| Titel: | Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen. | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 682 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit
                           								Motorfahrzeugen.
                        (Fortsetzung von S. 662 d. Bd.)
                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen.
                        
                     
                        
                           In technischer Beziehung werden folgende Anforderungen an Motorlastwagen
                              									gestellt, welche die obigen Vergünstigungen erhalten können: Ein leichter
                              									Motorlastzug, bestehend aus einem Motorlastwagen und einem Anhänger soll täglich
                              									mindestens 6000 kg auf fester Strecke befördern können. Das betriebsfertige Gewicht
                              									soll bei dem Motorlastwagen 7500 kg möglichst nicht überschreiten. Die
                              									Höchstgeschwindigkeit soll in der Ebene bei Eisenbereifung tunlichst nicht mehr als
                              									12 km, bei Gummibereifung nicht mehr als 16 km i.d. Stunde, im Durchschnitt bei
                              									Eisenbereifung 9 km i.d. Stunde und Tagesleistung etwa 90 km, bei Gummibereifung 12
                              									km i.d. Stunde und Tagesleistung etwa 120 km. Der Lastzug muß auf festen Straßen
                              									alle vorkommenden Steigungen bis 1 : 8 mit voller Last und beladenem Anhänger
                              									befahren können. Der Vorrat an Betriebsstoff muß für 250 km ausreichen. Spurweite
                              									bis 1,7 m. Tiefste Stelle zwischen den Rädern bei voller Belastung nicht weniger als
                              									28 cm über der Standfläche.
                           Der wirtschaftliche Erfolg dieser Maßnahme war, daß auf Grund der vorstehenden
                              									Bestimmungen im Jahre 1908 nicht weniger als 158 Motorlastwagen, und zwar meist mit
                              									einem Anhänger von Privaten oder Gesellschaften für feste Rechnung in Auftrag
                              									gegeben worden sind. Von diesen haben zu bauen:
                           
                              
                                 Die Daimler-Motoren-Gesellschaft, Marienfelde bei Berlin
                                   59
                                 
                              
                                 Die Automobilfabrik von H.
                                       												Büssing in Braunschweig
                                   44
                                 
                              
                                 Die Neue Automobil-Gesellschaft,
                                    											Berlin
                                   25
                                 
                              
                                 Die Süddeutsche Automobilfabrik
                                       												Gaggenau
                                   20
                                 
                              
                                 Scheibler in Aachen
                                     6
                                 
                              
                                 Stoewer in Stettin
                                     4
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 158
                                 
