| Titel: | DER SPANNUNGSZUSTAND VON SCHWUNGRÜDERN BEI BESCHLEUNIGTER ROTATION. | 
| Autor: | Otto Mies | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 500 | 
| Download: | XML | 
                     
                        DER SPANNUNGSZUSTAND VON SCHWUNGRÜDERN BEI
                           								BESCHLEUNIGTER ROTATION.
                        Von Otto Mies,
                           								Charlottenburg.
                        (Schluß von S. 489 d. Bd.)
                        MIES: Der Spannungszustand von Schwungrädern bei beschleunigter
                           								Rotation.
                        
                     
                        
                           4. Die Verdrehungswinkel χa und ψa der
                                 										Armenden.
                           Bei der Bestimmung des Winkels χa (Fig. 1), den die
                              									Endtangente des Armes während der Deformation gegen den ursprünglich mit der
                              									Armmittellinie zusammenfallenden Kranzradius beschreibt, muß man bedenken, daß der
                              									Kranzradius selbst infolge der Durchbiegung f'a des
                              									Armendes einen kleinen Winkel φ' beschreibt, für den
                              									mit hinreichender Genauigkeit gilt.
                           
                           \varphi'=\frac{f'_a}{r_n+1}.
                           Bezeichnet man nun den Verdrehungswinkel der Endtangente der
                              									Armmittellinie gegen ihre ursprüngliche Lage mit χ'a so ist nach Fig.
                                 									1:
                           \chi_a=\chi'_a-\varphi'=\chi'_a-\frac{f'_a}{r_n+1} . .
                              									13)
                           χ'a und f'a
                              									werden durch die vom Kranz auf das Armende übertragene Kraft Pp und die Trägheitskräfte der Armmassen
                              									hervorgerufen. Nach den in Fig. 7 eingetragenen
                              									Beziehungen ist das Biegungsmoment in dem vom Armende um die Strecke x entfernten Armquerschnitt, wenn man das Armgewicht
                              									mit Ga bezeichnet:
                           
                              m_x=P_p\,.\,x+\int_0^x\,\frac{\gamma}{g}\,f\,p\,\frac{r_n+1-\xi}{r}\,d\,\xi
                              
                           =G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,x+\frac{1}{2}\,G_a\,\frac{p}{g}\,\frac{(r_n+1)\,x^2-\frac{1}{3}\,x^3}{r\,l}
                              									14)
                           Damit findet sich aus der Beziehung:
                           
                              \frac{d^2\,y}{d\,x^2}=\frac{M_x}{E\,J_a},
                              
                           worin y die Durchbiegung des
                              									Armes an der Stelle x und Ja das in Frage kommende Trägheitsmoment
                              									des Armquerschnitts bedeuten,
                           \chi'_a=\left(\frac{d\,y}{d\,x}\right)_{x=0} und
                              										f'a = (y)x =
                                 									0
                           Nach Integration erhält man:
                           
                              \chi'_a=\frac{1}{2}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^2}{E\,J_a}\left(G\,\frac{r}{r_n+1}+\frac{1}{3}\,G_a\,\frac{r_n+\frac{3}{4}\,l}{4}\right)
                              
                           
                              f'_a_a=\frac{1}{3}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^3}{E\,J_a}\left(G\,\frac{r}{r_n+1}+\frac{1}{8}\,G_a\,\frac{3\,r_n+\frac{11}{5}\,l}{r}\right)
                              
                           und mit Gleichung 13 nach einigen Umrechnungen
                           
                              \chi_a=\frac{1}{2}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^2}{E\,J_a}\,\left[G\,\frac{r\,\left(r_n+\frac{1}{3}\right)}{(r_n+1)^2}+\frac{1}{3}\,G_a\,\frac{1}{r}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{5}\,\frac{l}{r_n+1}\right)\right].
                              
