| Titel: | Der heutige Stand im Dampfturbinenbau. | 
| Autor: | Meuth | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 376 | 
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                        Der heutige Stand im
                           								Dampfturbinenbau.
                        Von Bauinspektor Dr.-Ing. Meuth,
                           								Stuttgart.
                        (Fortsetzung von S. 357 d. Bd.)
                        Der heutige Stand im Dampfturbinenbau.
                        
                     
                        
                           Als eine aussichtsreiche Lösung des Turbinenbetriebs für Schiffspropeller darf
                              									der sog. „hydraulische Transformator“ von Dr. FöttingerD. p. J. 1910, Bd.
                                    											325, S. 206. angesehen werden. Auf der Turbinenwelle sitzt eine
                              									Kreiselpumpe, welche mit der güngstigsten Geschwindigkeit läuft; sie beaufschlagt
                              									eine unmittelbar damit zusammenhängende Turbine, die auf der Propellerwelle
                              									sitzt. Das als Treibmittel der letzteren benutzte Wasser läuft der Kreiselpumpe
                              									wieder zu. Durch die Wahl der Schaufelung und der Stufenzahl kann das gewünschte
                              									Uebersetzungsverhältnis erreicht werden Fig. 3a gibt
                              									die primitivste Anordnung eines solchen Transformators wieder. I ist die Antriebswelle, auf welcher die Kreiselpumpe
                              										A sitzt; H ist die
                              									Propellerwelle mit dem Turbinenrad B, welehes das
                              									Triebwasser der Kreiselpumpe unmittelbar aufnimmt, das dann durch den festen Kanal
                              										C der Kreiselpumpe wieder zufließt. Zwischen A und B kann auch ein
                              									fester Umlaufkanal zwischengeschaltet und damit erreicht werden, daß das sekundäre
                              									Rad in anderem Drehsinn umläuft als bei der ersten Anordnung. In der rechten Hälfte
                              									von Fig. 3b findet sich ein solcher Umleitkanal
                              									zwischen das primäre und sekundäre Rad zwischengeschaltet und in dieser Kombination
                              									zweier Transformatoren wird die Einrichtung auch umsteuerbar. In Fig. 3b dient die linke Hälfte für den Vorwärtsgang,
                              									die rechte für den Rückwärtsgang. A ist das Rad der
                              									Kreiselpumpe, die auf der Turbinenwelle sitzt. B und
                              										D gehören zu der Turbine auf der Propellerwelle,
                              									die hier doppelkränzig ausgeführt ist, um das Uebersetzungsverhältnis ins Langsame
                              									zu vergrößern, der ringförmige Umleitkanal C verbindet
                              									die erste Stufe mit der zweiten; aus dem zweiten Radkranz D strömt dann das Betriebswasser wieder der Kreiselpumpe A zu und beginnt seinen Kreislauf von neuem. Dicht
                              									neben diesem hydraulischen Umformer ist ein zweiter für den Rückwärtsgang
                              									angeordnet; letzterer weist indessen nur eine einstufige Turbine auf. Hier ist E das Schleuderrad der Kreiselpumpe, F ein Umleitkanal, und G das Schaufelrad der
                              									Rückwärtsturbine. Fig. 4 veranschaulicht die erste
                              									Ausführung eines Föttinger-Transformators für den
                              									Antrieb durch eine 500 PS-Dampfturbine. Die Bezeichnungen sind dieselben wie in der
                              									schematischen Fig. 3b. Wenn umgesteuert werden soll,
                              									wird das Betriebswasser aus dem Gehäuse der Vorwärtsturbine auslaufen gelassen und
                              									der Rückwärtsturbine durch Kanal Q frisches
                              									Betriebswasser zugeführt. Es wird dies einfach durch Umstellen des Steuerventiles,
                              									das unter dem Transformator angeordnet ist, erreicht. Die Dampfturbine läuft dabei
                              									in unverändertem Drehsinn weiter.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 377
                              Fig. 3a.Föttinger-Transformator einfachster Art.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 377
                              Fig. 3b.Umsteuerbarer Transformator.
                              
