| Titel: | DIE GEWICHTSBESTIMMUNG HYDRAULISCHER PRESSEN. | 
| Autor: | Hugo Friedmann | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 549 | 
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                        DIE GEWICHTSBESTIMMUNG HYDRAULISCHER
                           								PRESSEN.
                        Von Ingenieur Hugo
                                 									Friedmann, Frankfurt a. M., Eschersheim.
                        FRIEDMANN: Die Gewichtsbestimmung hydraulischer
                           								Pressen.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Es werden die verschiedenen geometrischen Körper untersucht, aus
                              									welchen sich die einfache hydraulische Presse (ohne Sondereinrichtungen) aufbaut,
                              									die Gewichte und Minimalbedingungen zunächst für jeden Theil allein, dann unter
                              									Berücksichtigung der Abhängigkeit der Theile voneinander abgeleitet. Für
                              									diejenigen Theile, welche einer theoretischen Berechnung nicht zugänglich sind,
                              									werden neue empirische Formeln aufgestellt. Ausgerechnete Werte sind zum bequemen
                              									Gebrauch in Kurventafeln zusammengefaßt. Die günstigsten Verhältnisse sind nur von
                              									Fall zu Fall unter Berücksichtigung aller angegebenen Sonderbedingungen zu
                              									ermitteln.
                           
                        
                           
                           I.
                           Es hat im allgemeinen den Anschein, als ob die einfache hydraulische Presse – von
                              									allen Spezialeinrichtungen für Steuerung, Schnellgang usw. ist in dieser Arbeit
                              									abgesehen – dem Ingenieur keine weiteren Aufgaben stellte, als ein paar einfache
                              									Festigkeitsrechnungen. Solche Pressen, besonders in den schweren Ausführungen, sind
                              									jedoch eine Maschinengattung von extremem Charakter, insofern bei ihnen der Wert des
                              									Materials und der damit unmittelbar zusammenhängenden Aufwendungen zu den reinen
                              									Bearbeitungskosten in einem erdrückenden Verhältnis steht. Diese Charakteristik wird
                              									noch verschärft durch die verschiedenen Bedingungen für die Bewegung der Stücke,
                              									nämlich die Tragfähigkeit der Hebezeuge und Werkzeugmaschinen, die Transportkosten
                              									im Werk und beim Versand. In ihrer Gesamtheit verleihen diese Momente der
                              									allgemeinen Forderung, unter Einhaltung zulässiger Beanspruchungen mit einem Minimum
                              									von Material auszukommen, im Pressenbau eine besonders starke Bedeutung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 549
                              Fig. 1.
                              
                           Die Bedingungen, unter welchen dies erreichbar wird, sind merkwürdigerweise noch
                              									wenig aufgeklärt. In manchen Werken ist die Ansicht vertreten, daß man bloß eine
                              									recht hohe Atmosphärenzahl zugrunde zu legen brauche – wodurch sich übrigens,
                              									nebenbei bemerkt, einige Schwierigkeiten für den Betrieb ergeben –, um billige
                              									Kalkulationen zu erzielen. Diese Meinung ist ziemlich falsch. In Wirklichkeit sind
                              									eher die niedrigen Pressungen günstig; doch ist die Abhängigkeit überhaupt nicht
                              									ganz einfach und es müssen im einzelnen Fall immer eine ganze Reihe von Faktoren
                              									berücksichtigt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 549
                              Fig. 2.
                              
