| Titel: | Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt. | 
| Autor: | Ansbert Vorreiter | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 724 | 
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                        Der gegenwärtige Stand der
                           								Motorluftschiffahrt.
                        Von Ansbert Vorreiter.
                        (Fortsetzung und Schluß von S. 651 d.
                           								Bd.)
                        Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt.
                        
                     
                        
                           Das Luftschiff„Zeppelin II“.
                           Das Luftschiff „Zeppelin II“
                              									Fig. 13–18 ist das fünfte von Zeppelin nach seinem Gerüstsystem (sogenannten starren Rystem)
                              									gebaute Luftschiff. Sein erstes Fahrzeug, das sich am 2. Juli 1900 zum ersten Male
                              									in die Lüfte erhob, hatte noch manche Mängel, namentlich war die Längsstabilität, die allein
                              									durch ein an Seilen hängendes Laufgewicht erreicht werden sollte, ungenügend. Sein
                              									zweites, im November 1900 zum ersten Male erprobtes Luftschiff wurde bei der ersten
                              									größeren Fahrt durch einen Sturm vernichtet. Bald nach dem Aufstieg wurde der Wind
                              									so tark, daß das Luftschiff nicht vorwärts konnte, Zeppelin landete daher bei Kissleg im Allgäu, verankerte jedoch das
                              									Luftschiff nur ungenügend. Der Sturm warf das Luftschiff an den Ankern hin und her,
                              									so daß das Gerüst gebrochen und das Luftschiff unbrauchbar wurde. Es mußte an Ort
                              									und Stelle auseinander geschlagen werden, um das Aluminium zu retten, ein damals
                              									weit teureres Material als heute. Durch den Mißerfolg seiner beiden ersten Fahrzeuge
                              									ließ sich jedoch Zeppelin trotz der warnenden Stimmen
                              									vieler Gelehrten, Ingenieure und Luftschiffer nicht entmutigen, und es gelang ihm im
                              									Jahre 1907, die Mittel für ein drittes Luftfahrzeug seines Systems – jetzt
                              										„Zeppelin I“ genannt – aufzubringen, das noch im September des gleichen
                              									Jahres fertig wurde und sogleich weit besser als die ersten beiden Luftschiffe
                              									funktionierte. In der Zeit vom 24. September bis 13. Oktober 1907, nachdem eine neue
                              									schwimmende Halle auf dem Bodensee errichtet war, machte dieses Luftschiff mehrere
                              									größere und in jeder Beziehung gelungene Fahrten; das Luftschiff zeigte eine
                              									ausgezeichnete Stabilität und Steuerfähigkeit, auch die erreichte Geschwindigkeit
                              									von maximal 13 m/Sek. gegenüber der Luft war befriedigend.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 725
                              Fig. 13: Schematische Darstellung des „Zeppelin II“. Fig. 14: untere
                                 										Ansicht. Fig. 15: Längsschnitt. Fig. 16: Ansicht von hinten.
                              1–17 Abteilungen des
                                 										Ballongerüstes, A1A2A3 Ballonhüllen, B Kielgerüst als Laufsteg C ausgebildet, D1
                                 										vordere, D2 hintere Gondel, E pneumatische Ladungspuffer, F Motor, G seitliche
                                 										Stabilisierungsflächen, G1 obere Stabilisierungsfläche, G2 untere
                                 										Stabilisierungsfläche, H Seitensteuer, H1 hinteres Steuer, J vordere
                                 										Höhensteuer, J1 hintere Höhensteuer, K Treibschrauben, L Brett mit den Ballast-
                                 										und Ventilzügen M, N Werkzeugwagen im Laufsteg C, O Komandoapparat zum
                                 										Uebermitteln von Befehlen aus der vorderen nach der hinteren Gondel, P
                                 										Signalglocken, Q Gasventile, R Schacht mit Strickleiter, S Steuerräder für
                                 										Höhensteuer, T Steuerräder für Seitensteuer, U Stand der Kühlapparate für die
                                 										Motoren, V Wellen zum Antrieb der Schrauben, W Seilscheiben mit Drahtseilen zum
                                 										Betätigen von H1.
                              
                           Nach den gelungenen Versuchen und der Erfahrung mit diesem Luftschiff baute Zeppelin ein viertes Luftschiff, das größer war und
                              									noch schneller bis 14 m/Sek. lief. Nach dem Unglück, welches dieses größere
                              									Luftschiff bei Echterdingen betroffen hatte, wurde der erfolgreiche „Zeppelin No.
