| Titel: | Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser. | 
| Autor: | Karl Just | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 33 | 
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                        Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser.
                        Von Karl Just.
                        Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser.
                        
                     
                        
                           Einleitung.
                           Der große Aufschwung, den die rotierenden hydraulischen Maschinen – Turbinen und
                              									Kreiselpumpen – in den letzten Jahrzehnten genommen haben, veranlaßte den
                              									Konstrukteur, auf stetige Verbesserungen bedacht zu sein. Neben der
                              									Regulierfähigkeit (bei Turbinen) und dem achsialen Druckausgleich (bei Pumpen) war
                              									es in der Hauptsache die Formgebung der Schaufelkanäle, auf die sich das Augenmerk
                              									richtete, und hierin sind sehr gute Erfolge erzielt worden. Ganz geklärt sind ja
                              									allerdings über diesen Punkt noch nicht alle Fragen, Dazu dürften auch noch viele
                              									mühsame Versuche notwendig sein, die z.B. Aufschluß geben über die Druck- und
                              									Geschwindigkeitsverteilung im rotierenden Kanal, über die Stöße und Verluste durch
                              									die Schaufeln und den damit zusammenhängenden Einfluß der Schaufelspalte Im
                              									allgemeinen kann man aber wohl sagen, daß die Beschaufelung der Turbinen und
                              									Kreiselpumpen heute von den führenden Firmen äußerst rationell ausgeführt wird.
                              									Allerdings läßt sich der Wirkungsgrad durch Bearbeiten der Kanalwände der Lauf- und
                              									Leiträder noch etwas steigern; ebenso würde ein besseres Zuschärfen der
                              									Schaufelenden von Vorteil sein.Verfasser
                                    											hatte Gelegenheit, bei der Stettiner
                                       												Maschinenbau-Akt.-Ges. Vulcan Versuche mit Turbinen und
                                    											Pumpenrädern aus Bronze zu machen, deren Kanalwände mit der Feile vollkommen
                                    											bearbeitet und deren Schaufelenden auf 30–40 mm Länge gleichmäßig
                                    											zugeschärft waren. Der Nutzeffekt war ganz ausgezeichnet, und es ergab sich,
                                    											daß der durch die Wandreibung verursachte Druckhöhenverlust gegenüber
                                    											anderen Kanälen wesentlich verringert war. Ein Punkt, der für die
                              									Größe des Wirkungsgrades auch mitbestimmend ist, sind die Dichtungen im Innern, wo
                              									es gilt, Räume verschiedenen Drucks gegeneinander möglichst gut zu dichten.
                           Es sind dies die Spalte und die mit ihnen zusammenhängenden Verluste. Aber gerade
                              									über die Güte der für die Spaltdichtungen getroffenen Anordnungen gehen die
                              									Ansichten weit auseinander.
                           
