| Titel: | Ein neuer deutscher Rotationsmotor für Flugmaschinen. | 
| Autor: | Dierfeld | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 348 | 
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                        Ein neuer deutscher Rotationsmotor für
                           								Flugmaschinen.
                        Von Regierungsbaumeister Dierfeld.
                        Ein neuer deutscher Rotationsmotor für Flugmaschinen.
                        
                     
                        
                           Die Vorzüge von rotierenden Motoren für Flugmaschinen sind mannigfaltig; durch
                              									die schnelle Drehung des Motors im bewegten Luftstrom wird eine sehr wirksame
                              									Luftkühlung der Zylinder erzielt, so daß der ganze teure, schwere und zu Störungen
                              									Veranlassung gebende Apparat der Wasserkühlung fortfällt. Eine weitere
                              									Gewichtsersparnis wird dadurch erreicht, daß die Masse des rotierenden Motors das
                              									Schwungrad ersetzt, ein besonderes Schwungrad also überflüssig wird; so können sehr
                              									starke Motoren von geringen Abmessungen und äußerst vermindertem Gewicht, das von
                              									keiner anderen Bauart erreicht wird, hergestellt werden; deren Einzelteile trotzdem,
                              									den Beanspruchungen entsprechend, reichlich bemessen sind. Nachdem die Pariser Société des Metteurs Gnome mit ihren bekannten
                              									Rotationsmotoren große Erfolge errungen hatte, wandten auch deutsche Konstrukteure
                              									diesem neuartigen Motortyp ihre Aufmerksamkeit zu; besonderen Erfolg hatte hierbei
                              									die Firma A. A. Delfosse jr. in Köln-Riehl, welche nach
                              									längeren Versuchen einen Rotationsmotor baute, der den französischen Erzeugnissen
                              									gleichwertig ist, sie sogar in mancher Hinsicht übertrifft.
                           Im nachstehenden soll kurz die Konstruktion des Delfosse-Motors besprochen werden an Hand von Material, das mir von der
                              									Firma freundlichst zur Verfügung gestellt wurde. Fig.
                                 										1 und 2 zeigen Quer- und Längsschnitt
                              									durch den siebenzylindrigen Motor. Die Kurbelwelle des Motors ist links (Fig. 2) mit dem Rahmen der Flugmaschine fest
                              									verbunden, während die Zylinder mit der Luftschraube um die feste Welle rotieren.
                              									Das Kurbelgehäuse des Motors besteht aus einer besonderen Aluminiumlegierung; die
                              									Zylinder aus Spezialgußeisen besitzen eine Anzahl sehr dünn gehaltener Kühlrippen,
                              									welche die erzeugte Hitze wirksam ableiten, so daß selbst nach vielstündigem Lauf
                              									des Motors eine Temperaturerhöhung nicht eintritt. Die Kolben sind ebenfalls aus
                              									besonderem Grauguß hergestellt; doch ist der Härtegrad der Kolbenlegierung um ein
                              									Geringes niedriger gehalten, um ein Ovallaufen der Zylinder nach Möglichkeit zu
                              									vermeiden.
                           Die sieben Zylinder des Motors sind mit dem Kurbelkasten durch Schraubenbolzen
                              									verbunden bezw. mit einem am unteren Zylinderrand befindlichen Bunde in eine
                              									entsprechende Nute des Kurbelkastens festgeklemmt. Der Propeller wird auf dem
                              									vorderen Wellenstumpfe (rechts in Fig. 2) befestigt,
                              									welcher mit dem vorderen Deckel des Kurbelgehäuses aus einem Stück Stahl geschmiedet
                              									und mit Kugellaufring im Flugmaschinenrahmen gelagert ist. Der hintere Gehäusedeckel
                              									besteht aus Meteorstahlguß und nimmt auf der Außenseite seiner verlängerten Nabe den
                              									Verteilerring die für Zündung sowie den Magnetantriebzahnkranz auf. Die Kurbelwelle
                              									aus Chromnickelstahl wird am Rahmen der Flugmaschine (links in Fig. 2) durch einen konisch ausgebohrten Flansch mit
                              									Schraubenbolzen und große Rundmutter festgehalten; das freie rechte Ende der Kurbelwelle
                              									ist lose auf den Kurbelzapfen aufgesteckt und ruht mit zwei kleinen Kugellagern im
                              									Kurbelgehäuse bezw. in dessen Deckel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 349
                              Fig. 1.
                              
