| Titel: | Der heutige Stand im Dampfturbinenbau. | 
| Autor: | Meuth | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 353 | 
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                        Der heutige Stand im
                           								Dampfturbinenbau.
                        Von Bauinspektor Dr.-Ing. Meuth,
                           								Stuttgart.
                        (Fortsetzung von S. 340 d. Bd.)
                        Der heutige Stand im Dampfturbinenbau.
                        
                     
                        
                           Für die Lagerung der Welle kommt jetzt mehr und
                              									mehr die Anordnung von nur drei Lagern für Turbinen- und Dynamowelle bei starrer
                              									Kupplung beider zur Ausführung. Es bedingt dies genaueste Montage und vollständige
                              									Unabhängigkeit der Lager von den oft ungleichen Wärmedehnungen des Gehäuses, so daß
                              									die Lagermitten genau erhalten bleiben. Die Baulänge der Turbine und des ganzen
                              									Aggregates verkürzt sich dadurch wesentlich, und das trägt wiederum zu einem ruhigen
                              									Lauf der Maschine bei und hat auch mit Rücksicht auf die Wartung und Instandhaltung
                              									Vorteile. Die Lagerkörper sind entweder an das Turbinengehäuse angegossen oder
                              									sitzen getrennt davon auf dem Fundamentrahmen. In letzterem Fall müssen die
                              									Gehäusefüße möglichst nahe dem wagerechten Turbinenmittel angeordnet werden, damit
                              									nicht stärkere Verschiebungen in der Höhenlage des Gehäuse- und Wellenmittels
                              									infolge der Wärmedehnungen auftreten. Meist wird das Gehäuse an dem kälteren
                              									Niederdruckteil mit dem Fundament fest verschraubt, während es sich an dem
                              									Unterstützungspunkt in der Nähe des einströmenden Dampfes achsial verschieben
                              									kann.
                           Die Tourenzahl sucht der Turbinenkonstrukteur mit
                              									Rücksicht auf die Oekonomie möglichst hoch zu legen. Die Anpassung an die bei uns
                              									übliche Wechselstromperiodenzahl von 50 i. d. Min. führt bei größeren Maschinen zu
                              									einer maximalen Umdrehungszahl von 3000. Diese Tourenzahl kommt heute sogar bei
                              									Maschinen bis zu 3000 KW-Leistung zur Anwendung. Größere Einheiten arbeiten mit 1500
                              									und 1000 Umdr., die größten Einheiten von Landdampfturbinen mit 750 Umdr.
                              									Gleichstromturbodynamos weisen wegen der Schwierigkeiten am Kollektor geringere
                              									Tourenzahlen auf; auch gehen die Leistungen selten über 1000 KW hinaus, wobei die
                              									Tourenzahl etwa 1000 i. d. Min. beträgt. Einige Firmen legen die normale Tourenzahl
                              									über die kritische, andere machen die Welle so steif, daß die kritische Tourenzahl
                              									über der normalen liegt. In letzterem Falle können die Spielräume an der Welle
                              									kleiner gehalten werden. Bei Trommelbauart ist der Rotor immer so steif, daß seine
                              									kritische Tourenzahl weit über der Betriebstourenzahl liegt. Gewöhnlich werden die
                              									Lagerkörper in Kugelflächen gestüzt und erhalten so eine gewisse Nachgiebigkeit bei
                              									den kleinen Durchbiegungen der Welle. Für die Befestigung der Maschine mit dem
                              									Fundament begnügt man sich oft schon damit, den Fundamentrahmen, der zur Verhütung
                              									von Formänderungen gewöhnlich sehr steif ausgeführt wird, mit Zement auszugießen und
                              									in das Fundament einzubetonieren. Fundamentanker läßt man mitunter ganz weg; dabei
                              									werden auch Spannungen und Formänderungen des Rahmens, welche durch zu starkes
                              									Anziehen der Fundamentschrauben entstehen können und für den Lauf der Maschine
                              									von Nachteil sind, am sichersten vermieden. Für die Kühlung und Schmierung der Lager
                              									wird heute fast durchweg Drucköl verwendet, das in seinem Kreislauf gekühlt und
                              									meist auch gereinigt wird. Besondere Wasserkühlung wird in der Regel nicht
                              									angewendet.
                           In der Ausführung des Gehäuses ist möglichste
                              									Einfachheit und Symmetrie oberster Grundsatz: Ungleiche Massen Verteilung,
                              									Versteifung durch Angüsse und Anschlußverbindungen führen zu Verspannungen und
                              									ungleichen Formänderungen bei der Verschiedenheit der Temperaturen, die in jedem
                              									Turbinengehäuse auftreten. Gewöhnlich wird das Gehäuse in der wagerechten
                              									Mittelebene geteilt, damit durch Abheben des oberen Teiles das Innere ohne weiteres
                              									zugänglich wird. Die Hälften werden durch dicht nebeneinander sitzende Schrauben
                              									zusammengehalten; eine Schicht Leinöl bildet oft die einzige Abdichtung der
                              									Teilfuge.
