| Titel: | Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau. | 
| Autor: | K. Drews | 
| Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 744 | 
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                        Fortschritte und Neuerungen im Kran- und
                           								Windenbau.
                        Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
                              									höheren Maschinenbauschule in Posen.
                        (Fortsetzung von S. 724 d. Bd.)
                        Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau.
                        
                     
                        
                           Stahlwerkskrane.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 744
                              Fig. 30. Mischeranlage der Benrather MaschinenfabrikGießhalle;
                                 										Muldenzubringerkran
                              
                           Der Wert schnellarbeitender Hebezeuge für ein Stahlwerk wird heute allgemein
                              									anerkannt. Alle Neuauflagen zeigen denn auch eine mitunter sogar splendide
                              									Ausstattung mit Spezialhebezeugen. So befinden sich z. Beton dem neuen Stahlwerk der
                              										Westfälischen Stahlwerke
                              									in Bochum (Stahl und Eisen 1908, S. 145 u.f.) 12 Laufkrane bis 70 t Tragkraft;
                              									im Stahlwerk der Cargo Fleet Iron Co. in Middlesbrough
                              									(England) (Stahl und Eisen 1908, S. 1347 u.f.) 9 Laufkrane bis 75 t Tragkraft und 3
                              									Beschickwagen für die Martin- und der Wärmöfen) in dem
                              									neuen Thomaswerk der Burbacher
                                 										Hütte (Stahl und Eisen 1908, S. 1641 u.f.) 7 Laufkrane, mehrere
                              									Motorlaufwinden und Gießwagen.
                           Wie schon D. P. J. 1908, S. 180 erwähnt, wird das vom Hochofen kommende flüssige
                              									Roheisen meist im Stahlwerk gleich weiter verarbeitet; sogenannte reine Hochofen-
                              									und reine Stahlwerke gibt es nur noch wenige.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 744
                              Fig. 31. Bessemerwerk der Benrather MaschinenfabrikGießhalle;
                                 										Kupolofen
                              
                           Bei der einen Art der Stahlbereitung, dem Bessemer- oder
                              										Thomasprozeß, wird bekanntlich das Material in
                              									flüssigem Zustande in die Birne eingesetzt. Zwischen Birne und Hochofen schiebt sich
                              									heutzutage immer ein Mittelglied, der Roheisenmischer, ein, der zunächst das vom
                              									Hochofen kommende Roheisen aufnimmt. Man hat die Dimensionen dieser Mischer immer
                              									mehr vergrößert; so ist z.B. für die Gutehoffnungshütte
                              									ein Mischer im Bau begriffen, der nicht weniger als 900 t Roheisen aufnehmen kann.
                              									Werden solche Mischer, wie das öfter geschieht, noch geheizt, dann kann man in ihnen
                              									noch Schrott aufschmelzen, um die Charge besser vorzubereiten. Fig. 30 zeigt die Bedienung eines Mischers, in dessen Mitte man den Kanal
                              									für die Heizgase bemerkt. Ein Laufkran übernimmt die vom Hochofen kommende Pfanne
                              									und gießt deren Inhalt in der dargestellten Weise in den Mischer. Soll diesem das
                              									Material entnommen werden, so wird er durch den links sichtbaren hydraulisch
                              									betätigten Stempel in die gestrichelte Lage gekippt Von hier schafft der Laufkran
                              									die Pfanne zur Birne, die er in der durch Fig. 31
                              									dargestellten Weise beschickt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 745
                              Fig. 32. Gießlaufkran für Bessemerwerke von Stuckenholz.
                              
