| Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. | 
| Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 780 | 
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                        POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
                        Polytechnische Rundschau.
                        
                     
                        
                           Trockenbagger neuerer Konstruktion im oberschlesischen
                                 										Industriebezirk. Die folgenden Abbildungen bringen die Ansichten dreier
                              									Trockenbagger, die von der Werft von Cäsar Wollheim,
                              									Breslau, für oberschlesische Auftraggeber gebaut worden sind und in einjährigem
                              									Betriebe sich als überaus brauchbare und leistungsfähige Apparate zum Ersatz
                              									menschlicher Arbeitskraft erwiesen haben.
                           Der in Fig. 1 dargestellte Bagger dient im Betriebe
                              									der Hohenlohewerke zum Abtragen von verlorenem Gebirge und ist als Hochbagger mit
                              									Durchfahrt gebaut für 10 m Baggerhöhe. Er hat geführte Eimerkette mit vierteilig
                              									geschakten offenen Eimern von 250 l theoretischem Inhalt und leistet stündlich
                              									normal 200 cbm bei 22 Schüttungen in der Min., hat aber zeitweise Leistungen von 300
                              									cbm/Std. erreicht. Die Mechanismen zum Bewegen der Eimerkette, zum Verfahren des
                              									Baggers, zum Betätigen der Schüttklappe, sowie zum Heben und Senken der Eimerleiter,
                              									die durch vier federnd angreifende Flaschenzüge annäherd parallel zum Ausleger gegen
                              									den Arbeitsstoß verschoben wird, erhalten ihren Antrieb durch einen 125 pferdigen
                              									Drehstrommotor von 500 Volt Spannung und 50 Perioden. Der ohne Ballast rund 90 t
                              									schwere Bagger ruht federnd auf 9 Achsen mit 14 Laufrädern und hat eine
                              									Fahrgeschwindigkeit von 1,7 m i. d. Min. Leiter und Ausleger sind als Fachwerkträger
                              									ausgeführt und der Ausleger durch ein Strebenwerk mit dem die beiden Wagengestelle
                              									überbrückenden Sattel und dem weit nach hinten liegenden Ballastkasten verbunden. In
                              									die Eimerkette sind besondere Schaken mit Reißzähnen eingebaut worden, um auch bei
                              									gelindem Frost das Arbeiten zu ermöglichen. Für Nachtbetrieb ist elektrische
                              									Beleuchtung unter Zwischenschaltung eines Oeltransformators von 500/120 Volt
                              									vorgesehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 781
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 781
                              Fig. 2.
                              
                           Fig. 2 zeigt einen für die Rybniker Steinkohlengewerkschaft gelieferten Löffelbagger, der zum
                              									Verladen von Bestandkohle verwendet wird und eine Stundenleistung von 25 cbm bei ½
                              									cbm Löffelinhalt aufweist. Der Apparat ist ganz im Kreise drehbar und ruht mit
                              									4 Laufrädern auf einem Gleis von 1950 mm Spur. Fahren, Schwenken, Löffelverschieben
                              									und -Heben wird durch einen Drehstrommotor von 15 PS Dauerleistung bewerkstelligt;
                              									das Oeffnen und Schließen der ausbalancierten Löffelklappe geschieht von Hand
                              									mittels einer Zugleine. Der Bagger erfordert nur einen Mann zur Bedienung.
                           Außer diesen Trockenbaggern hat die vorstehende Firma an die
                              									Gotthardschacht-Verwaltung einen Hochbagger mit sogenannter Kurzeimerleiter und
                              									geschlossenen Eimern für 140 cbm Leistung geliefert, dessen Obergestell um 180°
                              									wagerecht drehbar ist, sowie neuerdings einen Schaufelbagger, dessen Schaufelstiel,
                              									wie Fig. 3 zeigt, als Schüttrinne ausgebildet
                              									ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 781
                              Fig. 3.
                              
