| Titel: | Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im Betriebe mit Hochgeschwindigkeiten. | 
| Autor: | Hans A. Martens | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 741 | 
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                        Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im
                           								Betriebe mit Hochgeschwindigkeiten.
                        Von Eisenbahn-Bauinspektor Hans A.
                                 								Martens.
                        (Fortsetzung von S. 712 d. Bd.)
                        Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im Betriebe mit
                           								Hochgeschwindigkeiten.
                        
                     
                        
                           Die wichtigsten besonderen Forderungen eines neuzeitlichen Signalwesens
                              									bezüglich der ordentlichen und außerordentlichen Bahnzustandssignale lassen sich,
                              									wie folgt, zusammenstellen:
                           1. Die bisherigen, langjährigen Signalbilder müssen nach Möglichkeit beibehalten
                              									werden; neue Signalbilder sollen ohne zwingenden Grund keine gegensätzlichen
                              									Begriffe mit den alten darstellen.
                           2. Die Signalbilder sollen in geringstmöglicher Zahl vorhanden und so einfach sein,
                              									daß sie sich dem Gedächtnis leicht einprägen und schnell aufzufassen sind, wenn sie
                              									in Sicht kommen.
                           3. Vor- und Hauptsignale müssen gegeneinander in auffälligster, fernsichtbarer Weise
                              									bei Tag und Nacht unterschieden sein.
                           4. Das Vorsignal darf kein Haltsignal zeigen.
                           5. Erlöschende Lampen dürfen keine zweifelhaften Signalbilder herbeiführen, vor allem
                              									aber nicht „Halt“ und „Langsam“ in „Volle Fahrt“
                              									verwandeln.
                           6. Die auffälligsten Signalbilder müssen für das Haltsignal bezw. für dessen
                              									Vorbereitungssignal gelten.
                           7. Die Bilder der ordentlichen Signale dürfen den außerordentlichen Gefahr- und
                              									Langsamfahrsignalen nicht widersprechen, müssen sich aber von ihnen
                              									unterscheiden.
                           8. Die Fernsichtbarkeit des Vorsignals muß die gleiche wie die des Hauptsignals
                              									sein.
                           9. Das für die Einfahrt freigegebene Gleis muß dem Lokomotivführer rechtzeitig bei
                              									der Einfahrt bezeichnet werden.
                           10. Für bloße Merklichter dürfen die Signallichterfarben nicht angewendet werden.
                           11. Für die Darstellung der Signalbegriffe soll bei Tage nur ein in seiner Lage
                              									veränderlicher Körper von langgestreckter Form, bei Dunkelheit nur farbiges Licht
                              									verwendet werden.
                           12. Der Standort der Signale muß bezüglich guter Fernsichtbarkeit und freier
                              									Sichtlinie durch Sichtversuche (signal sighting) festgestellt werden.
                           Diese Aufgaben des neuzeitlichen Signalwesens lassen sich nur klar erkennen, wenn man
                              									den Lokomotivfahrdienst durch und durch bezüglich der Signal -und
                              									Streckenbeobachtung einschließlich aller mit ihr zusammenhängenden Sonderheiten der
                              									Strecke und der Witterung kennt. Nirgends tritt das Signalwesen so unvermittelt in
                              									seiner ganzen Bedeutung für die Betriebssicherheit derart in die Erscheinung,
                              									nirgends drängt sich die Notwendigkeit, das Signalwesen den Zügen mit
                              									Hochgeschwindigkeiten besser als bisher anzupassen, mehr auf als bei den
                              									Beobachtungsfahrten auf Lokomotiven. Es darf mit gewisser
                                 										Berechtigung behauptet werden, daß ein guter Signaltechniker auch ein erfahrener
                                 										Kenner des Lokomotivdienstes sein muß, da nur mit seiner genauesten Kenntnis
                                 										erfolgreiche Arbeit im Signalwesen geleistet werden kann. Kann der
                              									Signaltechniker – der ja in vielen Fällen selbst aus dem Maschinen-Departement der
                              									Eisenbahnverwaltungen hervorgeht – selbst unter eigener Verantwortung den Dienst als
                              									Lokomotivführer tun, so ist dies für die signaltechnischen Arbeiten als Gewinn nicht
                              									hoch genug anzuschlagen: Wer selbst einen Schnellzug durch die oft undurchdringliche
                              									Nebelwand als verantwortlicher Führer gefahren hat, hinter sich viele ihm
                              									anvertraute Menschenleben, in sich die Verantwortung, wer selbst die Signallichter
                              									wie Glühwürmchen an sich hat vorbeihuschen sehen, die nur mit gespanntester
                              									Aufmerksamkeit erkannt werden konnten, der vermag in Fragen des Signalwesens
                              									vollurteilsfähig zu sein. Demgemäß hat Verfasser es nicht verabsäumt, auf Hunderten
                              									von Lokomotivfahrten-Signalbeobachtungen anzustellen, um alle Umstände, die auf das
                              									Signalwesen von mehr oder weniger großem Einfluß sind, auf das eingehendste zu
                              									erforschen. Den Lokomotivfahrten auf den Heimatsstrecken schlössen sich
                              									Studienfahrten auf Lokomotiven im Auslande (Dänemark, England) an, um die Grundlagen
                              									jener Signalsysteme in praktischer Gestaltung kennen zu lernen.