                                 										3“, jetzt „Z I“, nach den mit dem „Zeppelin No. 4“ gemachten
                              									Erfahrungen umgebaut. Zunächst wurde das Gerüst von 128 m auf 136 m verlängert.
                              									Der Durchmesser des „Zeppelin I“ beträgt 11,66 m, der Inhalt etwa 12000 cbm.;
                              									der neue „Zeppelin II“ hat mit No. 4 einen Durchmesser von 13 m und etwa
                              									15000 cbm Gasinhalt. Dieser Gasinhalt verteilt sich bei beiden Luftschiffen auf 17
                              									einzelne Gasballons, von denen je zwei in den Spitzen und 13 im zylindrischen Teil
                              									des Gerüstes untergebracht sind. Bemerkt sei, daß die Form streng genommen nicht
                              									zylindrisch ist, denn jeder der Ringe, über welche die Haut gespannt ist, ist aus 16
                              									geraden Stäben gebildet. Die einzelnen Ringe werden durch 16 Längsträger miteinander
                              									verbunden, die an den Spitzen allmählich zusammenlaufen. Die Ringe werden durch
                              									Stahldrahtseile, ähnlich den Speichen eines Fahrrades, verspannt. Ebenso führen sich
                              									kreuzende Drahtseile in der Ebene der Längsträger von einem Ring zum anderen. Von
                              									den inneren Enden der Längsträger sind in gleicher Weise Ramieschnüre geführt, so
                              									daß ein Netzwerk gebildet wird, das den Gasballon in einem gewissen Abstand von der
                              									über die Träger außen gespannten Leinwand hält, um zwischen der Außenwand und den
                              									Gasballons einen Luftraum zu bilden. Dieser Luftraum ist sehr wichtig und einer der
                              									größten Vorzüge des starren Systems von Zeppelin, resp.
                              									der Anwendung eines Ballongerüstes. Durch diesen Luftraum wird nämlich verhindert,
                              									daß bei der Fahrt des Luftschiffes im Sonnenschein das Gas sich zu stark erwärmen
                              									und ausdehnen kann. Dadurch haben die Luftschiffe von Zeppelin weit weniger Gasverluste als die Luftschiffe anderer
                              									Konstruktion. Ebenso wird eine plötzliche Abkühlung vermieden, wenn der Ballon durch
                              									Wolken beschattet wird und dadurch die Erwärmung durch die Sonnenstrahlung aufhört.
                              									Bemerkt sei, daß bei Freiballons eine Erwärmung des Gases durch die Sonne bis auf 60
                              									Grad Celsius beobachtet worden ist. Die wechselnde Erwärmung des Gases bei
                              									Bestrahlung durch die Sonne und bei Wolkenbeschattung ist für Freiballons die Hauptsache
                              									für den Gas- und Ballastverlust. Um den Gasverlust auszugleichen, müssen alle
                              									Luftschiffe ohne Gerüst im Gasballon mit einem oder mehreren „Ballonets“
                              									genannten Luftsäcken ausgerüstet sein. Geht durch Erwärmung Gas verloren, und
                              									verringert sich durch Abkühlung das Gasvolumen, so wird durch einen vom Motor
                              									dauernd angetriebenen Ventilator Luft in das Ballonet getrieben, bis dieses voll und
                              									damit der Ballon wieder prall ist. Ist jedoch einmal durch sehr starke Erwärmung und
                              									nachfolgende starke Abkühlung das Volumen des Gases um mehr als den Inhalt des
                              									Ballonets verringert, so kann der Ballon nicht mehr in pralle Form gebracht werden.
                              									Verliert der Ballon eines gewöhnlichen Luftschiffes seine pralle Form, so ist das
                              									Luftschiff mehr oder weniger unsteuerbar, und der Motor muß abgestellt werden. Diese
                              									Mängel sind beim Luftschiff mit Kielgerüst etwas vermindert, gänzlich beseitigt
                              									jedoch nur beim Luftschiff mit Gerüst, wie es bisher nur Zeppelin gebaut hat, und dies ist der Hauptvorteil des sog. „starren
                                 										Systems“.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 726
                              Fig. 17. „Zeppelin II“ in seiner jetzigen Gestalt ohne untere
                                 										Stabilisierungsflächen.