                           Bezüglich der Schaufelung sind die Ausführungen der
                              									einzelnen Firmen weniger einheitlich. Für Turbinen mit Trommelrotor herrscht das
                              									außerordentliche einfache Parsonssche Verfahren vor,
                              									die blankgezogenen Schaufeln in schwalbenschwanzförmige oder zylindrische Nuten
                              									abwechselnd mit den Zwischenstücken einzuführen und wenn nötig zu verstemmen. Die
                              									Gleichdruckturbinen haben entweder die von Zoelly
                              									eingeführten, allseitig auf Spezialmaschinen bearbeiteten, nach außen an Stärke
                              									abnehmenden Nickelstahlschaufeln mit weicheren, ebenfalls ganz bearbeiteten
                              									Zwischenlagen, welche in einer Schwalbenschwanznute des Kranzes gehalten werden,
                              									oder die von Rateau eingeführte leichtere Konstruktion
                              									mit einfachen Stahlblechschaufeln, deren Fuß mit dem Kranze vernietet wird. Bei den
                              									neueren Schaufelbefestigungen sucht man Stemm- und Nietarbeit möglichst zu vermeiden
                              									durch Festhalten der Schaufeln in Schwalbenschwanznuten oder in Eindrehungen in der
                              									Nute des Radkranzes. Die Turbinen mit Geschwindigkeitsabstufung haben mehrere
                              									Schaufelkränze auf einer Scheibe; der Kranz und die Scheibe fallen dabei
                              									ungewöhnlich stark aus. Fast alle heute auf dem Markt befindlichen Turbinen
                              									deutscher Firmen haben achsiale Beaufschlagung bei wagerechter Welle. Die
                              									Fliehkräfte der Schaufeln können hierbei am sichersten aufgefangen werden. Die
                              									radiale Beaufschlagung führt zwar zu einem sehr einfachen und zugänglichen Aufbau
                              									der Turbine; die Schaufelbefestigung macht aber größere Schwierigkeiten, weil die
                              									Fliehkräfte der Schaufeln nicht in der mittleren Scheibenebene angreifen. – Die
                              									Schaufelkanäle werden vielfach nach außen abgeschlossen, und zwar dadurch, daß ein
                              									Stahlband um den Schaufelkranz herumgelegt und mit kleinen Zapfen auf der Stirnseite
                              									der Schaufeln vernietet wird. Damit nicht zu hohe Spannungen in ein solches Band
                              									gelangen, wird es mitunter in einzelne Segmente zerlegt, die durch eine Drahtbandage
                              									zusammengehalten werden. Namentlich in den Stufen, in welchen noch höherer Druck
                              									herrscht und die Schaufeln kurz sind, sind die Bandagen sehr wirksam durch
                              									Verringerung der Ventilationsverluste und der Verluste durch seitlich durchtretenden
                              									Dampf, die auch bei Gleichdruckturbinen infolge von Stauungen des Dampfes auftreten
                              									können. Bei den langen Schaufeln der Niederdruckstufen ist die Wirkung solcher
                              									Bandagen weit geringer, weshalb sie hier gewöhnlich fehlen. Lange Schaufeln erhalten
                              									eine Versteifung durch einen nahe am Schaufelende durchgesteckten Draht, mit dem
                              									jede Schaufel verlötet ist. Die Leiträder haben meist dieselbe Schaufelbefestigung
                              									wie die Laufräder. Vielstufige Druckturbinen haben gewöhnlich in den gußeisernen
                              									Kranz eingegossene Schaufeln; nur da, wo es auf die genaue Stellung der Schaufeln
                              									ankommt, so bei den ersten Niederdruckstufen, werden die Schaufeln in auf der
                              									Teilmaschine vorgeschlitzte Ringe eingesetzt, die mit der Leitradscheibe verschraubt
                              									werden.
                           Als Schaufelmaterial wird Spezialbronze und Nickelstahl
                              									verwendet. Bronzeschaufeln haben sich für Ueberdruckturbinen und für nassen Dampf
                              									nach einer zwanzigjährigen Erfahrung sehr gut bewährt. Die Schaufeln werden durch
                              									den Dampf nicht merklich angegriffen; so konnte man an der Schaufelung der
                              									Elberfelder Turbinen, die s. Z. in den englischen Werkstätten von Parsons ausgeführt waren und kürzlich zur Verlängerung
                              									der Trommel in die Werkstätten von Brown & Boveri
                              									in Mannheim geschickt worden waren, an der ursprünglichen Neuheit der ersten nicht
                              									weiter bearbeiteten Schaufeln erkennen, daß der jahrelange Betrieb nicht eine Spur
                              									von Abnutzung verursacht hat. Für Gleichdruckturbinen mit hohen
                              									Dampfgeschwindigkeiten ist, namentlich wenn der Dampf Wasser enthält, Bronze zu
                              									weich. Weicher Stahl rostet und nutzt sich im Dampfstrahl rasch ab. Der heute
                              									vielfach verwendete Nickelstahl (etwa 25 v. H. Nickelgehalt) hat sehr gute
                              									Eigenschaften und hat sich auch für vielstufige Druckturbinen im allgemeinen
                              									bewährt, doch ist es mitunter auch vorgekommen, daß Schaufeln nach mehrjährigem
                              									Betrieb plötzlich Brüche gezeigt haben. Man hat auch mit Erfolg Nickelstahlsorten
                              									mit einer Beimischung von Bronze versucht. Ein in jeder Beziehung befriedigendes
                              									Material scheint aber für Gleichdruckturbinen noch nicht gefunden zu sein.