                           Alle Fahrten zur Beobachtung der Eisenbahnsignale lehren, daß in der Fernsichtbarkeit eines Signals seine erste Bedingung zur Erfüllung
                                 										seines Zwecks liegt: Je früher ein Signal erkannt wird, um so eher können
                              									die Maßnahmen zu seiner Befolgung getroffen werden, also um so sicherer ist die
                              									rechtzeitige Ausführung des Signalbefehls. Diese Forderung ist so
                              									selbstverständlich, daß es überflüssig erscheinen mag, sie niederzuschreiben. Aber
                              									die weiteren Ausführungen werden lehren, wie zahlreich die Verstöße gegen diese
                              									grundlegende Eigenschaft eines Eisenbahnsignals zu finden sind, die sowohl bei
                              									Aufstellung einer Signaltheorie als auch bei den Ausführungsformen für die
                              									Signalbegriffe der Theorie vorzugsweise berücksichtigt werden muß: Genügen die
                              									physisch wahrnehmbaren Signalbilder nicht der so einleuchtenden Forderung der
                              									Fernsichtbarkeit, so kann
                              									das mit ihnen gebildete Signalsystem, selbst wenn es noch so folgerichtig und
                              									geistreich erdacht ist, keinerlei Anspruch auf praktische Brauchbarkeit machen,
                              									würde also nur Theorie bleiben und nicht lebensfähig sein. Welch erhöhte Bedeutung
                              									die Fernsichtbarkeit der Signale für Hochgeschwindigkeiten der Züge hat, bedarf
                              									weiterer Ausführungen nicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 742
                              Fig. 1: Scheiben-Vorsignal. Fig. 2: Scheiben-Vorsignal mit Merkpfahl zur
                                 										Erhöhung der Sichtbarkeit (Preuß. Staatsbahnen). Fig. 3: Flügel-Vorsignal mit
                                 										Erkennungsscheibe. Fig. 4: Flügel-Hauptsignal.