                           Eine weitere Vereinfachung dieser Einrichtung ist bereits zur Ausführung gebracht
                              									dadurch, daß mit Hilfe eines verschiebbaren Leitrades nur ein einziger Kreislauf des
                              									Wassers für Vor- und Rückwärtsgang stattfindet. Das verschiebbare Leitrad kann auch
                              									dazu verwendet werden, das Uebersetzungsverhältnis durch einfaches Umstellen
                              									für verschiedene Fahrgeschwindigkeiten zu ändern. Mit dem hydraulischen
                              									Transformator kann annähernd die gleiche Kraftleistung für den Rückwärtsgang wie für
                              									den Vorwärtsgang entwickelt werden.
                           Der Transformator arbeitet mit einem verhältnismäßig guten Wirkungsgrad, namentlich
                              									dadurch, daß infolge der engen Verbindung von Pumpe und Turbine größere
                              									Reibungsverluste und durch die direkte Ausnutzung der Geschwindigkeit die Verluste
                              									durch die Umsetzung in Druck und dann wieder in Geschwindigkeit vermieden sind. Auch
                              									die Austrittsgeschwindigkeit aus dem Turbinenrad geht nicht verloren. Versuche an
                              									einer vom Stettiner Vulkan gebauten ersten Anlage haben
                              									ergeben, daß sich im günstigsten Falle ein Wirkungsgrad von 83 v. H. erreichen läßt
                              									bei vier- bis fünffacher Uebersetzung der Geschwindigkeiten der Dampfturbinen- und
                              									Propellerwelle. Dieser Wirkungsgrad kann noch etwa um 4 v. H. erhöht werden, wenn
                              									das Betriebswasser, an welches zum großen Teil die Verlustarbeit in Form von Wärme
                              									übergeht, zur Kesselspeisung verwendet wird. Aber auch schon mit einem Wirkungsgrad
                              									von etwa 80 v. H. kann der Transformator mit dem direkten Dampfturbinenantrieb in
                              									Konkurrenz treten wegen des geringeren Wirkungsgrades der raschlaufenden Propeller
                              									und der langsamer laufenden Dampfturbinen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 377
                              Fig. 4.
                              
                           Die Energieausnutzung in heutigen Schiffsturbinen bei direktem Propellerantrieb
                              									arbeiten mit einem Wirkungsgrad von 55–60 v. H., die Propeller mit einem
                              									Wirkungsgrad von 62 bis ausnahmsweise 73 v. H. Das ergibt einen Gesamtwirkungsgrad
                              									von bestenfalls 42 v. H. Bei Anwendung eines Föttinger-Transformators kann die Dampfturbine mit ihrer günstigsten
                              									Geschwindigkeit laufen und annähernd den Wirkungsgrad guter ortsfester Anlagen
                              									erreichen, also etwa einen Wirkungsgrad 67 bis 70 v. H. Der Propeller wird dabei
                              									ebenfalls mit günstigster Umdrehungszahl arbeiten und einen Wirkungsgrad wie bei Antrieb durch
                              									Kolbenmaschinen von 76–80 v. H. erreichen, so daß auch bei Annahme der niedersten
                              									Werte und bei 80 v. H. Wirkungsgrad des Transformators ein annähernd gleicher
                              									Wirkungsgrad wie bestenfalls bei direktem Turbinenantrieb erreicht wird. Mit
                              									weiterer Verbesserung des Transformators tritt seine Ueberlegenheit immer mehr
                              									hervor. Nach neueren Mitteilungen ist bei einer 500 PS-Anlage auf einem mit
                              									Sauggasmaschinen betriebenen Schiff ein Transformatorwirkungsgrad von 88 v. H.
                              									erreicht worden. Solange es nicht gelingt, raschlaufende Propeller mit genügend
                              									hohem Wirkungsgrad zu bauen, wird dem Föttinger-Transformator eine große Bedeutung zukommen, zumal die bisherigen
                              									Versuchsfahrten zu keinem Bedenken über die Betriebssicherheit des Zwischengliedes
                              									Anlaß gegeben haben. Das Umsteuern ging stets rasch und glatt vor sich; es vergingen
                              									z.B. bei dem Versuchsschiff beim Uebergang von höchster Tourenzahl vorwärts bis zur
                              									höchsten Tourenzahl rückwärts nur etwa 15 Sek. Schon 4–5 Sek. nach Zurückstellen des
                              									Steuerschiebers von „Voraus“ auf „Rückwärts“ stand die Sekundärwelle
                              									aus forcierter Fahrt still, um nach weiteren 10 Sek. eine Rückwärtstourenzahl von
                              									200 bis 250 zu erzeichen, während die Dampfturbine in gleichem Sinn und mit
                              									annähernd gleicher Geschwindigkeit weiterlief.
                           Große Vorteile bringt der Föttinger-Transformator auch
                              									durch die Raum- und Gewichtsersparnis, namentlich bei großen Kriegsschiffen. So
                              									beträgt bei einer Installation von 30000 PS, die auf drei Wellen mit 275 Umdrehungen
                              									i. d. Min. verteilt sind, die Gesamtlänge der Maschine 15,6 m, die Grundfläche 312
                              									qm und das Gewicht einschl. Propeller 724 t. Bei Anordnung eines Föttinger-Transformators hat man berechnet, daß für
                              									eine Propellertourenzahl von 125 i. d. Min. und bei 720 Touren der Antriebsmaschine
                              									die Gesamtlänge 12 m, die Grundfläche 240 qm und das Gesamtgewicht 600 t beträgt,
                              									daß also nach jeder Richtung eine Ersparnis erzielt wird.
                           Der Erfinder beschäftigt sich zurzeit auch mit der Anwendung seines Transformators
                              									auf ortsfeste Anlagen, z.B. für den Antrieb von Walzenstraßen mit und ohne Umkehr
                              									der Drehrichtung.
                           Im Folgenden werden die Ausführungen einer Reihe von Dampfturbinen besprochen und
                              									durch Abbildungen veranschaulicht mit Beschränkung auf die Konstruktionen deutscher
                              									Fabriken und von Firmen des deutschen Sprachgebietes.
                           