                              
                           Die Frage ist nun die, ist dieser Vorteil des Gerüstballons nicht durch andere
                              									Nachteile zu teuer erkauft? Der Hauptnachteil ist das Gewicht des Gerüstes, um
                              									dieses Gewicht ist die Nutzlast, die das Luftschiff tragen kann, verringert. Das ist
                              									auch der Grund, weshalb Gerüstluftschiffe sehr groß ausgeführt werden müssen. Bei
                              									dem Kubikinhalt z.B. des Parsevalluftschiffes könnte
                              									ein Luftschiff nach dem System Zeppelin kaum sich
                              									selbst tragen, von einer Nutzlast wäre keine Rede. Die kleinste noch praktisch
                              									mögliche Größe für ein Gerüstluftschiff nach System Zeppelin dürfte etwa 6000 cbm sein. Hieraus folgt, daß bei gleicher
                              									Nutzlast ein Luftschiff mit Gerüst weit mehr, etwa die doppelte Menge Gas benötigt,
                              									bei gleicher Geschwindigkeit auch etwas mehr Betriebskraft und daher mehr
                              									Brennstoff, weil der Widerstand des größeren Ballons größer ist. Allerdings ist der
                              									Unterschied nicht groß, da Zeppelin seine Luftschiffe
                              									sehr lang baut und daher den Durchmesser verhältnismäßig gering wählt; der
                              									Widerstand in der Luft ist aber in erster Linie von der Fläche des Hauptspantes
                              									abhängig. Bei gleicher Größe bezüglich der Nutzlast muß also der Gerüstballon für
                              									die gleiche Entfernung mehr Brennstoff mitführen als der gerüstlose, dafür aber
                              									weniger Ballast, weil weniger Gasverluste vorkommen können. Beide
                              									Gewichtsunterschiede dürften sich aber ausgleichen. Dagegen ist ein weiterer
                              									Nachteil der Gerüstluftschiffe der höhere Herstellungspreis, veranlaßt einmal durch
                              									die größere Ballonhülle, namentlich aber durch die Kosten des Gerüstes selbst. Der
                              									bisher den Gerüstluftschiffen vorgehaltene Hauptnachteil, seine große
                              									Empfindlichkeit bei Berührung mit der Erde, ist durch viele Landungen der neuen
                              										Zeppelinluftschiffe und durch den Unfall bei
                              									Göppingen widerlegt. Durch Hin- und Herschleudern auf der Erde resp. gegen Bäume und
                              									andere Hindernisse kann das Gerüst und die Hülle wohl leichter beschädigt werden als
                              									bei einem gerüstlosen Ballon, da dieser elastischer nachgeben kann, aber es) wird
                              									dann nur das Gas der beschädigten Kammer entweichen, und das Luftschiff kann, an Ort
                              									und Stelle repariert, wieder aufsteigen, wie es bei Göppingen geschehen ist. Eine
                              									Beschädigung der Hülle eines gerüstlosen Luftschiffes ist wohl leichter und
                              									schneller repariert als eine Beschädigung des Gerüstes; aber die Beschaffung der
                              									großen Füllgasmenge dürfte noch schwieriger sein. Da Gerüstluftschiff dem Winddruck
                              									eine größere Fläche bietet, muß ein solches Luftschiff beim Landen sicherer
                              									verankert sein. Die Angriffsfläche des gerüstlosen Luftschiffes kann im Notfalle,
                              									z.B. bei Sturm, durch Auslassen des Gases mittels der Reißbahn auf das geringste
                              									verringert werden, dann aber heißt es neues Gas beschaffen oder das Lüftschiff auf
                              									einem Gefährt fortschaffen. Das Zusammenfalten ist beim Gerüstluftschiff nicht
                              									möglich, das Sicherste ist daher nur im Luftschiffhafen zu landen. Fassen wir unser
                              									Urteil zusammen, so ist das Gerüstluftschiff in der Luft sicherer als der gerüstlose
                              									Ballon; dieser aber ist am Lande weniger gefährdet, wenn der Ballon rechtzeitig
                              									entleert wird. Bei wechselnder Temperatur ist das Gerüstluftschiff länger imstande,
                              									sich in der Luft zu halten, es hat also ein Landen gewöhnlich nicht so oft zwecks
                              									Nachfüllung nötig wie der gerüstlose Ballon, für weitere Reisen ist demnach das
                              									Luftschiff mit Gerüst geeigneter.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 726
                              Fig. 18. Schraube mit drei Flügeln und Antrieb derselben beim „Zeppelin
                                    											II“.