                              
                           Der Rest der im Jahre 1908 für diesen Zweck bereitgestellten Summe von 800000 M. ist
                              									von der Heeresverwaltung zum Ankauf von 8 weiteren, ebensolchen Motorlastzügen
                              									verwendet worden. Diese sollen dazu dienen, solchen Betrieben, welche die
                              									Anschaffung von Motorlastwagen beabsichtigen, Gelegenheit zu praktischen Versuchen
                              									in ihrem eigenen Kreise zu geben. Größeren Vereinen, Gemeinden usw. wird hierdurch
                              									ein Mittel an die Hand gegeben, sich über die voraussichtlichen Kosten und die
                              									wirtschaftlichen und sonstigen Vorteile des Motorlastwagenbetriebes ein annähernd
                              									klares Bild zu verschaffen, bevor sie an die immerhin beträchtliche Ausgabe, welche
                              									der Kauf eines solchen Motorlastzuges bedeutet, herantreten. Die Bedingungen, unter
                              									denen die Heeresverwaltung ihre Fahrzeuge verleiht, sind sehr günstig. Sie
                              									fordert nur den Ersatz ihrer Barauslagen, die ihr dadurch erwachsen, daß die
                              									Fahrzeuge und ihre militärischen Bedienungsmannschaft, welche dabei bleiben muß, an
                              									Ort und Stelle geschafft und dort verpflegt werden. Auch sind die laufenden
                              									Betriebskosten und etwaige Reparaturen vom Unternehmer zu tragen. Für die Abnutzung
                              									ist dagegen nichts zu bezahlen.
                           Mit solchen Maßnahmen hat sich die Heeresverwaltung gewissermaßen zur Vorkämpferin
                              									unserer Motorlastwagen-Industrie gemacht. Sie hat unseren Motorfahrzeugfabriken im
                              									Jahre 1908, dem so schrecklichen Krisenjahre, Aufträge auf 158 + 8 = 166
                              									Motorlastwagen im Preise von je etwa 18000 M. zugeführt, eine Tat, durch die sie
                              									sich die Dankbarkeit der beteiligten Kreise gesichert hat. Aber auch die
                              									Heeresverwaltung ist dabei nicht zu kurz gekommen. Sie hat sich mit einem Aufwand
                              									von wenigen Hunderttausenden eine Reihe von Motorlastfahrzeugen gesichert, auf
                              									welche sie im Falle eines Krieges sofort Beschlag legen kann, die ihr außerdem
                              									alljährlich zur Vornahme der Prüfungen über die Brauchbarkeit, gegebenenfalls auch
                              									bei den Manövern zur Verfügung stehen, ohne daß das Anlagekapital verzinst zu werden
                              									brauchte. Auf diese Weise hat die Heeresverwaltung mit verhältnismäßig geringen
                              									Mitteln den Grund zu einem Motorlastwagenpark gelegt, welcher sich im Laufe weniger
                              									Jahre ganz ansehnlich gestalten dürfte und damit die oben angeführte Möglichkeit der
                              									Verwendung solcher Fahrzeuge im Etappendienst ihrer Verwirklichung bedeutend näher
                              									gebracht.
                           Die hohe Stufe der Vollkommenheit, welche diese Art von Motorlastwagen tatsächlich
                              									schon heute erreicht hat, wird wohl durch nichts so treffend dargetan, wie durch die
                              									Ergebnisse der diesjährigen militärischen Prüfungsfahrt für
                                 										Lastkraftwagen, welche in den Tagen vom 26. April bis zum 21. Mai 1909 von
                              									der Versuchsabteilung der Verkehrstruppen veranstaltet worden ist. Diese zum Zwecke
                              									der weiteren Einbürgerung solcher Motorfahrzeuge unternommene Fahrt, die mit dem vom
                              									Kaiserlichen Automobilklub in Gemeinschaft mit dem Verein deutscher
                              									Motorfahrzeug-Industrieller veranstalteten Internationalen Lastwagen-Wettbewerb
                              									zusammengelegt worden war, hatte nebenbei auch den Zweck, einigen neueren Fabriken
                              									Gelegenheit zu geben, die Kriegsbrauchbarkeit ihrer Erzeugnisse zu beweisen und den
                              									Anspruch auf die erwähnten staatlichen Beihilfen zu erlangen.
                           
                           An dieser Prüflings fahrt, bei welcher an 20 Fahrtagen die Strecke von Berlin
                              									bis Stuttgart und zurück zurückgelegt wurde, haben insgesamt 17 leichte
                              									Motorlastzüge teilgenommen, worüber Einzelheiten in der nachstehenden
                              										ZahlentafelKölnische Zeitung
                                    											1909 No. 890. enthalten sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 683
                              Fig. 2. Aelteres Lastwagen-Untergestell der
                                 										Daimler-Motorengesellschaft.
                              
                           
                              
                                 Firma
                                 Nor-maleUmlauf-zahl
                                    											desMotorsi.d. Min.
                                 Nenn-leistunginPS
                                 Eigen-gewichtinkg
                                 Spur-weiteinmm
                                 Brennstoff
                                 Brenn-stoffVerbr.auf
                                    											derganzenStreckei. Litern
                                 
                              
                                 
                                    Argus
                                    
                                 800
                                 30
                                 4076
                                 1700
                                 Leichtbenzin
                                 1381
                                 
                              
                                 
                                    Büssing
                                    
                                 850
                                 38
                                 4235
                                 1690
                                 Benzol
                                 ?
                                 
                              
                                 
                                    Daimler I
                                    
                                 800
                                 35
                                 4050
                                 1700
                                 „
                                 1259
                                 
                              
                                 
                                    Daimler II
                                    
                                 800
                                 35
                                 4050
                                 1700
                                 „
                                 1355
                                 
                              
                                 Dürkopp(Kettenantrieb)
                                 800
                                 38
                                 4303
                                 1770
                                 „
                                 1469
                                 
                              
                                 Dürkopp(Kardanantrieb)
                                 800
                                 38
                                 4480
                                 1770
                                 „
                                 1414
                                 
                              
                                 
                                    Ehrhardt I
                                    
                                 850
                                 36
                                 4100
                                 1550
                                 „
                                 1667
                                 