                           Setzt man zur Vereinfachung der Schreibweise:
                           h=\frac{r}{2}\,\frac{r_n+\frac{1}{3}}{(r_n+1)^2}
                              									und
                              										i=\frac{1}{6}\,\frac{1}{r}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{5}\,\frac{1}{r_n+1}\right)
                              									15)
                           so ergibt sich schließlich:
                           \chi_a=\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{p}{g}\,(G\,h+G_a\,i) . . .
                              									15a)
                           Wegen des verhältnismäßig geringen Einflusses der
                              									Trägheitskräfte der Armmassen auf die zu ermittelnden Spannungen kann man hier von
                              									der Berücksichtigung einer etwaigen Armverjüngung absehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 501
                              Fig. 7.
                              
                           Auf ähnliche Weise findet man den Winkel ψa, den die Endtangente des Armes infolge des
                              									vom Kranz übertragenen Momentes Ma und der durch dasselbe bedingten Tangentialkraft
                              										P_a=\frac{M_a}{r_n+1} gegen den ursprünglich mit der
                              									Armmittellinie zusammenfallenden Kranzradius beschreibt. Bezeichnet man hierbei die
                              									Enddurchbiegung des Armes mit fa'' und den
                              									Neigungswinkel der Endtangente des Armes gegen ihre ursprüngliche Lage mit ψa, so ist entsprechend
                              									Gleichung 13:
                           
                              \psi_a=\psi_a''-\frac{f_a''}{r_n+1}
                              
                           Mit
                           
                              \psi''_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\left(1-\frac{l^2}{2\,(r_n+1)}\right)
                              
                           und
                           
                              f''_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\left(\frac{l^2}{2}-\frac{l^3}{3\,(r_n+1)}\right)
                              
                           wird:
                           \psi_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\frac{l^2}{r_n+1}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{3}\,\frac{1}{r_n+1}\right)=M_a\,.\,w'
                              									16)
                           Setzt man zur Abkürzung der Schreibweise:
                           
                              \mbox{so wird:
                                 										}\left{{k=\frac{r}{r_n+1}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{3}\,\frac{1}{r_n+l}\right)}\atop{w'=\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{k}{r}}}\right\}16\mbox{a})
                              
                           
                        
                           5. Das zwischen Arm und Kranz wirkende
                                 										Biegungsmoment Ma.
                           Ma findet sich nun aus
                              									Gleichung la, indem man nach den Gleichungen 9, 12b, 15a und 16a die Werte für χk, χa, u' und w' einsetzt. Man
                              									erhält somit:
                           
                              M_a=\frac{\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{P}{g}\,(G\,h+G_a\,i)-G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}\,m_p+\frac{1}{E_1\,F}\,n_p\right)}{\frac{l^2}{E\,J_a\,\frac{k}{r}+\frac{1}{r}\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}+\frac{1}{E_1\,F}\right)\,n_p}}.
                              
                           oder nach einigen Umformungen:
                           M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{h+\frac{G_a}{G}\,i+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\left(\frac{J_a}{J}\,m_p+\frac{J_a}{F\,r^2}\,n_p\right)}{k+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\left(\frac{J_a}{J}+\frac{J_a}{F\,r^2}\right)\,n_p}
                              									17)
                           Da der Ausdruck F r2 gegenüber Ja in normalen Fällen außerordentlich groß wird, kann
                              									man das Glied \frac{J_a}{F\,r^2}\,n_p gegen die übrigen
                              									vernachlässigen, so daß die vereinfachte Formel entsteht:
                           M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{k+\frac{G_a}{G}\,i-\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\frac{J_a}{J}\,m_p}{k+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\frac{J_a}{J}\,n_p}
                              									17a)
                           In dieser Formel stellt das Glied
                              										\frac{G_a}{G}\,i den Einfluß der trägen Massen der Arme dar,
                              									während die Endglieder von Zähler und Nenner den Einfluß der Kranzverbiegung
                              									enthalten. Man erkennt, daß sich diese Einflüsse in entgegengesetztem Sinne geltend
                              									machen, was nach den Ueberlegungen des ersten Abschnittes zu erwarten war. Der Bau
                              									der erwähnten Glieder lehrt ferner ohne weiteres, daß sie gegen die Glieder h und k klein sind, woraus
                              									sich schließen läßt, daß durch ihre Vernachlässigung kein großer Fehler gemacht
                              									wird.
                           Diese Vernachlässigung führt dann zu derselben Formel, welche sich nach der üblichen
                              									Näherungsrechnung ergibt, nämlich
                           M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{h}{k} . . . . .
                              									18)
                           oder, indem man die Werte von h
                              									und k nach den Gleichungen 15 und 16a einsetzt
                           M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{1}{2}\,\frac{\frac{1}{3}+\frac{r_n}{l}}{\frac{1}{3}+\frac{r_n}{l}+\left(\frac{r_n}{l}\right)^2}
                              									. . . 18a)
                           
