| Titel: | Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen. | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 695 | 
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                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit
                           								Motorfahrzeugen.
                        (Fortsetzung von S. 686 d. Bd.)
                        Motorlastzüge und Lastenförderung mit Motorfahrzeugen.
                        
                     
                        
                           Auch die Einzelteile des beschriebenen neuen Motorlastwagens der Daimler-Motoren-Gesellschaft weisen Veränderungen gegen
                              									früher auf, welche eine Besprechung verdienen.
                           Bei dem Motor, der in den Fig. 9 bis 12 dargestellt ist,
                              									ist die bekannte stehende Bauart mit den auf beiden Seiten symmetrisch angeordneten,
                              									von getrennten Steuerwellen angetriebenen, auswechselbaren Ventilen beibehalten. Das
                              									Kurbelgehäuse ist aber mit Kühlrippen an der unteren Hälfte versehen, außerdem hat
                              									der Motor Zentralschmierung, um das Ausstoßen von Rauch zu vermeiden, den
                              									Oelverbrauch zu vermindern und zu verhindern, daß überschüssiges Oel auf die Straße
                              									abtropft und das Pflaster verunreinigt. Früher begnügte man sich, wie bekannt sein
                              									dürfte, fast ausschließlieh damit, die Kurbelkammer bis etwa zur Mitte ihrer Höhe
                              									mit Schmieröl zu füllen und dieses Oel durch die eintauchenden Köpfe der Zugstangen
                              									nach allen Seiten zu verspritzen. Bei dem neuen Motor dagegen sammelt sich das
                              									verbrauchte Oel in einem auf dem nach hinten geneigten Boden des Kurbelgehäuses
                              									angeordneten Sumpf und wird hier durch eine kleine Kolbenpumpe aufgenommen, welche
                              									von einer der Steuerwellen angetrieben wird. Diese Pumpe drückt das Oel durch
                              									Bohrungen, welche in das Kurbelgehäuse eingegossen sind, zu den drei Lagern der
                              									Kurbelwelle, während der Ueberschuß durch eine Leitung zum Spritzbrett auf dem
                              									Führersitz geführt wird, wo das Fließen des Oeles in einem Schauglase beobachtet
                              									werden kann. Das aus den Lagern abfließende Oel wird von den Kurbelköpfen auch auf
                              									die Kolben und Stangen abgespritzt, die erfahrungsgemäß einer besonderen
                              									Schmiereinrichtung nicht bedürfen.
                           Eine weitere Verbesserung der früheren Bauart stellen die eingekapselten Steuerräder
                              									des Motors dar. Die Steuerräder, die unmittelbar hinter dem Kühler sitzen, waren
                              									früher dem während der Fahrt aufgewirbelten Straßenstaub stark ausgesetzt und
                              									liefen daher nach kurzer Zeit sehr unruhig. Das soll durch die auch bei anderen
                              									Motoren zur Anwendung gelangte Einkapselung vermieden werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 695
                              Fig. 9. Motor der Daimler-Motoren-Gesellschaft.
                              
                           Schließlich sei noch erwähnt, daß auch das Gestänge der Abreißzündung gegen früher
                              									insofern verbessert worden ist, als die darin eingeschaltete Feder auf Zug und nicht
                              									mehr auf Druck wirkt. Der Zündstift, durch welchen beim Verstellen des Abreißhebels
                              									der Funken erzeugt wird, sitzt nicht mehr parallel, sondern senkrecht zur Spindel
                              									des Abreißhebels und ist von oben her eingeschraubt. Dadurch wird die Möglichkeit
                              									von Kurzschlüssen, die zu Störungen der Zündung führen können, vermindert.
                           Zur Kupplung zwischen Motor- und Wechselrädergetriebe verwendet die Daimler-Motoren-Gesellschaft bei ihren Motorlastwagen
                              									noch immer die bekannte Kegelreibkupplung, deren Lederbelag sich, wenn er abgenutzt
                              									oder bei langem Schleifenlassen der Kupplung verbrannt ist, immer mit
                              									verhältnismäßig- geringen Kosten auswechseln läßt. Die rein metallischen Lamellen-
                              									oder Scheibenkupplungen haben dadurch, daß sie in Oel laufen und staubsicher
                              									eingekapselt werden können, gewiß ihre Vorteile, welche ja auch durch ihre steigende
                              									Verwendung bei Luxuswagen ihre Anerkennung finden. Für stark beanspruchte
                              									Gebrauchswagen scheinen sie sich wohl deshalb nicht so gut zu eignen, weil sie sich
                              									hierbei auch abnutzen und weil ihr Ersatz dann zu teuer ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 696
                              Motor der Daimler-Motoren-Gesellschaft.
                              