                           Die Regelung bei Leistungsänderung erfolgt bei der
                              									Mehrzahl der Turbinen durch Drosselung des Frischdampfes. Hierbei geht allerdings
                              									ein Teil der Arbeitsfähigkeit des Dampfes verloren, doch ist der Verlust bei
                              									kleineren Belastungsänderungen unbedeutend; einen kleinen Ausgleich des Verlustes
                              									bringt auch die Ueberhitzung, welche freilich nur in geringem Maße mit der
                              									Drosselung verbunden ist, und die verringerte Rotorreibung in dem weniger dichten
                              									Dampf. Theoretisch müßte für annähernd gleichen Wirkungsgrad bei allen Belastungen
                              									das Druckverhältnis konstant gehalten werden, weil nur dann die
                              									Dampfgeschwindigkeit, für welche Form und Querschnitt der Schaufeln bemessen sind,
                              									annähernd dieselbe bleibt. Bei Turbinen mit nur einer Druckstufe wird dies am
                              									vollkommensten durch Abschalten einzelner Düsen erreicht. Wenn man schon bei
                              									Kolbenmaschinen mit mehrstufiger Expansion auf die Regulierung der Dampfmenge in
                              									jedem Zylinder verzichtet und sich der Einfachheit halber auf die Aenderung der
                              									Füllung im Hochdruckzylinder beschränkt, so wird man dies bei vielstufigen
                              									Dampfturbinen um so mehr tun, wo die Vorrichtungen zur Aenderung der
                              									Zutrittsöffnungen zu jeder Stufe oder auch nur zu verschiedenen Stufengruppen die
                              									Maschine außerordentlich kompliziert machen würden. Bei einer großen Zahl von Stufen
                              									hat es aber keinen großen Zweck, bloß die erste Stufe mit veränderlichen
                              									Zugangsöffnungen zu versehen, weil dann doch nicht das Druckverhältnis konstant
                              									erhalten werden kann. Bei vielstufigen Turbinen, die in der Hochdruckstufe ein Curtis-Rad haben, ist eine Zu- und Abschaltung von
                              									Düsen bezw. von Düsengruppen hauptsächlich im Bereiche der kleinen Belastungen von
                              									nicht unerheblichem Vorteil gegenüber der reinen Drosselregulierung, wie aus den bei
                              									Besprechung der AEG-Turbine mitgeteilten
                              									Versuchsresultaten hervorgeht. Sie wird deshalb von einigen Firmen ausgeführt teils
                              									mit selbsttätiger Zu- und Abschaltung der Düsen für die Fälle plötzlicher und großer
                              									Belastungsänderungen, wie in Berg- und Hüttenbetrieben, teils mit Zu- und
                              									Abschaltung von Hand für die Fälle, wo die Belastungsänderung mit einer gewissen
                              									Regelmäßigkeit und allmählich auftritt, wo also der Maschinenwärter durch
                              									Beobachtung der Manometer bequem den richtigen Zeitpunkt für das Zu- oder Abschalten
                              									der Düsen abwarten kann. Für kleinere Turbinen bildet aber die Drosselregulierung
                              									die Regel. Sie arbeitet in der Nähe der Vollast bis etwa ⅔ der Last ohne
                              									nennenswerten Verlust und ist in ihrer Ausführung außerordentlich einfach. Die
                              									zeitweise Ueberlastung von Dampfturbinen geschieht bei Vielstufenturbinen gewöhnlich
                              									durch Zuführung von Frischdampf zu einer späteren Stufe von Hand oder auch
                              									selbsttätig.
                           Die direkte Uebertragung der Regulatorbewegung auf das Absperrorgan findet sich nur
                              									bei ganz kleinen Turbinen, bei größeren wird ausschließlich die indirekte
                              									Regulierung mittels einer Hilfssteuerung angewendet. Der Regulator hat dabei nur die
                              									Widerstände eines kleinen Steuerschiebers zu überwinden, welcher den Zufluß einer
                              									unter Druck stehenden Flüssigkeit zu dem Steuerkolben, auf dessen Spindel gewöhnlich
                              									auch das Absperrventil bezw. Drosselventil sitzt, regelt. Anfänglich wurde die
                              									Hilfssteuerung vielfach mit Dampf betrieben, jetzt fast durchweg mit Drucköl.
