| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 90 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Kleinere Rohölmotoren. Bei kleineren
                              									Fischereifahrzeugen, Kanalbooten usw. werden heute wohl ausnahmslos nach Art der
                              									Automobilmotoren hergestellte Benzin-, Benzol- oder Petroleummotoren verwendet. Das
                              									Gewicht dieser Motoren darf besonders bei kurzen Booten nicht zu groß sein, und die
                              									Drehzahl muß so gewählt werden, daß die Schiffschraube einen noch guten Wirkungsgrad
                              									ergibt. Die Bedienung erfordert keine besonderen Kenntnisse. Die steigenden
                              									Brennstoffpreise erhöhen aber sehr die Betriebskosten, wobei noch zu berücksichtigen
                              									ist, daß Benzin und Petroleum zum größten Teile aus dem Auslande bezogen werden
                              									müssen. Als billige Brennstoffe, die auch in Deutschland gewonnen werden können,
                              									kommen die aus dem Stein- und Braunkohlenteer gewonnenen Oele, wie Solaröl,
                              									Paraffinöl usw. und auch das Teeröl, in Frage.
                           Die mit solchen Brennstoffen betriebenen Maschinen arbeiten gewöhnlich nach dem
                              									Gleichdruckverfahren, bei dem die Luft vor Einführung des fein verteilten
                              									Brennstoffes auf 33 bis 35 at verdichtet wird und sich dabei bis zu 600° erhitzt.
                              									Als Zusatz sind hier Brennstoffpumpen für hohen Druck und ein mehrstufiger
                              									Luftkompressor notwendig. Diese Maschinen werden meist umsteuerbar ausgeführt und
                              									arbeiten im Viertakt und auch im Zweitakt. Eine im Zweitakt arbeitende
                              									Schiffsmaschine wird z.B. von Benz & Co. nach den Patenten von Hesselman ausgeführt. Die Luft wird hier auf 32 bis 35 at verdichtet. Der
                              									von der Gasmotorenfabrik Deutz hergestellte Bronsmotor
                              									arbeitet im Viertaktverfahren. Das Einspritzen des Brennstoffs unter hohem Druck
                              									wird durch Anwendung einer Brennstoffkapsel vermieden.
                           Beim Saughub wird Brennstoff in die Kapsel eingeführt, die Luft wird dann auf etwa 32
                              									at verdichtet, wobei sie eine hohe Temperatur annimmt. Während des Verdichtungshubes
                              									verdampft teilweise das Oel in der Kapsel und entzündet sich in der Totpunktlage des
                              									Kolbens. Hierdurch wird auch die Verbrennung des übrigen Brennstoffes
                              									herbeigeführt. Die Motoren sind nicht umsteuerbar. Weiterhin kommt hier noch der
                              									Glühkopfmotor in Betracht. Der Brennstoff wird hier ohne höheren Druck gegen den
                              									Zylinderkopf gespritzt und an diesem verdampft und entzündet. Im Betriebe wird er
                              									durch die Explosionen warm genug gehalten, um mit völliger Sicherheit die weiteren
                              									Zündungen zu bewirken. Zum Anlassen ist ein Erwärmen des Glühkopfes mittels Lampe
                              									notwendig. Während des Betriebes wird bei größerer Belastung Wasserdampf zur Kühlung
                              									des Glühkopfes in den Zylinder gesaugt. Die Glühkopfmotoren können auch umsteuerbar
                              									ausgeführt werden.
                           Gleichdruckmotoren werden zurzeit kaum unter 40 PS ausgeführt. Das Maschinengewicht
                              									für die Pferdestärke ist sehr groß. Der Anschaffungspreis ist größer als der einer
                              									Dampfmaschinenanlage. Der Bronsmotor wird schon von 6 PS an hergestellt. Sein
                              									Gewicht ist ebenfalls groß, wie dies aus folgender Tabelle entnommen werden
                              									kann.
                           
                              
                                 Leistung
                                 PS
                                 6
                                 8
                                 16
                                 16
                                 24
                                 
                              
                                 Zylinderzahl
                                 
                                 1
                                 1
                                 1
                                 2
                                 2
                                 
                              
                                 Maschinengewicht
                                 kg
                                 1135
                                 1750
                                 2950
                                 3150
                                 3725
                                 
                              
                           Der Glühkopfmotor hat das kleinste Maschinengewicht. Obwohl dieser Motor im Betriebe
                              									der teuerste unter den Rohölmotoren ist, so ist er doch noch erheblich billiger als
                              									Benzinmotoren. Die folgende Tabelle enthält den Brennstoffverbrauch der genannten
                              									Motorbauarten auf Brennstoff von 10000 WE/kg umgerechnet.
                           