                           Die Daimler-Motoren-Gesellschaft verwendet im übrigen
                              									auf Verlangen ebenfalls eine rein metallische Kupplung, s. Fig. 13, mit Aluminiumkegel, welche sich nach innen öffnet und deren
                              									Federdruck im eingerückten Zustand der Kupplung ausgeglichen ist. Allerdings müssen
                              									hier, um Stöße beim Einrücken zu vermeiden, die Kupplungsflächen etwas geschmiert
                              									werden; zu diesem Zwecke wird in dem Hohlraum immer ein wenig Oel gehalten, welches
                              									erst weggedrückt werden muß, bevor der Eingriff zustande kommt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 696
                              Fig. 13. Kegelkupplung mit Aluminiumkegel der
                                 										Daimler-Motoren-Gesellschaft.
                              
                           Das vierstufige Wechselgetriebe mit seinen zwei verschiebbaren Zahnräderpaaren und
                              									auf Kugellagern laufenden Wellen darf als bekannt angesehen werden. Zwischen
                              									Wechselgetriebe und Motorkupplung befindet sich eine kleine Kupplung, welche zur
                              									Wirkung gelangt, wenn die Motorkupplung ausgerückt wird und den Zweck hat, die
                              									Stöße, welche beim Verändern der Getriebeübersetzung während des Laufes auftreten,
                              									zu mildern. Die Wirkung dieser Kupplung besteht darin, daß die obere Welle des
                              									Getriebekastens etwas abgebremst wird, so daß der Geschwindigkeitsunterschied
                              									zwischen der vom Motor schnell getriebenen oberen Welle und der mit dem
                              									langsamfahrenden Wagen verbundenen unteren Welle in gewissem Maße ausgeglichen
                              									werden kann.
                           Das große Lager, welches den einen Stützpunkt für das Getriebe im Wagenrahmen bildet,
                              									ist aus Fig. 4
                              									deutlich zu ersehen. Wegen der beweglichen Lagerung des Getriebekastens im
                              									Wagenrahmen mußte auch das Lager für die Schalthebel vom Rahmen auf das Gehäuse
                              									übertragen werden, damit bei Formänderungen des Rahmens das Schaltgestänge nicht in
                              									Unordnung geraten kann.
                           Das Ausgleichgetriebe endlich, dessen Konstruktion einer Erläuterung wohl kaum
                              									bedarf, hat sich gegenüber der früheren Anordnung nicht verändert. Der
                              									Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß man bestrebt war, mit einer Ausführung,
                              									welche zum Feststellen eingerichtet ist, das seitliche Schleudern der Fahrzeuge auf
                              									glattem, schlüpfrigem Pflaster zu verhindern.
                           Das Lastwagenuntergestell, welches die Neue
                                 										Automobil-Gesellschaft m.b.H. in Berlin entworfen hat, um den Anforderungen
                              									der Heeresverwaltung Genüge zu leisten, ist durch die Fig. 14 und 15 veranschaulicht.
                              									Gegenüber der früheren Konstruktion fällt als wesentliche Neuerung ins Auge, daß das
                              									Ausgleichgetriebe nicht mehr mit dem Wechselgetriebe in einem Gehäuse vereinigt,
                              									sondern unabhängig davon im Rahmen aufgehängt und ähnlich, wie dies bei den
                              									Personenfahrzeugen geschieht, durch zwei Stangen abgestützt ist, welche in
                              									nachgiebiger Weise die Stöße aufnehmen, die durch unvorsichtiges Einrücken der
                              									Kupplung oder Bremsen der Getriebewelle auftreten können und die Kettenübertragung
                              									unzulässig hoch beanspruchen würden.
                           Der Rahmen dieses Untergestelles ist im ⊏-Profil aus Blech geschmiedet,
                              									besteht also ebenfalls nicht mehr aus Walzeisen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 697
                              Fig. 14 u. 15: Motorlastwagen der Neuen Automobil-Gesellschaft.
                              