                        
                           Spaltverlust.
                           Bei den meisten hydraulischen Maschinen ist der Druck am Eintritt in das arbeitende
                              									Rad stets ein anderer als beim Austritt. Da zwischen dem rotierenden Rad und dem
                              									Gehäuse naturgemäß ein kleiner Zwischenraum – Spalt – sich befindet, so strömt das
                              									Wasser von der Stelle höheren Drucks nach der mit niederem Druck. Bei Turbinen geht
                              									hierdurch Wasser verloren, ohne im Laufrad Arbeit abzugeben, bei den Kreiselpumpen
                              									fließt schon gefördertes Wasser wieder in das Saugrohr zurück. Der so entstehende
                              									Verlust heißt Spaltverlust. Ueber seine Größe liegen bisher in der Literatur keine
                              									genauen Angaben vor. Entweder berechnet man den Verlust überschläglich, wie Pfarr (Die Turbinen für Wasserkraftbetrieb S. 258) als
                              									die Wassermenge, die bei gegebener Druckdifferenz durch einen Ring mit ruhenden
                              									Wänden fließt, wobei man die Kontraktion und Reibung durch einen
                              									Durchflußkoeffizienten berücksichtigt, oder aber man nimmt wie Neumann (Die Zentrifugalpumpen S. 33) die
                              									Spaltwassermenge summarisch an. Bei der Ausführung ist man dann bestrebt, die Spalte
                              									so auszubilden, daß der Verlust ein Minimum wird. Dieser Punkt ist es aber, bei
                              									welchem man in der Praxis vollkommen entgegengesetzte Meinungen antrifft. Die einen
                              									vertreten die Ansicht, daß glatte Spalte am besten dichten – dieser Anschauung ist
                              									z.B. auch Bach (Z. d. V. d. Ing. 1891. S. 474), andere
                              									wieder glauben, daß Spalte mit eingedrehten Nuten und in diese passende Versatzungen
                              									besser dichten, z.B. Grashof (Theoretische
                              									Maschinenlehre I, S. 475). Bei den Spalten mit Nuten, oder mit Nuten und
                              									Versatzungen wird das strömende Wasser nicht den geraden Weg nehmen, sondern
                              									mehrfach abgelenkt werden. Das Wasser muß sich also erst seinen gewundenen Weg
                              									suchen. Aus diesem Grunde heißt man diese Dichtungen Labyrinthdichtungen.
                           In der vorliegenden Arbeit ist versucht, die Güte der verschiedenen, in der Praxis
                              									üblichen Labyrinthdichtungen auf experimentellem Wege zu untersuchen und so zur
                              									Klärung dieser Frage beizutragen. Ueber ähnliche Versuche liegt eine Arbeit vor: Becker: Strömungsvorgänge in ringförmigen Spalten und
                              									ihre Beziehungen zum Poiseuilleschen Gesetz. (Zeitschr.
                              									d. Ver. d. Ing. 1907, S. 1153). Becker untersucht
                              									Ringspalte von 0,205, 0,40, 0,42 und 0,62 mm Spaltbreite, 22,04 mm äußeren
                              									Spaltdurchmesser und 175 mm Spaltlänge. Der Ringspalt wird gebildet durch ein genau
                              									zylindrisch geschliffenes Messingrohr, in das zwei glatte zylindrische Bolzen von
                              									verschiedenem Durchmesser gut zentriert passen. Außerdem untersucht er zwei
                              									treppenförmig abgestufte Kolben, die in ein gleiches Gehäuse so eingesetzt sind, daß
                              									zwischen den Stufen des Kolbens und der Gehäusewand enge Ringspalten entstehen.
                              									Dieser Kolben wurde durch einen Elektromotor gedreht. Die Resultate, die Becker erzielte, sind in der Hauptsache folgende:
                           Auch für einen Ringspalt gilt bis zur kritischen Geschwindigkeit das Poiseuillesche Gesetz: Der Druckhöhenverlust infolge
                              									der Reibung ist proportional der Geschwindigkeit. Ueber der kritischen
                              									Geschwindigkeit ist der Druckverlust proportional der 1,9 Potenz. Bei einem Spalt,
                              									dessen eine Wand sich dreht, hat die Umlaufzahl so gut wie keinen Einfluß auf den
                              									Wasserverlust.
                           Becker hat also nur die glatten Spalte genau untersucht.
                              									Spalte mit Nuten und Versatzungen fehlen; denn über solche Labyrinthdichtungen geben
                              									auch die Resultate mit dem Stufenkolben keinen Aufschluß. Und gerade Erfahrungen hierüber sind
                              									es, die die Praxis vermißt. Aus diesem Bedürfnis heraus entstand die vorliegende
                              									Arbeit.
                           
                        
                           Allgemeines über Messungen an
                                 										strömenden Flüssigkeiten.
                           Der Zustand einer stationären Flüssigkeitsströmung, d.h. einer Strömung, deren
                              									Zustand von Ort zu Ort, nicht aber an demselben Ort mit der Zeit veränderlich ist,
                              									ist vollkommen bestimmt, wenn es möglich ist, für jeden Punkt innerhalb derselben
                              									den Druck und die Geschwindigkeit nach Größe und Richtung anzugeben.
                           Es muß also die Funktion bekannt sein:
                           F (p, w,
                                 										r) = 0.
                           Darin bedeutet p den Druck, w die Geschwindigkeit und r den Radiussektor.
                              									Diese Größen müssen auch ihrer Richtung nach bekannt sein. Zur Untersuchung einer
                              									Strömung sind also Druck- und Geschwindigkeitsmessungen nötig.
                           