                        
                           6. Die zwischen Arm und Kranz wirkende
                                 										Zugkraft Za.
                           Bei der beschleunigten Rolation des Rades in dem durch Fig.
                                 										1 gekennzeichneten Zustand erleidet der ursprünglich mit der
                              									Armmittellinie zusammenfallende Kranzradius eine Verlängerung δ r. Angenähert in diesem Betrage würde zwischen Arm
                              									und Kranz eine Fuge klaffen, wenn nicht der Arm den Kranz durch eine Zugkraft Za um den Wert
                              										p_\frakfamily{z}=Z_a\,.\,u nach innen einböge und der Kranz
                              									den Arm durch die entgegengesetzt gerichtete Zugkraft um die Strecke
                              										\lambda_\frakfamily{z}=Z_a\,.\,w verlängerte, so daß:
                           \delta\,r=P_\frakfamily{z}+\lambda_\frakfamily{z}=Z_a(u+w),
                           woraus folgt
                           Z_a=\frac{\delta\,r}{u+w} . . . . . . . 19)
                           Wie die Werte u und w zu finden sind, ist früher erläutert worden.s. Anm. 1 S. 485.
                              									δ r ergibt sich nach den in Fig. 2 dargestellten Beziehungen. Nennt man die Länge des deformierten
                              									Radius r', so hat man zu setzen:
                           r'=r+\delta\,r=\sqrt{r^2+\left(\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}\right)^2},
                           worin δ s0 und δ n0 die gesamten Verschiebungen des Punktes A (Fig. 3) bedeuten.
                              									Indem man die Wurzel entwickelt und Potenzen höheren als zweiten Grades
                              									vernachlässigt, ergibt sich
                           \delta\,r=\frac{1}{2}\,\frac{\left(\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}\right)^2}{r}
                              									. . . . 20)
                           Da δ s0 und δ n0 kleine
                              									Verschiebungen darstellen, folgt aus dieser Gleichung schon, daß δ r sehr klein sein wird, und infolgedessen der Einfluß
                              									von Za auf die
                              									Spannungen ohne merklichen Fehler vernachlässigt werden kann. Da jedoch der Wert
                              										\delta\,s+\frac{\delta\,n}{\mbox{tg}\,\alpha} schon berechnet
                              									ist, kann die Gleichung für Za ohne weiteres angesetzt werden, so daß man in der Lage ist, auch an
                              									praktischen Beispielen zu erkennen, daß Za merklich verschwindet.
                           Die Verschiebung \delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}
                              									wird zum Teil durch die beschleunigte Rotation, zum Teil durch die Schnittmomente
                              										Ma hervorgerufen.
                              									Nach den Gleichungen 8 und 12 wird:
                           
                              \delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}=G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{r^3}{E_1\,J}\,m_p+\frac{r}{E_1\,F}\,n_p\right)+M_a\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}+\frac{1}{E_1\,F}\right)\,n_p.
                              