                           Die Bauart des Motors, der bei 800 Umdrehungen eine Leistung von 40/45 PS erzielt,
                              									stimmt hinsichtlich der Zylinder- und Ventilanordnung mit derjenigen der Daimler-Motoren-Gesellschaft überein. Nur hinsichtlich
                              									der Regulierung, der Veränderung des Zündzeitpunktes, des Vergasers und der
                              									Zentralschmierung bestehen Unterschiede. Die Steuerräder sind auch bei diesem Motor
                              									eingekapselt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 697
                              Wechselgetriebe.
                              
                           Die Kegelkupplung ist hinsichtlich des Federrückdruckes ausgeglichen und in ihrem
                              									beweglichen, mit Ventilatorflügeln versehenen Teil besonders leicht gehalten.
                              									Daran schließen sich eine Kreuzgelenk- und eine Längskupplung, welche die
                              									Verschiebung der Welle beim Auskuppeln aufzunehmen hat.
                           Das Wechselgetriebe, welches in Fig. 16 bis 18 dargestellt ist,
                              									zeigt zunächst äußerlich die schon bei dem Daimlergetriebe besprochene Lagerung der Schalthebel auf dem Getriebekasten
                              									selbst. In seiner Wirkungsweise unterscheidet sich dieses Getriebe von dem Daimlerschen durch den unmittelbaren Eingriff bei
                              									Höchstgeschwindigkeit, also den Fortfall von Zahnräderübertragungen bei der höchsten
                              									Stufe, ein Merkmal, das wohl hohen mechanischen Wirkungsgrad bei schnellster Fahrt
                              									ermöglicht, dafür aber deshalb, weil die anderen Stufen mit doppelter
                              									Zahnräderübersetzung arbeiten müssen, um so schlechteren Wirkungsgrad bei geringeren
                              									Fahrgeschwindigkeiten ergibt. Dieses Getriebe sowie das in Fig. 19 dargestellte Ausgleichgetriebe verwendet in ausgedehntem Maße
                              									Kugellagerungen, was bei Motorlastwagen wegen der hohen Beanspruchungen, die hier in
                              									Betracht kommen, ebenfalls erst in den letzten Jahren möglich geworden ist.
                           Von den deutschen Fabriken, deren Motorlastwagen in erster Linie für die Bedürfnisse
                              									der Heeresverwaltung eingerichtet sind, sei endlich noch H.
                                 										Büssing in Braunschweig genannt, eine Fabrik, die sich ausschließlich der
                              									Herstellung schwerer Motorwagen gewidmet hat und die sich auch um die Organisation
                              									von privaten Lastwagenbetrieben, wie sie den Zwecken der Heeresverwaltung
                              									außerordentlich erwünscht sind, sehr bemüht. Bei einem leichten Motorlastzug dieser
                              									Fabrik übertrifft die Nutzlast von 11000 kg sogar die Anforderungen der
                              									Heeresverwaltung bei weitem.
                           Das in Fig. 20 u. 21 dargestellte
                              									Untergestell der Büssing-Motorlastwagen fällt durch die
                              									Anordnung- des Führersitzes über dem Motor auf, während bei den bisher besprochenen
                              									Wagen der Motor stets unter einer besonderen Haube vor dem Führersitz untergebracht
                              									war. Bei Motorlastwagen ergibt diese Anordnung insofern einen Vorteil, als bei
                              									gleicher Rahmenlänge eine größere Ladefläche verfügbar wird als bei den Wagen von
                              										Daimler oder der Neuen
                                 										Automobil-Gesellschaft. Ob diese Anordnung aber im allgemeinenvorteilhaft
                              									ist, möchte man bezweifeln, denn sie macht den Zugang zum Motor nicht sehr
                              									bequem.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 698
                              Fig. 19. Ausgleichgetriebe.
                              