                           Es ist nun der Zweck der vorlegenden Untersuchung, diese Fragen zu klären und
                              									Hilfsmittel zu bieten, welche sämtliche, das Gewicht beeinflussende Bedingungen
                              									leicht zu übersehen gestatten. Mit Rücksicht auf die bequeme Benutzung im
                              									Konstruktionsbureau sind die Ergebnisse so weit wie möglich in Kuryentafeln
                              									dargestellt, im übrigen in einfache Näherungsformeln gefaßt. Der projektierende
                              									Ingenieur ist dadurch nicht nur in die Lage versetzt, die Minimalbedingungen eines
                              									jeden Falls zu beurtheilen, sondern auch für alle anderen, praktisch brauchbaren
                              									Verhältnisse das Gewicht schnell zu ermitteln.
                           Selbstverständlich – schon weil es sich um Gußkörper mit wenig bearbeiteten Flächen
                              									handelt – sind die schließlich gewonnenen Ziffern nur Ueberschlagswerte. Es ist
                              									auch nicht ganz zu vermeiden, daß einzelne sekundäre Faktoren durch Abschätzung
                              									berücksichtigt werden müssen. Doch sind hierfür genügend Anhaltspunkte und Grenzen
                              									bekannt und auch die ganzen Gleichungen entsprechend geformt, so daß die
                              									rechnungsmäßigen Ergebnisse nie viel von den Gewichten, welche die tatsächlichen
                              									Ausführungen bei guter Durchbildung zeigen, abwelchen. Die Differenzen bleiben
                              									innerhalb der für Projektierungszwecke zulässigen Toleranzen.
                           Im Verhältnis zu dieser unvermeidlichen Beschränkung auf leidliche Annäherung mag die
                              									Berechnung der Zylinder und Kolben viel zu subtil und die Abstufung der Diagramme zu
                              									fein erscheinen. Dieselben wurden jedoch auf Grund der Erwägung aufgestellt, daß
                              									diese allgemeinen, ideellen Unterlagen, welche ja nur einmal
                                 										für immer auszuarbeiten sind, eine wesentlich größere Genauigkeit als das
                              									Endresultat vertragen und erfordern. Andernfalls vergrößern sich die Fehlerquellen
                              									von vornherein und das Bild der Abhängigkeiten wird verwischt.
                           Die einfache hydraulische Presse ohne Sondereinrichtungen (Fig. 1) besteht aus fünf bis sechs Theilen: Zylinder, Kolben, Preßplatte,
                              									Kopfstück und Säulen. Dazu kommt noch, wenn man die Arme für den Säulenangriff nicht
                              									mit dem Zylinder in einem Stück gießen will, ein besonderes, gegossenes Tragstück
                              									oder ein Rahmen aus Walzprofilen. Preßplatte und Säulen sind durch die
                              									Hauptdispositionen festgelegt, haben daher auf die Minimalbestimmung – einen Fall,
                              									der am Schluß besprochen wird, ausgenommen – keinen Einfluß. Da ihre Gewichte wegen
                              									der Einfachheit ihrer geometrischen Formen auch ohne weiteres anzugeben sind,
                              									brauchen wir uns im vorliegenden Zusammenhang nicht damit zu befassen. Die anderen
                              									Theile dagegen müssen sowohl jeder für sich als auch in ihrer gegenseitigen
                              									Beeinflussung untersucht werden.
                           
                        
                           II. Zylinder und Kolben.
                           Die eingehendste Untersuchung erfordern, wie schon angedeutet, Zylinder und Kolben.
                              									Die einfache Betrachtung der Fig. 2 lehrt, daß wir
                              									diese Stücke geometrisch in vier Theile zu zerlegen haben: 1. Zylindermantel, 2.
                              									Kolbenmantel, 3. Halbkugel des Preßzylinders, 4. Halbkugel des Kolbens. Davon, daß
                              									eine vorgeschriebene Größe der Preßplatte die Wahl der Verhältnisse mitbestimmen kann, sehen wir
                              									zunächst ab.
                           Im folgenden sind alle Maße in cm, Kräfte und Gewichte in kg, spezifische Gewichte
                              										γ in kg/cbdcm, p die
                              									Flüssigkeitspressung und k die Materialbeanspruchung in
                              									kg/qcm zu verstehen.
                           Als Ausgangspunkt gegeben ist die erforderliche Druckkraft P. Der Kolbendurchmesser errechnet sich hieraus nach
                           d=\sqrt{\frac{4}{\pi}\,\frac{P}{p}} . . . . .
                              									1)
                           