                        
                           4. Reine und kombinierte
                                 										Ueberdruckturbinen.
                           Brown-Boveri & Co.
                              									haben in ihren Werkstätten in Baden (Schweiz) und Mannheim als eine der ersten
                              									Firmen auf dem Kontinent den Bau von Parsons-Turbinen
                              									aufgenommen und durch schrittweise Vervollkommnung und durch eine hervorragende
                              									Ausführung zu einem guten Teil zu der großen Verbreitung der Parsons-Turbine beigetragen. Die Mängel, welche der ursprünglichen Parsons-Turbine anhafteten: ihre allzugroße Baulänge,
                              									die Empfindlichkeit gegenüber plötzlichen Temperaturschwankungen namentlich bei der
                              									Inbetriebsetzung, können bei den neuen Konstruktionen als beseitigt gelten.
                           Die neuere Ausführungsform der reinen Parsons-Turbine
                              									erscheint gegenüber der älteren bedeutend zusammengedrängt. Um große
                              									Temperaturunterschiede im rotierenden Teil beim Einlassen des Frischdampfes zu
                              									vermeiden, ist der vordere Teil der Trommel heizbar gemacht; die Verbindung der
                              									Welle mit diesem Teil der Trommel ist mittels Bajonettverschluß hergestellt; ferner
                              									ist der Niederdruckentlastungskolben am Ende des Niederdruckteils der Trommel
                              									angeordnet. Dadurch wie durch die vollkommen symmetrische Ausbildung des Gehäuses
                              									ist den einseitigen Wärmedehnungen, welche bei raschem Anlassen aus dem kalten
                              									Zustand auftreten und die Maschine in Gefahr bringen, wirksam begegnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 378
                              Fig. 5.Regulator der Brown-Boveri-Parsonsturbine.
                              