                           Durch diese Bauart wird der Zeitverlust vermieden, der beim gewöhnlichen Löffelbagger
                              									nach jedem Arbeitshub durch das Schwenken des Löffels über den Transportwagen
                              									entsteht. Die Herstellung dieses Baggers wird vereinfacht, sein Gestehungspreis
                              									verbilligt durch Wegfall des Schwenkwerks und der Klappe.
                           –––––
                           Drehbare Nietwärmöfen „Arbeiterschutz“. Die
                              									Beseitigung der Rauch- und Hitzebelästigung war eine ständige Sorge für alle
                              									Betriebe, welche in geschlossenen Raumen mit Koks und Kohle geheizte Nietwärmöfen
                              									benutzten. Die üblichen Rauchhauben erfüllten ihren Zweck nur unvollständig; sie
                              									beseitigen die Abgase der Oefen auch dann nur unvollkommen, wenn sie
                              									unverhältnismäßig groß und sperrig waren und hatten noch den Mangel, daß sie nicht
                              									auch die Hitzestrahlung beseitigen konnten, unter welcher die Arbeiter zu leiden
                              									haben. Die Firma Brüder Boye, Berlin, bringt unter der
                              									Bezeichnung „Arbeiterschutz“ einen Nietwärmofen auf den Markt, welcher die
                              									genannten Mängel beseitigen soll.
                           Wie aus Fig. 1 u. 2
                              									(S. 782) ersichtlich, ist bei den drehbaren Nietwärmöfen „Arbeiterschutz“
                              									sowohl eine zwangläufige Absaugung der Feuergase, als auch eine zwangläufige
                              									Beseitigung der Hitzestrahlung erzielt, so daß ein wirksamer Schutz sowohl gegen
                              									schlechte Luft als auch gegen Hitzestrahlung erreicht wird.
                           Der Ofen besteht aus dem bekannten, auf einem feststehenden Fuß drehbaren Schacht mit
                              									Schlitzöffnungen; die Höhe dieser Oeffnungen ist bei der Ausführung a nicht verstellbar, bei
                              									der Ausführung b verstellbar angeordnet, so daß sie in letzterem Fall dem
                              									Durchmesser der zu erwärmenden Nieten angepaßt werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 782
                              Fig. 1.
                              
                           Der Schacht ist durch einen abnehmbaren Deckel abgeschlossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 326, S. 782
                              Fig. 2.
                              
                           Um die Entnahmeöffnungen des Ofens läuft ein Windschleierrohr mit einem Schlitz, aus
                              									dem kalte Luft schräg gegen die austretenden Feuergase getrieben wird. Letztere
                              									werden dadurch nach oben abgelenkt und gelangen zunächst hinter das
                              									Schutzblech, welches den Ofenschacht ringförmig umgibt. Von hier treten die
                              									Feuergase in die Schutzhaube ein, welche auf einem senkrechten Standrohr drehbar
                              									angeordnet ist. Durch dieses Rohr werden die Gase nach unten abgesaugt in die
                              									Hauptleitung, die mit einem Sauger (Exhaustor) entsprechender Größe verbunden ist.
                              									Für Betriebe, welche keine unterirdische Rauchabsaugung besitzen, können auch
                              									Rauchhauben mit Abzug nach oben ausgeführt werden. In diesem Falle wird die Haube
                              									nicht schwenkbar, sondern nach oben verschiebbar mit Gegengewichten hergestellt.
                           Infolge der Zusammenwirkung von Saugen und Drücken werden die Feuergase vollkommen
                              									beseitigt. Durch den Windschleier, der sich vor den Einführungsöffnungen bildet,
                              									wird auch die Hitzestrahlung behoben, so daß eine Belästigung des Arbeiters nicht
                              									stattfindet. Durch diesen Schutz gegen Hitzestrahlung ist es auch möglich, die Oefen
                              									dicht an die Arbeitsstelle zu stellen; man erzielt dadurch eine bessere Raumausbeute
                              									und spart an Weg, Arbeit und Brennstoff.
                           Zum Nachfüllen des Ofens wird die Schutzhaube zur Seite geschwenkt und wieder
                              									zurückbewegt, wenn das Nachfüllen des Ofens beendet ist.
                           Das Abschlacken erfolgt durch Herausnahme des Rostes, der nach Herausziehen eines
                              									Stiftes in den Aschkasten fällt.
                           Zum Betriebe des Ofens dient Gebläseluft mit einem Druck von 200 mm Wassersäule.
                           –––––
                           Die Erdölgewinnung in Amerika macht von Jahr zu Jahr
                              									riesenhafte Fortschritte. Mehr als die Hälfte des ganzen Petroleumbedarfs der ganzen
                              									Erde wird gegenwärtig von den Vereinigten Staaten gedeckt. Die jährliche
                              									Erdölförderung ist in Amerika seit dem Jahre 1900 auf den vierfachen Betrag
                              									gestiegen und beträgt gegenwärtig etwa 32 Millionen cbm. Namentlich in den Gegenden
                              									westlich des Mississippi sind ungeheuer reiche Quellen in den letzten 20 Jahren
                              									erschlossen worden, so daß das meiste Oel heute nicht mehr im Osten Amerikas,
                              									sondern im Westen gewonnen wird. Die nachfolgende Tabelle gibt eine kurze Uebersicht
                              									über die Ergiebigkeit der einzelnen Gebiete im Jahre 1910.
                           