                              A. Druckmessung.
                              In der Praxis nimmt man im allgemeinen an, daß der Druck einer Flüssigkeit nach
                                 										allen Richtungen gleich sei. Bei einer ruhenden Flüssigkeit trifft dies auch zu.
                                 										Denkt man sich aus einer solchen ein beliebiges Volumen abgegrenzt, so können
                                 										durch jeden, irgendwie durch dasselbe gelegten Querschnitt nur Normalspannungen
                                 										übertragen werden, da sonst ein Querschnitt gegen den anderen würde verschoben
                                 										werden. Aus diesem Grunde sind für ein unendlich kleines Flüssigkeitselement die
                                 										Normalspannungen für alle Schnittrichtungen gleich groß: Das räumliche
                                 										Spannungsdiagramm ist also eine Kugel.
                              Bei einer in Bewegung befindlichen zähen, d.h. nicht reibungslosen Flüssigkeit
                                 										trifft dies aber nicht mehr zu. Hier treten innere Reibungen auf, welchen
                                 										Schubspannungen entsprechen und welche bewirken, daß die Spannungskugel in ein
                                 										Spannungsellipsoid übergeht. Im allgemeinen ist dieses Spannungsellipsoid ein
                                 										dreiachsiges. Die Normalspannungen für drei zueinander senkrecht liegende (aber
                                 										sonst beliebige) Schnittflächen sind (Föppl,
                                 										Dynamik, S. 429):
                              
                                 \sigma_x=-p+2\,k\,.\,\frac{\delta\,w_1}{\delta\,x}
                                 
                              
                                 \sigma_y=-p+2\,k\,.\,\frac{\delta\,w_2}{\delta\,v}
                                 
                              
                                 \sigma_z=-p+2\,k\,.\,\frac{\delta\,w_3}{\delta\,z}
                                 
                              wo
                                 											-p=\frac{\sigma_x+\sigma_y+\sigma_z}{3}, k der Zähigkeitskoeffizient und w1, w2, w3 die
                                 										Geschwindigkeitskomponenten in der X-, Y- und Z-Achse bedeuten. O. E.
                                    											Meyer gibt für Wasser bei 15,50°C an k=
                                 										136 × 10 – 6 kg/qm Sek. Im nachfolgenden sind alle Drucke in Metern Wassersäule, also
                                 										in kg/10 qcm angegeben, k ist also ein kleiner
                                 										Wert.
                              Außerdem wird die Tangente an die Geschwindigkeitskurve in der Achsrichtung bei
                                 										guten Wasserführungen, also bei allmählicher Geschwindigkeitsänderung, nie sehr
                                 										groß werden. Daher ist es zulässig, daß man auch bei zähen Flüssigkeiten den
                                 										zweiten Summand gleich Null setzt, also annimmt, daß auch hier der Druck nach
                                 										allen Richtungen gleich groß ist.
                              Bei Druckmessungen an Rohrleitungen ist es üblich, daß man an der betreffenden
                                 										Stelle das Rohr anbohrt und ein Manometer – bei kleinen Drücken ein offenes
                                 										Wassermanometer (Piezometer), bei größeren Drücken ein offenes Quecksilber- oder
                                 										ein Metallmanometer – anschließt, wenn die Drücke größer sind als der
                                 										Atmosphärendruck. Für kleinere Drücke dagegen verwendet man Vakuummeter.
                                 										Ausführlichere Angaben über die Art der Anbohrung finden sich nur wenige in der
                                 										Literatur.
                              Oesterlin (Untersuchungen über den Energieverlust
                                 										des Wassers in Turbinenkanälen) verwendet gut in die Rohrwand eingepaßte
                                 										Messingröhrchen von 2 mm 1. W., die innen bündig mit der Wand sind. Mit solchen
                                 										Röhrchen hat jedoch Grether (Experimentelle Studie
                                 										über Potentialbewegung tropfbarer Flüssigkeiten in gekrümmten Kanälen) schlechte
                                 										Erfahrungen gemacht. Er lötete Messingröhrchen von 2 mm 1. W. an die Gehäusewand
                                 										und bohrte dann ein 0,7 mm weites Loch durch die Wand. Den inneren Bohrgrat
                                 										entfernte er durch Abschmirgeln der Innenwand. Auch Stodola (Die Dampfturbinen und die Aussichten der Wärmekraftmaschinen,
                                 										Z. d. V. d. Ing. 1903, S. 4) macht darauf aufmerksam, daß es nicht gleichgültig
                                 										ist, wie solche Bohrungen angebracht werden, und er kommt nach seinen Versuchen
                                 										zu dem Schluß, daß eine senkrechte Bohrung einen vom wahren Druck nicht
                                 										wesentlich verschiedenen anzeigen wird.
                              Ueber die Druckmessung im Innern von Flüssigkeiten durch kleine runde Löcher sagt
                                 											Captain Taylor auf Grund seiner sorgfältigen
                                 										Untersuchungen über die Pitotsche Röhre (Eng. News
                                 										1904, Nov. 3): Pitotsche Röhren, in welchen die
                                 										Drucköffnungen kleine runde Löcher sind, müssen notwendigerweise ungenau sein,
                                 										da die Saugwirkung eines bewegten Stromes auf eine solche Oeffnung groß und
                                 										unregelmäßig ist. Er schlägt vor, tangential in die Strömung gebaute Röhren mit
                                 										langem Schlitz zu verwenden, die sich gut bewährt haben.
                              Um über diese Frage Klarheit zu verschaffen, wurden in dieser Arbeit zunächst
                                 										Versuche angestellt über die verschiedene Druckangabe von Bohrungen in der
                                 										Wand.
                              