                           Die Aufnahme der fertigen Charge geschieht heute noch in der Regel durch Gieß wagen,
                              									weil die vor den Birnen befindliche Bühne einer in gewöhnlicher Weise an den Seilen
                              									eines Laufkranes hängenden Pfanne im Wege ist. Diesem Uebelstande sucht nun die
                              									Firma Ludwig Stuckenholz durch eine Konstruktion
                              									abzuhelfen, wie sie Fig. 32 zeigt. Der Kran zeigt
                              									denselben Aufbau, wie die Beschickkrane für Martinöfen,
                              									D. P. J. 1908, S. 263. Der Ausleger mit der Pfanne, die horizontal verschoben und
                              									gekippt werden kann, sowie der Führerstand hängen an Seilen und können an dem
                              									starren Führungsgerüst gehoben und gesenkt werden. Links bemerkt man einen Wagen mit
                              									Stempel zum Auswechseln der Birnenböden; eine Motorlaufwinde schafft letztere heran.
                              									Zweifellos bietet der aufhochliegender Fahrbahn sich bewegende Laufkran auch hier
                              									wie in so vielen anderen Fällen ganz bedeutende Vorteile gegenüber Gieß wagen. Der
                              									erstere gibt die Hüttensohle völlig frei für den Verkehr; erläßt auch bedeutend
                              									höhere Fahrgeschwindigkeiten zu; bei guter Ausbalancierung der Pfanne, wobei man
                              									allerdings das größere tote Gewicht mit in den Kauf nehmen muß, wie überhaupt ein
                              									solcher Kran eine sehr kräftige Ausführung verlangt, wird der Kran wegen des
                              									tiefliegenden Schwerpunktes sehr ruhig laufen. Vorteilhaft wäre hierbei auch der
                              									sogenannte Wagenguß, wie er in Amerika sehr häufig, bei uns aber weniger vorkommt.
                              									Die Kokillen stehen dabei auf kleinen Wagen, die unter der stillstehenden Pfanne
                              									fortbewegt werden können. Der Gießkran braucht also nicht von Kokille zu Kokille zu
                              									wandern; die bewegten Massen während des Gießens sind beim Wagenguß also wesentlich
                              									geringer.
                           Fig. 33 stellt ein neuzeitliches Martinwerk nach einem Projekt der Benrather Maschinenfabrik dar. Man bemerkt hier die
                              									zweckmäßige Verwendung von Auslegerlaufkranen
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 745
                              Fig. 33. Krananlage für ein Siemens-Martin Stahlwerk der Benrather
                                 										MaschinenfabrikGeneratorhalle; Schrottlager; Ofenhalle; Gießhalle;
                                 										Kokillenlager
                              
                           
                           einmal zur Bedienung des Schrottplatzes und als
                              									Muldenzubringer für den Muldenbeschickkran, dann zur Bedienung des Kokillenlagers
                              									und zum Transport der Blöcke aus der Gießhalle auf den Lagerplatz oder ins
                              									Walzwerk.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 746
                              Fig. 34. Beschickkran für elektrische Oefen von Stuckenholz.
                              
                           Erhält der Martinofen neben Schrotteinsatz noch
                              									flüssigen Einsatz vom Mischer, so geschieht dies meist von der Gießhalle aus durch
                              									den Gießkran, wie es Fig. 33 zeigt.
                           Die neuerdings in Aufnahme kommenden kontinuierlich arbeitenden kippbaren Martin-(Talbot-)Oefen,
                              									die in ihrem Bau den Roheisenmischern gleichen, ändern an den heutigen
                              									Beschickvorrichtungen nichts. Die schon oben erwähnte Cargo
                                 										Fleet Iron Co. in Middlesbrough besitzt drei solcher Talbotöfen von je 175 t Einsatz; ein anderer von 250 t
                              									ist projektiert.
                           Eine Vorrichtung zum Beschicken elektrischer Stahlöfen nach einer Ausführung von Ludwig Stuckenholz zeigt Fig.
                                 										34; die Schale mit dem flüssigen Roheisen wird in der angedeuteten Weise
                              									durch eine von einem Motor angetriebene Zahnstange gekippt. Der Kran kann nur
                              									folgende Bewegungen ausführen: Kranfahren, Katzefahren, Drehen des Schwengelträgers
                              									und Pfannekippen; eine Hubbewegung ist nicht vorhanden.
                           Fig. 35 u. 36 zeigen einen
                              									besonders schweren (80 t) Gießlaufkran mit starrer Führung der Pfanne und besonderer
                              									Führerlaufkatze. Wie Fig.
                                 										36 erkennen läßt, kann die Führerkatze ungehindert durch das portalartig
                              									ausgebildete Führungsgerüst der Hauptwinde hindurchfahren. Der Führer kann sich also
                              									beim Gießen den besten Platz aussuchen, von wo er die Pfanne gut beobachten kann und
                              									doch gegen die strahlende Hitze geschützt ist. Alle Bewegungen des Kranes werden von
                              									dem Führerstand an der Hilfskatze, deren Haken auch das Kippen der Pfanne bewirkt,
                              									gesteuert.
                           Es ist in dieser Zeitschrift wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die
                              									Unabhängigkeit der verschiedensten Bewegungen voneinander und ihre Steuerung von
                              									einem beliebigen festen oder beweglichen Punkte aus nur bei elektrischem Antriebe
                              									praktisch zu verwirklichen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 746
                              Fig. 35 u. 36: Gießlaufkran für 80 t mit besonderer Führerlaufkatze von
                                 										Stuckenholz.
                              
                           Ueber dem Gießkran läuft auf besonderer Fahrbahn, wie Fig. 35 zeigt, noch
                              									ein normaler Laufkran für allgemeine Zwecke, Reparaturarbeiten, Kokillentransport u.
                              									dergl. Diese Anordnung findet man heute in vielen größeren Betrieben mit lebhaftem
                              									Materialverkehr recht häufig.
                           
