| Titel: | Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. | 
| Autor: | A. Linker | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 260 | 
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                        Bemerkenswertes aus dem maschinen- und
                           								elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910.
                        Von Dr. Ing. A. Linker,
                           								Kiel.
                        (Fortsetzung von S. 250 d. Bd.)
                        Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet
                           								usw.
                        
                     
                        
                           Auf dem Gebiete der Meßtechnik ist die European Weston
                                 										Instrument Co., Berlin-Schöneberg, bisher öfters mit verschiedenen
                              									Neuerungen hervorgetreten. So finden wir Neukonstruktionen ausgestellt, die sich
                              									u.a. auch auf die weltbekannten Weston-Normalinstrumente und deren Prüfung beziehen.
                           Allerdings bemerkt man bei oberflächlicher Betrachtung der Ausstellung keine
                              									wesentlichen Veränderungen an den Instrumenten. Die im Laufe der letzten Jahre
                              									vorgenommenen Verbesserungen sind äußerlich nicht in die Erscheinung getreten. Sie
                              									beziehen sich nämlich auf die Massenherstellung der einzelnen Teile, Anfertigung der
                              									Werkzeuge und Lehren zur Kontrolle derselben. Dadurch wird eine vollkommene
                              									Austauschbarkeit der wichtigsten Konstruktionsteile erreicht, die jedenfalls wohl
                              									nur bei der Fabrikation von Chronometern vorkommen dürfte.
                           Auch in elektrischer Beziehung ist besonders an den Millivoltmetern verbessernd gearbeitet worden, so daß nunmehr ein
                              									tragbarer Spannungsmesser für 60 Millivolt bei 2 Ohm Widerstand vorliegt, der
                              									praktisch unabhängig von Temperaturänderungen ist.
                           Ein für 0,3, 3, 150, 300, 600 Volt gebautes tragbares Instrument soll in Verbindung
                              									mit einer Handmagnetomaschine zur Bestimmung von
                              									Isolationswiderständen und auch kleinen Widerständen bis 30 Ohm hinunter dienen.
                           
                           Die Maschine besteht aus einem sorgfältig konstruierten Gleichstromgenerator mit
                              									permanentem Magnet und regulärem Trommelanker, der an einen Kommutator angeschlossen
                              									ist. Der Anker wird durch eine Kurbel angetrieben, welche mit einer mechanischen
                              									Bremsvorrichtung in Verbindung steht. Diese kuppelt bei Erreichung einer bestimmten
                              									Geschwindigkeit den Anker ab. Dadurch bleibt auch bei unregelmäßigem Drehen der
                              									Kurbel die Spannung praktisch genügend konstant, die nähere Beschreibung und
                              									Wirkungsweise findet sich in den Druckschriften 105 und 109 der Firma.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 261
                              Fig. 20.Technische Kompensationseinrichtung der Weston Instrument
                                 										Co.
                              
                           Die zu den Millivoltmetern erforderlichen kombinierten
                                 										Nebenschlüsse zur Vergrößerung des Meßbereichs sind nach Analogie der
                              									bekannten Ayrlonschen Nebenschlußschaltung
                              									eingerichtet. Dabei geschieht die Ablesung bei den Neukonstruktionen an springenden
                              									Zahlen. Die einzelnen Segmente der zylinderförmigen Kontaktkörper sind so breit, daß
                              									die den Strom leitenden Kontaktfedern in zwei aufeinander folgenden Stellungen auf
                              									demselben Kontakt bleiben. Beim Uebergang von der Stellung für 150 Amp. auf 300 Amp.
                              									wird bei der Drehung der Kontaktscheibe ein bisher kurzgeschlossener Widerstand von
                              									2 Ohm in die Leitung des Millivoltmeters eingeschaltet, so daß bei einem
                              									Spannungsabfall von 120 Millivolt im Nebenschluß die volle Ablenkung des Instruments
                              									auftritt.
                           Weiter konnte man die technischen Kompensations- und Kontrolleinrichtungen wahrnehmen, die ebenfalls
                              									Neukonstruktionen sind. Fig. 20 zeigt die ganze
                              									Anordnung des technischen Kompensators,
                              									Fig. 21 das Schaltungsschema dazu. Die Einrichtung besteht aus einem Spannungsmesser
                              									und Millivoltmeter (Ampere), die in einem Kasten vereinigt sind. Das Millivoltmeter
                              									dient mit einem Satz von Nebenschlüssen als Strommesser für verschiedene
                              									Meßbereiche. In den Kasten ist außerdem ein Kompensationsstromkreis eingebaut, der
                              									aus einem Zeigergalvanometer, einem Weston-Normalelement ohne Temperaturkoeffizient und einem Taster besteht.
                           Die Klemmen dieses Instrumentariums sind über einen besonderen patentierten
                              									Normal-Nebenschlußwiderstand und einen in weiten Grenzen veränderlichen
                              									Regulierwiderstand mit dem Netz oder einer kleinen Hilfsstromquelle aus
                              									Trockenelementen verbunden.
                           Dieser Apparat hat nun den Zweck, die in ihm enthaltenen Instrumente jederzeit
                              									und an beliebigem Ort auf ihre Richtigkeit nachprüfen zu können, was besonders in
                              									der Nähe starker Magnetfelder oder Leiter mit großen Stromstärken nothwendig ist.
                              									Zeigen sich dabei Fehler an den Instrumenten, so können diese durch Veränderung
                              									eines an den Stahlmagneten angebrachten magnetischen Nebenschlusses beseitigt
                              									werden, ohne daß die Proportionalität der Skala beeinflußt wird. Nähere Angaben über
                              									den Gebrauch des Kompensators finden sich in der Druckschrift 110.
                           Für den Fall, daß die Präzisionsinstrumente schon vorhanden sind, benutzt man nur die
                              									von der Firma konstruierte technische
                                 										Kontrolleinrichtung. Dabei sind die sämtlichen für die
                              									Kompensationsschaltung erforderlichen Apparate ohne die beiden Meßinstrumente in
                              									einem Kasten vereinigt. Die Schaltung und Gebrauchsanweisung sind in der
                              									Druckschrift 106 angegeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 261
                              Fig. 21.Schaltungsschema des Kompensators der Weston Instrument
                                 										Co.
                              