                           
                              B. Geschwindigkeitsmessung.
                              In offenen Kanälen kann man die Geschwindigkeit des Wassers durch Schwimmer, Pitotsche Röhrens. D. p. J. 1909, Bd. 324, S.
                                       											687. oder durch Woltmannsche Flügel
                                 										bestimmen. Heutzutage verwendet man ausschließlich Woltmannsche Flügel. Handelt es sich nur darum, die Geschwindigkeit
                                 										des Wassers durch den ganzen Querschnitt eines Kanals zu messen, so benutzt man
                                 										in neuester Zeit mit gutem Erfolg die sogen. Schirmmessung.
                              In geschlossenen Wasserführungen kommen nur Woltmannsche Flügel oder Pitotsche Röhren in
                                 										Betracht. Will man bei solchen Messungen die Geschwindigkeit an einer bestimmten
                                 										Stelle ermitteln, so sind Flügelmessungen, die stets die mittlere
                                 										Geschwindigkeit des an den verhältnismäßig großen Flügeln vorbeifließenden
                                 										Wasserzylinders angeben, nicht brauchbar. Kleine Flügel sind aus
                                 										Konstruktionsrücksichten nicht leicht zu bauen. Es bleibt also z. Zt. nur ein
                                 										Ausweg, die Geschwindigkeit mit Pitotschen Röhren
                                 										zu messen.
                              Seine Erfahrungen über die Messung von Wassergeschwindigkeiten mit der Pitotschen Röhre veröffentlichte K. Ellon in der Z. d. V. d. Ing. 1909 S. 989. Es
                                 										erübrigt sich daher, näher hierauf einzugehen. Es sei der Vollständigkeit wegen
                                 										nur erwähnt, daß auch der Verfasser vorliegender Arbeit zu seiner Diplomarbeit
                                 										und in seiner späteren Ingenieurtätigkeit Untersuchungen mit verschiedenen
                                 										derartigen Röhren machte und als Resultat fand, daß die Energieröhren, wenn sie
                                 										direkt dem Wasserstrom entgegengerichtet sind, stets die Energie genau angeben,
                                 										daß also die Gleichung h = p + w2/2 g genau
                                 										stimmt, wo p den statischen Druck und w2/2 g die
                                 										Geschwindigkeitshöhe bedeutet. Der Koeffizient, der in der Literatur bisweilen bei
                                 											w2/2 g angegeben wird, ist auf eine falsche Messung des
                                 										an jener Stelle vorhandenen statischen Drucks zurückzuführen. Der Verfasser
                                 										machte damals mit verschiedengeformten Pitot-Röhren
                                 										Versuche, und alle zeigten, wenn die Oeffnungen genau dem Strome entgegengesetzt
                                 										waren, die Energie genau gleich groß an. Es wurden damals Energieröhren von
                                 										folgender Form untersucht:
                              Das Pitotsche Röhrchen Nr. 1 (Fig. 1a) bestand aus einem Messingrohr von 3 mm
                                 										1. W. und 1 mm Wandstärke. Die Länge des umgebogenen Schenkels betrug 25 mm, die
                                 										Kante war zugeschärft.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 326, S. 35
                                 Fig. 1a.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 326, S. 35
                                 Fig. 1b.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 326, S. 35
                                 Fig. 1c.
                                 