                              
                                 Gleichdruckmotor
                                 kg/PS-Std.
                                 0,180–0,220
                                 
                              
                                 Benzmotor (Patent Hesselman)
                                 „
                                 0,200
                                 
                              
                                 Bronsmotor
                                 „
                                 0,250–0,280
                                 
                              
                                 Glühkopfmotor
                                 „
                                 0,230–0,400
                                 
                              
                                 Benzinmotor mit Leichtbenzin 0,68 bis    0,72 spez.
                                    											Gewicht
                                 „
                                 0,270–0,300
                                 
                              
                                 Benzinmotor mit Schwerbenzin oder    Benzol über 0,75
                                    											spez. Gewicht
                                 „
                                 0,270–0,300
                                 
                              
                                 Petroleummotor
                                 „
                                 0,350–0,400
                                 
                              
                           
                           Die Brennstoffpreise vor dem Kriege waren für 100 kg bei
                           
                              
                                 Gasöl
                                 etwa
                                 11
                                 bis
                                 12
                                 M
                                 
                              
                                 Benzin
                                 „
                                 45
                                 „
                                 50
                                 „
                                 
                              
                                 Schwerbenzin
                                 „
                                 28
                                 „
                                 32
                                 „
                                 
                              
                                 Benzol
                                 „
                                 26
                                 „
                                 28
                                 „
                                 
                              
                                 Petroleum
                                 „
                                 18
                                 „
                                 22
                                 „
                                 
                              
                           Die nachstehenden Tabellen geben Preise und Gewichte einiger bekannten Ausführungen
                              									an. Die Umsteuerschraube ist dabei mit inbegriffen.
                           Einzylindermotoren.
                           
                              
                                 
                                 3,5–4 PS
                                 5–6 PS
                                 8–9 PS
                                 12 PS
                                 15–18 PS
                                 
                              
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 
                              
                                 Benz
                                 2800
                                 620
                                 3150
                                 745
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Ottensen
                                 2400
                                 500
                                 2700
                                 605
                                 3445
                                 750
                                 4060
                                 960
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Swidersky
                                 1775
                                 320
                                 2105
                                 490
                                 2975
                                 775
                                 4105
                                 1350
                                 4825
                                 1600
                                 
                              
                                 Fafnir
                                 –
                                 –
                                 2200
                                 515
                                 2750
                                 850
                                 –
                                 –
                                 3800
                                 1400
                                 
                              
                                 Kromhout
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 3825
                                 1020
                                 4250
                                 1340
                                 4675
                                 1730
                                 
                              
                                 Bolinder
                                 –
                                 –
                                 –
                                 390
                                 –
                                 –
                                 –
                                 1000
                                 –
                                 1275
                                 
                              
                           Zweizylindermotoren.
                           
                              
                                 
                                 7–8 PS
                                 10 PS
                                 11–12 PS
                                 16 PS
                                 20 PS
                                 
                              
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 
                              
                                 Benz
                                 4800
                                 1120
                                 5700
                                 1380
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Ottensen
                                 3445
                                 670
                                 –
                                 –
                                 4060
                                 880
                                 4550
                                 1170
                                 5100
                                 1560
                                 
                              
                                 Swidersky
                                 3225
                                 580
                                 –
                                 –
                                 3925
                                 725
                                 –
                                 –
                                 6325
                                 1500
                                 
                              
                                 Bolinder
                                 –
                                 –
                                 –
                                 580
                                 –
                                 –
                                 4550
                                 715
                                 5100
                                 1080
                                 
                              
                           Die Verwendung der wenig feuergefährlichen Oele als Betriebsstoff für
                              									Schiffsmaschinen ist entschieden dem feuergefährlichen Benzin vorzuziehen. Bei
                              									Glühkopfmotoren können die verschiedenen Oele, wie Gasöl, Solaröl, Gelböl,
                              									Paraffinöl und Petroleum verwendet werden. Sie können auch mit Mischungen
                              									verschiedener Oele, besonders mit Petroleummischungen betrieben werden. Bei
                              									unmittelbar umsteuerbaren Glühkopfmotoren fällt das Umsteuergetriebe oder die
                              									Umsteuerschraube fort. Unmittelbar umsteuerbare Motoren sind etwas leichter, der
                              									Preis dagegen ist etwas höher:
                           
                              
                                 
                                 10 PS1 Zyl.
                                 10 PS2 Zyl.
                                 16 PS2 Zyl.
                                 20 PS2 Zyl.
                                 