                           Die Abdichtung der Welle nach außen, welche sowohl vorn wie hinten nur das Eindringen
                              									von Luft zu verhindern hat, geschieht durch die Labyrinthwirkung von Rillen an der
                              									Welle, welche derselben eine genügende Längsbeweglichkeit lassen. An einer Stelle
                              									wird etwas Dampf zugeführt, dessen Austritt nach außen in leichten Wolken anzeigt,
                              									daß die Dichtung nach innen vollkommen Abschluß gibt. Die Wellenlager haben bei
                              									langsam laufenden Turbinen (unter 1500 Umdr.) einfache mit Weißmetall ausgegossene
                              									Schalen, die in einer Kugelfläche gestützt sind und so der Welle eine kleine
                              									Querbeweglichkeit gestatten. Für höhere Umdrehungszahlen werden die bekannten
                              									Mehrbüchsenlager von Parsons verwendet. Durch die
                              									kleine Exzentrizität, welche diese ineinandergeschobenen Büchsen haben, kann die
                              									Welle durch Verdrehen der Büchsen sehr genau eingestellt werden. Der geringere Spielraum
                              									zwischen den einzelnen Büchsen ist mit Drucköl ausgefüllt, welches etwa auftretende
                              									Stöße mildert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 379
                              Fig. 6.Selbsttätiges Zusatzventil der Brown-Boveri-Parsonsturbine.
                              
                           Statt der früheren Regulierung mittels eines durch Dampf gesteuerten Relais kommt
                              									jetzt eine sehr einfache Druckölsteuerung zur Ausführung. Fig. 5 stellt dieselbe dar. Durch die Turbinenwelle E erhält die Regulatorspindel D, die bei G und F gelagert ist, mittels eines Schneckengetriebes ihren Antrieb. Am unteren
                              									Ende der Regulatorspindel sitzt die Oelpumpe R, welche
                              									das Preßöl erzeugt, das unter einen federbelasteten Kolben auf der Spindel des
                              									Dampfeinlaßventils geleitet wird. Es steht nun der Abfluß des Oels unter diesem
                              									Kolben und somit auch der Oeldruck unter demselben direkt unter dem Einfluß des
                              									Federregulators J. Das Oelabführungsrohr T mündet in eine Kammer im Reguliergehäuse M. Die Oeffnungen dieser Kammer nach dem Innern des
                              									Gehäuses werden durch die besonders ausgebildete Regulatorhülse K je nach deren Stellung mehr oder weniger geöffnet,
                              									und zwar so, daß bei einer Entlastung die Oeffnung für den Oeldurchlaß größer, der
                              									Oeldruck unter dem Steuerkolben also kleiner wird, so daß die Feder über demselben
                              									das Einlaßventil etwas schließt. Umgekehrt findet bei Belastungszunahme durch
                              									Verengung der Austrittsöffnungen für das Oel eine Zunahme des Oeldruckes und eine
                              									entsprechend größere Oeffnung des Einlaßventils statt. Das aus der Kammer
                              									austretende Oel fließt in das ganz geschlossene Regulatorgehäuse A, B, C und schmiert zugleich alle beweglichen Teile
                              									darin. Den Abschlußkanten der Regulatorhülse ist eine geringe Abschrägung gegeben,
                              									so daß bei jeder Umdrehung derselben die Austrittsöffnungen für das Oel abwechselnd
                              									etwas vergrößert und verkleinert werden. Auf diese einfache Weise wird mit jeder
                              									Umdrehung eine kleine Schwankung des Oeldruckes hervorgerufen, welche genügt, das
                              									Einlaßventil in kleinen oszillierenden Bewegungen zu erhalten, die sich in der
                              									Minute etwa 300 mal wiederholen. Die Empfindlichkeit der Regulierung wird dadurch
                              									sehr erhöht. Dadurch, daß hier die Regulatormuffe selbst als Steuerorgan dient und
                              									jede weitere Uebertragung der Regulatorbewegung auf das Regulierventil durch
                              									Hebel und Gestänge wegfällt, ist diese neue Reguliereinrichtung außerordentlich
                              									einfach. Sie gewährt indessen für sich allein nur eine Regulierung durch Drosselung
                              									des Frischdampfes. Um den vollen Kesseldruck auch bei kleineren Belastungsstufen
                              									auszunutzen, wendet Brown-Boveri bei ihren mit Curtis-Rädern ausgerüsteten Turbinen mehrere
                              									Zusatzventile an, die den Dampf zu den einzelnen Düsen zu- und abschalten. Dieses
                              									Zu- und Abschalten geschieht ganz unabhängig von der Bewegung des Regulators,
                              									vollkommen selbsttätig. In Fig. 8 ist ein solches
                              									selbsttätiges Düsenventil bei A zu erkennen. Fig. 6 erläutert die Wirkungsweise dieses
                              									selbsttätigen Zusatzventils, das hier für die Dampfzuführung zu einer späteren Stufe
                              									zum Zwecke der Ueberlastung dient. Der Raum über dem Kolben d steht in Verbindung mit dem Raum vor dem Regulierventil, in welchem
                              									annähernd der Kesseldruck herrscht. Im Raum i herrscht
                              									die Pressung des durch das Regulierventil gedrosselten Dampfes; dieser Druck ist um
                              									so höher, je mehr das Regulierventil geöffnet ist. Steigt also die Belastung der
                              									Turbine und öffnet dabei der Regulator das Regulierventil etwas mehr, so nimmt auch
                              									der Druck im Raum i zu und die Pressung auf die untere
                              									Fläche des selbsttätigen Ventils K überwiegt die
                              									Pressung des Frischdampfes auf die obere Ringfläche des Kolbens d, das Ventil wird gehoben und Frischdampf gelangt zu
                              									einer späteren Druckstufe bezw. zu einer weiteren Düse. In gleicher Weise wird der
                              									Dampfzutritt zu einer Düse durch Schließen des Ventils aufgehoben, so bald infolge
                              									geringer Belastung und entsprechender Druckverminderung des Dampfes im Raum i der Druck des Frischdampfes auf die obere Fläche des
                              									Kolbens d überwiegt. Der am Umfang des mit reichlichem
                              									Spiel eingesetzten Ventils durchschlüpfende Dampf wird durch Bohrung f zur Abdichtung in die Stopfbüchsen geleitet. Ebenso
                              									schließen sich Ueberlastungsventile durch den Ueberdruck des Frischdampfes
                              									selbsttätig, sobald der Druck in der Stufe, welcher sie vorgeschaltet sind, infolge
                              									Belastungsabnahme sinkt. Durch Einstellen der Feder kann der Wirkungsbereich des
                              									Ventils verändert werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 379
                              Fig. 7.Frischdampf-Abdampfturbine von Brown-Boveri.
                              
