| Titel: | Neuere Rohölmotoren. | 
| Autor: | Ch. Pöhlmann | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 421 | 
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                        Neuere Rohölmotoren.
                        Von Dipl.-Ing. Ch.
                                 									Pöhlmann, Charlottenburg.
                        POEHLMANN: Neuere Rohölmotoren.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Der Aufsatz behandelt, systematisch nach Gruppen getrennt die
                              									marktgängigen Typen der neueren Rohölmotoren unter besonderer Berücksichtigung der
                              									deutschen Verhältnisse. An Hand der bis jetzt vorliegenden Versuchsresultate werden
                              									die besprochenen Maschinen kurz kritisiert.
                           –––––
                           Auf dem Gebiete des Gasmaschinenbaues hat im letzten Jahrzehnt eine mächtige, schnell
                              									vorwärtsdrängende Entwicklung eingesetzt, eine Entwicklung sowohl in bezug auf
                              									Formenmannigfaltigkeit als auch auf Wirtschaftlichkeit und Größe der Leistung.
                           Den Ausgangspunkt für die meisten neueren Konstruktionen von Rohölmotoren bildete der
                              									Dieselmotor. Nachdem vor einigen Jahren erfolgten Ablauf des Dieselpatentes war die
                              									Möglichkeit einer freieren Betätigung auf diesem Gebiete gegeben, und heute
                              									existiert bereits eine große Anzahl guter Konstruktionen.
                           Ich werde mich in nachfolgendem bemühen, ein Bild des gegenwärtigen Standes der
                              									Rohölmotorenindustrie zu geben, wobei ich mich zum großen Teil auf deutsche
                              									Ausführungen beschränken kann, weil ausländische Neukonstruktionen nur in geringer
                              									Zahl vorliegen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 421
                              Fig. 1.Brennstoffventil eines Dieselmotors der Maschinenfabrik
                                 										Augsburg
                              
                           
                        
                           1. Dieselmotoren.A. Stationäre Motoren.
                           Man Unterscheidet heute zwei Arten von Diesel-Motoren:
                              									Motoren mit geschlossener Düse, wie sie von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg und ihren Lizenzfirmen seit langem
                              									gebaut Werden, und Motoren mit offener Düse, die erst in jüngster Zeit auf dem
                              									Markte aufgetaucht sind, aber bereits eine weite Verbreitung gefunden haben.
                           Bei der Konstruktion mit geschlossener Düse wird, wie bekannt, die Düsenöffnung durch
                              									ein Nadelventil vom Kompressionsraum des Arbeitszylinders abgesperrt. Der Brennstoff
                              									wird lange vor dem oberen Totpunkt in das Brennstoffventil hineingepumpt und
                              									lagert sich zwischen den Zerstäuberplättchen (Fig. 1
                              									und 2). Der Raum, in dem sich die
                              									Zerstäuberplättchen befinden, steht ständig in Verbindung mit der hochgespannten
                              									Luft aus dem Einblasgefäß. Wird nun kurz vor dem oberen Totpunkt des
                              									Kompressionshubes das Nadelventil durch den Steuerhebel angehoben, so wird der im
                              									Ventil befindliche Brennstoff durch die Preßluft zwischen den Zerstäuberplättchen
                              									durchgewirbelt, passiert unten noch eine mehrfach geschlitzte Mutter und wird
                              									endlich durch ein kleines Düsenplättchen hindurch als kegelförmiger, nebelartiger
                              									Strahl in den Arbeitsraum des Zylinders geschleudert, wo er auf den hocherhitzten
                              									Kolbenboden auftrifft und verbrennt. Der Nachteil dieser Konstruktion besteht in
                              									einer relativ geringen Vorwärmung des Brennstoffes, was eine etwas verspätete
                              									Zündung und sehr oft ein langandauerndes Nachbrennen während des Kompressionshubes
                              									zur Folge hat. Namentlich bei kleineren Belastungen zeigt sich dieser Uebelstand, da
                              									ein bedeutend kleineres Quantum Brennstoff mit der konstantbleibenden Menge kalter
                              									Einblasluft gemengt wird und also relativ kalt in den Zylinder tritt. Selbst gute
                              									Maschinen vom Augsburger Typ zeigten bei halber Belastung Nachbrennen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 421
                              Fig. 2.
                              