                              
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 kg
                                 M
                                 
                              
                                 Unmittelbar umsteuerbar
                                 760
                                 3825
                                 550
                                 4900
                                 670
                                 5100
                                 1000
                                 5725
                                 
                              
                                 Mit Umsteuerschraube
                                 800
                                 3400
                                 580
                                 –
                                 715
                                 4550
                                 1080
                                 5100
                                 
                              
                           Die geringe Drehzahl von etwa 300 bis 600 gegen 500 bis 800 und mehr bei
                              									Benzinmotoren, gewährleistet eine größere Betriebssicherheit. Die Außenmaße der
                              									Glühkopfmotoren weichen nicht wesentlich in Länge und Breite von anderen Motoren ab.
                              									Die Höhenmaße sind aber größer. Es ist deshalb für Glühkopfmotoren ein höherer
                              									Maschinenraum notwendig als für Benzinmotoren. Das Anlassen und das Abstellen
                              									verlangt bei Glühkopfmotoren größere Aufmerksamkeit als bei Benzinmotoren. Ein
                              									weiterer Nachteil der Glühkopfmotoren besteht darin, daß sie erst mit voller Kraft
                              									arbeiten, wenn die Glühhaube rotglühend geworden ist, weil erst dann mit Erfolg
                              									die Wassereinspritzung eingeschaltet werden kann. Mit voller Kraft kann also
                              									nicht gleich nach der Abfahrt gefahren werden, da bei Leerlauf der Glühkopf nicht
                              									genügend hohe Temperatur annimmt. (Motorschiff und Motorboot 1915 Nr. 25.)
                           W.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Explosion eines Dampfkessels und eines Dampfgefäßes in der
                                 										Schweiz. Betrachtung über Schweißung. In Nr. 24 Jahrgang 1915 der
                              									Zeitschrift des Bayerischen Revisions-Vereins wird über folgende Unglücksfälle
                              									berichtet.
                           1. Es handelte sich um einen stehenden Querrohrkessel von 7 m2 Heizfläche und 6 at Druck. Die Feuerbüchse war
                              									geschweißt und besaß drei Querrohre. Die lichte Weite der Feuerbüchse betrug 850 mm
                              									(s. Abb. 1). Erbaut war der Kessel im Jahre 1898 und
                              									auf 11 at Wasserdruck geprüft worden. Im Jahre 1911 hatte eine Druckprobe auf 9 at
                              									stattgefunden, nachdem der zulässige Betriebsdruck auf 4 at herabgesetzt war, weil
                              									die Anlage sich unter bewohnten Räumen befand. Im Juni 1915 fand die Explosion
                              									statt. Die Wirkungen waren sehr heftig und forderten ein Menschenleben. Das
                              									Rauchrohr von 300 mm lichter Weite, an den gewölbten Feuerbüchsdeckel angeschweißt,
                              									war an der Schweißnaht abgerissen. Der sofort nachströmende Dampf hatte mit großer
                              									Gewalt den Deckel nach unten gebogen, wie die punktierten Linien der Abb. 1 erkennen lassen. Der ganze Kessel wurde vom
                              									Fundament gehoben und durch die Gebäudemauer ins Freie geschleudert. Der
                              									Kesselwärter wurde durch einen Steinschlag getroffen und gleichzeitig vom Dampf
                              									verbrüht, so daß er seinen Verletzungen erlag.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 91
                              Abb. 1.
                              