                           Auch die Entwicklung des Weston-Normalelements wurde
                              									durch eine besondere Ausstellung verschiedener Formen dargelegt, an deren
                              									Verbesserung der Chefingenieur der Firma, Herr R. O.
                                 										Heinrich, wesentlichen Anteil hat.
                           Von Meßinstrumenten sind besonders hervorzuheben die neuen elektromagnetischen Präzisions-Wechselstrominstrumente (Fig. 22), da ihre Angaben unabhängig sind von der
                              									Periodenzahl, Kurvenform. Temperaturänderung und Dauerschaltung. Die Zeiger sind aus
                              									Aluminiumröhren von eigenartiger Form, welche als „verstrebter Zeiger“
                              									bezeichnet wird, hergestellt. Dadurch werden die störenden Schwingungen der Zeiger
                              									bei den sogen. „kritischen“ Periodenzahlen, bei denen mechanische
                              									Resonanzerscheinungen auftreten, vermieden. Durch Anwendung einer entsprechenden
                              									Feldintensität ist es gelungen, Instrumente zwischen 15 und 160 Perioden/Sek. ohne
                              									störende Schwingungen der Zeiger zu erhalten.
                           Diese Konstruktion wird auch für Schalttafelinstrumente benutzt. Dabei ist der
                              									Energieverbrauch sowie der Spannungsverlust bei Strommessern gering, indem er bei
                              									1–2 Amp. etwa 1 Volt, bei 10–20 Amp. nur 0,75 Volt beträgt im Gegensatz zu den
                              									dynamometrischen Strommessern, die 1,5–2 Volt Spannungsverlust verursachen.
                           Als Neuerung auf dem Gebiet der Widerstände ist ein Flüssigkeitswiderstand nach Prof. Böse zu
                              									beachten. Er besitzt eine Größe von 80 Megohm und einen verhältnismäßig kleinen
                              									Temperaturkoeffizienten von 0,06 v. H.
                           Von der Firma Reiniger, Gebert & Schalt in Erlangen wurde ein
                              									Hochspannungs-Milliamperemeter für 5 Milliampere vorgeführt, das zur Strommessung
                              									bei Röntgen-Röhren benutzt werden kann. Durch
                              									Nebenschlüsse kann der Meßbereich des nach dem Drehspulenprinzip arbeitenden
                              									Instruments auf 25 und 50 Milliampere gesteigert werden. Zur Vermeidung von
                              									Beschädigungen infolge oszillatorischer Entladung ist parallel zum Instrument ein
                              									Kondensator angeschlossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 262
                              Fig. 22.Inneres der Weston Präzisions-Instrumente für Wechselstrom.
                                 									
