| Titel: | AUSGLEICHUNG BELASTETER, IN SENKRECHTER EBENE SCHWINGENDER KRANAUSLEGER. | 
| Autor: | Proetel | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 731 | 
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                        AUSGLEICHUNG BELASTETER, IN SENKRECHTER EBENE
                           								SCHWINGENDER KRANAUSLEGER.
                        Von Regierungsbaumeister Proetel in Saßnitz.
                        (Fortsetzung von S. 717 d. Bd.)
                        PROETEL: Ausgleichung belasteter, in senkrechter Ebene schwingender
                           								Kranausleger.
                        
                     
                        
                           Ausgleichung mittels Seilabwicklung
                                 										von einer Kurvenscheibe.
                           Aus den vorstehend aufgeführten Beispielen ist zu ersehen, daß die Krantechnik sich
                              									in den letzten Jahren vielfach mit dem Problem der Ausgleichung beschäftigt
                              									hat. Als weiterer Beitrag zur Lösung dieser wichtigen Aufgabe möge die
                              									nachstehende Beschreibung und Berechnung einer kürzlich zum ersten Male mit gutem
                              									Erfolge angewendeten Vorrichtung dienen.
                           Für den Bau umfangreicher Uferschutzwerke an der Ostküste der Insel Rügen
                              									und auf der Insel Greifswalder Oie wurde von dem Verfasser der in Fig. 8 abgebildete Kran mit Ausgleichvorrichtung zum
                              									Versetzen schwerer Steinblöcke entworfen und ausgeführt. Es handelt sich um einen
                              									selbstfahrenden Dampfkran mit feststehendem Mast und drehbarem Wippausleger; die
                              									Tragfähigkeit ist 4 t, die Auslage kann bei 7 m Auslegerlänge zwischen 1,5 und 6,5 m
                              									geändert werden; die größte Ausladung von der äußeren Fahrschiene beträgt 7,5
                              										m.Angaben über den
                                    											Verwendungszweck des Kranes befinden sich in der Zeitschrift für Bauwesen,
                                    											Jahrg. 1910, S. 253 ff.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 731
                              Fig. 8.
                              
                           Die zur Anwendung gekommene Ausgleichvorrichtung besteht im Prinzip darin, daß das
                              									Lastseil oder ein von diesem abhängiges Seil sich bei Ausführung der Wippbewegung
                              									auf eine mit dem Ausleger in Verbindung stehende und von ihm gedrehte starre
                              									Kurvenscheibe(Seiltrommel mit veränderlichem Durchmesser) tangential auf- oder
                              									abwickelt, derart, daß das Seil ein von der Kurvenform abhängiges Moment auf den
                              									Ausleger ausübt. Durch passende Wahl der Kurvenform kann dieses Moment stets so
                              									gestaltet werden, daß bei jeder Auslegerstellung das aus der Last und allen übrigen
                              									auf den Ausleger einwirkenden Kräften resultierende Moment entweder ganz oder auch
                              									teilweise, je nach Bestimmung, aufgehoben wird. Die Last bewegt sich daher entweder
                              									auf einer Wagerechten oder auf sonstiger vorgeschriebener Bahn.
                           Mit derselben Vorrichtung kann auch das Gewicht des Auslegers ausgeglichen worden,
                              									indem mittels der Kurve ein Gegengewicht so gehoben und gesenkt wird, daß die dabei
                              									geleistete Arbeit jederzeit der Arbeit des Auslegergewichts entspricht. Die
                              									Ausgleichung kann also so weit durchgeführt werden, daß für die Wippbewegung nur
                              									noch die Reibungskräfte zu überwinden sind.
                           Der Antrieb der Kurvenscheibe durch den Ausleger kann in verschiedener Weise
                              									erfolgen; die beiden wichtigsten Anordnungen sind:
                           
                              1. die Kurvenscheibe ist mit dem Ausleger direkt
                                 										verbunden,
                              2. die Kurvenscheibe ist mit dem Ausleger durch ein
                                 										Getriebe zwangläufig verbunden.
                              