                              
                                 
                                 1910
                                 1900
                                 
                              
                                 Louisiana und Texas
                                   2,25 Millionen cbm
                                 0,16 Millionen cbm
                                 
                              
                                 Uebrige Felder zwischen    Mississippi und
                                    											Rocky    Mountains
                                   8,5      „         „
                                 
                                 
                              
                                 Kalifornien
                                 11,7      „         „
                                 
                                 
                              
                           Zuletzt wurden große Petroleum-Vorkommen im südlichen
                              									Kalifornien in der Nähe von San Luis Obispo entdeckt. Bevor man an deren
                              									Erschließung ging, wurden 36 stählerne Zisternen von je 6550 cbm Inhalt sowie zwei
                              									große runde Vorratsbehälter aus Eisenbeton von je 119230 cbm Fassungsvermögen
                              									erbaut. Der Durchmesser der letzteren beträgt 183 m, der bedeckte Flächenraum je
                              									26300 qm. Die Wände besitzen eine Höhe von 6,1 m und eine Fundamentbreite von 5,2 m
                              									bei einer oberen Randstärke von 15,24 cm. Der Boden ist 6,35 cm dick und besitzt geringes Gefälle
                              									nach der Mitte zu, wo ein Ablaßrohr eingebaut ist. Die Wände besitzen keine
                              									Stützpfeiler; vielmehr wurde das bei den Ausschachtungsarbeiten gewonnene Erdreich
                              									dazu verwendet, um rings um die Zisterne einen Stütz wall aufzuführen. Als Abdeckung
                              									wurde ein auf Betonpfeilern ruhendes Holzdach verwendet. Wenn man bedenkt, daß die
                              									Kosten für die beiden Vorratsbehälter, deren Errichtung fünf Monate dauerte, 1345000
                              									M betrugen, so ist es schwer zu begreifen, warum nicht statt des feuergefährlichen
                              									Holzes eine Bedachung aus Eisen oder Eisenbeton verwendet wurde. Eine 161 qm lange
                              									Rohrleitung führt von den Oelfeldern zu diesen Zisternen, und eine zweite
                              									Rohrleitung zu den Verladeplätzen im Hafen von San Luis.
                           Infolge des überreichen Vorkommens ist der Preis für das Rohöl ein außerordentlich
                              									niedriger. Das cbm kostet etwa 17,65–21,18 M, bei größeren Abschlussen sogar nur
                              									8,83–10,60 M. Der Preis ist also 5–10 mal so niedrig wie bei uns in Deutschland. Es
                              									ist klar, daß infolgedessen die Verwendbarkeit des Rohöls für industrielle Zwecke in
                              									den Vereinigten Staaten eine viel größere ist wie in Europa. Hauptsächlich sind es
                              									die Eisenbahngesellschaften, die in ausgedehntem Maße von dem billigen
                              									Betriebsmittel Gebrauch machen. Es hat sich herausgestellt, daß die Oelfeuerung für
                              									Lokomotiven sich um 25 v. H. billiger stellt als die sonst verfeuerte Kohle. Man hat
                              									gefunden, daß 0,416 cbm bis 0,440 cbm Erdöl ebensoviel Dampf erzeugen wie 1 cbm der
                              									gebräuchlichen Kohle. Außerdem kann infolge der vereinfachten Bedienung auf jeder
                              									Lokomotive ein Heizer gespart werden. Die Eisenbahngesellschaften sparen daher an