                              									Letzteres hat den Vorteil, daß der Steuerschieber ständig geschmiert bleibt, und
                              									dadurch die Regulierung ihre Empfindlichkeit behält. Zur Steuerung dient ein kleiner
                              									Kolbenschieber, der das Drucköl über bezw. unter den Kolben des Regulierventiles
                              									treten bezw. von dort abströmen läßt. Der Regulatorhebel ist dabei sowohl mit der
                              									Stange des Steuerschiebers wie mit der des Regulierventiles verbunden, so daß der
                              									Steuerschieber durch die Bewegung des Regulierventiles immer wieder in seine
                              									Mittellage zurückgeführt wird, in welcher die Oelleitungen geschlossen sind. Es
                              									entspricht dabei immer einer bestimmten Muffenstellung des Regulators eine bestimmte
                              									Stellung des Regulierventils. Der Steuerschieber wird nur mit ganz kleinen Deckungen
                              									ausgeführt; deshalb genügt die geringste Muffenbewegung des Regulators, um die
                              									Verstellung des Regulierventils einzuleiten. Durch die jedesmalige Rückführung des
                              									Steuerschiebers in seine Mittellage wird ein Ueberregulieren vermieden. Eine solche
                              									indirekte Regulierung wirkt sehr genau. Das aus der Steuerung abfließende Oel
                              									schmiert gewöhnlich noch den Antriebsmechanismus des Regulators. Da das für die
                              									Steuerung nötige Preßöl in der Regel auch zur Schmierung der Lager dient, läßt sich
                              									leicht die Einrichtung treffen, daß beim Versagen der Oelpumpe die Maschine
                              									stillgesetzt wird, so daß die Lager nicht in Gefahr kommen, heiß zu laufen. Für das
                              									Anlassen der Turbinen, wo auf eine genügende Oelförderung der Pumpen nicht zu
                              									rechnen ist, wird bei größeren Maschinen mit längerer Anlaufzeit noch eine besondere
                              									von Hand oder mechanisch angetriebene Oelpumpe vorgesehen. Bei allen Turbinen findet
                              									sich ein Sicherheitsregler, der beim Ueberschreiten einer höchsten zulässigen
                              									Geschwindigkeit in Tätigkeit tritt und die Maschine stillsetzt. Hierzu dient
                              									gewöhnlich ein unter Federspannung stehendes, exzentrisch angeordnetes Gewicht. Da
                              									in vielen Fällen eine Betriebsunterbrechung durch ein solches Stillsetzen der
                              									Maschine, wenn auch
                              									nur für kurze Zeit, sehr störend ist, findet man auch eine Anordnung, bei welcher
                              									sich das Absperrventil von selbst wieder öffnet, sobald die normale Umdrehungszahl
                              									wieder erreicht ist.
                           
                        
                           3. Die Dampfturbine für Betriebe mit
                                 										gemischtem Energiebedarf.
                           In allen Betrieben, in denen Dampf zum Heizen oder Kochen, Trocknen, Dämpfen usw.
                              									verwendet wird, wie in Papier- und Zuckerfabriken, chemischen Fabriken, Brauereien,
                              									Schlacht- und Krankenhäusern, Waschanstalten und Warenhäusern, übertrifft die
                              									Auspuff- oder Gegendruckdampfmaschine die beste Kondensationsmaschine in der
                              									Ausnutzung des Dampfes, wenn derselbe ganz oder zum größten Teil für die genannten
                              									Zwecke weiterverwendet wird. Mit der Abdampfverwertung werden die Dampfkraftanlagen
                              									den besten Gas- und Oelmaschinen in der Brennstoffausnutzung ebenbürtig. Die dabei
                              									verwendeten Auspuffmaschinen übernehmen dabei einfach die Rolle eines
                              									Reduzierventils, wobei aber die Drosselung ohne Arbeitsverlust, vielmehr unter
                              									Leistung nützlicher Arbeit vor sich geht. Zur Dampferzeugung können dann Kessel für
                              									hochgespannten und hochüberhitzten Dampf, die also besonders ökonomisch arbeiten,
                              									verwendet werden. Die Ausgestaltung der Dampfkraftanlage nach dieser Richtung wird
                              									deshalb in neuerer Zeit eifrig in Angriff genommen sowohl in Anlagen mit
                              									Kolbendampfmaschinen wie mit Dampfturbinen. Die Ausnutzung des Dampfes in der
                              									Auspuffkolbenmaschine ist zwar besser als in der Hochdruckstufe der Dampfturbinen,
                              									doch ist es ein großer Vorzug des aus den Turbinen entnommenen Abdampfes, daß
                              									derselbe vollkommnn ölfrei ist und für die weitere Verwendung nicht erst gereinigt
                              									zu werden braucht. Auch besitzt derselbe infolge der Rad- und Schaufelreibung einen
                              									höheren Wärmeinhalt und ist in der Regel etwas überhitzt, so daß die Verluste in der
                              									Abdampfleitung geringer ausfallen. Wo Heizdampf in großen Mengen gebraucht wird,
                              									spielt auch die Oekonomie der Kraftmaschine, welcher der Abdampf entnommen wird,
                              									keine so große Rolle.
                           Nur selten wird in einem Betriebe die Menge des für Heiz- oder Kochzwecke gebrauchten
                              									Dampfes übereinstimmen mit der Dampfmenge, welche für die Krafterzeugung gebraucht
                              									wird. Ist der Bedarf an Heizdampf größer oder höchstens gleich dem Bedarf an Dampf
                              									für Kraftzwecke, so kann man für die Heizung einen Teil des hochgespannten Dampfes,
                              									der nicht zur Krafterzeugung gebraucht wird, auf den für die Heizung erforderlichen
                              									Druck reduzieren. Rationeller ist es jedoch, auch diesen Dampf durch die Turbine zu
                              									schicken und für die überschüssige Kraft wenn möglich anderswo Absatz zu suchen;
                              									denn sie wird nahezu kostenlos erzeugt. Für die Fälle, wo der Verbrauch an Heizdampf
                              									die Dampfmenge für Kraftzwecke zeitweise überschreitet und dann wieder darunter
                              									bleibt, muß gedrosselter Frischdampf der Heizung zugesetzt werden bezw. der
                              									überschüssige Dampf ins Freie auspuffen. Beides ist unwirtschaftlich.