                           Bei H in Fig. 5 befindet
                              									sich ein Sicherheitsregulator, der bei Ueberschreitung einer höchsten zulässigen
                              									Tourenzahl den Sperrhebel X verstellt und das
                              									Hauptabsperrventil schließt. Die Tourenzahl der Turbine kann in engen Grenzen (5 v.
                              									H.) durch Drehen des Rades A1 (mit Hilfe eines magnetischen Fernschaltwerkes auch von einem beliebigen
                              									Punkte aus) verändert werden dadurch, daß die Regulatorhülse vermittels Kegelräder
                              										L und Gewinde gehoben oder gesenkt wird, wodurch der Oelaustritt
                              									verändert wird. Der geänderte Oeldruck bedingt eine andere Stellung des
                              									Einlaßventiles und bei gleicher Belastung der Maschine eine Aenderung der
                              									Tourenzahl. Eine Oelbremse B1 dämpft die pendelnden Bewegungen der Hülse nach plötzlichen
                              									Belastungsänderungen. D1 ist ein Tourenzähler.
                           Für sehr große Leistungen wird die Turbine in zwei Gehäusen ausgeführt schon mit
                              									Rücksicht auf die für den Transport einzuhaltende Länge des Gehäuses, aber auch mit
                              									Rücksicht auf die ungleichen Wärmedehnungen und die großen Lagerabstände der langen
                              									Trommeln. Wegen des großen arbeitenden Dampfvolumens im Niederdruckteil ist die
                              									Dampfströmung hier gewöhnlich geteilt, wie aus Fig.
                                 										7 hervorgeht. Der Dampf wird auch vielfach in der Mitte des
                              									Niederdruckteils zugeführt und strömt nach rechts und links ab. Bei Turbinen, welche
                              									ausschließlich mit Abdampf betrieben werden und mit hohem Vakuum arbeiten, ist dies
                              									stets der Fall. Hier fehlt der Hoch- und Mitteldruckteil; der Dampf tritt an beiden
                              									Enden der Turbine je durch ein besonderes Abdampfrohr aus. Durch die gegenläufige
                              									Dampfströmung findet hier ohne weiteres der Druckausgleich statt, so daß besondere
                              									Ausgleichkolben hier wegfallen. Fig. 7 stellt eine
                              									Turbine für gemischten Betrieb dar; sie ist sowohl für die Verarbeitung von
                              									Frischdampf wie von Abdampf eingerichtet für die Fälle, wo Abdampf zeitweise nicht
                              									in genügender Menge zur Verfügung steht, die volle Turbinenleistung aber verlangt
                              									wird. Es kommt dies häufig in Bergwerks- und Hüttenbetrieben vor, wo die
                              									Abdampfturbine gewöhnlich die elektrische Energie zu liefern hat, auch dann, wenn
                              									die Kolbenmaschinen zeitweise stilliegen. Um auch in diesen Fällen wirtschaftlich zu
                              									arbeiten, tritt der Frischdampf bei B in die
                              									Hochdruckturbine und weiterhin in den Niederdruckteil. Bei Betrieb mit Abdampf tritt
                              									derselbe bei A in den Niederdruckteil ein, während der
                              									Hochdruckteil leer mitläuft. Die beiden Regulierventile C und D stehen unter der Einwirkung des
                              									gemeinsamen Regulators E, welcher das Hochdruckventil
                              									erst öffnet, wenn das Niederdruckeinlaßventil ganz geöffnet ist und die notwendige
                              									Abdampfmenge für die jeweilige Belastung nicht mehr ausreicht.
                           Nach eingehender Erprobung bringen Brown-Boveri
                              									neuerdings eine kombinierte Bauart ihrer Turbinen auf den Markt, bestehend aus einer
                              										Parsons-Reaktionsturbine im Mittel- und
                              									Niederdruckteil mit vorgeschaltetem Aktionsrad als Hochdruckteil. Fig. 8 zeigt einen Schnitt durch eine solche
                              									Turbine. Die Baulänge wird durch das Aktionsrad, das gewöhnlich mit zwei
                              									Geschwindigkeitsstufen ausgeführt wird, wesentlich kürzer als bei der reinen Parsons-Turbine. Im übrigen weist diese Ausführung
                              									dieselben konstruktiven Einzelheiten auf wie die normale Parsons-Turbine von Brown-Boveri. Auch hier
                              									ist die in Fig. 5 dargestellte Reguliervorrichtung
                              									in Verbindung mit einem Zusatzventil angeordnet, das aber hier nicht wie bei der
                              									reinen Parsons-Bauart Frischdampf zu einer späteren
                              									Expansionsstufe zuführt, sondern einen weiteren Düsensatz für die Beaufschlagung des
                              									Aktionsrades zuschaltet; auf diese Weise wird der Vorteil annähernd gleichhohen
                              									Anfangsdruckes erreicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 380
                              Fig. 8.Brown-Boveri-Parsonsturbine mit vorgeschaltetem Curtisrad.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 380
                              Fig. 9.Hochdruckrad der Brown-Boveri-Parsons-Turbine.
                              
