| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 717 | 
| Download: | XML | 
                     
                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Neues von ausländischen Kriegsmarinen.Die Verwendung von Diesel-Motoren zum Antrieb großer
                                 										Kriegsschiffe ist in das Stadium der Verwirklichung getreten. Die englische
                              									Admiralität hat bei Carels Fréres in Gand (Belgien) eine
                              									Anzahl Diesel-Motoren für Torpedoboote bestellt. Außerdem
                              									wurde ein Motor von 6000 PSe von England bei
                              									derselben Firma in Auftrag gegeben, der zunächst probeweise in einen Kreuzer als
                              									Ersatz einer Seitenturbine eingebaut werden soll.
                           Eine neuerliche Vergrößerung des Kalibers der schweren
                                 										Dreadnought-Geschütze wird von den Vereinigten Staaten und von Italien
                              									geplant. Nach einer Mitteilung der Zeitschrift „Le Yacht“ soll die Einführung
                              									einer 41 cm (= 16'') Kanone für die italienischen Linienschiffe beabsichtigt sein.
                              									In der amerikanischen „Army and Navy Reg.“ ist eine Notiz enthalten, welche
                              									besagt, daß das Navy-Department sich mit der Absicht trägt, den Tonnengehalt der
                              									Linienschiffe auf 35000 bis 40000 t zu erhöhen und als schwere Armierung derselben
                              									zehn Stück 16''-Kanonen zu verwenden.
                           Ebenso sollen vier russische Panzerkreuzer von 28000 bis 30000 t Deplacement, welche
                              									demnächst auf den russischen Staatswerften in St. Petersburg auf Stapel gelegt
                              									werden, eine schwere Armierung von 35,6 cm-Geschützen erhalten.
                           Ein neuer französischer Unterseebootstyp „Gustave
                                    										Zédé“ wird im „Moniteur“ beschrieben. Die Boote besitzen ein
                              									Deplacement von 1000 t und werden durch Diesel-Motoren angetrieben, die ihnen eine
                              									Geschwindigkeit von 20 Kn. über Wasser verleihen. Vermöge dieser großen
                              									Geschwindigkeit, welche ungefähr der Geschwindigkeit der großen Panzerschiffe
                              									entspricht, können die Boote die Flotte begleiten, ohne letztere in ihrer
                              									Bewegungsfreiheit zu hindern. Sie können ganz nach Art der Torpedoboote verwendet
                              									werden, indem man sie selbständig auf große Entfernungen zum Angriff vorschickt. So
                              									hat „Moniteur“ berechnet, daß die Boote die 250 Sm lange Strecke von
                              									Dünkirchen bis zur Elbemündung in 12 Stunden zurücklegen könnten, um in der
                              									Elbemündung überraschend in Aktion zu treten.
                           Die Armierung des italienischen Linienschiffes
                                 										„Cavour“, das am 10. August d. J. vom Stapel lief, besteht nach der
                              									Marinerundschau aus dreizehn 30,5 cm-Kanonen von 46 Kaliberlängen, achtzehn 12
                              									cm-Schnellfeuerkanonen von 50 Kaliberlängen, vierzehn 7,6 cm-Schnellfeuerkanonen von
                              									50 Kaliberlängen, zwei 7,6 cm-Bootskanonen und drei Unterwasser-Torpedorohren.
                           Die schweren Geschütze sind in fünf Türmen aufgestellt. Davon enthalten der vordere,
                              									mittlere und hintere Turm je drei Geschütze, die dazwischenliegenden je zwei
                              									Geschütze. Der Bestreichungswinkel der mittleren Geschütze beträgt etwa 240°, der
                              									aller übrigen Geschütze 300°.
                           Interessant ist die Feststellung, daß bei den 34,3 cm Geschützen der Ersatz
                              									Sardegna-Klasse das Drahtsystem verlassen wird. Die Rohre werden als Mantelringrohre
                              									ausgeführt, wobei ein Stahlband von 6,35 × 1,52 mm Querschnitt zur Verwendung
                              									gelangt. Die Umwicklungsspannung des Drahtes beträgt für die ersten sechs Schichten
                              									700 kg, für die nächstfolgenden je 5 kg weniger für je sechs Schichten.