                           Wenn z.B. der Abdampf von Lichtmaschinen zur Gebäudeheizung verwendet wird, ist in
                              									der warmen Jahreszeit überhaupt kein Bedarf an Heizdampf vorhanden; auch fallen die
                              									Zeiten des größten Licht- und Wärmebedürfnisses nur teilweise zusammen. Beim
                              									Anwärmen wird sehr viel Dampf gebraucht, während im übrigen in der Zeit des
                              									stärksten Maschinenbetriebes am Abend nicht mehr Heizdampf gebraucht wird als zu
                              									einer andern Zeit, st keine Kondensationsanlage vorhanden, so geht viel Energie
                              									nutzlos ins Freie. Für solche und ähnliche Betriebe mit gemischtem und stark
                              									wechselndem Energiebedarf läßt sich nun durch Dampfentnahme z.B. aus einer
                              									Zwischenstufe von Verbundkolbenmaschinen oder von mehrstufigen Dampfturbinen
                              									eine günstige Ausnutzung auch unter wechselnden Betriebs Verhältnissen erzielen. Die
                              									Dampfturbine eignet sich hierfür besonders gut, da. abgesehen von der Reinheit des
                              									entnommenen Dampfes, die Regelung der Maschine bei veränderlicher Leistung und
                              									wechselnder Heizdampfmenge sich einfach ausführen läßt. Hierzu kommen noch die
                              									Vorteile des Turbinenbetriebs überhaupt.
                           Eine solche Anzapfturbine ist eine gewöhnlich für
                              									Kondensationsbetrieb eingerichtete Turbine mit einem zweiten Stutzen etwa in der
                              									Mitte des Gehäuses zur Entnahme von Heizdampf; die Dampfzuführung zum
                              									Niederdruckteil und zur Heizung kann voneinander abhängig gemacht werden, so daß
                              									z.B. bei geringerem Bedarf an Heizdampf unter dem Einfluß des steigenden Druckes an
                              									der Anzapfstelle das Ventil nach dem Niederdruckteil mehr geöffnet und der zur
                              									Heizung nicht gebrauchte Dampf in dem Niederdruckteil der Turbine zur
                              									Arbeitsleistung ausgenutzt wird. Ist die Leistung in einem solchen Fall gleich
                              									geblieben, so drosselt der Regulator einfach den Frischdampf zum Hochdruckteil der
                              									Turbine. Ist andererseits bei gleichem Bedarf an Heizdampf die Leistung der Turbine
                              									gesunken, wird also weniger Frischdampf zugeführt, so schließt sich das Ventil für
                              									die Dampfzuführung zum Niederdruckteil so weit, daß der für die Heizung nötige Druck
                              									an der Anzapfstelle unverändert bleibt. So kann eine Anzapfturbine sich allen
                              									Schwankungen in der Belastung und im Bedarf an Heizdampf anpassen und den Betrieb in
                              									jedem Falle so wirtschaftlich wie möglich gestalten. Die Einführung solcher Turbinen
                              									von verschiedener Bauart hat infolge ihrer großen Vorteile schon bedeutende
                              									Fortschritte gemacht. Ebenso auch die Verwendung von Abdampfturbinen, welche den Abdampf von Auspuff-Kolbenmaschinen
                              									verarbeiten. Sie können die Wirtschaftlichkeit einer Anlage bedeutend erhöhen. Es
                              									kommt dabei darauf an, ob die Abdampfmenge konstant ist oder veränderlich, oder ob
                              									sie mit Unterbrechungen geliefert wird. Im ersten Fall bedarf es nur eines
                              									Auslaßventils für etwa überschüssigen Dampf und eines Reduzierventils, um
                              									Frischdampf zuzulassen, falls von der Turbine zeitweise eine größere Leistung
                              									verlangt wird. Der zweite Fall erfordert die Anwendung einer Hoch- und
                              									Niederdruckturbine, in deren Hochdruckteil bei geringer Abdampfmenge Frischdampf
                              									eingelassen wird, um die Verluste durch ein Reduzierventil zu vermeiden. Im dritten
                              									Fall, wie er namentlich in Berg- und Hüttenbetrieben vorkommt, wo zahlreiche,
                              									zeitweise aussetzende Kolbenmaschinen, wie Förder-, Gebläse-, Walzwerksmaschinen
                              									usw. eine große Menge Abdampf liefern, der vielfach nutzlos ins Freie geht, ist die
                              									Anordnung eines Dampfakkumulators notwendig, in welchem der auspuffende Dampf
                              									aufgespeichert oder dessen Wärme an Wasser übertragen wird. Das erwärmte Wasser
                              									verdampft bei einer Druckverminderung im Behälter. Der Abdampf aus dem Akkumulator
                              									wird der Turbine in stetigem Strom zugeführt und bei hohem Vakuum in mechanische
                              									Energie umgesetzt. So wurde in einem Falle mit dem Abdampf von 22500 kg i. d. Std.
                              									von 14 teilweise mit Unterbrechungen laufenden Hüttenwerksmaschinen eine 2000 PS
                              									Abdampfturbine gespeist, welche den Strom für eine elektrische Wasserhaltung
                              									lieferte. Auch in diesem Falle schaltet man der Abdampfturbine gewöhnlich eine
                              									Hochdruckturbine vor, die mit Frischdampf beaufschlagt wird, um nicht in
                              									Betriebspausen der Primärdampfmaschinen oder bei erhöhter Leistung der
                              									Abdampfturbinen und gleichbleibender Abdampfmenge gedrosselten Frischdampf zuführen
                              									zu müssen. Die Regulierung solcher Zweidruckturbinen hat sowohl den Aenderungen der
                              									zu verarbeitenden Abdampfmenge wie der Belastung Rechnung zu tragen und stellt
                              									dadurch dem Konstrukteur ebenso wie bei der oben erwähnten Anzapfturbine besonders interessante
                              									Aufgaben.