                           Alle rotierenden Teile des Motors, wie Gehäuse, Steuerräder, sind mit Kugellaufringen
                              									ausgerüstet; ein starkes Druckkugellager, welches unmittelbar hinter dem Kurbelarm
                              									auf der Kurbelwelle sitzt, fängt den Achsialschub des Propellers auf. Bemerkenswert
                              									ist die Konstruktion des Angriffs und der Lagerung der sieben Kolbenstangenköpfe am
                              									Kurbelzapfen. Eine Bronzebuchse umschließt zwei doppelreihige Kugellager, die auf
                              									den Kurbelzapfen aufgesteckt sind; auf dem äußeren Umfang dieser Bronzebuchse
                              									vereinigen sich die segmentförmigen Köpfe der Kolbenstangen und werden hier durch
                              									mit Bronze ausgebuchste Glocken zusammengehalten.
                           Die Schmierung wird durch Oelpumpe bewirkt, welche durch das links (Fig. 2) sichtbare, in der hohlen Kurbelwelle geführte
                              									Rohr Oel in die Bohrung des Kurbelarms einführt, von wo es durch Bohrungen im
                              									Kurbelzapfen und dem lose aufgesteckten Gegenkurbelarm zu dem stark verjüngten
                              									Wellenende gelangt. Ein Grouvelle-Arquembourg-Vergaser
                              									erzeugt das nötige Gasgemisch, das durch einen Krümmer und die hohle Kurbelachse in
                              									den Kurbelkasten des Motors und von hier aus durch Ansaugventile im Boden der
                              									Motorkolben nach den einzelnen Zylindern gelangt. Die Ansaugventile sind
                              									selbsttätig, öffnen sich unter dem Ansaugunterdrucke im Zylinder und werden durch
                              									Federdruck geschlossen; die störende Wirkung der Fliehkraft wird durch genau
                              									bemessene Gegengewichte aufgehoben. Die Auspuffventile sind gesteuert und im
                              									Zylinderkopf angeordnet; der Ventilsitz ist mit dem Lagerbock des Steuerhebels aus
                              									einem Stück gegossen und in den Zylinderkopf eingeschraubt, so daß bequemes
                              									Demontieren oder Einschleifen ermöglicht ist. Die Stoßstange der
                              									Auspuffventilsteuerung besteht aus Stahlrohr und endigt unten in einem Stössel aus
                              									Chromnickelstahl mit Laufrolle, die auf dem zugehörigen Steuernocken gleitet. Für
                              									jeden Zylinder ist ein besonderes Nockenrad vorgesehen; alle sieben Nockenräder
                              									werden durch ein Stahlritzel mit halber Geschwindigkeit angetrieben, welches auf die
                              									rechte Wellenfortsetzung aufgekeilt ist. Feine, zwischen den Zähnen bis zur
                              									Achsenmitte eingebohrte Löcher lassen auch hier genügend Oel eintreten, so daß der
                              									Verschleiß der Zahnräder auf ein Geringes zurückgeführt wird.
                           Ein Bosch-Hochspannungsmagnetapparat leitet den
                              									Zündstrom durch einen Schleifkontakt nach einem Verteilerring, von dessen Kontakten
                              									Drähte nach den Zündkerzen im Zylinderkopf führen; der Verteilerring sitzt neben dem
                              									Magnetantriebszahnkranz auf dem Nabenansatz des hinteren Kurbelkastendeckels. Die
                              									Zylinder aller Motoren haben 110 mm  und 140 mm Hub. Der Fünfzylindermotor
                              									leistet bei 1200 Umdr. i. d. Min. 42 PSe und wiegt
                              									ungefähr 50 kg der Siebenzylindermotor 60 PSe bei 72
                              									kg Gewicht; der Benzinverbrauch beträgt für die PS/Std. etwa 250 g, der Oelverbrauch
                              									30 g. Außerdem wird noch ein Vierzehnzylindermotor gebaut, der 120 PSe leistet und nur 130 kg wiegt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 349
                              Fig. 2.