                              
                           Kehren wir zur Konstruktion des „Zeppelin II“ zurück, so ist bezüglich des
                              									Ballongerüstes zu bemerken, daß unter ihm zu seiner größeren Versteifung in der
                              									Länge noch ein Kielgerüst angebracht ist. Dieses in gleicher Weise bereits an den
                              									älteren Zeppelin-Luftschiffen vorkommende Gerüst hat
                              									einen dreieckigen Querschnitt, indem es aus zwei von den Enden der unteren
                              									Querträger ausgehenden Streben besteht, die sich unten in einem spitzen Winkel vereinigen und
                              									durch je einen Längsträger mit den nachten Querträgern verbunden sind. In diesem
                              									Kielgerüst ist hinter der vierten Abteilung vorn bis zur Mitte der sechsten eine
                              									Lücke gelassen, ebenso am hinteren Ende des Luftschiffes, und in diese zwei Lücken
                              									ist je eine Gondel mit Motor eingebaut. Hierzu sind die geretteten Gondeln und
                              									Motoren des „Zeppelin No. 4“ benutzt worden. Die Gondeln sind als Pontons
                              									oder Kähne aus Aluminium ausgeführt, da auf ihnen der Ballon beim Landen auf
                              									Wasserflächen schwimmt. Um beim Landen auf festem Boden den Stoß zu mildern, sind
                              									die Böden der Gondeln auf der Unterseite mit pneumatischen Polstern ausgerüstet.
                              									Durch Aluminiumgerüste sind die Gondeln mit dem Kielgerüst und dem Ballongerüst
                              									verbunden, sie vervollständigen so das Kielgerüst. Jede der Gondeln ist 8 m lang,
                              									die Breite beträgt 1,5 m, die Höhe 1,3 m. Der Ort der beiden Gondeln unter dem
                              									Ballon entspricht dem Auftriebsmittelpunkt jeder Hälfte der Gashüllen.
                           Das Kielgerüst ist ebenfalls mit Stoff bezogen, namentlich, um den Luftwiderstand zu
                              									verringern. Diese Verkleidung erweckt bei dem Beschauer das Gefühl größerer
                              									Sicherheit, da das Kielgerüst gleichzeitig als Laufsteg zwischen den beiden Gondeln
                              									zu dienen hat. Durch den mittleren Teil des Kielgerüstes zwischen den beiden Gondeln
                              									sind Schienen gelegt, auf denen ein Wagen läuft, der durch Drahtseile von den
                              									Gondeln aus hin- und herbewegt werden kann, um das etwaige Uebergewicht einer
                              									Gondel, z.B. durch den Platzwechsel eines Passagiers, auszugleichen. Zugleich dient
                              									der Wagen zur Aufnahme von Werkzeugen, und ist zu diesem Zwecke mit einem
                              									entsprechenden Kastenaufbau versehen. Außerdem aber kann dieses Laufgewicht auch zum
                              									Zwecke der Höhensteuerung dienen, wie es bereits beim ersten Zeppelinballon zur Anwendung kam.
                           Hervorzuheben ist noch, daß die beiden Gondeln sehr nahe am Ballon aufgehängt sind.
                              									Dieser geringe Abstand (er beträgt von der Oberkante der Gondeln bis zum Ballon
                              									resp. der Außenhaut gemessen nur etwa 2 m) ist beim System Zeppelin, infolge des Luftzwischenraumes, ohne Gefährdung der Mitfahrenden
                              									durch ausströmendes Gas bezw. Entzündung desselben durch die Motoren möglich, weil
                              									eben der Luftzwischenraum ein direktes Austreten von Gasen verhindert. Gas, welches
                              									durch Undichtigkeit oder Diffusion aus den Ballons austritt, gelangt zunächst in den
                              									Zwischenraum und aus diesem so stark mit Luft vermischt nach außen, daß es seine
                              									Schädlichkeit vollkommen eingebüßt hat. Daß sich in dem Luftraum zwischen Ballon und
                              									Außenhaut Knallgas bilden kann, ist unwahrscheinlich, da das spezifisch leichte
                              									Wasserstoffgas durch die oben in der Außenhaut vorgesehenen Oeffnungen entweicht und
                              									die Luft im Zwischenraum während der Fahrt ständig erneuert wird. Diese nahe
                              									Aufhängung der Gondeln und Motoren am Ballon bildet ebenfalls einen grossen Vorzug
                              									des Gerüstluftschiffes, da hierdurch die seitliche Stabilität eine vorzügliche izt
                              									bezw. das „Rollen“ genannte, seitliche Pendeln vermieden wird. Diese nahe
                              									Aufhängung gerade hatten mehrere Gelehrte und Fachlehnte vor der Ausführung als
                              									einen großen Fehler erklärt, indem sie behaupteten, das Luftschiff würde durch diese
                              									Anordnung die Neigung zum Kentern erhalten. Zeppelin
                              									hielt jedoch an seiner Konstruktion fest, und der Erfolg hat ihm Recht gegeben, die
                              									neuen „Zeppelin-Luftschiffe sind mindestens ebenso
                                 										stabil wie die besten anderer Konstruktion.