                              
                           Von den französischen Firmen waren die Ateliers
                                 										Ruhmkorff von J. Carpentier, Paris, und die
                              										Compagnie F A C, Paris, ebenfalls stark mit
                              									Meßinstrumenten vertreten. In ähnlicher Weise wie die Bergmann Elektrizitäts-Werke ihre Meßinstrumente nicht mehr mit den
                              									schweren gußeisernen Grundplatten und Gehäusen versieht, sondern zu den gezogenen
                              									und gewalzten Formen übergegangen ist, die einfachere und leicht zusammenstellbare
                              									Einzelteile besitzen, hat auch J. Carpentier die alte
                              									Methode der Bauart mit den Silberskalen und lackierten Gehäusen verlassen und
                              									zweckentsprechendere Formen aus gegossenem oder gepreßtem Material benutzt.
                           Auch im Prinzip zeigten die sogen. kombinierten Instrumente manches Bemerkenswerte.
                              									Ausgehend von den Gesetzen, nach denen es möglich ist, aus zwei durch Messung
                              									bekannten Größen eine dritte zu bestimmen, konnte man derartige aus zwei
                              									Einzelinstrumenten bestehende Apparate zur Messung des Widerstandes, der Leistung
                              									von Gleichströmen und der Periodenzahl für Wechselströme wahrnehmen. Da die Zeiger
                              									der Einzelinstrumente sich kreuzten, konnte der Schnittpunkt als Maß der aus den
                              									Einzelablesungen sich errechnenden dritten Größe dienen.
                           Bei dem Ohmmeter für 0,1–10 Megohm wurde nach dem Ohmschen Gesetz die Stromstärke J in dem zu
                              									messenden Widerstand R und die Potentialdifferenz E an seinen Enden durch je einen Strom- und
                              									Spannungsmesser angegeben. Der Quotient R=\frac{E}{J} konnte an
                              									der Kreuzungsstelle durch Vermittlung einer eingezeichneten Kurvenschar
                              									abgelesen werden. Dabei konnten zwei Schaltungen entsprechend der Größe des
                              									Widerstandes R vorgenommen werden.
                           Bildet man das Produkt E\,.\,J=\frakfamily{G} so ergibt sich für
                              									die Kreuzungsstelle ein Maß für die Leistung \frakfamily{G} eines
                              									Stromes J bei der Spannung E. So konnte man ein solches kombiniertes Instrument auch als
                              									Leistungsmesser beobachten.
                           Auch die Periodenzahl eines Wechselstromes läßt sich auf diese Weise messen, wie man
                              									es bei dem Frequenzmesser der Firma erkennen konnte.
                              									Die beiden dabei nothwendigen Strommesser waren für kleine Ströme als
                              									Hitzdrahtinstrumente gebaut und in eine Stromverzweigung mit einerseits großem,
                              									induktionsfreiem., andererseits stark induktivem, aber geringem ohmschen Widerstände in Reihe geschaltet. Bei
                              									konstanter Spannung an den Klemmen der Verzweigung ist die Stromstärke in dem Zweig
                              									mit großem ohmschen Widerstand von der Periodenzahl
                              									unabhängig, dagegen in dem anderen induktiven Zweige abhängig von der Frequenz. Es
                              									ändert sich daher die Stellung des Zeigers bei dem letzteren Instrument, so daß der
                              									Schnittpunkt die Frequenz auf entsprechend empirisch geeichten Hilfslinien abzulesen
                              									gestattet.
                           Von der Compagnie F A C, Paris, waren u.a. neben
                              									verschiedenen Meßinstrumenten für Schalttafeln auch einzelne Tascheninstrumente für
                              									Akkumulatorenprüfung ausgestellt, von denen ein Spannungsmesser mit Kadmiumelektrode besondere Beachtung verdiente. Das
                              									Prinzip ist ja schon ziemlich alt, doch für Tascheninstrumente bisher noch nicht
                              									benutzt. Zum Schutz gegen Berührung der Bleiplatten ist die kleine Hilfselektrode
                              									mit einer perforierten Gummihülse umgeben.
                           Bringt man die Hilfselektrode zwischen die Platten und berührt mit dem anderen Pol
                              									des Meßinstruments nacheinander die positive und negative Platte, so zeigen sich
                              									Ablenkungen im Instrument, die ein Maß für das Potential der beiden Platten
                              									gegenüber dem Kadmium sind. Aus der Höhe der Einzelpotentiale läßt sich auf den
                              									vorhandenen Ladezustand ein sicherer Schluß ziehen und die Kapazität der Platten
                              									damit kontrollieren.
                           Bezeichnet man die Potentiale der positiven Platte mit P1 bei voller Ladung und P2 bei Entladung,
                              									ebenso die der negativen Platte mit N1 bezw. N2 gegenüber dem Kadmium, so erhält man für P Werte zwischen 2,35 bis 2,0 Volt, für N solche von – 0,2 bis + 0,3 Volt. So habe ich durch
                              									Messung gefunden: Nach der Ladung: P1 = 2,34 Volt, N1 = – 0,19 Volt, so daß P1
                              									– N1 = 2,34 + 0,19 =
                              									2,53 Volt war entsprechend der gleich darauf gemessenen E M K E1 = 2,49 Volt. Die
                              									Differenz rührt her von dem schnellen Entweichen der noch anhaftenden Glasbläschen.
                              									Nach der Entladung war E2 = 1,84 Volt und P2 = 2,06 Volt; N2 = 0,21 Volt, also P2
                              									– N2 = 1,85 Volt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)