                           In Fig. 9 ist dargestellt, wie die Kurvenscheibe
                              									direkt mit dem Ausleger verbunden werden kann. Die Last 1 hängt an dem Flaschenzug 2, welcher n Stück
                              									bewegliche Rollen bei 3 und n –
                                 										1 feste Rollen bei 4 besitzt. Das Lastseil 5 ist über die Rollen des Flaschenzuges 2 geführt und geht alsdann über die Rollen 6 und 7 zur Winde. Der Rollenblock 4 hängt an dem Seil 8,
                              									welches zunächst über die Rolle 9, alsdann über den Flaschenzug 10 geführt ist, dessen feste Rollen in dem Block 11 und dessen bewegliche Rollen in dem Block 12 vereinigt sind. Das freie Ende des Seiles 8 kann entweder an dem Block 11 befestigt sein oder über eine weitere feste Rolle bei 11 zu einer Windetrommel geführt werden, um durch
                              									Aufzienen des Flaschenzuges 2 die Hubhöhe des Kranes im
                              									Bedarfsfalle, unter Einschränkung der Ausladung, zu vergrößern. Vom Block 12 aus geht das Seil 13 zu
                              									der mit dem Ausleger fest verbundenen Kurvenscheibe 14,
                              									auf welcher es sich tangential auf- und abwickelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 731
                              Fig. 9.
                              
                           Wird die Ausgleichung so eingerichtet, daß stets ein geringes Moment den Ausleger
                              									abwärts zu bewegen strebt, so kann das Heben und Senken durch Anziehen bezw.
                              									Nachlassen eines Kopfseiles 15 erfolgen. Die
                              									Lastübersetzung durch den Flaschenzug 10 ist nur dann
                              									erforderlich, wenn das Kurvenstück möglichst klein werden soll, was z.B. bei
                              									Anwendung eines nicht drehbaren Kranmastes erforderlich ist, damit bei steilen
                              									Auslegerstellungen die Scheibe stets vom Mäste freigeht.
                           
                           Andernfalls kann das Seil 8 über eine feste Rolle
                              									bei 11 direkt zur Kurve geführt werden.
                           Das Auslegergewicht kann entweder gleichzeitig durch das für die Lastausgleichung
                              									dienende Kurvenstück mit großer Annäherung mit ausgeglichen werden, oder, wenn
                              									vollkommene Ausgleichung verlangt wird, durch ein besonderes Kurvenstück, das jedoch
                              									mit dem Lastkurvenstück fest verbunden sein kann. Im ersteren Fall ist gemäß Fig. 17 an dem Seil 13,
                              									und zwar an einer Flaschenzugsrolle, zwischen den Rollen 9 und 11 noch das strichpunktierte Seil s zu befestigen, welches über eine weitere Rolle 24 und über eine solche in der Nähe des
                              									Auslegerdrehpunktes zum Krangestell zu führen ist, wo ein in senkrechter Führung
                              									bewegliches Gegengewicht Q aufgehängt wird. Im andern
                              									Falle ist das Seil s, an dem das Gegengewicht Q hängt, gemäß Fig. 19,
                              									von einem beliebigen festen Punkte p aus auf das neue
                              									Kurvenstück zu führen; es übt alsdann ein dem Auslegergewicht entgegenwirkendes
                              									Moment aus, dessen Größe vermittels der Kurvenform in beliebiger Weise gestaltet,
                              									also auch dem Gewichtsmoment des Auslegers gleichgemacht werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 732
                              Fig. 10.
                              
                           Fig. 10 und 11
                              									stellen Ausführungsformen dar, bei welchen die zur Ausgleichung dienende
                              									Kurvenscheibe mit dem Ausleger durch ein Getriebe zwangläufig verbunden ist.
                           Sie ist um den festen Punkt 16 drehbar und nach
                              										Fig. 10 durch das von den Stäben 17, 18, 19, 20 gebildete Getriebe an den Ausleger
                              									angeschlossen. Stab 19 schwingt um den festen Punkt 22; seine Bewegung ist, da er durch den Gelenkstab 17 mit dem Ausleger verbunden ist, von der Bewegung des
                              									letzteren abhängig; sein Endpunkt 21 bewegt sich auf
                              									einem Kreisbogen. Diese Bewegung wird durch den Gelenkstab 18 auf den mit dem Kurvenstück fest verbundenen Hebel 20 übertragen.
                           Sofern der Seilzug 13 vom Auslegerende direkt zur
                              									Kurvenscheibe geführt wird, ergibt sich nur dann für letztere eine reelle und
                              									brauchbare Form, wenn der wagerechte Abstand ihres Drehpunktes 16 vom Auslegerdrehpunkt nicht zu groß gewählt wird,
                              									wenn der Abstand des letzteren vom Seilzug 13 bei
                              									steilen Auslegerstellungen kleiner als bei flachen Auslegerstellungen ist, und wenn
                              									die Drehung der Scheibe im entgegengesetzten Sinn zu der Drehung des Auslegers
                              									erfolgt. Die Erfüllung dieser Bedingungen wird durch die vorbeschriebene
                              									Getriebeanordnung ermöglicht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 732
                              Fig. 11.
                              