                           Die Stabilität des Luftschiffes, vor allem in den Längsrichtung zur Verhütung des
                              									Stampfens, wird durch die hinten zu beiden Seiten am Gerüst angebrachten
                              									Stabilisierungsflächen erreicht. Im Gegensatz zu allen andern bisher gebauten
                              									Luftschiffen sind diese Flächen beim System Zeppelin
                              									doppelt vorhanden. Ob dadurch unter Berücksichtigung der Gewichtsvermehrung die
                              									Wirkung so wesentlich besser ist, bleibt dahingestellt, dagegen scheint diese
                              									Anordnung für die Anbringung der Seitensteuer ein Vorteil zu sein. Zeppelin hat nämlich durch seine Fahrten mit
                              										„Zeppelin 4“, das anfänglich am Bug und Heck ein Seitensteuer hatte,
                              									festgestellt, daß das hinten angebrachte Seitensteuer, wenn es nicht sehr groß
                              									ausgeführt wird, viel schwächer wirkt, als die zu beiden Seiten zwischen den
                              									Stabilisierungsflächen angebrachten Steuer; das Bugsteuer wirkte fast gar nicht.
                              									Auch zeigten die verschiedenen Ausführungen von Seitensteuern daß die vor den
                              									Steuern verschiedener anderer Luftschiffe, wie Parseval,
                                 										Groß, Lebaudy etc. angebrachten feststehenden Flächen bei den zwischen den
                              									Stabilisierungsflächen angebrachten Steuern nicht notwendig sind. Jedenfalls ist
                              									durch alle Fahrten, welche Zeppelin mit seinen
                              									Luftschiffen ausführte, erwiesen, daß ein zwischen den Stabilisierungsflächen
                              									angebrachtes Seitensteuer als doppelte oder dreifache Flächen ausgeführt,
                              									ausgezeichnet funktioniert. Jedes Seitensteuer besteht aus 2 parallelen Flächen von
                              									je etwa 4 qm. Die beiden Seitensteuer können von der vorderen Gondel aus gemeinsam
                              									oder jedes für sich bedient werden. Die Steuer sind am Ende der
                              									Stabilisierungsflächen angebracht, wo sie am besten wirken. Die Größe jeder
                              									Stabilisierungsfläche beträgt etwa 30 qm bei einer Länge von 13 m. Auch oben und
                              									unten sind an der hinteren Spitze Stabilisierungsflächen angebracht. Diese vertikal
                              									stehenden Flächen können nicht wie die seitlichen Flächen das Stampfen verhindern,
                              									sondern verhindern vor Allem das Rollen genannte Pendeln um die Längsachse.
                           Die Gerüste für die Stabilisierungsflächen und Steuer sind aus Aluminiumstäben
                              									hergestellt, aufweiche Gerüste die Leinwandflächen aufgeschnürt sind. Die Flächen
                              									werden durch Spanndrähte in ihrer Lage gehalten. Zur Betätigung der Steuer ist an
                              									der nach innen liegenden Steuerfläche ein Halbkreis befestigt. Ueber dieses
                              									Seilradsegment sind zwei Drahtseile gelegt und an den Enden des Halbkreises
                              									befestigt. Diese Seile werden über Rollen nach der vorderen Gondel geführt, wo sie
                              									über eine Seilrolle auf einer Steuerwelle führen. Auf dieser Welle ist ein Handrad
                              									zur Bedienung des Steuers befestigt. Für jedes Seitensteuer ist ein Handrad
                              									vorhanden, doch lassen sich beide Steuerwellen miteinander verkuppeln, so daß
                              									gleichzeitig beide Steuer betätigt werden können.