                           Das Laufrad der Aktionsturbine (Fig. 9) hat zwei
                              									Schaufelkränze aus Spezialbronze. Die Schaufeln sitzen in schwalbenschwanzförmigen,
                              									in den Kranz eingedrehten Rillen und werden durch passende Zwischenstücke
                              									auseinandergehalten. Die zuletzt eingesetzte Schaufel hat einen verlängerten Fuß,
                              									der in ein entsprechendes radiales Loch in der Rille gesteckt und an der inneren
                              									Seite des Scheibenkranzes vernietet wird. Ein- und Austrittswinkel der Laufschaufeln
                              									sind ungleich. Bei den Schaufeln der Geschwindigkeitsstufenräder ist mit einer
                              									größeren Abnutzung zu rechnen. Die diesbezügliche Bemerkung von Brown-Boveri, daß die Abnutzung von der Größe der zur
                              									Energieübertragung zur Verfügung stehenden Arbeits-, also hier der Schaufelfläche,
                              									abhängt, ist durchaus zutreffend; ebenso wie bei anderen Maschinenteilen, welche
                              									Energie zu übertragen haben. So ist denn auch bei der großen Uebertragungsfläche der
                              									vollbeaufschlagten Parsons-Turbine selbst nach
                              									jahrelangem Betrieb nicht die geringste Abnutzung festgestellt 
                           Tabelle 1.
                           