                           Bezüglich der Muldenbeschick-, der Muldenzubringer- und der Gießkrane kann man
                              									wohl mit Sicherheit annehmen, daß ihre konstruktive Durchbildung, auf Grund einer
                              									nunmehr mehrjährigen Erfahrung, einen gewissen Abschluß erfahren hat; daß man also
                              									für normale Verhältnisse auch Normaltypen schaffen wird und nur notgedrungen
                              									Bewährtes verlassen wird.
                           Ganz anders liegen die Verhältnisse nun bei den Transportmitteln für Blöcke und
                              									Walzwerksprodukte. Hier ist noch alles im Fluß, hier feiert die Erfindertätigkeit
                              									noch wahre Orgien; das gilt ganz besonders von den Greiforganen jener
                              									Transportmittel. Die Uebersicht über die im ersten Vierteljahr 1909 erteilten
                              									Patente auf diesem Gebiete in D. P. J. 1909, Heft 27 u. 28 geben ein Bild von der
                              									intensiven Tätigkeit unserer Hebezeugfirmen. Die Entwicklung wird auch hier
                              									schließlich zu einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Konstruktionen führen,
                              									deren Zweckmäßigkeit sich im Betriebe erwiesen hat.
                           Fig. 37 zeigt eine kombinierte Stripper- und
                              									Blockzange der Benrather Maschinenfabrik. Die Zange
                              									dient sowohl zum Abstreifen der Kokille wie zum Transport des glühenden Blockes nach
                              									den Tieföfen.
                           Wie Fig. 37 erkennen läßt, besteht die
                              									Greifvorrichtung aus den beiden durch ein Querstück miteinander verbundenen
                              									Zangenarme, dem mittleren Druckstempel und den beiden durch sechs Schraubenbolzen
                              									verbundenen Seitenwangen. Das Zangenpaar liegt lose zwischen den Wangen. Der
                              									Druckstempel trägt an seinem unteren Ende zwei Knaggen mit Anlaufflächen (in der
                              									Zeichenebene) und darunter zwei Ansätze; er kann sich, ohne zu drehen, in der
                              									durchbohrten Zugstange, an der die Seitenwangen hängen, auf- und abbewegen.
                           Die Zangenarme haben das Bestreben, sich zu schließen. Um nun die Kokille zu fassen –
                              									die Arme besitzen dafür am unteren Ende auf der Innenfläche Vertiefungen, denen zwei
                              									Nasen an der Kokille entsprechen – muß sich die Zange öffnen. Das wird dadurch
                              									bewirkt, daß der Druckstempel nach unten bewegt wird; seine beiden seitlichen
                              									Knaggen treffen dabei auf zwei Rollen, deren Zapfen lose in den Kurvenschlitzen
                              									der Zangenarme unterhalb der Traverse geführt werden. Die Arme öffnen sich nun und
                              									nehmen die gezeigte Stellung ein. Bei weiterem Abwärtsgehen des Stempels verlassen
                              									die Knaggen die Druckrollen, die Zangenarme schließen sich wieder unter ihrem
                              									Eigengewicht, wobei sich ihre oberen Führungsrollen in entsprechenden Aussparungen
                              									der Seitenwangen nach außen bewegen. Nach Erfassen der Kokille drückt der Stempel
                              									den Block heraus. Um nun den heißen Block mit den Körnerspitzen zu fassen, wird
                              									zunächst die Kokille abgesetzt, indem durch Zurückziehen des Stempels die Zange
                              									geöffnet wird und in die Stellung Fig. 37 gelangt.
                              									Geht der Stempel noch weiter zurück, dann fallen die Druckrollen in ihren Schlitzen
                              									nach unten, kommen also aus dem Bereiche der Knaggen; die Zange schließt sich.
                              									Nunfaßt der Stempel mit Seinen unteren Ansätzen das Querstück, nimmt die Zange mit,
                              									wobei deren obere Rollen in die schrägen Führungen der Seitenwangen gelangen. Die
                              									Zange öffnet sich entsprechend der Blockdicke, worauf der Stempel wieder gesenkt
                              									wird; die Spitzen drücken sich fest in den Block ein. Wird nun die Zugstange mit den
                              									Seitenwangen angehoben, dann wirkt das Gewicht des Blockes auf Zangenschluß, d.h.
                              									Festklemmen ein. Das Loslassen des Blockes wird durch Anheben des Stempels bewirkt.
                              									Die Hubbewegung sowohl des Stempels wie der ganzen Zange wird durch je einen
                              									Elektromotor bewirkt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 324, S. 747
                              Fig. 37. Kombinierte Stripper- und Blockzange der Benrather
                                 										Maschinenfabrik.
                              
                           
                              (Schluß folgt.)