                           Die Höhensteuerung ist beim System Zeppelin in seiner
                              									jetzigen Ausführung vorzüglich durchgebildet. Bekanntlich ist kein anderes
                              									Luftschiff in so großem Maße durch rein dynamische Mittel also ohne Ausgabe von
                              									Ballast oder Auslassen von Gas in der Höhenlage veränderlich wie Zeppelin. Dabei folgt das Luftschiff sehr schnell der
                              									Steuereinstellung, schneller als der bedeutend kleinere „Parseval II“, da dieser statt mit einstellbaren Flächen wie alle
                              									andern modernen Luftschiffe, durch die Veränderung des Gleichgewichtes mittels der
                              									beiden in den Enden des Ballons angebrachten Luftballonnets die Höhensteuerung
                              									bewirkt. Nun lassen sich Ballonets nicht so schnell aufblasen, als sich ein
                              									Steuerhebel umlegen oder ein Steuerrad drehen läßt, daher wird die Höhensteuerung
                              									durch Ballonets, die gewissermaßen ein Laufgewicht aus Luft darstellen, nicht so
                              									schnell wirken als die rein mechanisch wirkenden Höhensteuerflächen. Zeppelin hat nun an seinen letzten beiden Luftschiffen
                              									die Höhensteuerung allein durch die verstellbaren Flächen durchgeführt, wobei, wie
                              									schon eben erwähnt, das Laufgewicht in Gestalt eines Werkzeugwagens im Laufsteg- im
                              									Bedarfsfalle ebenfalls zur Höhensteuerung dienen kann. Die Höhensteuerflächen sind
                              									doppelt vorhanden, je i Paar vorn und hinten am Ballongerüst; jeden Höhensteuerpaar
                              									ist für sich allein, oder das vordere und hintere gemeinsam einstellbar. Würden die
                              									Steuer vorn und hinten parallel, z.B. die Vorderkante nach oben verstellt, so wird
                              									das Luftschiff, ohne sich schräg zu stellen, durch die Drachenwirkung der Luft auf
                              									die zur Fahrtrichtung nach oben geneigten Flächen gehoben. Wird nur das Vordersteuer
                              									nach oben gestellt, so muß sich der Ballon zunächst nach vorn heben und steigt dann
                              									schräg nach oben. Soll das Luftschiff allein durch die Wirkung des hinteren Steuers
                              									nach oben steigen, so müßte dieses mit der Vorderkante nach unten geneigt werden,
                              									das hintere Ende des Luftschiffes würde sich zunächst senken und dann das Luftschiff
                              									schräg nach oben steigen. Jedes Höhensteuer besteht aus vier parallelen Flächen, die
                              									seitlich unten an dem ersten Ringsystem des zylindrischen Teils des Ballongerüstes
                              									angebracht sind. Da die Achsen der Steuerflächen horizontal stehen müssen, ergibt
                              									sich durch die Form des Ballons, daß die oberen Flächen kleiner als die darunter
                              									befindlichen sind. Jedes Paar Höhensteuer hat etwa 22 qm Fläche. Beide zusammen
                              									können das Luftschiff bei voller Fahrt um 700 m heben oder senken, d.h. also rein
                              									dynamisch ohne Ausgabe von Ballast, aus der Gleichgewichtslage nach oben oder unten
                              									drücken. Natürlich geschieht dies auf Kosten der Geschwindigkeit.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 728
                              Fig. 19. „Zeppelin III“ mit Stahlbandantrieb in beiden Gondeln. (Im
                                 										gegenwärtigen Zustande befindet sich nur in der hinteren Gondel
                                 										Stahlbandantrieb, während in der vorderen Gondel der Antrieb durch Cardanwelle
                                 										mit konischen Rädern nach Fig. 13–15 erfolgt. Die obere und untere
                                 										Stabilisierungsfläche G1G2 sind
                                 										fortgefallen. Im mittleren Laufsteg ist eine dritte Gondel angebracht.)
                              
                           Wie alle Zeppelin-Luftschiffe ist auch „Zeppelin
                                 										II“ mit 4 Schrauben ausgerüstet, je 2 über jeder Gondel, und zwar besitzt
                              									jede dieser Schrauben 3 Flügel. Die Schrauben laufen, um den kleinen Durchmesser von
                              									nicht ganz 3 m zu erhalten, mit der Tourenzahl der Motoren. Erstens ist der grosse
                              									Vorteil erreicht, daß die Lagerböcke für die Schrauben nicht soweit vom Ballongerüst
                              									abstehen, so daß die Ballonhalle entsprechend schmäler gehalten werden kann, als sie
                              									bei Verwendung großer Schrauben sein müßte, und zweitens ist an Gewicht gespart.