                           Setzt man:
                           M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,.\,c . . . . . 21)
                           wobei die Bedeutung von c aus den
                              									Gleichungen 17, 17a und 18a zu entnehmen ist, so folgt:
                           \delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}=G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}\,(m_p+c\,n_p)+\frac{1}{E_1\,F}\,(1+c)\,n_p\right),
                           und, indem man wie früher das zweite Glied in der Klammer
                              									vernachlässigt nach Gleichung 20:
                           
                              \delta\,r=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,(m_p+c\,n_p)\,\frac{r^3}{E_1\,J}.
                              
                           Daraus ergibt sich mit Gleichung 19 nach den an anderer Stelle
                              									abgeleiteten Beziehungen:
                           
                              Z_a=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,\frac{(m_p+c\,n_p)^2\,\frac{r^3}{E_1\,J}}{\frac{r^3}{E_1\,J}\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,n+\varepsilon_z\,\frac{1}{E\,f_i}}
                              
                           Z_a=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,\frac{(m_p+c\,n_p)^2}{m+\frac{J}{F\,r^2}\,n+\varepsilon_z\,\frac{E_1}{E}\,\frac{1}{r}\,\frac{J}{f_i\,r^2}}
                              									22)
                           
                        
                           7. Die Spannungen in Kranz und
                                 										Armen.
                           Die Normalspannungen, die im Kranz in einem um den Winkel φ gegen die Segmentenden geneigten Querschnitt (Fig. 2) herrschen, kann man sich unter Vernachlässigung des Einflusses
                              									der Zugkräfte Za
                              									entstanden denken durch Uebereinanderlagerung der Spannungen, die durch die
                              									beschleunigte Rotation des drehbar mit den Armen verbundenen Kranzes (Fig. 1) erzeugt werden mit denjenigen, welche die
                              									Schnittmomente Ma
                              									hervorrufen. Sie sind an jeder Stelle auf ein Biegungsmoment Mφ und eine Normalkraft Pφ zurückzuführen. Die
                              									Anteile, welche die beschleunigte Rotation und die Schnittmomente an Mφ und Pφ haben, addieren sich
                              									auf beiden Seiten des Armes. Demnach findet sich nach den Gleichungen 4 und 11:
                           
                              M_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n-1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{\varphi}{\alpha}\right)+\frac{1}{2}\,M_a\,\frac{r}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}
                              
                           
                              P_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}+\frac{1}{2}\,M_a\,\frac{1}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha},
                              
                           oder indem man nach Gleichung 21
                              										M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,c setzt
                           
                              \left{{M_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{\varphi}{\alpha}\right)}\atop{P_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\
                                 										\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }}\right\}23)
                              
                           
                           Ein Maximum für Mφ entsteht an der Stelle φ0 nach Gleichung:
                           
                              \frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{cos}\,\varphi_0}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}=0
                              
                           für:
                           \mbox{cos}\,\varphi_0=\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}\,\frac{r_n+1}{r\,(1+c)}.
                           Dieses Maximum tritt aber in Wirklichkeit nicht auf, da φ0 größer als a wird, wenn der Quotient \frac{r_n+1}{r\,(1+c)} nur
                              									wenig kleiner als 1 ist. Die größten Werte für Mφ und Pφ entstehen also in den Querschnitten an den Armen,
                              									d.h. für φ = a und sind nach Gleichung 23:
                           
                              M_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)-1\right)
                              
                           P_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,(1+c).
                           Führt man in diese Formeln den Abstand ηi der inneren Kranzfaser von der
                              									Schwerpunktsfaser mit Hilfe der Beziehung
                           r – (rn + 1) = ηi
                           ein, so ergibt sich:
                           
                              \left{{M_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{c\,r+\eta_i}{r-\eta_i}\
                                 										\ \ \ \ \ \
                                 										}\atop{P_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{c\,r+\eta_i}{r-\eta_i}+1\right)}}\right\}\
                                 										.\ 24)
                              