                           An den Geschützen ist eine Einrichtung getroffen um ein Durchblasen des Geschützes
                              									mit komprimierter Luft nach jedem Schuß zu ermöglichen.
                           –––––
                           Die Humphrey-Pumpenpatente. In Anbetracht des großen
                              									Interesses, welches unsere Industrie neuerdings dem Bau der Gaskraftpumpen zuwendet,
                              									ist die Entscheidung des englischen Patentamtes in einer Patentverletzungsklage der
                              										Pump and Power Company (Inhaberin der Humphrey-Patente) bemerkenswert, weil darin die Ansicht
                              									des englischen Patentamtes über die Reichweite der Humphrey-Patente klar zum Ausdruck kommt. Es wird in der Entscheidung
                              									zunächst ausgesprochen, daß die Humphrey sehen Patente einen bedeutenden Fortschritt
                              									im Pumpenbau bedeuten, und es wird der Stand des Pumpenbaues vor der Anmeldung der
                              										Humphrey sehen Patente beschrieben. Die Versuche, die
                              									Kraft explodierender Gase zur Flüssigkeitsförderung zu benutzen, datieren
                              									zurück bis ins Jahr 1858. Bis zum Jahre 1906 waren ungefähr 30–40 Patentanmeldungen
                              									auf diesem Gebiete erfolgt. Es wird aber festgestellt, daß bei keinem dieser Patente
                              									das Humphrey-Cerasoli Patent Nr. 20736 aus dem Jahre 1906
                              									verkörpert ist, nach welchem die Verbrennungsgase direkt auf die Flüssigkeit
                              									arbeiten. In dieser Patentschrift wurde in erster Linie festgelegt, daß die
                              									Wassersäule dazu benutzt wird, um frische Flüssigkeit und neue Brennstoffladung
                              									anzusaugen. Das Patentamt erklärt, daß bis dahin niemand die Wichtigkeit dieses
                              									Prinzips für die Gaskraftpumpen erkannt hatte. Zweitens spricht Humphrey den Grundsatz aus, daß die Bewegung des Wassers
                              									im Ausflußrohr vollkommen frei erfolgen und nicht durch Ventile gehindert werden
                              									soll, so daß ein Zurückfluten nach der Verbrennungskammer stattfindet. Dieser
                              									Rückstrom der Flüssigkeit bewirkt die Kompression der neuangesaugten Ladung und ist,
                              									nach dem Ausspruch des Patentamtes, ganz und gar für die Humphrey-Pumpe charakteristisch, da sich eine ähnliche Wirkungsweise in
                              									keiner früheren Patentschrift niedergelegt findet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 718
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 718
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 718
                              Fig. 3.
                              
                           Drittens treibt Humphrey die
                              									verbrannten Gase aus der Explosionskammer dadurch aus, daß er frisches Wasser vom
                              									Vorratstank in diese Kammer fließen läßt, bevor die Wassersäule im Hauptausflußrohr
                              									zur Ruhe gekommen ist, dadurch wird das in die Kammer eingetretene Frischwasser
                              									teilweise wieder mitgenommen und folgt dem Wasser in der Hauptausflußleitung,
                              									wodurch wieder eine neue Ladung eingesaugt wird. Auch diese Wirkungsweise scheint
                              									dem Patentamt vollkommen neu zu sein. In der Entscheidung wird auf drei weitere sehr
                              									wichtige Patente von Humphrey, nämlich auf die englischen
                              									Patente Nr. 18594, 18595 und 19341 aus dem Jahre 1907 Bezug genommen, und in
                              									einem weiteren Teile seiner Entscheidung konstatierte der Patentrichter, daß die
                              									meisten ähnlich gebauten Pumpen nichts anderes sind als wirkliche Humphrey-Pumpen.
                              									[Engineering 1911, 1. Sept.]