                              Das Pitot-Röhrchen Nr. 2 (Fig. 1b) war ein gerades Röhrchen von 3 mm 1. W. und 1 mm Wandstärke,
                                 										das unten geschlossen war. 10 mm vom geschlossenen Ende entfernt, hatte es auf
                                 										der Seitenwand eine 2 mm große Oeffnung.
                              Das Pitot-Röhrchen Nr. 3 (Fig. 1c) war wie 2, nur hatte es am unteren Ende keinen runden
                                 										Querschnitt, sondern war zusammengedrückt und zugeschärft. Die Oeffnung hatte 1
                                 										mm .
                              Diese 3 Röhrchen wurden nun so in ein 400 mm weites Versuchsrohr gebracht, daß
                                 										die Oeffnung sich stets in der Rohrachse befand und der Strömung entgegengesetzt
                                 										war. Bei den verschiedenen Wassergeschwindigkeiten zeigten alle 3 Röhrchen die
                                 										Energie übereinstimmend an. Die Röhrchen wurden dann in den freien Strahl der
                                 										Austrittsöffnung eines Tanks gebracht, und da zeigte sich, daß die von ihnen
                                 										angezeigte Energiehöhe genau gleich der Höhe des jeweiligen Wasserstands im Tank
                                 										war. Der obige Koeffizient war also bei allen Röhrchen trotz der verschiedenen
                                 										Form gleich 1.
                              Handelt es sich nur darum, in einem Rohr oder einem Kanal die mittlere
                                 										Durchflußgeschwindigkeit zu bestimmen, so genügt die Bestimmung der sekundlichen
                                 										Wassermenge und des durchflossenen Querschnittes. Der Quotient beider ist die
                                 										mittlere Geschwindigkeit.
                              
                           
                        
                           Die Versuche.
                           Die nachfolgenden Versuche umfassen:
                           
                              a) solche zur Untersuchung von ebenen Spalten mit ruhenden
                                 										Wänden bei verschiedener Spalthöhe und verschieden ausgebildeten
                                 										Spaltwänden;
                              b) solche zur Untersuchung eines zylindrischen Spalts mit einer
                                 										ruhenden und einer rotierenden Wand bei verschieden ausgebildeten
                                 										Spaltwänden.
                              
                           In Vorversuchen wurde die Druckangabe von einigen verschiedenartigen Bohrungen in der
                              									Wand eines Kanals untersucht.
                           Die Spaltversuche bezogen sich auf Spalte von 0,66 bis 2,59 mm Weite. Da bei der
                              									geringen Kanalweite die Verschiedenheit der Drucke in den einzelnen Schichten sehr
                              									gering, eine genaue Bestimmung praktisch auch unmöglich ist, so wurde der Druck an
                              									den einzelnen Stellen nur durch Messung an der Wand bestimmt. Aus gleichen Gründen
                              									wurde die Geschwindigkeit dadurch festgestellt, daß die Wassermenge während
                              									einer bestimmten Zeit in einem Meßgefäß aufgefangen und die Menge dann durch Zeit
                              									und Spaltquerschnitt dividiert wurde.
                           
                        
                           Vorversuche und solche an Spalten mit
                                 										festen Wänden.
                           