                              
                                 
                                    Ehrhardt II
                                    
                                 850
                                 36
                                 4100
                                 1550
                                 „
                                 1398
                                 
                              
                                 
                                    Eisenach
                                    
                                 800
                                 35
                                 4250
                                 1740
                                 
                                 1442
                                 
                              
                                 
                                    Mulay I
                                    
                                 750
                                 35
                                 3980
                                 1700
                                 Schwerbenzin
                                 1546
                                 
                              
                                 
                                    Mulay II
                                    
                                 750
                                 35
                                 3980
                                 1700
                                 „
                                 1622
                                 
                              
                                 
                                    Nacka
                                    
                                 850
                                 37
                                 4346
                                 1700
                                 Benzol
                                 1398
                                 
                              
                                 
                                    N.A.G. I
                                    
                                 850
                                 40
                                 4200
                                 1700
                                 „
                                 1398
                                 
                              
                                 
                                    N.A.G. II
                                    
                                 850
                                 40
                                 4200
                                 1700
                                 „
                                 1294
                                 
                              
                                 
                                    Lloyd
                                    
                                 800
                                 35
                                 4443
                                 1790
                                 Leichtbenzin
                                 1716
                                 
                              
                                 
                                    Soest
                                    
                                 800
                                 30
                                 ?
                                 1700
                                 ?
                                 ?
                                 
                              
                                 
                                    Gaggenau
                                    
                                 850
                                 35
                                 4314
                                 1800
                                 Schwerbenzin
                                 1134
                                 
                              
                           Von den vorstehend genannten Fabriken beabsichtigten Argus,
                                 										Ehrhardt und Soest (Düsseldorf) den Anspruch
                              									auf die staatliche Beihilfe erst durch diese Fahrt zu erwerben, die übrigen ließen
                              									ihre Wagen mitlaufen, um kleinere Verbesserungen auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen
                              									und weitere Erfahrungen während einer so langen, anstrengenden Fahrt zu sammeln.
                           Die Länge der auf dieser Fahrt zurückgelegten Strecke beträgt 2352,2 km. Die Strecke
                              									zeichnet sich durch Mannigfaltigkeit der Steigungsverhältnisse aus und weist
                              									mitunter Steigungen bis zu 13 v.H. auf. Dazu kommt, daß die Straßen sehr verschieden
                              									instand gehalten, teilweise wirklich schlecht waren, so daß an das Material der
                              									Fahrzeuge und an die Führer große Anforderungen gestellt wurden. Die ganze Strecke
                              									wurde einschließlich der Pausen in 218 Fahrstunden zurückgelegt, also mit einer
                              									mittleren Geschwindigkeit von 10,8 km in der Stunde, an den einzelnen Fahrtagen, wo
                              									Leistungen bis zu 140,5 km erzielt werden mußten, schwankten sie zwischen 8,5 und
                              									12,8 km in der Stunde. Rechnet man hierzu, daß die Züge in zwei Kolonnen fahren
                              									mußten, die sich in etwa 1000 m folgten, während zwischen den einzelnen Zügen nur 10
                              									bis 20 m Abstand eingehalten werden sollte, so kann man die Tatsache, daß alle Züge
                              									bis auf einen bereits am zweiten Tage ausgeschiedenen pünktlich am Ziele
                              									eingetroffen sind, als ein bemerkenswertes Ergebnis bezeichnen. Die
                              									Kriegsbrauchbarkeit der Armeelastzüge unter allen Verhältnissen läßt sich danach
                              									nicht mehr bezweifeln und im Nachschubwesen unserer Heere darf man daher im
                              									Friedens- und im Ernstfalle große Fortschritte erwarten.
                           Die von der Heeresverwaltung aufgestellten Bestimmungen über die konstruktiven
                              									Einzelheiten solcher Motorfahrzeuge, welche als kriegsbrauchbar angesehen werden
                              									können, haben, wie schon oben angedeutet, die meisten Fabriken zu Neukonstruktionen
                              									veranlaßt, die in ihrer Gesamtheit die wahren Fortschritte auf diesem Zweige des
                              									Motorfahrzeugbaues darstellen und daher hier eingehend besprochen werden mögen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 683
                              Fig. 3. Neueres Lastwagen-Untergestell der Daimler-Motorengesellschaft.
                              