                           –––––
                           Eine neue Vorrichtung zum schnellen Lösen des Brust- und des
                                 										Rückenbleigewichts von dem Taucheranzug. Es gibt die verschiedenartigsten
                              									Sicherheitsmaßregeln bei Taucherausrüstungen und Taucherapparaten, durch welche
                              									Unglücksfällen im Taucherbetriebe vorgebeugt werden soll, doch hängt ihr
                              									zuverlässiges Wirken im wesentlichen von der Aufmerksamkeit der
                              									Bedienungsmannschaften ab. Dem Tauchenden selbst stehen dagegen fast gar keine
                              									Mittel der Selbsthilfe zur Verfügung, um bei Versagen der Luftpumpe, Beschädigung
                              									der Schläuche und Seile oder Unachtsamkeit der Bedienungsmannschaft ohne fremde
                              									Hilfe vom Meeresgrund an die Oberfläche zu gelangen. Um dem Tauchenden nun die
                              									Möglichkeit einer Selbsthilfe zu geben, ist vor allen Dingen danach zu trachten, daß
                              									er jederzeit in der Lage ist, sich seiner Brust- und Rückenbleigewichte sofort zu
                              									entledigen, um durch den eigenen Auftrieb schnell an die Wasseroberfläche zu
                              									gelangen. Diese Möglichkeit ist bereits vielfach in Betracht gezogen worden, indem
                              									Gewichte einfach am Taucherapparat eingehängt wurden, jedoch scheiterte diese einfache
                              									Selbsthilfe vielfach an dem Umstände, daß der Tauchende, da er sich im Moment der
                              									Gefahr nicht sofort beider Gewichte entledigen konnte, entweder auf den Rücken oder
                              									Leib fiel, da die eintretende einseitige Belastung ihn niederdrückte.
                           Die neue Vorrichtung von der Firma Fr. Flohr, Kiel (D. R.
                              									P. 232432) bringt nun eine Verbesserung an dem Taucherapparat, mittels welcher es
                              									dem Taucher möglich ist, sich der Brust- und Rückengewichte durch einen einzigen
                              									Handgriff gleichzeitig zu entledigen.
                           Vorstehende Figuren geben ein Bild von der einfachen Handhabung sowie der starken und
                              									gediegenen Ausführung dieser Erfindung, und zwar zeigen Fig. 1 und 2 die Fallvorrichtung von
                              									vorne und von der Seite, während Fig. 3 dieselbe in
                              									geöffnetem Zustand zeigt.
                           Der Vorgang beim Auslösen der Gewichte ist folgender: Der Tauchende, welcher durch
                              									irgend eine Gefahr überrascht wird, reißt den mittels einer kleinen Kette
                              									befestigten Schieber durch einen Ruck nach rechts und dreht die Hebel nach
                              									unten, worauf beide Gewichte entgleiten. Der Tauchende ist von der Last befreit und
                              									gelangt infolge des ihm innewohnenden Auftriebes sofort an die Wasseroberfläche.
                           Durch diese patentierte Fallvorrichtung ist es gelungen, eine wirklich brauchbare,
                              									beim Tauchen praktisch erprobte Vorrichtung zu schaffen,
                           –––––
                           Das erste Motorfrachtschiff auf dem
                                 										Ludwigs-Donau-Main-Kanal ist kürzlich von der Speditionsfirma K. Weber & Co. in Dienst gestellt worden. Das Schiff,
                              									welches eine Länge von 31,6 m besitzt, ist mit einem 20 pferdigen Bolinder-Motor ausgerüstet. Seine Geschwindigkeit beträgt
                              									6 km i. d. Std. Erbauerin ist die Werft von Ruthoff in
                              									Mainz. Wie wir hören, beabsichtigt die Firma Weber &
                                 										Co. im Ganzen 20 solcher Motorfrachtschiffe zu bauen, welche hauptsächlich
                              									auf dem Ludwigs-Donau-Main-Kanal verkehren sollen. [Schiffbau 1911, Nr. 19.]