                           Bei näherer Untersuchung ergab sich, daß die Schweißnaht schlecht ausgeführt war. Nur
                              									in einer Naht von geringer Stärke war ein wirkliches Verschweißen eingetreten. Mit
                              									leichter Mühe konnten die Eisenfeilspäne weggebrochen werden. Die Weite des Loches
                              									im Deckel der Feuerbüchse war 330, während das Rauchrohr nur einen inneren
                              									Durchmesser von 300 hatte. Es hatte deshalb das untere Ende des Rauchrohres
                              									entsprechend aufgeweitet werden müssen. Fehlerhaft war die gewölbte Form des
                              									Feuerbüchsdeckels. Man muß berücksichtigen, daß beim Anheizen die Feuerbüchse und
                              									der Kessel ungleich warm werden und sich daher ungleich ausdehnen. Die Feuerbüchse
                              									wird sich nach oben ausdehnen wollen. Das Rauchrohr ist am oberen Ende mit dem Kessel starr
                              									verbunden. Der Kessel ist noch verhältnismäßig kalt. Ist nun der Feuerbüchsdeckel
                              									von ebener Form, so kann er etwas nach unten federnd nachgeben, wie eine Membrane.
                              									Ist er aber, wie hier, von gewölbter Gestalt, so setzt er einem Nachgeben nach unten
                              									einen sehr großen Widerstand entgegen und wird die gewaltsame Trennung von dem nach
                              									unten drückenden Rauchrohr begünstigen. Die Sicherheitsventile und die
                              									Wasserstandsanzeiger waren in Ordnung. Fehlerhafte Schweißung und vielleicht auch
                              									Wassermangel werden die Ursachen des Unglücksfalles gewesen sein. Es war leider
                              									unmöglich, bei den Untersuchungen und Druckproben die Fehler in der Schweißnaht zu
                              									entdecken. Auch das Abhämmern bei der Druckprobe führt in dieser Hinsicht zu keinem
                              									Ziel, da die Druckproben mit kaltem Wasser vorgenommen werden und Dehnungsspannungen
                              									daher nicht auftreten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 92
                              Abb. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 92
                              Abb. 3.
                              
                           2. Das Dampfgefäß ist in den Abb. 2 und 3 dargestellt. Die ganze Länge betrug 1850 mm, der
                              									innere Durchmesser 1400, die Wandstärke 16 mm. Es besaß eine überlappt geschweißte
                              									Längsnaht. Die beiden Böden waren ebenfalls überlappt geschweißt. Der untere halbe
                              									Umfang war mit einem angenieteten Dampfmantel von 12 mm Wandstärke versehen. Der
                              									Innendruck betrug 10 at, der Dampfdruck 6 at. Das Gefäß war 1913 gebaut und vor dem
                              									Beginn des Betriebes in der chemischen Fabrik auf 15 bzw. 11 at geprüft worden. Im
                              									Jahre 1914 hatte eine Probe des inneren Beschickungsraumes auf 16 at stattgefunden,
                              									ohne daß sich Anstände ergeben hatten. Am Unglückstage wurde das Gefäß zum ersten
                              									Male zur Herstellung von einer besonderen Art von Benzol verwandt und angeblich auf
                              									90° erwärmt. Die Explosion erfolgte mit großer Gewalt. Der rechte Boden riß in der
                              									Schweißnaht ringsum ab und durchschlug eine 60 cm starke Quadermauer. Das Gefäß flog
                              									nach der anderen Seite durch die rückwärtige Gebäudemauer. Zwei Personen wurden
                              									sofort getötet, eine dritte so schwer verwundet, daß sie ebenfalls starb,
                              									einige weitere erhielten leichtere Verletzungen. Da sämtliche Ausrüstungsgegenstände
                              									vollkommen zerstört waren, so ließ sich nicht feststellen, bei welchem Druck die
                              									Explosion stattgefunden hat. Die Untersuchung der gerissenen Schweißnaht ergab, daß
                              									die Schweißung äußerst mangelhaft ausgeführt war. Die Ueberlappung war eigentlich,
                              									wie Abb. 4 erkennen läßt, so gut wie gar nicht
                              									vorhanden, die Bleche stießen beinahe stumpf aufeinander. Ein weiterer Fehler lag
                              									darin, daß die Schweißstelle unrichtig gewählt war, sie lag in der Krempe des
                              									rechten Bodens. Es war gewiß kein Zufall, daß die Schweißnaht des linken Bodens, die
                              									weiter von der Krempe entfernt lag, gehalten hatte. Bei gewölbten Kesselböden treten
                              									die Höchstbeanspruchungen in der Krempe ein. Dies läßt sich erkennen aus den
                              									sogenannten Streckfiguren, die durch abgesprungenen Zunder gerade an den Krempen zum
                              									Vorschein kommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 92
                              Abb. 4.
                              
