| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 765 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rudschau.
                        
                     
                        
                           Eine elektrische Lukenmeldeeinrichtung für
                                 										Güterbahnhöfe ist kürzlich von der A. E. G. ausgeführt worden. Für die
                              									ausgedehnten Ladestraßen großer Güterbahnhöfe bestand das Bedürfnis nach einer
                              									Einrichtung, die dem Anlieferer von Frachtgut möglichst schon beim Einfahren in
                              									die Ladestraße ankündigt, welche „Luken“, d.h. Türen im Güterschuppen, zur
                              									Aufnahme von Frachtgut frei sind. Hierdurch wird ein Suchen durch Hin- und Herfahren der Wagen
                              									vermieden und werden Zeitverluste erspart.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 766
                              Fig. 1.
                              
                           Das unter anderen bisweilen eingeschlagene Verfahren, die Verteilung der ankommenden
                              									Fahrzeuge einem an der Einfahrt zur Ladestraße aufgestellten Beamten zu übertragen,
                              									der durch Klingelzeichen oder Fernsprecher über die freigewordenen Luken verständigt
                              									wird, ist zeitraubend, kostspielig und nicht immer zuverlässig.
                           Auf Anregung der Königlichen Eisenbahndirektion Berlin hat die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft eine elektrische.
                           Lukenmeldeeinrichtung auf einem der am stärksten beanspruchten Berliner Güterbahnhöfe
                              									installiert, die im folgenden beschrieben werden soll.
                           Der in Fig. 1 dargestellte Lukenmelder besteht aus
                              									einem eisernen Gittermast von 6 m Länge über der Erde, auf dem ein Kasten zur
                              									Aufnahme eines Zahlentransparentes ruht. Jede Zahl besteht aus einem Blechkasten,
                              									der im Innern die Fassung zur Aufnahme einer 50 kerzigen Metallfadenlampe enthält
                              									und nach beiden Seiten durch rote Naturglasscheiben abgedeckt ist.
                           Die einzelnen Zahlenkästen werden durch eine entsprechende Eisenkonstruktion zu
                              									einem Ganzen vereinigt. Vorder- und Rückseite des Kastens sind für Auswechseln der
                              									Lampen sowie gelegentliche Untersuchungen aufklappbar eingerichtet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 766
                              Fig. 2.
                              
                           Da die Ladestraße, wie Fig. 3 zeigt, sehr ausgedehnt
                              									ist und der Annahmespeicher (in der Figur auf der rechten Seite) 27 Luken hat, sind
                              									der besseren Uebersicht wegen zwei Lukenmelder aufgestellt. Der erste Melder steht
                              									unmittelbar an der Einfahrt zur Ladestraße und bedient die Luken Nr. 1 bis 15,
                              									während der zweite, in der Ausführung dem ersten völlig gleiche Melder ungefähr in
                              									der Mitte der Ladestraße steht und für die Luken Nr. 16 bis 27 bestimmt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 766
                              Fig. 3.
                              
                           Sobald eine Luke zur Annahme von Frachtgut frei ist, wird durch einen neben der Luke
                              									innen angebrachten, gewöhnlichen Dosenschalter die entsprechende Lampe
                              									eingeschaltet, also in dem Transparentkasten sofort die Nummer der freigewordenen
                              									Luke sichtbar. Die Verbindung zwischen dem Lukenmelder und den einzelnen Schaltern
                              									erfolgt durch ein mehradriges Kabel. Die Zahl erscheint in leuchtendem Rot weithin
                              									sichtbar auf dunklem Grunde.
                           