                           Die Kraftübertragung erfolgt mittels konischer Zahnräder, und ist jeder der Motoren
                              									mit einer Reibungskupplung versehen. Auch ein Rückwärtsgang ist bei der Konstruktion
                              									vorgesehen, welcher hauptsächlich bei der Landung zur Anwendung kommt. Dank dieses
                              									Rückwärtsganges war es daher nach dem Unfall des „Zeppelin II“ bei Göppingen
                              									ohne weiteres möglich, den beschädigten und nur notdürftig wieder instand
                              									gesetzten Ballon in umgekehrter Fahrtrichtung, mit dem unbeschädigten Heck nach
                              									vorn, mit eigener Kraft nach seinem Heimatshafen zurückzubefördern.
                           Jede der beiden Gondeln birgt einen 4 Zylinder Daimler-Motor von je 110 PS bei etwa 1000 Umdrehungen in der Minute. In der
                              									vorderen Gondel sind alle Apparate zur Steuerung des Luftschiffes untergebracht, als
                              									Lenkräder für die Seiten- und Höhensteuerung, Apparate zur Navigation und
                              									Höhenbestimmung usw. Ferner sind die Leinen für alle Ventile und Wasserballastsäcke
                              									an einem Brett vereinigt, die Ballastsäcke selbst jedoch zu beiden Seiten des
                              									Kielgerüstes verteilt. Für die Landung werden sowohl Erdanker, die, den Eggen
                              									ähnlich, mit Spitzen versehen sind, als auch Wasseranker mitgeführt, welche letztere
                              									aus stoffbezogenen trichterförmigen Gestellen bestehen. Zur schnellen
                              									Befehlsübermittlung zwischen der vorderen und hinteren Gondel dient eine Seilpost,
                              									indem zwischen beiden Gondeln ein endloses Seil gespannt ist, das in jeder Gondel
                              									über ein Seilrad läuft. Mittels des Seiles kann eine Büchse, in welche Zettel mit
                              									den Befehlen eingelegt werden, von einer Gondel in die andere gekurbelt werden.
                              									Ferner sind Signalglocken in beiden Gondeln angebracht. Bemerkenswert ist außerdem
                              									noch die Einrichtung eines Schachtes, um von der vorderen Gondel bequem auf den
                              									Ballon zu gelangen.
                           „Zeppelin II“ hat mehrere erfolgreiche Fahrten ausgeführt, sowohl bald nach
                              									seiner ersten Fertigstellung mehrere kürzere Fahrten zu Anfang des Monats Mai dieses
                              									Jahres, als insbesondere die denkwürdige große Fahrt vom 19. Mai bis 1. Juni, wobei
                              									das Luftschiff rein dynamisch sich stundenlang in der Höhe von etwa 400 m aufhielt,
                              									obwohl es durch Regen erheblich schwerer als Luft geworden war. Im August machte das
                              									Luftschiff eine Fahrt über Frankfurt nach Köln, wo es jetzt als Reichsluftschiff
                              									stationiert ist.
                           
                        
                           Das Luftschiff„Zeppelin III“ (Fig.
                                 										19 u. 20).
                           Das neue Luftschiff des Grafen Zeppelin, das durch seine
                              									Dauerfahrten nach Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und den Industriebezirk bekannt
                              									geworden ist, weist gegenüber den früheren Zeppelin-Luftschiffen mehrere Verbesserungen auf. So in der Konstruktion des
                              									Gerüstes für die Gashüllen, dann sind die Motoren stärker, nämlich jeder Motor
                              									leistet 150 PS, gegen 110 PS beim „Z II“, Die wichtigste Verbesserung
                              									betrifft den Antrieb der Schrauben und diese selbst. Statt mittels konischer
                              									Zahnräder und Cardanwellen, wie bei den älteren Zeppelin-Luftschiffen, erfolgt der Antrieb mittels Ellöser-Stahlbändern und Bandscheiben. Diese Art der Kraftübertragung hat
                              									nicht nur einen besseren Wirkungsgrad, sondern es wird auch erheblich an Gewicht
                              									gespaart, da die beiden Bandscheiben mit Stahlband und Schutzrohren für das Band
                              									leichter als zwei Paar konische Zahnräder mit der Einkapselung für dieselben und
                              									eine Stahlwelle sind. Die Kraftübertragung mit Stahlbändern arbeitet auch fast
                              									geräuschlos. Der Durchmesser der zweiflügeligen Schrauben ist vergrößert. Die damit
                              									verbundene Gewichtsvermehrung infolge der weiter abstehenden Lagerarme ist durch die
                              									Gewichtsersparung an der Uebertragung wett gemacht. In der ersten Ausführung dieser
                              									neuen Uebertragung zeigten sich noch einige Mängel und es kamen Schraubenbrüche vor,
                              									daher wurde zunächst wieder für die vordere Gondel der alte Antrieb und die Schraube
                              									mit drei Flügeln anmontiert, während hinten der Stahlbandantrieb beibehalten
                              									wurde. Bei der Fahrt nach Frankfurt funktionierte dann der Stahlbandantrieb
                              									ausgezeichnet, ebenso auch die Schraube mit nur zwei Flügeln. Am „Z III“
                              									fällt noch der Fortfall der oberen und unteren Stabilisierungsfläche auf, wobei
                              									bemerkt sei, daß auch bei „Z II“ nachträglich die untere vertikale Fläche
                              									entfernt wurde, so daß außer den doppelten seitlichen Stabilisierungsflächen nur
                              									noch die obere Fläche vorhanden ist.