                              Die Vorversuche
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 35
                              Fig. 2.Versuchsapparat.
                              
                           Hierzu wurden zwei gleiche Apparate benutzt. Der Apparat (Fig. 2) besteht aus einer Grundplatte aus Gußeisen mit einem runden
                              									Einlauf von 50 mm , der in einen rechteckigen Querschnitt von 10 mm Höhe und
                              									100 mm Breite übergeht. An diesen Einlaufstutzen schließt sich eine gehobelte Platte
                              									bündig an und auf diese folgt bündig ein Auslauf stutzen mit einem Querschnitt 10 ×
                              									100 mm übergehend in eine Mündung von 40 mm lichtem Durchmesser. Die ebene Strecke
                              									von 270 mm Länge und 140 mm Breite zwischen den beiden Stutzen dient als untere
                              									Fläche des zu untersuchenden Spalts. Dadurch, daß auf diese ebene Fläche seitlich 20
                              									mm breite Messingbleche von verschiedener Stärke (0,66, 1,08, 1,71, 2,59, 3,50 mm)
                              									gelegt wurden und hierauf dann eine gußeiserne gehobelte Platte gedeckt wurde,
                              									konnten so Spalte von 100 mm Breite und von einer Spaltweite hergestellt werden,
                              									welche durch die Stärke der Messingstreifen bestimmt war. Um eine gleichmäßige
                              									Strömung zu erhalten, wurden sowohl zwischen Einlauf- als auch Auslaufstutzen und
                              									den so gebildeten Versuchsspalt Uebergangsstücke eingeschaltet, die von 10 mm Höhe
                              									abgeschrägt waren (vergl. Fig. 2). Durch diese
                              									Uebergangsstücke wurden gleichzeitig die Zwischenbleche H an den Enden auf der Grundplatte so befestigt, daß ihre Entfernung 100
                              									mm betrug. Die Deckplatte wurde mittels dreier Flacheisen und Anker auf die
                              									Grundplatte gepreßt. Da die Messingbleche genau gewalzt waren und die Deckplatte auf
                              									diese Art gut auf die Grundplatte gedrückt wurde, ergab sich eine vollkommen
                              									gleichmäßige Höhe des Spaltkanals. Die Dichtung war, da die Bleche mit einer ganz
                              									dünnen Schicht Olivenöls überzogen wurden, längs des Spalts sehr gut. An dem
                              									Uebergangsstück war es nötig, die Fugen von außen durch Talg zu dichten, was leicht
                              									zu erreichen war. An den Versuchskanal schloß sich dann ein offener viereckiger
                              									Auslaufkanal aus Blech an, der das abfließende Wasser in einen Meßtank von 600 mm
                              									lichtem  und 1000 mm Höhe leitete. Derselbe war geeicht und hatte einen
                              									abschließbaren Ablauf.
                           Die Versuchsapparate wurden an die Stettiner städt. Wasserleitung angeschlossen. Da
                              									alle Versuche in den Abendstunden von 9 Uhr an gemacht wurden und während eines
                              									Versuchs, der höchstens zwei Minuten dauerte, sich der Druck im Netz nur um 1–2 mm
                              									Quecksilbersäule änderte, so wurde von einem Windkessel abgesehen. Stellten sich
                              									ausnahmsweise größere Schwankungen ein, so wurde der Versuch ausgeschaltet. Die
                              									Versuchsanordnung ist in Fig. 3 dargestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 36
                              Fig. 3.Versuchseinrichtung.
                              