                           Die Wahl rotleuchtender Zahlen erfolgte nach eingehenden Versuchen, bei denen
                              									sich zeigte, daß der Forderung gleich guter Benutzbarkeit bei Tage ebenso wie bei
                              									Dunkelheit hierdurch am besten entsprochen wird. Jede Zahl ist doppelseitig lesbar,
                              									damit einerseits der Kutscher nach Vorbeifahren am Mast sich durch Rückwärtssehen
                              									von neuem orientieren kann, andererseits der an der Luke einschaltende Beamte eine
                              									gewisse Kontrolle hat.
                           Fig. 2 stellt die Ladestraße mit eingeschalteten
                              									Transparenten dar.
                           Die Neueinrichtung ist seit einiger Zeit im Betriebe. Ihre weitere Einführung auf
                              									anderen großen Güterbahnhöfen steht zu erwarten.
                           –––––
                           Ein Schornstein von bedeutenden Dimensionen wird
                              									gegenwärtig von J. A. Topf & Söhne, Erfurt, für das
                              										Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk Essen/Ruhr,
                              									Zentrale Niederrhein/Wesel ausgeführt.
                           Der Schornstein erhält eine Höhe von 100 m über Terrain, bei einem Durchmesser an der
                              									Sohle von 15 m und 3,60 m oberer lichter Weite. In einer Höhe von 45 m wird ein
                              									eiserner Wasserbehälter von 10½ m  mit einem Fassungsvermögen von 350 cbm
                              									angebracht, wodurch das Bauwerk gewissermaßen eine Kombination mit einem Wasserturm
                              									ergibt.
                           Auf die Ausführung des Schornsteins in seinem Aeußeren wird in architektonischer
                              									Hinsicht großer Wert gelegt, um eine Uebereinstimmung mit den Gebäuden der Umgebung
                              									zu erzielen. Auf einem Sockel von achteckigem Querschnitt in rotem Ziegelmauerwerk
                              									mit Unterbrechungen in gelben Verblendern erhebt sich die runde Säule, die mit einer
                              									geschmackvollen Bekrönung abschließt.
                           Zur Sicherheit gegen Blitzgefahr dient eine Blitzableiteranlage mit vier Fangstangen.
                              									An dem Schornstein werden innen und außen Steigeisen angebracht, die ein Besteigen
                              									desselben ermöglichen, und rund um das bereits erwähnte Wasserreservoir sind zwei
                              									Galerien vorgesehen, die durch eine Leiter verbunden werden.
                           Welche ungeheuren Mauerwerksmassen ein solcher Schornstein in sich schließt, ist im
                              									allgemeinen wenig bekannt. Man kann sich hiervon jedoch einigermaßen ein Bild
                              									machen, wenn man berücksichtigt, daß zu dem Schornstein folgende Baumaterialien
                              									erforderlich sind:
                           650000 Stück Mauersteine = 220 Waggons à 10000 kg,
                             80000 kg Baukalk = 8 Waggons,
                           130000 kg Zement = 13 Waggonladungen,
                                 500 cbm Mauersand,
                                 300 cbm Betonkies und
                             45000 kg Eisenteile.
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                           Ueber den Umfang des Rechtsschutzes von Erfindungen hat
                              									sich das Reichsgericht in einer vor kurzem gefällten Entscheidung ausgesprochen.
                              									Eine Patentverletzung liegt danach nicht nur in dem Falle vor, wenn der
                              									Erfindungsgedanke vollständig nachgebildet wird, sondern auch dann schon, wenn dies
                              									in bezug auf wesentliche Teile der Erfindung
                              									geschieht.
                           Handelt es sich um die Feststellung, ob der äußere Tatbestand einer Patentverletzung
                              									gegeben ist, so muß erstens geprüft werden, worin das Wesen des dem Patentinhaber erteilten Patents besteht, zweitens ob sich
                              									der von dem Patentverletzer hergestellte und vertriebene Gebrauchsgegenstand in dem
                              									vorbezeichneten Sinne ganz oder teilweise mit dem so zu bestimmenden Gegenstand der
                              									patentierten Erfindung deckt und deshalb diese verletzt. Das Wesen des Patents ist
                              									nach dem Inhalt der Patenterteilung zu bestimmen. Es sind daher insbesondere der
                              									angemeldete Patentanspruch und die ihm in der Anmeldung gegebene Erläuterung, der
                              									Inhalt der von dem Patentamt ausgefertigten Patentschrift und überhaupt die
                              									Entstehungsgeschichte des Patents von Wesentlichkeit. Dem danach bestimmten Inhalt
                              									des Patents entspricht auch dessen Rechtsschutz. Dieser beschränkt sich demnach
                              									nicht auf einzelne Ausführungsarten oder Ausführungsformen der patentierten
                              									Erfindung. Für die Frage des Schutzes einerseits und des Eingriffes in das Patent
                              									andererseits ist es daher ohne Bedeutung, ob der Patentinhaber nur die eine oder die
                              									andere der möglichen Ausführungsarten anwendet. Nicht damit ist deshalb der als
                              									Verletzung des Patents in Frage kommende Gebrauchsgegenstand zu vergleichen, sondern
                              									mit der Erfindung in dem ganzen Umfang ihres patentrechtlichen Schutzes. Worin das
                              									Neue einer Erfindung liegt, kann nicht durch einen bloßen äußerlichen Vergleich
                              									ihrer Merkmale mit älteren Erscheinungsformen ermittelt werden. Da die Formgebung
                              									und die Anordnung der einzelnen Teile eines erfundenen Gebrauchsgegenstandes nicht
                              									Selbstzweck, sondern nur Mittel zur Erreichung des erstrebten technischen Zieles
                              									sind, so kann ihre technische Bedeutung und ihr technischer Wert nicht anders als
                              									unter Berücksichtigung dieser ihrer technischen Gesamtwirkung beurteilt werden.
                              									[Entscheidungen des Reichsgerichts, 20. Dezember 1910.]