                              
                           Aus den Versuchen der Gebrüder Chappe in Frankreich am
                              									Ende des achtzehnten Jahrhunderts ist bekannt, daß ein langgestreckter Körper besser
                              									sichtbar ist als ein runder oder quadratischer von gleicher Fläche; das bedeutet in
                              									die Signalsprache übersetzt, daß ein Flügelsignal größere Fernsichtbarkeit hat wie
                              									ein Scheibensignal. Trotzdem finden wir letzteres noch häufig als Signal größter
                              									Wichtigkeit, als Vorsignal, beispielsweise auf deutschen, österreichischen und
                              									schweizerischen Bahnen verwendet. Und erstaunlich muß es genannt werden, wenn die
                              									Ansicht in Wort und Schrift vertreten wird, das Vorsignal bedürfe gar nicht der
                              									Fernsichtbarkeit, es genüge vielmehr, wenn es vom Lokomotivführer bei der
                              									Vorbeifahrt gesichtet wird. Die Beobachtungsfahrten auf der Lokomotivelehren, daß
                              									das Hauptsignal in der Regel früher als das Vorsignal gesichtet wird, ja selbst bei
                              									leichtem Nebel, in der deutschen Seemannssprache „düsig“ genannt, ist das
                              									Flügelhauptsignal meist noch früher als das Scheibenvorsignal erkennbar, so daß
                              									letzteres seinen Zweck nicht erfüllt. Erinnert man sich, daß das Scheibenvorsignal
                              									in seiner Fahrstellung „Scheibe parallel zur Bahnstrecke oder wagerecht
                                 										gestellt,“ in seinem Gesamtbilde zu einem etwa 3 m hohen Pfahl von der
                              									Stärke einer Eisenbahnschiene entartet, so erkennt man leicht seine Unbrauchbarheit
                              									für den Zukunftsschnellbahnbetrieb und wird es gerechtfertigt finden, wenn der
                              									Verbesserung des Scheibenvorsignals hier einige Betrachtungen gewidmet werden. Prüft
                              									man die durch die englischen und amerikanischen Erfahrungen sicher verbürgten
                              									Vorzüge von Flügelvorsignalen an Hochmasten persönlich, so kann man sich des
                              									Gedankens nicht erwehren: Würde die Einführung des Flügelvorsignals am Hochmast
                              									nicht auch für deutsche Eisenbahnen die gleichen Vorzüge mit sich bringen? Bei
                              									Weiterverfolgen dieser Aufgabe kommt es im wesentlichen darauf an, ein Flügelvorsignal zu finden, das ein ebenso gutes
                                 										Unterscheidungszeichen gegen das Flügelhauptsignal trägt, wie es die beiden
                              									Signalelemente Flügel und Scheibe selbst unbestritten sind. Unter dem Eindruck der
                              									auf englischen Eisenbahnen gewonnenen Signalbeobachtungen hat Verfasser ein
                              										„Flügelvorsignal mit Erkennungsscheibe,“ Deutscher
                              									Reichs-Gesetz-Musterschutz No. 355601, entworfen, das als Beitrag zur Frage der
                              									Verbesserung der Tagform des Vorsignals angesehen werden mag.
                           Leitende Gedanken beim Entwurf waren die für ein Vorsignal in Frage kommenden
                              									besonderen Forderungen eines neuzeitlichen Signalsystems (hauptsächlich die Nummern
                              									i bis 4 und 11) einschließlich der grundlegenden Voraussetzung, drei Begriffe
                              									darstellen zu können. Aus den nebenstehenden Skizzen Fig. 1 bis 4, die das neue, vom
                              									Verfasser erdachte Vorsignal im Vergleich zu einem Flügelhauptsignal zeigen, ist die
                              									charakteristische Form erkennbar. Der Signalmast trägt etwa 1,5 m unter Mitte Flügel
                              									eine unbewegliche, gegen den ankommenden Zug voll zugekehrte Scheibe von 1,2 bis 1,5
                              									m : Das alte Scheibenvorsignal ist sozusagen veredelt zu einem
                              									Flügelvorsignal, welches das bisherige wesentliche Kennzeichen, die volle Scheibe
                              									als sein stets sichtbares, auffälliges Merkmal beibehalten hat. Die feste Scheibe am
                              									Mast besagt, daß das betreffende Flügelsignal ein Vorsignal ist. Durch diese
                              									festanzunehmende Begriffserklärung der ganzen Erscheinung des Signals wird der
                              									sofort erhobene Einwand entkräftet, daß ein Flügel in wagerechter Stellung, der als
                              									unbedingtes Halt gilt, überfahren wird. Nicht der Flügel allein, sondern der Flügel und die Erkennungsscheibe zusammen am Mast stellen
                                 										den Begriff des Vorsignals dar, das in Wagerechtstellung des Flügels nicht
                              										„Halt,“ sondern „Vorbereitung auf Halt am Hauptsignal“
                              									signalisiert. Die Erkennungsscheibe ist unzertrennlicher Bestandteil des gesamten
                              									Signalbildes am neuen Vorsignal. Praktische Sichtversuche haben die volle
                              									Fernsichtbarkeit und die Eindeutigkeit des Signalbildes bewiesen.