                              									Betriebskosten infolge Einführung der Oelfeuerung rund 50 v. H. Auf fast allen
                              									Eisenbahnlinien ist man infolgedessen zur Verwendung der Oelfeuerung
                              									übergegangen.
                           Die Southern Pacific Railway richtet ihren ganzen großen
                              									Lokomotivpark (1400 Stück) für Oelfeuerung ein. Die Kosten für den Umbau der
                              									Lokomotiven sind sehr niedrig, sie betragen durchweg 630 M für das Stück. Bei einem
                              									Probebetrieb mit 39 Oellokomotiven zeigte sich, daß sich die Betriebskosten für
                              									Oelfeuerung zu denjenigen für Kohlefeuerung wie 3,6: 20 verhalten.
                           Der Verkauf von Verbrennungsmotoren in Luisiana und Texas hat natürlich einen
                              									ungeahnten Aufschwunggenommen.
                           Neuerdings wurde auch ein Verfahren herausgebracht, um das Rohöl in Brikettform
                              									zu bringen, so daß es wie Kohle oder Holz verfrachtet werden kann. Dadurch
                              									verringern sich die Transportkosten ganz bedeutend, so daß auch entfernter liegende
                              									Gebiete von dem Reichtum der Oelfeider profitieren.
                           Das in den südwestlichen Staaten gewonnene Oel eignet sich weniger zur Herstellung
                              									von Leuchtöl wie das Pennsylvania-Oel, da bei der Raffination nur etwa 20 v. H.
                              									Leuchtöl aus ihm gewonnen wird. Es ist also von vornherein mehr dazu bestimmt, als
                              									Heiz- und Treiböl zu dienen. [Stahl und Eisen 1911, Nr. 38.]
                           –––––
                           Behufs Ausbildung von Ingenieuren im höheren
                                 										Verwaltungsdienst hat der Verein Deutscher Ingenieure an die
                              									Oberbürgermeister und Bürgermeister aller größeren und mittleren deutschen Städte
                              									das Ersuchen gerichtet, Absolventen der Technischen Hochschule, die sich der
                              									Verwaltung widmen wollen, Gelegenheit zur praktischen Ausbildung in den
                              									verschiedenen Zweigen der ihnen unterstellten Verwaltungen zu geben. Aus den für
                              									diese Ausbildung vom Verein aufgestellten Leitsätzen sei folgendes hervorgehoben:
                              									Für die Ausbildung kommen nur Diplom-Ingenieure in Betracht, die bereits während
                              									ihrer Studienzeit verwaltungswissenschaftliche, insbesondere rechts-, wirthschafts-
                              									und sozialwissenschaftliche Studien getrieben haben. Die Ausbildung soll alle
                              									Gebiete des kommunalen Verwaltungswesens umfassen und sich nicht nur auf die
                              									technischen Verwaltungszweige erstrecken. Die ausgebildeten Diplom-Ingenieure sollen
                              									sich in den Verwaltungsstellen, denen sie zur Beschäftigung überwiesen werden,
                              									möglichst selbständig betätigen. Die Ausbildungszeit, in der sie vorwiegend rezeptiv
                              									tätig sind, ist also tunlichst einzuschränken. Es ist erwünscht, daß den
                              									Auszubildenden Referate aus dem Gebiet der Verwaltungsstelle, der sie jeweils zur
                              									Beschäftigung überwiesen sind, übertragen werden. Die Dauer der Ausbildung wird
                              									mindestens die Zeit eines geschlossenen Etatjahres betragen müssen. Die Ausbildung
                              									soll ohne Verbindlichkeit für spätere Anstellung oder Beschäftigung und in der Regel
                              									unentgeltlich erfolgen. [Sozial-Technik, Jahrgang 1911, Nr. 19.]