                           Aus diesen beiden Unglücksfällen geht wiederum deutlich hervor, wie wichtig es ist,
                              									daß die Schweißung sorgfältig ausgeführt wird. Es ist vollkommen unmöglich, den
                              									Zustand der Schweißnaht im Innern festzustellen. Es wäre deshalb zu empfehlen, den
                              									Probedruck für geschweißte Gefäße höher zu bemessen als bei genieteten. Die Fabriken
                              									aber, die sich mit solchen Schweißarbeiten befassen, sollten sich stets der großen
                              									Verantwortung bewußt werden, nach Möglichkeit den Betrieb überwachen und nur
                              									zuverlässigen Kräften solche Arbeiten übertragen.
                           R. S.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Gewinnung und Verwertung von Nebenerzeugnissen bei der
                                 										Verwendung von Stein- und Braunkohle. Preisaufgabe des Vereines deutscher
                              									Maschineningenieure; bearbeitet von Dr. Wilhelm Scheuer.
                              									Von den eingehenden Untersuchungen des Verfassers interessieren an dieser Stelle
                              									besonders die kritischen Betrachtungen darüber, wo gegebenenfalls mittelbare Feuerung unter Gewinnung
                              									von Nebenerzeugnissen in Frage kommt. Für die mittelbare Verwendung der Kohle
                              									verbleibt die Methode der Vergasung, die entweder nach dem Luftgasprozeß oder nach
                              									dem Mondgasverfahren erfolgen kann. Nach Ansicht des Verfassers muß bei Anwendung
                              									des letztgenannten Verfahrens zur zentralen Krafterzeugung damit gerechnet werden,
                              									daß ein Fallen des Marktpreises des schwefelsauren Ammoniaks durchaus möglich ist,
                              									und daß ein gelegentlicher Minderertrag an Sulfat sehr wohl eintreten kann. Die
                              									Verwendung des Mondgases zur zentralen Kraftversorgung ist durch Verbrennen in der
                              									Gasmaschine oder unter dem Dampfkessel durchführbar. Da nun bei den Gestehungskosten
                              									der Brennstoffpreis eine Rolle spielt, so sind bei der Gegenüberstellung die vier
                              									möglichen Fälle zu berücksichtigen:
                           1. Hoher Kohlenpreis, hoher Sulfaterlös,
                           2. hoher Kohlenpreis, niedriger Sulfaterlös,
                           3. niedriger Kohlenpreis, hoher Sulfaterlös,
                           4. niedriger Kohlenpreis, niedriger Sulfaterlös.
                           Für die Berechnungen ist angenommen, daß die Zentrale bei
                              									voller Belastung dauernd 10000 PS leistet; zur Verfügung stehe Steinkohle von 16 M
                              									bzw. 8 M für 1 t. Als höherer Sulfaterlös komme eine Ausbeule von 40 kg/t und ein
                              									Preis von 250 M/t in Frage, als niedriger Sulfaterlös eine Ausbeute von 30 kg/t und
                              									ein Preis von 200 M/t. Es berechnen sich alsdann die Gestehungskosten für 1 PSe/Std. bei Dampfturbinenbetrieb mit direkt beheizten
                              									Kesseln: bei einem Kohlenpreise von 16 M/t auf 1,309 Pf., bei einem Kohlenpreise von
                              									8 M/t auf 0,770 Pf. Bei Dampfturbinenbetrieb mit Gaskesseln belaufen sich die
                              									Gestehungskosten für 1 PSe/Std. im Fall 1) auf 1,59
                              									Pf., im Falle 2) auf 2,101 Pf., im Falle 3) auf 0,485 Pf., im Falle 4) auf 0,996 Pf.
                              									Die Gestehungskosten bei Gasmaschinenbetrieb mit Mondgasanlage endlich betragen für
                              									1 PSe/Std.: 0,821 Pf. bzw. 1,017 Pf. bzw. 0,400 Pf.
                              									bzw. 0,595 Pf.
                           Für Braunkohle von 2500 Cal. ergibt sich unter gleichen Verhältnissen bei einem
                              									Preise von 3 M bzw. 1,50 M/t, einem Sulfaterlöse von 5 kg/t zu 250 M/t bzw. von 3
                              									kg/t zu 200 M/t und einem Teererlöse von 50 kg/t zu 17 M/t etwa das folgende
                              									Bild:
                           1 PS/Std. kostet bei
                           
                              
                                 
                                 hohemKohlenpreis,hohemSulfaterlös
                                 hohemKohlenpreis,niedrigemSulfaterlös
                                 niedrigemKohlenpreis,hohemSulfaterlös
                                 niedrigemKohlenpreis,niedrigemSulfaterlös
                                 
                              
                                 Turbine mit gewöhnl.    Kesselfeuerung
                                 0,796
                                 0,796
                                 0,514
                                 0,514
                                 