                           Mit diesem Flügelvorsignal mit Erkennungsscheibe läßt sich nun ohne weiteres
                              									diejenige Bedingung erfüllen, die für die Fernsichtbarkeit der Tagformen der Signale
                              									von allergrößter Bedeutung ist: Schattenriß des Signalbildes
                                 										auf dem als Hintergrund dienenden Himmel. Die englischen Eisenbahnen
                              									befolgen diese Bedingung, wo immer es die Oertlichkeit erlaubt, und schrecken vor
                              									ungewöhnlich großen Flügelhöhen über Schienenoberkante nicht zurück. In der
                              									Nichterfüllung dieser Bedingung ist die mangelnde Fernsichtbarkeit des derzeitigen
                              									gebräuchlichen Scheibenvorsignals zu suchen: Die Scheibe vermag sich trotz des
                              									weißen Randes in Tief läge – 3 m über SO. – nicht von dem meist dunklen Hintergrund
                              									(Bäume, Wiese, Böschung, Häuser) abzuheben, zumal sie noch häufig in der Reihe der
                              									nahen Telegraphenstangen ganz verschwindet. Zugunsten der Fernsichtbarkeit wird dies
                              									Erscheinen des Signalbildes „in Augenhöhe des Lokomotivführers“ aufgegeben,
                              									dem einige Berechtigung nicht abgesprochen werden kann. Wollte man aber dieser
                              									Bedingung allgemeine Gültigkeit beilegen, so müßte sie auch für das Hauptsignal
                              									Geltung behalten, eine Folgerung, der sich wohl kein Signaltechniker anschließen
                              									möchte. Es steht auch nichts im Wege, in Augenhöhe des Lokomotivführers einen
                              									kleinen Wiederholerflügel anzubringen, falls etwa die Gefahr vorliegen sollte, daß
                              									der Hauptflügel des Vorsignals am Hochmast bei der Vorbeifahrt übersehen werden
                              									könnte. Der Vorteil, den die Projektion des Signalbildes in der Sichtlinie
                              									Lokomotivführer – Signalflügel auf den atmosphärischen Hintergrund bietet, muß
                              									natürlich auch bei allen Hauptsignalen nach Möglichkeit ausgenutzt werden. Wo zu
                              									bessern nötig ist, sagen die Beobachtungen von der Lokomotive aus: Erhöhung des
                              									Signalmastes, Aenderung des Standortes, Abholzen einer Baumgruppe hinter dem Signal
                              									sind einfache Mittel. Es kann nicht genug empfohlen werden, das Verständnis der
                              									beteiligten Beamten für diesen wichtigen Beitrag zur Betriebssicherheit zu
                              									wecken.
                           
                           Die konstruktive Durchbildung- der Signale ist für die Fernsichtbarkeit
                              									ebenfalls von Bedeutung. Je kräftiger der Mast ist, um so besser hebt er sich ab.
                              									Gittermasten werden, um eine größere Sichtfläche zu bieten, gegen den Zug mit Blech
                              									belegt. Durchbrochene Flügel sind weniger gut sichtbar wie volle Flügel, wie jeder
                              									Sichtversuch und jedes Lichtbild beider Flügelarten lehren. Es sollten daher nur
                              									Flügel mit voller Sichtfläche in langgestreckter, schwach verjüngter Form (England,
                              									Amerika, Belgien) verwendet werden. Dem Anstrich ist wenig Wert zwecks Erhöhung der
                              									Sichtbarkeit beizumessen. Vergoldete Signalflügel sind das neueste in dieser
                              									Richtung, versucht und zur allgemeinen Einführung in Aussicht genommen von der
                              									Baltimore- and Ohio-Eisenbahn in Amerika: Drei- bis viermal längere Haltbarkeit
                              									gegenüber dem gewöhnlichen Farbenanstrich, bessere Sichtbarkeit werden den
                              									vergoldeten Signalen zugeschrieben.