                           Nicht bloß bei absetzend betriebenen Kolbenmaschinen lassen sich große Vorteile durch
                              									die Verwendung von Abdampfturbinen erzielen, auch bei gewöhnlichen Betriebsmaschinen
                              									in elektrischen Zentralen hat die Zuschaltung von Abdampf-Dampfturbinen sehr
                              									günstige Resultate ergeben. Bekanntlich kann die Dampfturbine mit einem viel höheren
                              									Vakuum arbeiten als die Kolbendampfmaschine; wenn nur kaltes Kühlwasser in
                              									genügender Menge vorhanden ist, so läßt sich die Dampfenergie in einer Turbine viel
                              									weiter ausnutzen. Der Turbine machen die großen Volumina, welche der Dampf bei sehr
                              									hohem Vakuum besitzt, gar keine Schwierigkeiten; infolge der großen
                              									Strömungsgeschwindigkeit bleiben die erforderlichen Durchgangsquerschnitte für den
                              									Dampf in mäßigen Grenzen, während sie bei der Kolbendampfmaschine unausführbare
                              									Abmessungen annehmen würden. Der Wirkungsgrad für die Energieumsetzung ist auch, wie
                              									schon erwähnt worden ist, im Bereich der geringen Dampfdrücke verhältnismäßig hoch,
                              									so daß es sich in vielen Fällen als sehr vorteilhaft erwiesen hat,
                              									Kolbendampfmaschinen nicht mit Kondensation arbeiten zu lassen, sondern ihren
                              									Abdampf einer zugeschalteten Dampfturbine zuzuführen, die mit hohem Vakuum arbeitet.
                              									Für eine Neuanlage wird zwar in der Regel eine solche Kombination von Kolbenmaschine
                              									und Turbine wegen der hohen Anlagekosten, des größeren Raumbedarfs und des
                              									komplizierten Betriebes nicht in Betracht kommen; jedoch können vorhandene
                              									Kolbenmaschinen durch Zuschalten einer Abdampfturbine um 30–50 v. H. in ihrer
                              									Oekonomie verbessert bezw. bei der gleichen Dampfmenge um ebensoviel in ihrer
                              									Leistung gesteigert werden. So war z.B. eine Zentrale in New York mit 11 sehr
                              									ökonomischen Corliß-Maschinen von je 7500 KW Leistung,
                              									welche einen Dampfverbrauch von 8,6 kg/PSe und Std.
                              									bei 12,5 at Dampfdruck und 65 cm Vakuum hatten, mit Abdampfturbinen zu jeder
                              									Kolbenmaschine ausgerüstet worden. Bei einer Belastung der Kolbenmaschinen von 6600
                              									KW leisteten die Abdampfturbinen mit 92 ½ v. H. des Abdampfes der Kolbenmaschinen
                              									(Anfangsdruck 1.1 at abs. und 72 cm Vakuum) 5100 KW. Mit derselben Dampfmenge wurden
                              									also 11700 KW von einem Maschinensatz erzeugt, entsprechend 6,1 kg Dampf für die
                              									KW/Std. Arbeitet die Anlage ununterbrochen, so werden täglich 750000 kg Dampf und
                              									bei achtfacher Verdampfung 93 t Kohlen gespart. Die Anlagekosten einschließlich der
                              									Kosten für die notwendige Reinigung des Abdampfes von Oel sowie der höheren Kosten
                              									für den Betrieb der Kondensationsanlage werden so in kurzer Zeit ausgeglichen.
                           Die verschiedenen im Vorausgegangenen besprochenen Betriebsarten, denen sich die
                              									Turbinenkonstruktion anpassen muß, machen den Dampfturbinenbau außerordentlich
                              									mannigfaltig und zwingen die Maschinenfabriken, eine ganze Reihe verschiedener
                              									Modelle auszuführen; das hindert natürlich von vornherein eine systematische
                              									Massenfabrikation.
                           Die hauptsächlichste Verwendung findet die Dampfturbine nach wie vor zum Antrieb
                              									elektrischer Maschinen; daneben dient sie auch zum Antrieb der verschiedenen
                              									rotierenden Arbeitsmaschinen wie Zentrifugen, Kreiselpumpen für Luft und Wasser usw.
                              									Das Gebiet der Hochdruckzentrifugalpumpen, wie der Kreiselgebläse und
                              									Turbokompressoren ist ja heute mit großem Erfolg in Angriff genommen worden und die
                              									Dampfturbine ist hierfür natürlich eine sehr geeignete Antriebsmaschine. Man hat
                              									auch die Einführung des Dampfturbinenantriebes bei Lokomotiven versucht, wo sie
                              									hauptsächlich den Vorteil hätte, daß die störenden Kräfte aus der Bewegung des
                              									Kurbelgetriebes wegfielen. Die dabei gemachten Erfahrungen sind nicht gerade
                              									ungünstig; doch paßt hier die Dampfturbine nicht recht hin. Der Fortschritt liegt
                              									hier zweifellos in der Einführung des Eletromotors und in der Stromersparung für den
                              									Betrieb aus einer großen elektrischen Zentrale. Anders liegt die Sache im
                              									Schiffsbetriebe.
                           
                        
                           4. Die Dampfturbine im
                                 										Schiffsbetrieb.