                              
                                 
                                 Stadt. Elektrizitätswerk Frankfurt a.
                                    											M.Einphasen-Wechselstrom-Turbogeneratoren
                                 ElektrizitätswerkHagen i.
                                    											W.Dreiphasen-Wechselstrom
                                 K. Sachs. Staats-eisenb. in
                                    											ChemnitzDreiphasen-Wechselstrom
                                 
                              
                                 Nr. 1
                                 Nr. 2
                                 Nr. 3
                                 Nr. 4
                                 
                              
                                 Leistung                                                    
                                    											KW
                                 3500
                                 3500
                                 5000
                                 650
                                 
                              
                                 Belastung                                                      „
                                 3521,6
                                 1542,6
                                 3053
                                 1539,9
                                 3320
                                 864,5
                                 659,6
                                 276,5
                                 
                              
                                 Tourenzahl
                                 1360
                                 1360
                                 1360
                                 1360
                                 1500
                                 1500
                                 3000
                                 3000
                                 
                              
                                 Dampfdruck am Einlaß                   kg/qcm abs.
                                 11,0
                                 10,97
                                 10,52
                                 10,62
                                 12,72
                                 13,0
                                 11,1
                                 11,25
                                 
                              
                                 Dampftemperatur am Einlaß                        °C
                                 258,8
                                 234,9
                                 263,4
                                 270,5
                                 274
                                 227,9
                                 310,7
                                 271,4
                                 
                              
                                 Vakuum                                                    v.
                                    											H.
                                 96,5
                                 97,5
                                 96,9
                                 97,75
                                 97
                                 98
                                 87,9
                                 89,4
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch pro KW/Std. gemessen     kg
                                 6,22
                                 7,13
                                 5,9
                                 6,39
                                 6,13
                                 8,71
                                 7,36
                                 8,19
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch auf 300° C reduziert
                                 5,77
                                 6,32
                                 5,52
                                 6,06
                                 5,88
                                 7,70
                                 6,37
                                 6,78
                                 
                              
                                 Thermischer Wirkungsgrad auf elektr.
                                    											Leistung    bezogen                                                v.
                                    											H.
                                 64
                                 –
                                 67
                                 –
                                 62,3
                                 –
                                 62
                                 –
                                 
                              
                                 Dynamo-Wirkungsgrad                               „
                                 94
                                 –
                                 94
                                 –
                                 92
                                 –
                                 91,5
                                 –
                                 