                           Wechselgetriebe und Ausgleichgetriebe sind – eine bei Wagen mit Kettenantrieb übliche
                              									Anordnung – in einem Gehäuse vereinigt und vollständig fest in dem aus
                              									⊏-Walzprofilen genieteten, recht schwer gebauten Rahmen untergebracht. Gegen dieses
                              									Getriebe ist die Hinterachse, welche die durch zwei Ketten angetriebenen Räder
                              									trägt, durch die Kettenspanner abgestützt, welche bei gewöhnlichen Kettenwagen
                              									nachstellbar sind, damit die Kette stets genügend gespannt erhalten werden kann. Bei
                              									den Büssing-Wagen sind jedoch in die Kettenspanner
                              									kräftige Federn eingeschaltet, welche verhindern sollen, daß bei unvorsichtigem
                              									Einrücken der Motorkupplung oder allzu scharfem Bremsen die Ketten übermäßig
                              									beansprucht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 698
                              Fig. 20 u. 21: Untergestell der Büssing-Motorlastwagen.
                              
                           Der Antriebsmotor der Büssing-Motorwagen kennzeichnet
                              									sich durch die über den Zylindern gelagerte Steuerwelle, von welcher die Ventile und
                              									die Abreißzündung angetrieben werden. Die Steuerwelle erhält ihre Bewegung von
                              									einem auf der Motorwelle aufgekeilten Schraubenzahnrad. Die dazwischen
                              									eingeschaltete senkrechte Welle trägt in der Mitte ihrer Höhe den Regulator und oben
                              									einen weiteren Schraubenradantrieb auf die Steuerwelle. Die Zahnräder sind
                              									allegleichgroß. Die erforderliche Uebersetzung im Verhältnis von 1:2 wird durch
                              									verschieden große Steigungen der Zähne erzielt. Das von der Motorwelle angetriebene
                              									Zahnrad besteht aus drei Teilen, einem mittleren aus Stahl und zwei äußeren aus Vulkanfiber, um
                              									das Geräusch beim Gang zu vermindern. Die Uebertragung des Antriebes von den Daumen
                              									der Steuerwelle auf die Ventilspindeln und die Abreißstangen der Zündung erfolgt
                              									durch Winkelhebel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 699
                              Fig. 22 u. 23: Doppelte Abfederung der Vorderachse von Büssing.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 699
                              Fig. 24. Doppelte Abfederung der Hinterachse von Büssing.
                              
                           Die Anordnung der Steuerwelle oberhalb der Zylinder wird neuerdings vielfach
                              									befürwortet. Insbesondere bei den sehr schnell laufenden Motoren der Luxusfahrzeuge
                              									ist die Verminderung der hin- und hergehenden Gestängemassen erwünscht. Außerdem
                              									wird die Gestalt des Kompressionsraumes bei Ventilen, die von oben her in die
                              									Zylinder eingesetzt sind, der Kugel mehr angenähert, die Verluste durch das
                              									Kühlwasser und durch unvollkommene Zündung des Gemisches werden dadurch geringer.
                              									Allerdings kann man diese Vorteile bei der vorliegenden Motorbauart nicht voll
                              									geltend machen, denn der Kompressionsraum dieses Motors ist ebenso nach beiden
                              									Seiten ausgebaut wie bei anderen Motoren mit stehenden Ventilen und der Einfluß der
                              									bewegten Massen kommt bei den langsamer laufenden Motoren der Lastwagen nicht
                              									so sehr in Betracht. Zu berücksichtigen ist endlich, daß die Bauhöhe dieses Motors
                              									beträchtlich groß ist.
                           Eine sehr zweckmäßige Einzelheit der Büssing-Motorwagen
                              									ist dagegen die doppelte Abfederung. Da die Wagenfedern wegen der großen
                              									Achsbelastungen immer sehr kräftig sein müssen, so läßt sich nicht vermeiden, daß
                              									sich die kleinen Erschütterungen, welche selbst auf ganz glattem Pflaster auftreten,
                              									auf den Wagen übertragen und den Wagenführer sowie die Ladung in beständigem Zittern
                              									erhalten. Durch die an den Enden der eigentlichen Wagenfedern angreifenden,
                              									verhältnismäßig schwachen Schraubenfedern, s. Fig. 22 bis 25, wird dies vermieden. Die Schraubenfedern nehmen
                              									solche kleine Impulse auf, bevor sich die eigentlichen Wagenfedern durchbiegen
                              									können und die letzteren treten erst dann in Tätigkeit, wenn bei einem kräftigeren
                              									Stoß die Schraubenfedern auf das zulässige Höchstmaß zusammengedrückt worden
                              									sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 699
                              Fig. 25. Doppelte Abfederung der Hinterachse von Büssing.
                              
                           
                              (Fortsetzung folgt.)