| Titel: | KLEINKUPPLUNGEN IM AUTOMOBILBAU. | 
| Autor: | O. Winkler | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 631 | 
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                        KLEINKUPPLUNGEN IM AUTOMOBILBAU.
                        Von O. Winkler,
                           								Oberingenieur.
                        WINKLER: Kleinkupplungen in Automobilbau.
                        
                     
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Im Automobilbau sind mangels solider Fundamentierung Deformationen
                              									und ebenso Montageungenauigkeiten unvermeidlich. Die zur Uebertragung von
                              									Drehbewegungen dienenden Organe müssen dem Rechnung tragen und werden entsprechend
                              									ihrem mehr oder weniger wichtigen Zweck auch mehr und mehr oder weniger kinematisch
                              									korrekt durchgebildet, um nicht zu teuer zu werden. Es können des weiteren noch die
                              									Forderungen einer gewissen Elastizität, eines selbsttätigen Lösens und leichter
                              									Demontage hinzukommen. An typischen Beispielen ist die Lösung der Aufgaben
                              									gezeigt.
                           –––––
                           Der Automobilbau muß durch die Eigenart der Anforderungen seines Betriebes auf manche
                              									im sonstigen Maschinenbau nothwendigen und üblichen Einrichtungen verzichten und
                              									sich mit nur angenäherten Lösungen für die gestellten Aufgaben begnügen. Soweit es
                              									sich um Festigkeitsrücksichten handelt, ist die Wahl von hochwertigen im übrigen
                              									Maschinenbau nicht gebräuchlichen Stahlsorten das bekannteste Mittel, um das vor
                              									allen Dingen angestrebte geringe Gewicht des Fahrzeugs zu erreichen. Dieser Ausweg
                              									allein genügt aber nicht, wo es außer auf die Uebertragung von Kräften auch auf die
                              									Bewegung der übertragenden Teile zueinander, also auf die kinematische Seite
                              									ankommt.
                           Die bei stationären Maschinen solide Fundamentierung wird beim Automobil nur durch
                              									die leichten, aus gepreßtem Blech hergestellten Längsträger repräsentiert, die
                              									ihrerseits auf Federn, also nachgiebig, gelagert und bei der Fortbewegung des
                              									Fahrzeugs über unebene Straßen ständig Erschütterungen, Durchbiegungen und
                              									Verdrehungen ausgesetzt sind. Eine Versteifung des Fahrgestells verbietet sich aus
                              									verschiedenen, hier nicht näher zu erläuternden Gründen, so daß bei der Durchbildung
                              									der in den Rahmen hineingesetzten Maschinenkomplexe (Motor, Kupplung, Getriebe,
                              									Differentialwerk, Hinterachsantrieb) mit jenen Deformationen gerechnet werden
                              									muß.
                           Ein Mittel, in dieser Beziehung unabhängig zu sein, ist die Zusammenlegung des
                              									gesamten maschinellen Triebwerks und dessen dreipunktige Aufhängung; eine Maßnahme,
                              									die sich jedoch nur bei ganz kleinen Wagen konsequent durchführen läßt und sich bei
                              									größeren Fahrzeugen durch die Unbequemlichkeiten bei der Herstellung der großen
                              									Gußstücke, deren Bearbeitung und Montage sowie durch die Kostspieligkeit der durch
                              									umständlichen Ausbau verteuerten Reparaturen verbietet.
                           Es sind deshalb die Verbindungen zwischen den oben angeführten einzelnen Komplexen,
                              									abgesehen von Rücksichten auf ihre Festigkeit, auch auf die jeweilig möglichen
                              									Deformationen durchzukonstruieren. Je nach Art und Größe dieser Deformationen
                              									begnügt sich nun der Automobilbau, um möglichst einfache Maschinenelemente zu
                              									erhalten, mit näherungsweisen Lösungen, die im folgenden an einigen Beispielen
                              									gezeigt werden sollen.
                           Abgesehen von den durch unvermeidbare Deformationen sich von selbst ergebenden
                              									Forderungen an die Nachgiebigkeit gewisser Verbindungen kann eine solche auch durch
                              									die Bearbeitung und Montage gefordert werden.
                           Es läßt sich in letzterer Hinsicht nicht unter allen Umständen der anzutreibende
                              									Teil, beispielsweise der stets von einer Spezialfirma bezogene Magnetapparat
                              									genügend genau vor die am Motorgehäuse gelagerte Antriebswelle montieren, so daß die
                              									dort entstehenden Arbeitsungenauigkeiten durch eine besondere Kupplung überbrückt
                              									und unschädlich gemacht werden müssen.
                           Bezüglich der Montage erwächst oft die Nothwendigkeit, eine lösbare Verbindung zu
                              									schaffen, die nach einer bestimmten Richtung, der einzigen vielleicht, die in der
                              									ganzen Maschine noch übrig ist, demontierbar sein muß, unter Umständen mit der
                              									erschwerenden Vorschrift, daß zu dieser Demontage keinerlei Werkzeug erforderlich
                              									sein soll.
                           Nach den berührten Gesichtspunkten kann man nun unterscheiden: Erstens Kupplungen,
                              									die bei großen zu übertragenden Energien große Bewegungen zulassen (deren
                              									bekanntester Vertreter die normale Kreuzgelenkkupplung mit ihren verschiedenen
                              									Abarten ist, die hier nicht weiter erläutert werden braucht), zweitens Kupplungen,
                              									die nur geringe Abweichungen zulassen und drittens solche, die ebenso nur geringe
                              									Abweichungen zulassen, dabei aber leicht demontierbar sind; alle können außerdem in
                              									peripherischer Richtung elastisch nachgiebig sein.
                           