                              
                                 Thermischer Wirkungsgrad auf effekt.
                                    											Tur-    binenleistung bezogen
                                 68,5
                                 –
                                 71,5
                                 –
                                 68
                                 –
                                 68–
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                           worden, während die Schaufeln von Gleichdruckturbinen, in
                              									erster Linie solcher mit Geschwindigkeitsstufen, namentlich bei Benutzung feuchten
                              									oder nicht ganz reinen Dampfes, nach kürzerer Zeit einer Erneuerung bedürfen. Diese
                              									ist jedoch bei den meisten Bauarten einfach und ohne große Kosten auszuführen. Eine
                              									erhebliche Verschlechterung der Energieumsetzung tritt erst bei stark
                              									vorgeschrittener Schaufelabnutzung auf.
                           Die Anordnung eines Hochdruck-Curtis-Rades bietet in
                              									erster Linie bei Verwendung hochgespannten Dampfes Vorteile. Das geringe
                              									Dampfvolumen bedingt in diesem Falle bei dem Hochdruckteil der Parsons-Turbine eine sehr kleine Schaufellänge, die für
                              									die Ausnutzung des Dampfes, wie schon eingangs erwähnt, sehr ungünstig ist.
                              									Andererseits ist aber der Wirkungsgrad der Curtisräder
                              									geringer als derjenige einer Parsons-Turbine, und es
                              									bedarf in jedem Falle einer besonderen Erwägung, wieweit die Vorteile der einen und
                              									anderen Bauart überwiegen. Bei großen Leistungen und entsprechend großen zu
                              									verarbeitenden Dampfmengen werden auch die Schaufellängen des Hochdruckteiles einer
                              										Parsons-Turbine genügend groß, so daß hier noch die
                              									reine Parsons-Bauart ausgeführt wird. Um in
                              									wärmeökonomischer Beziehung die Grenze für die Anordnung eines Curtis-Rades zu bestimmen, sind schon vor einigen
                              									Jahren von Brown-Boveri eingehende Versuche an einer
                              									1000 KW-Turbine gemacht worden. Es ergab sich dabei ein Wirkungsgrad des
                              									Hochdruckaktionsrades zu no 53 v. H. gegenüber etwa 75 v. H. des Mittel- und
                              									Niederdruckteiles. Der Gesamtwirkungsgrad wurde natürlich in diesem Falle durch den
                              									geringen Wirkungsgrad des Hochdruckteiles heruntergedrückt umsomehr, als dieser etwa
                              									⅓ der verfügbaren Dampfenergie aufnahm, aber nur ⅓ davon zur Gesamtleistung
                              									beitrug.
                           Nach diesen Versuchen würde die Grenze für die reine Parsons-Turbine etwa bei 1000 PS liegen. Darunter ist ein Curtis-Rad im Hochdruckteil vorteilhafter. Nach neueren
                              									Mitteilungen sind mit Hochdruck-Curtis-Rädern mit zwei
                              									Geschwindigkeitsstufen Wirkungsgrade bis zu 65 v. H. erreicht worden; dadurch
                              									würde die Grenze für die Anwendung von Curtis-Rädern im
                              									Hochdruckteil weit hinaufgerückt. Auch für Turbinen mit gemischtem Betrieb, für
                              									Abdampf- und Anzapfturbinen wird für die Hochdruckstufe in der Regel ein Curtis-Rad angeordnet.
                           Bei den großen Einheiten kommt natürlich die Ueberlegenheit der Parsons-Turbine im Hochdruckteil gegenüber dem Curtis-Rad sehr in Betracht. Der Unterschied macht
                              									mehrere Zehntel kg Dampf pro Kilowattstunde aus; schon ein Mehrbetrag von 1/10 kg verursacht
                              									bei einer 10000 KW-Maschine, die täglich 10 Stunden mit voller Belastung arbeitet,
                              									einen jährlichen Mehraufwand für Kohlen von etwa 6000 M. Brown-Boveri führen daher große Turbinen, solche von über 5000 PS, als
                              									reine Parsons-Turbinen aus. Größere Turbinen werden ja
                              									schon wegen der Größe der Gußstücke in zwei Gehäusen ausgeführt; dadurch ist den
                              									Nachteilen durch die Wärmedehnung und durch die großen Lagerentfernungen schon
                              									wirksam begegnet. Neuerdings sind fünf Turbinen von je 22500 PS Leistung für ein
                              									Pariser Kraftwerk und eine weitere gleichgroße Maschine für das Westfälische
                              									Elektrizitätswerk in Essen im Bau.
                           In Tab. 1 sind die Resultate einiger neuerer Turbinen von Brown-Boveri zusammengestellt. Bei den im Betriebe vorgenommenen Versuchen
                              									konnten nicht die Dampfverhältnisse eingehalten werden, für welche die Turbinen
                              									gebaut waren; es ist deshalb die Umrechnung auf den Dampfverbrauch bei dem richtigen
                              									Dampfzustand vorgenommen. Die Turbinen Nr. 2 und 3 konnten auch wegen zu geringen
                              									Kesseldruckes bezw. wegen nicht genügender Netzbelastung nicht voll belastet werden.
                              									Die Resultate müssen unter Berücksichtigung dieser Umstände als sehr günstig
                              									bezeichnet werden. Bei der Turbine Nr. 2 betrug z.B. der Dampfverbrauch für die
                              									effektive PS/Std. 4,1 kg, entsprechend einem Wärmeverbrauch von 2900 Wärmeeinheiten
                              									für die effektive PS/Std., d. i. eine Ausnutzung der Dampfenergie von 22 v. H.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)