                           Wird jedoch das Seil 13 nach Fig. 11 über eine nahe am Auslegerdrehpunkt sitzende Rolle 23 geführt, so fallen die vorerwähnten Einschränkungen
                              									fort, das Getriebe kann daher einfacher gestaltet werden, indem unter Fortfall der
                              									Stäbe 18 und 19 die
                              									Bewegung des Auslegers unmittelbar durch den Stab 17
                              									auf den mit der Kurvenscheibe fest verbundenen Hebel 20
                              									übertragen wird.
                           Das Gewicht des Auslegers kann in den beiden Fällen, die die Fig. 10 und 11
                              									veranschaulichen, in derselben Weise wie bei Fall 1 ausgeglichen werden. Da dann
                              									lediglich die Reibung zu überwinden ist, kann die Wippbewegung durch ein auf die Drehachse
                              									des Kurvenstückes wirkendes Zahnradgetriebe bewirkt werden; der bei nicht
                              									ausgeglichenen Kränen sonst gebräuchliche Antrieb durch Schraubenspindeln, womit bei
                              									größeren Ausführungen oft Konstruktionsschwierigkeiten verbunden sind, kommt also in
                              									Fortfall.
                           Die Anordnung zwangläufig durch Getriebe bewegter Kurvenscheiben hat den Vorteil, daß
                              									die Seilabwicklung bei gleicher Auslegerdrehung erheblich größer wird als bei am
                              									Ausleger befestigten Kurvenscheiben; hierdurch werden die Kurven kleiner und
                              									kreisähnlicher. Da außerdem eine gute Lastverteilung stattfindet und da ein Kranmast
                              									nicht erforderlich ist, so ist diese Anordnung auch für große Scheiben- und
                              									Turmdrehkräne anwendbar. Eine weitere Lastverteilung und Raumersparnis tritt ein,
                              									wenn statt einer Kurvenscheibe und eines Getriebes zwei
                              									symmetrisch gelagerte und zusammenwirkende angewendet werden, die leicht an den
                              									Seitenwänden des Krangestelles untergebracht werden können. Die günstigsten
                              									statischen Verhältnisse und die kleinsten Kurven ergeben sich bei Anwendung eines
                              									Doppelgetriebes nach Fig. 10; diese Form eignet sich
                              									daher, trotz der etwas umständlicheren Berechnung, am besten für weit ausladende
                              									Schwerlastkräne.
                           Die Ausführung nach Fig. 9 bietet hingegen den
                              									Vorteil größerer Einfachheit; bei Kränen mit feststehendem Mast wird auch das
                              									Hauptstützlager durch den Seilzug 13 vorteilhaft
                              									entlastet, da ein Teil der Stützkraft auf die oberen Rollenlager bei 11 übertragen wird.
                           Von Wichtigkeit ist noch bei allen vorbeschriebenen Anordnungen die Seilführung,
                              									welche die Einschaltung eines Flaschenzuges mit beliebig vielen Rollen zwischen.
                           Last und Ausleger gestattet. Sie besteht darin, daß die festen Rollen mit
                              									Ausnahme einer in einem Rollenblock 4 (Fig. 9) vereinigt sind, welcher an dem zum
                              									Kurvenstück geführten Seile hängt, während die letzte feste Rolle 6 am Ausleger befestigt ist. Hierdurch ist die
                              									Möglichkeit gegeben, einerseits das zur Kurvenscheibe führende Seil zwecks
                              									Vervielfachung der Lastreaktion nochmals über einen Flaschenzug zu leiten, da es für
                              									das Aufwinden der Last entbehrlich ist, andererseits das Verhältnis zwischen
                              									Hubkraft und Hubgeschwindigkeit mittels des Lastflaschenzuges 2 beliebig umzuformen.
                           Diese Seilführung hat sich bei dem ausgeführten Kran gut bewährt, insbesondere hat
                              									sich kein Nachteil daraus ergeben, daß der zur Winde führende Seilstrang an der
                              									Oberflasche frei vorbeigeht. Wollte man dies übrigens vermeiden, so könnte man
                              									letztere auch in den Seilstrang 8 oberhalb der Rolle
                              										9 legen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 733
                              Fig. 12.
                              
                           Sofern bei großen Lasten die Seile 8 und 13 als Einzelseile zu große Dimensionen erhalten
                              									würden, können sie auch aus mehreren parallel nebeneinander liegenden Strängen nach
                              										Fig. 12 gebildet werden, ohne daß die
                              									Wirkungsweise der Ausgleichvorrichtung dadurch beeinträchtigt wird. Etwa zu
                              									befürchtende Schiefstellungen der Oberflasche 4 durch
                              									ungleichmäßige Dehnung der einzelnen Stränge können in bekannter Weise ausgeglichen
                              									werden; meistens wird eine nachstellbare Federbufferung ausreichend sein.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)