                           Unter den deutschen Motorfahrzeugfabriken – und nur die Erzeugnisse dieser kommen
                              									nach den Bestimmungen der Heeresverwaltungen für die staatliche Unterstützung mit
                              									Geldmitteln in Betracht – kommt auf dem Gebiete des Motorlastwagenbaues die Daimler-Motorengesellschaft, Zweigniederlassung Marienfelde
                                 										bei Berlin, mit ihren langjährigen Erfahrungen und ihrer umfangreichen
                              									Erzeugung von Motoromnibussen an erster Stelle in Betracht. Die Motorlastwagen
                              									dieser Fabrik haben, allerdings schon etwas früher, als die Heeresverwaltung mit
                              									ihren Bestimmungen auftrat, gegenüber den ursprünglichen Konstruktionen eine
                              									wichtige Verbesserung dadurch erfahren, daß an Stelle der ⊏-Träger gepreßte
                              									Blechträger für die Untergestelle verwendet werden, eine Bauart, die außerordentlich
                              									kostspielige Gesenke erfordert und die sich tatsächlich nur eine solche Fabrik
                              									gestatten kann, welche über eine genügend große Produktion verfügt.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 684
                              Fig. 4 u. 5: Daimler-Untergestell mit Dreipunktaufhängung und gepreßten
                                 										Rahmen.
                              
                           Welchen Fortschritt die Einführung- der aus Blech gepreßten Rahmen auch für
                              									Motorlastwagen darstellt, kann man aus einem Vergleich der Fig. 2 und 3
                              									erkennen, welche 3 t-Lastwagen älterer und neuerer Bauart wiedergeben. Abgesehen
                              									davon, daß die aus Blech gepreßten Rahmen leichter sind als die anderen, ein Grund,
                              									der hauptsächlich ihre Verbreitung bei Personen-Motorfahrzeugen veranlaßt hat, für
                              									Lastwagen aber vielleicht etwas weniger schwer ins Gewicht fällt, ist aus einem
                              									Vergleich der Fig. 2 und 3 sofort zu ersehen, daß die Anwendung der elegant geschweiften gepreßten
                              									Längsträger dem Untergestell viel von seiner früheren Klobigkeit genommen hat, ohne
                              									daß deshalb seine Festigkeit vermindert worden wäre. Zur Verbesserung der äußeren
                              									Erscheinung hat ferner beigetragen, daß die früher aus Holz hergestellten, wuchtigen
                              									Schubbalken, welche die Hinterachse in der Längsrichtung des Wagens gegen den Rahmen
                              									abstützen, ebenfalls aus Blech gepreßt und nach innen zusammengerückt worden sind,
                              									wodurch nebenbei auch die zu den Hinterradbremsen führenden Stangen besser
                              									zugänglich werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 685
                              Fig. 6. Aufhängung des Ausgleich-Getriebes.
                              