                           Eine außerordentlich wichtige Anwendung hat die Dampfturbine im Schiffsbetriebe als Haupt- und Hilfsantriebsmaschine
                              									gefunden. Hier kommen hauptsächlich ihre Vorteile hinsichtlich leichter Bedienung
                              									und guter Manövrierfähigkeit in Betracht. Es sind keine beweglichen Teile vorhanden,
                              									welche wie bei Kolbenmaschinen einer ständigen sorgfältigen Wartung und häufigen
                              									Ersatzes bedürfen. Die wenigen Lager sind leicht instand zu halten. Die Turbinen mit
                              									einer Welle haben nur zwei Ventile, eines für Vorwärtsgang und eines für
                              									Rückwärtsgang; auch bei dem Vierwellensystem von Parsons bleibt die Bedienung einfacher als bei Kolbenmaschinen, bei denen
                              									in der Regel besondere Umsteuermaschinen notwendig sind. Im Gewicht werden
                              									Dampfturbinen da leichter als Kolbenmaschinen, wo hohe Schiffsgeschwindigkeiten
                              									vorhanden sind, also namentlich bei Torpedobooten. Bei gewöhnlichen Handelsschiffen
                              									und großen Linienschiffen fallen Turbinenanlagen mitunter schwerer aus. Auch der
                              									Raumbedarf ist, wenigstens was die Grundfläche anlangt, bei Turbinen für große
                              									Handels- und Kriegsschiffe größer als bei Kolbenmaschinen, abgesehen von Anlagen mit
                              									Einzelwellenturbinen. In der Höhe ist der Raumbedarf aber in allen Fällen bei
                              									Turbinen geringer. Die Vibrationen, welche von der Massenwirkung der hin- und
                              									hergehenden Triebwerksteile von Kolbenmaschinen herrühren, fallen bei Turbinen fort;
                              									nicht aber die von der Schiffsschraube herrührenden Vibrationen, die ihre Ursache in
                              									dem verschiedenen Wasserdruck auf die Schraubenflügel haben. Im Dampfverbrauch ist
                              									die Turbine nur bei hohen Umdrehungszahlen und großen Leistungen der Kolbenmaschine
                              									überlegen, namentlich also bei Torpedobooten und schnellen Kreuzern. Die
                              									nachstehenden Resultate von Versuchen mit zwei Schiffen der englischen Marine, deren
                              									zielbewußtem Vorgehen überhaupt die rasche Einführung der Dampfturbine auf Schiffen
                              									zu verdanken ist, geben einen Begriff von dem Verhalten von Dampfturbine und
                              									Kolbenmaschine beim Antrieb von Kriegsschiffen. Die Versuche wurden an zwei Kreuzern
                              										„Amethyst“ und „Topaze“ vorgenommen, von denen „Amethyst“
                              									mit Parsons-Turbinen, „Topaze“ mit
                              									Kolbenmaschinen ausgerüstet war. Der angegebene Dampfverbrauch schließt den
                              									Verbrauch für Luft-, Zirkulations- und Speisepumpen ein.
                           
                              
                                 Geschwindig-keit d Schiffesin
                                    											Knoten
                                 Leistungin PS
                                 Dampfverbrauch kgfür die PS/Std.
                                 Verbesserungdurch
                                    											dieDampfturbine
                                 
                              
                                 Topaze
                                 Amethyst
                                 
                              
                                 10,0
                                     850
                                 9,9
                                 13,2
                                 – 25,4
                                 
                              
                                 14,0
                                   2200
                                 8,6
                                   9,1
                                 –   5,1
                                 
                              
                                 18,0
                                   4500
                                 8,5
                                   7,1
                                 + 16,5
                                 
                              
                                 22,0
                                   9500
                                 9,5
                                   6,3
                                 + 34,7
                                 
                              
                                 23,6
                                 14000
                                 –
                                   5,9
                                 –
                                 
                              
                           Die Ueberlegenheit der Dampfturbine beginnt etwa bei 15 Knoten Fahrgeschwindigkeit.
                              									Die Turbinen waren etwa ⅓ leichter als die Kolbenmaschinen; der Oelverbrauch betrug
                              									nur 2 v. H. von dem Oelverbrauch der Kolbenmaschinen.
                           Andere Versuche haben diese Resultate bestätigt. Sehr wertvoll ist die Eigenschaft
                              									der Turbine, ölfreien Abdampf zu liefern, da derselbe auf Seeschiffen zur Kesselspeisung wieder
                              									verwendet wird.
                           Die große Schwierigkeit, den Turbinenbetrieb auf Schiffen wirtschaftlich zu
                              									gestalten, liegt in dem schlechten Wirkungsgrad raschlaufender Schiffsschrauben. Bei
                              									der Verwendung normaler Schiffsschrauben und normaler Tourenzahlen ist es nicht
                              									möglich, unter direkter Kupplung von Turbinen- und Propellerwelle mit einem
                              									niedrigen Dampfverbrauch zu arbeiten. Im Schiffahrtsbetriebe kommen ferner die
                              									verschiedensten Geschwindigkeiten vor, während die Turbine nur bei einer bestimmten
                              									Geschwindigkeit ökonomisch arbeitet. Da die Dampfturbine nicht umsteuerbar ist,
                              									verlangt die Rückwärtsfahrt die Anordnung einer besonderen Turbine.