                           Diese und die untere Fläche verhindern namentlich das Schlingern genannte Pendeln um
                              									eine vertikale Mittelachse, dieses wird aber auch durch den langen Kiel und die
                              									Flächen der drei Seitensteuer verhindert, daher dürften diese vertikalen Flächen
                              									oben und unten am Gerüst entbehrlich sein, was wegen der Gewichtsersparnis ein
                              									Vorteil ist, auch wird der Widerstand ohne diese Flächen etwas geringer, die
                              									Geschwindigkeit bei gleicher Leistung der Schrauben demnach etwas größer.
                           Die Abmessungen des „Z III“ sind die gleichen wie beim „Z II“, Länge
                              									136 m und Durchmesser 13 m. Die Schrauben mit 2 Flügel haben einen Durchmesser von 3
                              									m. Die Tourenzahl ist die der Motoren, etwa 1100 in der Minute. Interessant ist der
                              									Umstand, daß der Gasinhalt des alten Zeppelin-Luftschiffes nur wenig vergrössert wurde, die Motorleistung aber
                              									erheblich. Die nahestehende Zusammenstellung läßt dies erkennen. Das erste
                              									Versuchs-Luftschiff des Grafen Zeppelin hatte ein
                              									Gasvolumen von etwa 1100 cbm, und beide Motore leisteten nur etwa 30 PS. Beim Z
                              									1, der etwas größeren Gasinhalt hat, etwa 12000 cbm leisten beide Motore 160 PS,
                              									beim „Z II“ mit etwa 15000 cbm 220 PS und beim „Z III“ etwa 300 PS.
                              									Die beiden letzten Luftschiffe haben größere Durchmesser, daher auch größeren
                              									Widerstand, ihre Geschwindigkeit ist infolgedessen nicht so viel größer als man nach
                              									der erheblich stärkeren Motorleistung folgern möchte. Die maximale Geschwindigkeit
                              									des „Z III“ hat bisher 14,5 m i.d. Sek. betragen, doch hofft man diese
                              									Geschwindigkeit noch um etwa 2 m i.d. Sek. steigern zu können. Für die Fahrten mit
                              									vielen Passagieren auf der Ila ist der „Z III“ noch mit einer Gondel
                              									ausgerüstet worden, indem etwa in der Mitte des Laufganges im Kielgerüst ein Ausbau
                              									angebracht wurde Dieses Luftschiff soll auch weiter Passagierfahrten dienen, da sich
                              									mit dem Sitz in Frankfurt a.M. eine Aktiengesellschaft für die Ausführung von
                              									Vergnügungsfahrten mit Zeppelin-Luftschiffen gebildet
                              									hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 729
                              Fig. 20. Schematische Darstellung des „Zeppelin III“ (von hinten
                                 										gesehen)
                              B Kielgerüst, D2 hintere Gondel, E
                                 										Landungspuffer, G seitliche Stabilisierungsflächen, G1 Stütze zur Befestigung
                                 										der Spannseile für die Stabilisierungsflächen, H Seitensteuer aus zwei
                                 										parallelen Flächen bestehend, jedoch länger als beim „Zeppelin II“ (Fig.
                                 										16), H1 hinteres Steuer, J1 hintere Höhensteuer, K Treibschrauben, V
                                 										Führungsrohre für die Stahlbänder, W Seilscheiben mit Drahtseilen zum Betätigen
                                 										von H1, X Auslaß für Wasserballast.