                              1. Zylindermantel.
                              Der Außenradius bestimmt sich bekanntlich nach
                              R_a=R_i\,.\,\sqrt{\frac{k_z+0,4\,p_i}{k_z-1,3\,p_i}} .
                                 										2)
                              Wir können p statt pi schreiben und
                                 										erhalten die Wandstärke
                              s_1=R_i\,\left(\sqrt{\frac{k_z+0,4\,p}{k_z-1,3\,p}}-1\right)
                                 										3)
                              Mit Rücksicht auf den erforderlichen Zwischenraum zwischen
                                 										Kolben und Zylinder setzen wir
                              R_i=1,05\,\frac{d}{2}=1,05\,\sqrt{\frac{P}{\pi\,p}} .
                                 										4)
                              Das Zylindervolumen für die Längeneinheit beträgt
                                 										somit:
                              V_1=({R_a}^2-{R_i}^2)\,\pi\,.\,1={R_i}^2\,\pi\,\left(\frac{k_z+0,4\,p}{k_z-1,3\,p}-1\right)=\sim\,\frac{1,9\,P}{k_z-1,3\,p}
                                 										5)
                              Daraus das Gewicht für 1 m Länge:
                              
                                 G_1=\frac{0,19\,\gamma_1}{k_z-1,3\,p}\,P
                                 
                              oder, wenn wir schreiben
                              c_1=\frac{0,19\,\gamma_1}{k_z-1,3\,p} . . .
                                 										. 6)
                              G1 = c1 · P kg/m . . . .7)
                              Wir ersehen hieraus,. daß das Gewicht des Theils 1 bei festgelegter
                                 										Materialbeanspruchung und Flüssigkeitspressung der Druckkraft direkt
                                 										proportional ist. Ist aber P gegeben, so
                                 										interessiert uns die Abhängigkeit des Gewichts vom Flüssigkeitsdruck. Die
                                 										Gleichung 6 ergibt nicht ausführbare Minima für p =
                                 										± ∞ und ein Maximum G1 = ∞ für den bekannten Punkt p=\frac{k_z}{1,3} Für
                                 										kleinere Werte bis p = 0 nimmt c1 stetig ab, so
                                 										daß – unter vorhäufiger Vernachlässigung der üblichen Zugaben – der
                                 										Zylindermantel um so leichter ausfällt, je geringer die Pressung und je größer
                                 										folglich der Durchmesser gewählt wird. Der Verlauf der Abhängigkeit ist in Fig. 3 dargestellt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 326, S. 550
                                 Fig. 3.
                                 
                              
                           
                              2. Kolbenmantel.
                              Der Innenradius wird ermittelt nach
                              r_i=r_a\,\sqrt{\frac{k_d-1,7\,p_a}{k_d}} . .
                                 										. 8)
                              Da hier zu setzen ist
                              r_a=\sqrt{\frac{P}{\pi\,p}},
                              so ergibt sich die Wandstärke
                              s_2=\sqrt{\frac{P}{\pi\,p}}\,\left(1-\sqrt{\frac{k_d-1,7\,p}{k_d}}\right)
                                 										9)
                              Das Volumen für die Längeneinheit ∾ beträgt somit
                              V_2=\frac{P}{\pi\,p}\,\left(1-\frac{k_d-1,7\,p}{}k_d\right)\,\pi\,.\,1=\frac{1,7\,P}{k_d}
                                 										10)
                              Wir schreiben analog zum früheren:
                              c_2=\frac{0,17\,\gamma_2}{k_d} . . . . . .
                                 										11)
                              G2 = c2 · P kg/m . . . . 12)
                              Wieder ist das Gewicht der Druckkraft direkt proportional, von der
                                 										Flüssigkeitspressung dagegen unabhängig. Sofern wir also vorläufig wieder davon
                                 										absehen, daß man mit den Wandstärken bei größeren Durchmessern nicht unter ein
                                 										bestimmtes Maß gehen kann, ist das Kolbenmantelgewicht für alle Pressungen
                                 										dasselbe. Infolgedessen sind die Werte G2 in Fig. 3 als
                                 										gerade Linie parallel zur Abszissenachse, und zwar von dieser nach abwärts
                                 										aufgetragen.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)