                           Die Vorversuche sollten darüber Aufschluß geben, wie eine Bohrung in der Wand einer
                              									geschlossenen Wasserführung beschaffen sein muß, damit der Druck, der an der
                              									betreffenden Stelle herrscht, richtig gemessen wird.
                           In der Versuchsplatte I wurden zu diesem Zwecke
                              									verschiedene Bohrungen vorgesehen, die in Fig. 2 und
                              										4 dargestellt sind. Die verschiedenartigen
                              									Bohrungen, die in Fig. 4 dargestellt sind, befanden
                              									sich dabei in einem Querschnitt des Versuchsspalts, der vom konischen Einlauf 152,5
                              									mm entfernt war (Fig. 2.) Die Drucke, die die
                              									verschiedenen Bohrungen angeben, sollten untereinander verglichen werden. Bei
                              									verschiedenen Geschwindigkeiten wurden die Drucke dieser Bohrungen gemessen und
                              									dabei gleichzeitig immer der Druck an einer Kontrollbohrung, die am Anfang des
                              									Kanals war, bestimmt. Drei Bohrungen von 2 mm  mit abgerundeten Kanten waren
                              									quer über die Kanalbreite verteilt. Diese Drucke dienten als Kontrolldrucke, da
                              									nicht alle Bohrungen gleichzeitig an die Manometer angeschlossen werden konnten;
                              									außerdem wurde vor und hinter jeder Versuchsbohrung die gleiche Bohrung von 2 mm
                              									lichtem  und abgerundeten Kanten angebracht. Diese Bohrungen sollten zeigen,
                              									ob die Strömungsverhältnisse über den ganzen Querschnitt des Kanals dieselben sind.
                              									Außerdem war beabsichtigt, die durch die Versuchsbohrungen verursachten Wirbelungen
                              									durch Einführen gefärbter Wasserfäden sichtbar zu machen. Um hier einen weiten Spalt
                              									zu haben, wurden 3½ mm starke Zwischenbleche verwendet und dann die Deckplatte
                              									aufgelegt und dicht verschlossen. Die Versuche wurden in folgender Weise angestellt:
                              									Mittels des Regulierschiebers ließ man Wasser mit verschiedenen Geschwindigkeiten
                              									durch den Versuchskanal fließen. Bei jeder Geschwindigkeit stellte sich an jedem
                              									Röhrchen des ersten Kontrollquerschnitts ein bestimmter Druck ein, ebenso an
                              									den Kontrollöchern direkt vor und hinter der Versuchsbohrung. Ist die Form der
                              									Bohrung gleichgültig, so müssen, wenn die Strömungsverhältnisse über jedem
                              									Querschnitt gleich sind, die Bohrungen in den einzelnen Querschnitten auch alle
                              									gleich zeigen. Die Versuche, bei denen die höchsten erreichten Geschwindigkeiten 6,2
                              									m betrugen, zeigten nun folgendes; Bei derselben mittleren Geschwindigkeit zeigten
                              									alle drei Bohrungen im ersten Querschnitt (Kontrollquerschnitt) gleich, ebenso auch
                              									die Bohrungen, die 25 mm vor den Meßbohrungen sind, – ein Beweis, daß die Strömung
                              									gleichmäßig über den Querschnitt ist.
                           Die Meßbohrungen selbst aber und die Kontrollbohrungen dahinter zeigten alle
                              									verschiedenen Druck an. Die verschiedene Angabe des Drucks der Kontrollbohrungen
                              									hinter den Meßbohrungen ist verursacht durch die nun gestörte Strömung. In Fig. 4 sind die Ergebnisse dieser Versuche
                              									dargestellt. Als Abszissen sind die Drucke in dem ersten Kontrollquerschnitt
                              									aufgetragen, als Ordinaten die von den verschiedenen Bohrungen angezeigten Drucke.
                              									Man sieht daraus, daß die Bohrungen von 1 mm, 2 mm und 4 mm , wenn ihre
                              									Kanten gut abgerundet sind, gleich zeigen, und zwar liegen die von ihnen angegebenen
                              									Drucke ziemlich in der Mitte der Drucke, die eine mit der Strömung und eine gegen
                              									die Strömung gerichtete Bohrung zeigt. Die andern Bohrungen zeigen zum Teil mehr,
                              									zum Teil weniger Druck an. Es liegt nun die Annahme nahe, daß Bohrungen von 1 bis 4
                              									mm  mit gut abgerundeten Kanten den Druck richtig angeben. Ist dies der Fall,
                              									so muß, wenn wir solche Bohrungen längs des Versuchskanals anbringen, der
                              									Druckabfall nach einer Geraden so sein, daß der Druck am Ende des Kanals Null wird.
                              									Wie die späteren Versuche zeigen, trifft dies auch für diese Bohrungen zu.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 36
                              Fig. 4.Druckmessungen mit verschiedenen Bohrungen.
                              