                           An Einzelheiten der Konstruktion des Untergestelles der neueren Daimler-Motorlastwagen seien hervorgehoben die
                              									Uebertragung des Antriebes von dem in der üblichen Weise vorne aufgestellten
                              									Vierzylindermotor auf die Kegelkupplung und das vierstufige Wechselgetriebe mit
                              									Rücklauf. Die aus dem Wechselgetriebe nach hinten in der Längsachse des Wagens
                              									austretende Kardan-Gelenkwelle treibt vermöge eines
                              									Kegelräder-Ausgleichgetriebes zwei kurze Querwellen an, an deren Enden kleine
                              									Zahnräder den Antrieb auf die in den Hinterrädern angeordneten Innenzahnkränze
                              									übertragen.
                           Der Schub an der Hinterachse, welcher sowohl beim Einschalten der Kupplungen als auch
                              									durch das Bremsen verursacht wird, wird nun durch die beiden schildartig
                              									verbreiteten Schubbalken auf eine etwa in der Mitte des Untergestelles befindliche
                              									Querstütze übertragen. Die Schubbalken sind an der Hinterachse des Fahrzeuges
                              									befestigt und an ihren vorderen Enden um wagerechte Zapfen drehbar, so daß sie den
                              									mit den Unebenheiten des Weges außerordentlich wechselnden Durchbiegungen der
                              									Hinterfedern getrennt voneinander folgen können. Eine Beschränkung erleidet
                              									allerdings diese Beweglichkeit dadurch, daß das Gehäuse des Ausgleichgetriebes mit.
                              									den Schubbalken starr verbunden werden muß, damit ein von den Veränderungen des
                              									Rahmens während der Fahrt möglichst unabhängiger Eingriff der Zahntriebe in den
                              									Hinterrädern gesichert wird. Die Folge hiervon ist eine gewisse Unvollkommenheit
                              									des Antriebes, die namentlich dort, wo stark unebenes Pflaster befahren werden
                              									muß, in einem lebhaften Geräusch der Zahntriebe in den Hinterrädern, sowie in einer
                              									verhältnismäßig starken Abnutzung dieser Zahnräder ihren Ausdruck findet.
                           Es ist vielleicht ferner zweckmäßig, zu untersuchen, wie sich dieser Antrieb verhält,
                              									wenn die Federn der Hinterachse verschieden stark durchgebogen werden, z.B. beim
                              									Fahren auf seitlich geneigten Flächen. Der Drehung um die Längsachse des Wagens,
                              									welche die Hinterachse hierbei ausführt, müssen die beiden Schubbalken folgen,
                              									können dies aber, da sie an wagerechten Zapfen sitzen, nur so, daß sie in ihrer
                              									Längsrichtung verdreht werden. Das hätte, weil die Schubbalken aus dünnem, sehr
                              									elastischem Nickelstahlblech bestehen, an und für sich wohl kaum irgendwelche
                              									Bedenken, wenn die Schubbalken nicht zwischen sich das starre Gehäuse des
                              									Ausgleichgetriebes tragen müßten. Auf dieses werden daher bei einer solchen
                              									Verdrehung der Hinterachse große Biegungsbeanspruchungen übertragen.
                           Das erklärt, warum mehrfache Versuche, dieses Gehäuse aus Aluminiumguß herzustellen,
                              									um das Gewicht des Untergestells und die Beanspruchung der Gummireifen der
                              									Hinterräder zu vermindern, keinen Erfolg haben konnten und warum dafür immer noch
                              									Stahlguß verwendet werden muß.
                           Das oben angegebene Verhalten des Daimlerschen
                              									Hinterachsantriebes ist wahrscheinlich mitbestimmend dafür gewesen, warum die
                              									neueste Konstruktion der Motorlastwagen dieser Fabrik wesentlich abgeändert worden
                              									ist. Da man sich außerdem vergegenwärtigte, daß es unmöglich ist, einen aus so
                              									dünnem, biegsamen Blech bestehende Rahmen, wie ihn die neueren Untergestelle
                              									aufweisen, vor Formänderungen während der Fahrt zu schützen, d.h. zu verhindern, daß
                              									sich die Längsträger beim Fahren über unebenes Pflaster unter der Wirkung des
                              									Wagengewichtes vorübergehend durchbiegen und die ganzen Verbände des Rahmens durch
                              									Verzerrungen infolge des Schiefstellens der Achsen beansprucht und gelockert werden,
                              									so war man darauf bedacht, alle wichtigen Teile des Wagenantriebes in dem Rahmen so
                              									anzuordnen, daß diese Formänderungen auf die Kraftübertragung keinen Einfluß ausüben
                              									können. Nur dadurch ist bei den großen Abmessungen, die hier vorkommmen, zu
                              									vermeiden, daß die wenig widerstandsfähigen Gehäuse des Motors und der Getriebe
                              									gelegentlich bei einem heftigen Stoß Brüche erleiden, daß sich die Lager der Wellen
                              									zu schnell auslaufen und daß die Zahnräder mitunter zu schnell abgenutzt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 685
                              Fig. 7. Aufhängung des Kühlers.
                              
                           Das Mittel, welches hierbei angewendet werden muß, ist die auch bei
                              									Personenfahrzeugen schon öfter benutzte, sogenannte Dreipunktlagerung. Wie das Wort besagt, muß jeder der in sich abgeschlossenen
                              									Teile des Wagenantriebes, also Motor, Wechselgetriebe und Ausgleichgetriebe, im
                              									Rahmen um drei Punkte beweglich angeordnet werden, derart, daß jeder dieser
                              									Stützpunkte unter dem Einfluß der erwähnten Formänderungen des Rahmens innerhalb
                              									gewisser, allerdings geringer Grenzen Verschiebungen erfahren kann, ohne daß
                              									Beanspruchungen in diesen Teil hineingetragen werden. Die Verbindungen zwischen
                              									diesen Teilen müssen naturgemäß ebenfalls gelenkig ausgebildet werden. Dieses
                              									Verfahren ist bei dem neuesten Motorlastwagen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, der vor etwa einem Jahr zum ersten Mal
                              									öffentlich vorgeführt wurde in äußerst folgerichtiger Weise zur Anwendung gelangt
                              									und wird bei allen Fahrzeugen befolgt, welche auf Grund der Bestimmungen der
                              									Heeresverwaltung bei dieser Fabrik bestellt worden sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 686
                              Fig. 8. Aufhängung des Kühlets.
                              