                           Bedeuten Wi das
                              									Widerstandsmoment des Kranzquerschnitts für die inneren Kranzfaser, Wa dasjenige für die
                              									äußere, F den Kranzquerschnitt, σpi die Spannung in der inneren
                              									Kranzfaser, σpa die in
                              									der äußeren, so folgt:
                           
                              \left{{\sigma_{pi}=\frac{M_{\alpha}}{W_i}+\frac{P_{\alpha}}{F}}\atop{\sigma_{pa}=\frac{M_{\alpha}}{W_a}-\frac{P_{\alpha}}{F}}}\right\}\
                                 										.\ .\ .\ 25)
                              
                           Beide Spannungen können sowohl Zug- als auch Druckspannungen
                              									sein, je nachdem sie auf der einen oder anderen Seite des Armes auftreten.
                           Vernachlässigt man auch bei den Armen die durch die Zugkräfte Za entstehenden Spannungen, so werden die
                              									Arme, vom Schub abgesehen, nur auf Biegung beansprucht. Gleichung 14 gibt die Größe
                              									des bei beschleunigter Rotation entstehenden Biegungsmomentes an beliebiger, um die
                              									Strecke x vom äußeren Armende entfernter Stelle an.
                              									Davon ist das durch das Schnittmoment hervorgerufene Biegungsmoment Ma
                              									– Pa • x zu subtrahieren. Am äußeren Armende wirkt demnach
                              									allein das Biegungsmoment Ma, während sich für das Biegungsmoment am inneren Armende nach Gleichung
                              									14 findet:
                           
                              M_i=G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,1+\frac{1}{2}\,G_a\,\frac{p}{g}\,\frac{(r_n+1)\,l^2-\frac{1}{3}\,l^3}{r\,l}-M_a\,\left(1-\frac{1}{r_n+1}\right)
                              
                           oder mit Gleichung 21:
                           M_i=G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{l-c\,r_n}{r_n+1}+\frac{1}{2}\,\frac{G_a}{G}\,\left(\frac{1}{r}\right)^2\,\left(\frac{r_n}{1}+\frac{2}{3}\right)\right)
                              									. 26)
                           Die in den äußeren bezw. inneren Armquerschnitten auftretenden
                              									Biegungsspannungen σa' bezw. σi' sind demnach, wenn
                              										wa bezw. wi die entsprechenden
                              									Widerstandsmomente des Armquerschnittes bedeuten:
                           \sigma_a'=\frac{M_a}{w_a} und
                              										\sigma'_i=\frac{M_i}{w_i} . . . . 27)
                           
                        
                           8. Beispiel.
                           Zum Schluß mögen die Ergebnisse zur zahlenmäßigen Berechnung des Rades einer
                              									Großgasmaschine für den Antrieb eines Drahtwalzwerkes verwendet werden. Die Figur
                              									des Rades nebst einer Tabelle seiner Dimensionen sind früher veröffentlicht
                              										wordens. D. p. J. 1910, S.
                                    											710, Fig. 4., bei welcher
                              									Gelegenheit auch die in dem Rade bei gleichförmiger Rotation entstehenden Spannungen
                              									berechnet wurden. Das größte Moment, welches beschleunigend auf die Massen des
                              									Schwungrades wirkt, wurde aus den Maschinendimensionen ermittelt, indem
                              									vorausgesetzt wurde, daß die größte vorkommende Drehkraft viermal so groß wie die
                              									mittlere ist. Hiervon entfällt auf jeden Arm ein Moment von 500000 kgcm, so daß:
                           
                              G\,\frac{p}{g}\,r=500000\mbox{ kgcm}.
                              
                           Für den Armquerschnitt ergibt sich
                           
                              
                                 das Trägheitsmoment
                                 Ja = 21150
                                    												cm4,
                                 
                              
                                 das Widerstandsmoment
                                 w = 1410 cm3.
                                 