                           Die Druckmessung bei diesen Versuchen geschah so, daß an die verschiedenartigen
                              									Versuchsbohrungen Messingröhrchen von 2 mm lichter Weite ausgesetzt wurden, die in
                              									die Platte dicht eingelötet waren.
                           Auf diese Messingröhrchen wurden Gummischläuche gesteckt, wie man solche zu
                              									Fahrradpumpen verwendet. Durch 2 umgelegte Drähte wurden die Schläuche am Messingröhrchen gedichtet.
                              									Diese Gummischläuche wurden nach ∪-förmig gebogenen Quecksilbermanometern geführt,
                              									die in Schlauchtüllen ausgezogen waren. Alle Manometer waren auf einem Brett
                              									befestigt, daß mit Millimeterpapier bezogen war. Der Nullpunkt der Skala lag in Höhe
                              									der Oberkante der Versuchsbohrungen. Die Reduktion der Quecksilberhöhen in
                              									Wasserhöhen geschah in folgender Weise (Fig.
                                 									4a).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 37
                              Fig. 4a.
                              
                           Bei diesen und allen folgenden Messungen war es nötig vor und auch zuweilen während
                              									des Versuchs dafür zu sorgen, daß Luft, die möglicherweise in den Röhren sich
                              									befindet, vor der Messung entfernt wird. Dazu kann man entweder am höchsten Punkte,
                              									der direkt vor dem Quecksilbermanometer sein muß, einen 2-Wegehahn anbringen, oder
                              									wie im vorliegenden Falle hier eine Schlauchtülle einschalten, von der sich der
                              									Schlauch leicht abnehmen läßt und die doch im Betrieb dicht ist.
                           Um nicht bei jeder Druckablesung beide Quecksilberspiegel ablesen zu müssen, wurde
                              									für jedes Manometer eine Eichkurve aufgezeichnet. Es wurden zunächst der zu
                              									verschiedenen Ständen im offenen Schenkel gehörige Quecksilberstand im anderen
                              									Schenkel bestimmt, dann der hieraus resultierende Druck bezogen auf das Nullniveau
                              									nach obiger Formel gerechnet.
                           Dann wurde, wie in Fig. 5 gezeigt, die Eichkurve
                              									aufgezeichnet. Als Abszisse ist die Quecksilberhöhe im offenen Schenkel aufgetragen,
                              									wäherend die Ordinate die dazu gehörige Wassersäule angibt.
                           Im Ganzen waren 10 Manometer vorhanden; daher mußten die Bohrungen nacheinander
                              									untersucht werden. Auf dem offenen Schenkel eines jeden Manometers war eine
                              									Blechhülse leicht verschiebbar. Sobald der Beharrungszustand in der Strömung
                              									erreicht war, wurden diese Hülsen so verschoben, daß ihre Oberkante bündig mit dem
                              									Quecksilbermeniskus war. Dann wurde an einem Standrohr, das mit dem Meßtank
                              									kommunizierend verbunden und auch auf dem Manometerbrett montiert war, die Steighöhe
                              									des Wassers während einer mittels Stoppuhr bestimmten Zeit gemessen. Da der
                              									Querschnitt des Tanks konstant war (600 mm ), erhielt man die Wassermenge als
                              									Produkt aus Steighöhe und Tankquerschnitt. Durch die Sekundenzahl und den
                              									Spaltquerschnitt dividiert ergab sich die mittlere Geschwindigkeit im Spalt. Nachdem
                              									die Steighöhe während einer bestimmten Zeit (die Versuche dauerten von 15 Sekunden
                              									bis 2 Minuten) abgelesen war, wurde der Einlaufschieber stets etwas geschlossen, um
                              									Wasser zu sparen und jetzt wurden nach den eingestellten Hülsen die Druckhöhen
                              									notiert. Auf diese Art konnte der Verfasser ohne sonstige Hilfe die Versuche
                              									vornehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 37
                              Fig. 5.Eichkurven zum Manometer III, IV, VII
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)