                           Fig. 1, das bekannte Oldhamsche Gelenk, ist eine Kupplung, die früher häufig zum Antrieb der
                              									Magnetapparate benutzt wurde. Bekanntlich gestattet sie durch die Verschiebung des
                              									Teiles b zwischen den zugehörenden, mit Federn
                              									versehenen Wellenenden a und c eine Ausgleichung etwa bestehender Differenzen zwischen den Achsen jener
                              									Wellen. Da jedoch die Kupplung dieser Verschiebung infolge der Reibung einen
                              									beträchtlichen Widerstand entgegensetzt und die Reibung durch Anwendung von
                              									Schmiermitteln nicht herabgemindert werden kann, da Schmiermittel schlecht zu halten
                              									sind, ist diese Kupplung allmählich im Automobilbau verschwunden, namentlich seitdem
                              									die Motoren mit einer bedeutend höheren Umlaufzahl arbeiten als es zu Anfang des
                              									Automobilismus üblich war.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 4.
                              
                           Zum Antrieb von Magnetapparaten wird heute eher eine Kupplung nach Fig. 2 verwendet, bei welcher ein Bolzen in ein
                              									entsprechend größeres Loch oder auch in einen radialen Schlitz eingreift und
                              									die zweite Welle mitnimmt. Daß hierdurch die Gleichförmigkeit der Umdrehung
                              									beeinflußt wird, spielt eine ganz untergeordnete Rolle, so daß auf diesen Umstand
                              									keine Rücksicht zu nehmen ist. Wichtiger jedoch ist die Ausbalancierung, damit keine
                              									freien Kräfte auftreten, deren Schwingungen sich möglicherweise auf die
                              									Antriebszahnräder übertragen und so ein unerwünschtes Geräusch verursachen
                              									könnten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 5.
                              
                           Läßt sich annehmen, daß die Differenz zwischen den Wellenmitten der zu kuppelnden
                              									Teile wegen des gemeinschaftlichen Fundaments nur sehr gering ist, so ist häufig
                              									eine Kupplung am Platze, wie in Fig. 3 dargestellt.
                              									Die in der einen Hälfte eingeschraubten Bolzen übertragen unter Vermittlung von
                              									elastischen Buchsen die Bewegung auf die andere Kupplungshälfte. Als Material für
                              									die Buchsen kommt in den weitaus meisten Fällen Fiber in Betracht, seltener Gummi
                              									oder Leder. Anstatt die Bolzen in der einen Kupplungshälfte starr zu befestigen,
                              									findet man manchmal auch in dieser Buchsen aus elastischem Material, so daß der
                              									Bolzen, der die Verbindung zwischen den beiden Kupplungshälften herstellt,
                              									beiderseits nachgiebig gelagert ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 632
                              Fig. 7.
                              
                           Ist die zu übertragende Differenz in den Wellenmitten sehr bedeutend, so werden
                              									sogen. Schleppkurbeln, von denen Fig. 4 eine
                              									Ausführung zeigt, verwendet. Dort ist beispielsweise vor der Kurbelwelle a gesondert gelagert eine Welle b, bei welcher durch die Art der Montage bedeutende Abweichungen vorkommen
                              									können. Die Uebertragung geschieht nun durch einen Bolzen c, der in das Rad d eingeschraubt ist und
                              									mittels einer Schleppkurbel e die auf der Welle b befestigte Kurbel f
                              									mitnimmt. Derartige Schleppkurbeln sind besonders bei sehr leicht gebauten
                              									Maschinen, z.B. Flugzeugmotoren, am Platze, wo der eine oder andere Teil infolge
                              									sehr hoher Beanspruchungen elastische Schwingungen ausführen kann, ohne nun den
                              									anderen mitzunehmenden Teil in Mitleidenschaft zu ziehen, da sich die Schwingungen nicht so leicht
                              									über die Gelenke fortpflanzen können.
                           Wird außer der reinen Uebertragung der Drehbewegung noch eine gewisse elastische
                              									Nachgiebigkeit gewünscht, so kann eine Kupplung nach Fig.
                                 										5 zur Anwendung gelangen. Die in Fig. 5
                              									nur im Schnitt dargestellte Kurbel a, welche mit der
                              									einen Hälfte der Kupplung in Verbindung steht, sitzt zwischen zwei federbelasteten
                              									Kölbchen, so daß außer einer radialen Verschiebung auch noch eine geringe
                              									peripherische Federung eintreten kann.
                           Für den Antrieb von Magnetapparaten mit selbsttätiger Zündverstellung ist eine
                              									derartig elastische Kupplung zur Schonung des Regulators, welcher die selbsttätige
                              									Zündverstellung im Magnetapparat besorgt, besonders am Platze.
                           Die Fig. 6 und 7
                              									veranschaulichen eine derartige Kupplung, wie sie von der Firma Robert Bosch, Stuttgart, für ihre Magnetapparate in den
                              									Handel gebracht wird. Auf der Welle a ist durch eine
                              									Tangentialschraube b ein Block c befestigt, welcher in einem entsprechend gestalteten Schlitz ein Paket
                              									Blattfedern d aufnimmt; letztere nehmen die andere
                              									Kupplungshälfte mit, indem sie sich zunächst gegen die Fiberpolster e legen, die in der trommelförmig gestalteten, auf der
                              									angetriebenen Welle g befestigten zweiten
                              									Kupplungshälfte f sitzen.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)