                              
                           Nach den Gleichungen 8 folgt mit Hilfe der Tabelle für x
                              									und λ:
                           mp = 0,0036 und np = 0,0698,
                           nach den Gleichungen 15 und 16a:
                           h = 0,3630; i = 0,0740 und k = 1,1400.
                           Mit diesen Werten findet sich aus Gleichung 17a:
                           
                              \begin{array}{rcl}M_a&=&500000\,\frac{0,3630+0,0058-0,0014}{1,1400+0,0271}\\
                                 										&=&500000\,\frac{0,3675}{1,1675}\\ &=&157500\mbox{ kgcm.}
                                 										\end{array}
                              
                           Diesem genaueren Wert von Ma gegenüber ergibt sich nach Gleichung 18 der
                              									angenäherte;
                           
                              M_a=500000\,\frac{0,3630}{1,1400}=159000\mbox{ kgcm}
                              
                           Man erkennt, daß die Vergrößerung des Moments, welche die Massenwirkungen der Arme
                              									hervorrufen, durch den Einfluß der Kranzdeformation wieder aufgehoben wird. Nur
                              									einen dieser Einflüsse zu berücksichtigen würde daher eine größere Ungenauigkeit
                              									bedeuten, als beide zu vernachlässigen.
                           Nach Gleichung 21 wird c=\frac{0,3675}{1,1671}=0,315.
                           Damit folgt nach den Gleichungen 24:
                           Ma = 128000 kgcm und Pa = 1640 kg,
                           und nach den Gleichungen 25:
                           
                              \sigma_{\pi}=\frac{128000}{22500}+\frac{1640}{2375}=5,7+0,7=6,4\mbox{
                                 										kg.}
                              
                           
                              \sigma_{\pa}=\frac{128000}{39700}+\frac{1640}{2375}=3,2+0,7=3,9\mbox{
                                 										kg.}
                              
                           
                           Nach Gleichung 26 erhält man:
                           Mi = 212000 kgcm
                           und damit nach Gleichung 27:
                           
                              \sigma'_a=\frac{159000}{1410}=113\mbox{ kg/qcm}
                              
                           und
                           
                              \sigma'_i=\frac{212000}{1410}=150\mbox{ kg/qcm}
                              
                           Während die Spannungen im Kranz nur gering sind, erfordern
                              									diejenigen in den Armen immerhin Beachtung.
                           Schließlich kann man noch Gleichung 22 benutzen, um sich davon zu überzeugen, daß die
                              									Zugkraft Za im Arm
                              									verschwindend klein wird. Bei der Nachrechnung findet sich Z = 0,00008 kg.
                           Die Ergebnisse der Rechnungen lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: Die
                              									Berücksichtigung der Biegsamkeit des Kranzes sowie der Massenwirkungen der Arme bei
                              									der Berechnung der Spannungen des beschleunigt rotierenden Rades bietet
                              									keinerlei Schwierigkeiten und führt zu übersichtlichen Ergebnissen. Beide Einflüsse
                              									sind an sich gegenüber der Biegsamkeit der Arme und den Massenwirkungen des Kranzes
                              									nicht groß und machen sich dazu noch im entgegengesetzten Sinne geltend. Es ist
                              									daher berechtigt, nach der üblichen Näherungsmethode zu rechnen, welche beide
                              									Einflüsse gleichzeitig vernachlässigt. Während diese
                              									Vernachlässigung der Anschauung ohne weiteres begründet erscheint, läßt sich von
                              									vornherein nicht so leicht übersehen, ob nicht infolge der Biegsamkeit des Kranzes
                              									in den Armen erhebliche Zug- oder Druckkräfte entstehen. Die Rechnung lehrt
                              									indessen, daß diese Kräfte, die bei der üblichen Näherungsrechnung stillschweigend
                              									vernachlässigt zu werden pflegen, in der Tat nur außerordentlich klein sind und
                              									daher mit Recht übergangen werden können.