                           Die Dampfturbine den wechselnden Betriebsverhältnissen der verschiedenen Seefahrzeuge
                              									anzupassen, ist eine lebhaft in Angriff genommene Aufgabe der heutigen
                              									Maschinentechnik. Parsons' Mehrturbinensystem war
                              									gleich eine sehr geschickte Lösung des Problems. Für mittlere und kleinere Schiffe
                              									werden drei Turbinen, für schwerere Kriegs- und für Personendampfer vier Turbinen,
                              									teils neben-, teils hintereinander angeordnet, in welchen der Dampf nacheinander
                              									arbeitet. Es wird dadurch eine geringe Geschwindigkeit erzielt, ohne daß hierzu die
                              									Turbine durch die notwendige große Zahl der Druckstufen zu lang wird, und ohne daß
                              									der Dampf gedrosselt zu werden braucht. Es lassen sich auch verschiedene
                              									Geschwindigkeiten bei annähernd gleicher Wirtschaftlichkeit erreichen, freilich wird
                              									die ganze Anlage weniger einfach und beansprucht mehr Raum und Gewicht. Bei der
                              									Dreiwellenanordnung sitzt gewöhnlich die Hochdruckturbine auf der Mittelwelle; auf
                              									den beiden Seitenwellen sitzen die Niederdruckvorwärts- und die Rückwärtsturbinen.
                              									Bei längerer Fahrt auf hoher See strömt der Dampf von den Kesseln durch die
                              									Hochdruckturbinen zu den Niederdruckturbinen. Bei häufigem Manövrieren wird die
                              									Hochdruckturbine von der Dampfleitung abgeschaltet, und der Frischdampf geht direkt
                              									zu den Ventilen der Niederdruckturbine und zu den Rückwärtsturbinen. Bei der
                              									Vierwellenanordnung größerer Schiffe sitzen gewöhnlich zwei Hochdruckturbinen auf
                              									den äußeren Wellen. Die beiden mittleren Wellen tragen die Niederdruckturbinen und
                              									die Rückwärtsturbinen. Durch besondere Schaltung der Ventile wird erreicht, daß zwar
                              									die Vor- und Rückwärtsturbinen gleichzeitig von der Dampfleitung abgesperrt, daß
                              									aber immer nur die Leitung entweder für die Vorwärts- oder für die Rückwärtsturbine
                              									geöffnet sein kann. Jede Turbine kann im Falle eines Defektes ausgeschaltet
                              									werden. Um auch bei längeren Fahrten mit verlangsamter Geschwindigkeit zu arbeiten,
                              									wird der Hochdruckturbine noch eine Hoch- und Niederdruckmarschturbine
                              									vorgeschaltet. Bei Marschfahrt durchströmt der Dampf zuerst diese letzteren und
                              									gelangt dann erst in die Hochdruckhauptturbine. Bei voller Fahrt laufen die
                              									Marschturbinen im Vakuum leer mit. Sie besitzen in mancher Beziehung Nachteile durch
                              									die Verschlechterung des Vakuums, durch den größeren Platzbedarf und die
                              									Komplizierung der Anlage, weshalb sie nur selten noch ausgeführt werden. Der bei den
                              									Ueberdruckrädern und bei Gleichdruckrotoren in Trommelbauart auftretende
                              									Achsialschub kann zum teilweisen Ausgleich des Propellerschubes dienen; ein
                              									Drucklager ist indessen wegen des nicht für alle Belastungen vorhandenen Ausgleichs
                              									außerdem nötig.
                           Die zum Schiffsantrieb verwendeten Aktionsturbinen haben in der Regel einen
                              									vollständigen Turbinensatz mit Vor- und Rückwärtsturbine für jede Propellerwelle.
                              									Ein Turbinenaggregat besteht hier aus einer Hoch- und Niederdruckturbine für
                              									Vorwärtsgang und einer Rückwärtsturbine, welche im Abdampfraum der
                              									Niederdruckturbine untergebracht ist. Die Gesamtanordnung ist namentlich bei
                              									größeren Schiffen einfacher als die von Parsons; die
                              									Veränderung der Geschwindigkeit wird hier in der Regel durch Aenderung der
                              									Beaufschlagung erreicht. Auch kombinierte Bauarten mit Gleich- und
                              									Ueberdruckturbinen kommen zur Anwendung. In Amerika hat man neuerdings die Anwendung
                              									eines Zahnradgetriebes versucht, welches die Tourenzahl der Dampfturbine etwa im
                              									Verhältnis 1 : 10 verringert. Die angetriebenen zwei Zahnkränze sitzen auf einer
                              									Trommel und haben z.B. für eine 6000 PS-Turbine einen Durchmesser von 1200 mm; die
                              									breiten Zähne sind schräg geschnitten. Das Getriebe ist etwas elastisch gelagert, so
                              									daß sich der Druck auf die Zähne ausgleichen kann. Das Getriebe soll vollkommen
                              									ruhig laufen; man wird aber erst nach längerer Betriebszeit beurteilen können, ob
                              									sich ein Zahnradgetriebe tatsächlich für die Uebertragung so großer Leistungen
                              									eignet.
                           Es ist auch versucht worden, durch eine mit gleichmäßiger günstigster Geschwindigkeit
                              									umlaufende Dampfturbine eine Dynamo anzutreiben, welche den Strom für einen auf der
                              									Propellerwelle sitzenden Motor liefert, doch ist diese elektrische Kupplung von
                              									Turbinen- und Propellerwelle nicht einfach genug und braucht auch zuviel Platz.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)