                           Das Aeußere der gepreßten Längsträger dieses für 5000 kg Nutzlast bestimmten
                              									Motorlastwagens, hat durch die deutlich erkennbare Prägung noch insofern eine
                              									Verbesserung erfahren, als dadurch der Eindruck des Leichten, Eleganten verstärkt
                              									wird, der sich auch sonst in den Linien kundgibt. Die eigenartige Lagerung der Teile
                              									des Antriebes ist aus den Konstruktionszeichnungen dieses Untergestelles, Fig. 4 und 5 leicht zu ersehen.
                              									Der wie üblich vorn angeordnete Vierzylindermotor ist an seinem vorderen Ende in
                              									einem großflächigen Lager mit Kugelbewegung gelagert, welches auf der vorderen
                              									Querstütze des Wagenrahmens sitzt und welches das nach vorn aus dem Motorgehäuse
                              									ausgebaute Lager der verlängerten Kurbelwelle umfaßt. An seinem hinteren Ende
                              									ist das ganze Motorgehäuse mit Hilfe von zwei Kreuzgelenkzapfen unter den
                              									Längsträgern des Wagenrahmens aufgehängt. Eine ähnliche Lagerung nur in umgekehrter
                              									Anordnung kann auch an dem Getriebekasten festgestellt werden. Abgesehen von den
                              									besprochenen Vorteilen bietet diese Dreipunktlagerung auch noch den, daß die Lager
                              									verhältnismäßig schnell geöffnet und jeder Teil bei Bedarf bequem ausgebaut werden
                              									kann, eine Eigenschaft, die bei Dauerbetrieben, z.B. bei großstädtischen
                              									Motoromnibusunternehmungen nicht unterschätzt werden darf. Wie tatsächlich jeder der
                              									Lagerpunkte gewisse kleine Verschiebungen erfahren kann, ohne das betreffende
                              									Gehäuse zu belasten, lehrt ein Blick auf die Zeichnung. Schließlich sei noch
                              									bemerkt, daß auch der Einbau der Teile, nachdem sie für sich vorher geprüft worden
                              									sind, sehr einfach ist, weil sie nicht peinlich genau angeordnet zu werden brauchen.
                              									Besonders interessant ist die Aufhängung des Ausgleichgetriebes: Die beiden
                              									bekannten Schubbalken aus gepreßtem Blech, die auch hier vorhanden sind, bilden
                              									zusammen mit der Hinterachse einen Rahmen, dessen vordere Spitze, wie aus Fig. 6 ersichtlich ist, sich an der Querstütze in der
                              									Mitte des Wagenrahmens in einem Kreuzgelenk bewegen kann, derart, daß dieser Rahmen
                              									unabhängig von dem übrigen Untergestell allen von der Hinterachse ausgeführten
                              									Bewegungen folgen kann. Das in diesem Rahmen gelagerte Ausgleichgetriebe erfährt
                              									daher, was immer für Bewegungen der Hinterachse auftreten, keine Beanspruchungen
                              									mehr, es kann also auch aus leichterer Legierung gegossen werden. Ebenso wird der
                              									Eingriff der Zahntriebe an den Enden der Ausgleichwellen durch solche Bewegungen in
                              									keiner Weise gestört.
                           Wie folgerichtig die Daimler-Motoren-Gesellschaft in der
                              									Anwendung dieses Verfahrens vorgegangen ist, beweist übrigens auch die Anordnung des
                              									Kühlers, siehe Fig. 7 und 8, der an den Seiten auf Kreuzgelenkzapfen sitzt, und daher bei
                              									Verschiebungen eines Längsträgers gegen den anderen nicht mehr in Mitleidenshhaft
                              									gezogen wird, wie früher.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)