                           Nachdem die Bedeutung der Signalfernsichtbarkeit gebührend gewürdigt und gezeigt
                              									worden ist, wie sie zu einem neuen Vorsignal notwendigerweise hindrängt, mag es
                              									wissenswert erscheinen, wie deutsche Lokomotivführer das neue Flügelvorsignal des
                              									Verfassers beurteilen. Es darf nicht verabsäumt werden, auch jene Männer des
                              									praktischen Dienstes zu hören, die das Signalwesen am meisten angeht und von deren
                              									Signalaufnahme das Wohl und Wehe des Zuges bisher allein abhängt. Es wurden
                              									Fragebogen unter Anschluß einer vergleichenden Darstellung des neuen
                              									Flügelvorsignals und der jetzigen Haupt- und Vorsignale an 19 als tüchtig und
                              									zuverlässig bekannte Lokomotivbeamte herausgegeben. 18 Antworten beurteilten das
                              									Signal wegen der Ausbildung als Hochmastsignal als entschieden vorteilhafter wie das
                              									Scheibenvorsignal. Des Näheren wird ausgeführt. „Am Tage zeigt es entschieden
                                 										deutlicher Freie Fahrt als das Scheibensignal, welches doch dann nur eine leere
                                 										Stange ist, die erst spät aus den Telegraphenstangen herauszufinden ist. Für
                                 										Personale, welche die Strecke nicht genau kennen, ist es besonders schwer, das
                                 										Signal in seiner jetzigen Form aufzusuchen.“ Drei Antworten weisen darauf
                              									hin, daß beim Einfahren auf vielen Bahnhöfen das Hauptsignal früher als das
                              									Vorsignal zu erkennen sei. Eine Antwort aber befürwortet sonderbarerweise nicht das
                              									höhere Vorsignal, sondern im Gegenteil ein niedriges und begründet diese Anschauung
                              									wie folgt: „Erfahrungsgemäß beobachtet der Führer und hauptsächlich bei starkem
                                 										Nebel fortwährend den Schienenstrang vor seinen brennenden Lokomotivlaternen;
                                 										dabei muß ihm aber alles, was im Gesichtskreis steht, unbedingt ins Auge fallen.
                                 										Bei dichtem Nebel muß man mit der Möglichkeit rechnen, bis nahe an das Signal
                                 										heranzufahren, ehe es gesehen wird. Man müßte deshalb das Augenmerk, wenn man
                                 										sich einer Station nähert, fortwährend in die Höhe richten, wobei der
                                 										Schienenstrang dem Auge entzogen wird.“ Diese Beurteilung fußt völlig auf
                              									den tatsächlichen Verhältnissen der Streckenbeobachtung, wie sie bei Nebel vorliegt
                              									und nichts anderes ist als ein angestrengtes Hinausstarren in die vorliegende
                              									Nebelwand, wobei nur das kurze, vor der Lokomotive im Scheine der Laternen liegende
                              									Gleisstück erkannt wird. Aber dennoch können diese Verhältnisse für die Signalhöhe
                              									über SO. nicht ausschlaggebend sein, wie die weiter oben gegebenen Erörterungen über
                              									die Signalfernsichtbarkeit erkennen lassen. In einer Beantwortung wird die Frage
                              									aufgeworfen, wie das neue Vorsignal aufgestellt würde dort, wo jetzt wegen
                              									Platzmangels das Scheibenvorsignal ohne Mast dicht über dem Gelände angeordnet wird.
                              									Diese Ausbildung des Vorsignals, die nur ein recht bedenklicher Notbehelf ist
                              									und in schneereichen Gegenden geradezu gefährlich werden kann, soll wegen des
                              									Verstoßes gegen den Grundgedanken der Hochmastsignale überhaupt nicht mehr statthaft
                              									sein. Das Vorsignal wird entweder mehr seitlich oder auf der Signalbrücke über dem
                              									Gleis angebracht. Sieben Antworten heben hervor, daß die Erkennungsscheibe in
                              									Augenhöhe des Lokomotivführers angebracht sein müßte, in der Befürchtung, das Signal
                              									könnte bei hochliegender Erkennungsscheibe nicht als Vorsignal bei Nebel erkannt
                              									werden. Hiergegen würde der bereits angedeutete kleine Wiederholerflügel in Tieflage
                              									Abhilfe schaffen können, der durch eine kleinere Erkennungsscheibe ergänzt würde,
                              									während die eigentliche Erkennungsscheibe natürlich nahe am ordentlichen
                              									Signalflügel verbleiben müßte, um das volle Signalbild – Flügel und
                              									Erkennungsscheibe – für Fernwirkung zu erhalten. Die Fernsichtbarkeit der
                              									Lichtsignale ist gegeben durch die Lichtquellen, deren Lichtstärke mit Rücksicht auf
                              									die Bauart der Laternen und die Verwendung des Brennstoffes eine begrenzte ist.
