen für Blohm und Voß und für die
                              									Hamburger Werft des Stettiner Vulkans, D. P. J. 1908, S. 547.
                           Fig. 4 zeigt ferner einen derartigen leichteren Kran
                              									der Benrather Maschinenfabrik für die Schiffswerft von
                              										William Doxford and Sons, Sunderland. Die
                              									Tragkraft beträgt nur 760 kg, die Ausladung 2660 mm und die Spurweite 1680 mm. Die
                              									Hub- und Fahrbewegung wird durch Elektromotoren, die Drehbewegung von Hand bewirkt.
                              									Die beiden Anlasser sind mittels Flanschen an der Hängesäule befestigt; sie werden
                              									von Flur aus durch Handketten betätigt. Oben an der Säule bemerkt man den
                              									Schleifringkontakt für die zentrale Stromzuführung. Der Kran zeigt einen sehr
                              									geschickten Aufbau und gute konstruktive Ausgestaltung; in seiner Art kann er schon
                              									vorbildlich gelten. Seine Identität mit einem umgekehrten Drehkran ist hier
                              									vollkommen. Die Erbauerin nennt ihn daher mit Recht Deckendrehkran.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 675
                              Fig. 4. Elektrischer Deckendrehkran der Benrather Maschinenfabrik.
                              
                           
                              (Fortsetzung folgt.)