                           Die offene Düse scheint diesen Uebelstand zu vermeiden. Fig. 3 ist eine schematische Darstellung einer solchen Düsenkonstruktion.
                              									Der innere Raum der Düse ist hier in keiner Weise vom Kompressionsraum des Zylinders
                              									abgesperrt. Eine Brennstoffpumpe pumpt das Treiböl zu Beginn der Kompressionsperiode
                              									in einen knieförmig geführten Kanal, an dessen Spitze sich das Düsenplättchen
                              									befindet. Während nun der Arbeitskolben die Luft im Zylinder komprimiert, wobei sich letztere auf
                              									ca. 1000° erwärmt, steht der in dem Kanal der Düse befindliche Brennstoff
                              									fortdauernd in Berührung mit der heißen Kompressionsluft, kann von derselben also
                              									vorgewärmt werden. Ein kleiner Teil wird auch zur Verdampfung gelangen und die
                              									Zündung einleiten, sobald die für die Selbstzündung nötige Temperatur (etwa 800° C)
                              									erreicht ist.
                           Kurz vor dem oberen Totpunkt des Kompressionshubes wird dann ein in der Düse
                              									befindliches Luftventil geöffnet, hinter den im Düsenkanal befindlichen Brennstoff
                              									tritt Preßluft und schleudert dieselbe durch die enge Düsenöffnung in den
                              									Arbeitsraum des Zylinders. Eine eigentliche Zerstäubung findet also nicht statt und
                              									ist auch wohl kaum nötig, da ja der herausgeschleuderte Brennstoff beim Uebertritt
                              									in den Zylinder an der Düsenöffnung eine Flamme passieren muß, die von dem
                              									vorverdampften Brennstoff herrührt.
                           Der Brennstoffverbrauch solcher Motoren ist ein sehr guter. Der Hauptvorteil liegt
                              									aber auf einem anderen Gebiet. Die Wartung vereinfacht sich infolge der offenen Düse
                              									ganz außerordentlich. Bei Motoren mit gesteuertem Nadelventil ist es ungefähr alle
                              									zwei Tage nötig, dieses Nadelventil herauszunehmen und von Schmutz zu reinigen, da
                              									die geringste Undichtigkeit das rationelle Arbeiten des Motors in Frage stellen
                              									würde. Bei der offenen Düse ist dies nicht nötig. Die Düse reinigt sich infolge des
                              									kräftigen Luftstrahls beim Einblasen immer wieder von selbst; ein Abdichten ist
                              									nirgends nötig. Es ist tatsächlich vorgekommen, daß derartige Maschinen mehrere
                              									Monate hindurch in angestrengtem Tag- und Nachtbetrieb gearbeitet haben, ohne daß
                              									einmal die Düse nachgesehen wurde. Ein weiterer Vorteil der offenen
                              									Düsenkonstruktion ist der, daß die Brennstoffpumpe nicht gegen Druck zu pressen
                              									braucht, während sie beim normalen Dieselmotor den Gegendruck der Preßluft (bis 70
                              									at) überwinden muß.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 422
                              Fig. 3.Brennstoffdüse eines Gleichdruckmotors von Schule &
                                 										Gruber.
                              
                           Nach diesen allgemeinen Bemerkungen möchte ich zur Besprechung der einzelnen
                              									Ausführungen übergehen.
                           
                        
                           A. Geschlossene Düse.I. Stationäre Dieselmotoren mit geschlossener Düse.
                           Aus naheliegenden Gründen möchte ich zunächst die liegenden Ausführungsformen einer
                              									Betrachtung unterziehen. Sie bilden den Ausgangspunkt und vielfach auch das Endziei
                              									in der Entwicklung des stationären Motorenbaues. Der Gasmotor hat sonderbarerweise
                              									eine andere Entwicklung durchgemacht als die Dampfmaschine. Der Weg zu den großen
                              									Typen liegender Bauart ging über die stehende Ausführungsform. Man kann sogar sagen,
                              									daß die liegenden Großölmaschinen zurzeit noch in einem Entwicklungsstadium
                              									begriffen sind. Das ist auch der Grund, weshalb in liegenden Maschinen noch nicht
                              									dieselbe Mannigfaltigkeit der Ausführung herrscht wie bei stehenden.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)