                              									Immerhin reichen die roten und grünen Signallichter bei klarem Wetter bezüglich
                              									ihrer Fernsichtbarkeit völlig aus. Für nebliges Wetter gibt es kein Mittel, das
                              									Licht etwas durchdringender zu machen. Blaues Licht kommt als fernwirkendes
                              									Signallicht wegen seiner Lichtschwäche nicht in Frage. Um das Zusammenfließen zweier
                              									gleichfarbiger Lichter in eins zu verhüten, muß beider Abstand mehr als 1/1000 der
                              									Sichtentfernung betragen. Bei Gruppenlichtern ist auf möglichst gleiche Lichtstärke
                              									der Einzellichter zu achten, damit alle zu gleicher Zeiten den Gesichtskreis treten.
                              									Anderseits kann ein Einzellicht mit stärkerer Fernwirkung auch von Nutzen sein,
                              									indem es die Auffindung der Lichtergruppe erleichtert. Dabei muß trotz der stärkeren
                              									Fernwirkung ein Ueberstrahlen der andern Gruppenlichter ausgeschlossen sein: es muß
                              									also mild bleiben. Beispiele hierfür sind die mit dem sogenannten „Brandgult“
                              									gebildeten Gruppenlichter am Hauptsignal auf den Dänischen Staatsbahnen. Mehr wie
                              									drei Lichter werden zu einer Gruppe zweckmäßig nicht zusammengefaßt. Besonderer
                              									Beachtung bedarf die Wechselwirkung zwischen Bahnhofslampen und Signallichtern. Das
                              									Starklicht der ersteren von mehreren hundert bis tausend Normalkerzen überleuchtet
                              									die Signallichter von 20 bis 30 Normalkerzen, weswegen in der Aufstellung von
                              									Signalen und Bahnhofslampen größte Sorgfalt geübt werden muß. Diese Forderung ist
                              									gewiß schwierig erfüllbar. In Oesterreich pflegt man, wo angängig, die Signallichter
                              									auf Bahnhöfen halb so hoch wie die Bahnhofsstarklichtlampen anzuordnen. Die
                              									ungarischen Staatsbahnen blenden die elektrischen Bogenlampen dort ab, wo sie in die
                              									Sichtlinie der Signallichter geraten. Besonders wichtig ist die Aufstellung des
                              									Haupteinfahrtssignals: Sein Signallicht soll nach Möglichkeit über dem Lichterwald
                              									großer Bahnhöfe in einsamer Höhe, vom ankommenden Zuge gesehen, erscheinen. Nur dann
                              									wird es fernsichtbar sein können. Nicht ohne gefährlichen Einfluß sind die
                              									elektrischen Bogenlampen mit ausgesprochener Flammenfärbung, z.B. die
                              									Flammenbogenlampen mit rötlicher Färbung, die Quarzlampen mit stark grünem
                              									Farbenton: Die lichtschwachen farbigen Signallichter werden in dem gleichfarbigen
                              									Lichtkreis noch schwerer erkennbar. Es ist daher für eine Bahnhofsbeleuchtung
                              									hellweißes Licht ohne jeden Farbenton anzustreben. In den praktischen Aufgaben,
                              									welche die Wechselwirkung zwischen Bahnhofsbeleuchtung und Signallichtern stellt,
                              									werden Sichtversuche an Ort und Stelle am besten zur befriedigenden Lösung über Wahl
                              									des Signalstandortes und seiner Lampenhöhe führen.
                           
                              (Schluß folgt.)