                              
                                 Turbine m. Gaskesseln
                                 0,884
                                 1,236
                                 0,305
                                 0,656
                                 
                              
                                 Gasmaschine
                                 0,552
                                 0,687
                                 0,330
                                 0,351
                                 
                              
                           Es ergibt sich also, daß die Vergasung zur Kesselheizung nur bei sehr niedrigem
                              									Kohlenpreise oder für minderwertige Kohle in Frage kommt, aber auch nur, wenn
                              									ein genügender Erlös für das Sulfat gewährleistet wird. Dagegen ist die Vergasung
                              									mit anschließender Verbrennung des Gases in der Gasmaschine der direkten
                              									Kesselfeuerung mit Turbinenbetrieb überlegen. Die Rentabilitätsgrenze kann nur von
                              									Fall zu Fall festgestellt werden. Unabsehbare Perspektiven eröffnen sich für die
                              									Vergasung mit Nebenproduktengewinnung, wenn das Problem der Gasturbine eine
                              									befriedigende Lösung finden würde.
                           Die Möglichkeit für ein in Mitteldeutschland zu errichtendes Kraftwerk besteht da, wo
                              									rohe Braunkohle ohne große Transportkosten zur Verfügung steht. Dies trifft
                              									besonders für Wittenberg zu. Die für Steinkohle am günstigsten liegende Gegend von
                              									Krossen hat auch Braunkohle; für westfälische und etwa englische Kohle würde Spandau
                              									in Frage kommen. Ein Vergleich ist nur unter Berücksichtigung der Heizwerte möglich;
                              									nimmt man für Steinkohle 7000 WE, für Braunkohlenbriketts 5000 WE und für
                              									Rohbraunkohle 3200 WE an, so würden bei billigster Bezugsmöglichkeit die 1000 WE
                              									kosten in Form von:
                           
                              
                                 
                                 SteinkohlePf.
                                 Braunkohlen-BrikettsPf.
                                 Roh-braunkohlePf.
                                 
                              
                                 In Wittenberg
                                 0,273
                                 0,140
                                 0,075
                                 
                              
                                 In Spandau
                                 0,287
                                 0,180
                                 –
                                 
                              
                                 In Krossen
                                 0,255
                                 0,140
                                 0,094
                                 
                              
                           Im Schlußkapitel stellt der Verfasser die Ermittlung an, unter welchen Umständen für
                              									ein Kraftwerk von 150000 KW in Mitteldeutschland unmittelbare oder mittelbare
                              									Verfeuerung unter Gewinnung von Nebenerzeugnissen in Aussicht zu nehmen ist, wenn
                              									sowohl Stein- wie Braunkohlen zur Verfügung stehen. Die nur in Ausnahmefällen in
                              									Erwägung zu ziehende Verwendung der Kohle nach den Methoden der Vergasung würde von
                              									vornherein den Nachteil haben, daß die Wärmeeinheit in der Steinkohle, auf die diese
                              									Methoden allein anwendbar sind, in Mitteldeutschland viel mehr kostet als in der
                              									Braunkohle. Bei Verwendung von Mondgas besteht die Möglichkeit, sehr große Einheiten
                              									für die Turbogeneratoren und Dampfkessel zu wählen, wodurch die Anlagekosten für die
                              									Krafteinheit und damit die indirekten Betriebskosten heruntergedrückt werden. Die
                              									indirekten Betriebskosten würden betragen:
                           Bei der Turbinenanlage 0,151 Pf. für die KW/Std,
                           bei der Gasmaschinenanlage 0,292 Pf. für die KW/Std.
                           Obwohl nun auch die direkten Betriebskosten sich etwas
                              									zugunsten der Turbinenanlage verschieben würden, würde die Gasmaschinenanlage
                              									durchaus wirtschaftlich sein, so lange die Zentrale einen günstigen
                              									Ausnutzungsfaktor hat.
                           Für Verwendung von Gaskesseln würden sich die Verhältnisse gegenüber dem
                              									Gasmaschinenbetriebe ebenfalls ein wenig günstiger gestalten als bei der kleineren
                              									Zentrale; schwierig dürfte es im übrigen sein, der Zentrale für eine genügende
                              									Zeitdauer die erheblichen Brennstoffmengen – etwa 2,5 Mill. t Steinkohle oder 6
                              									Mill. t Braunkohle –
                              									zuzuführen. (Annalen für Gewerbe und Bauwesen; herausgegeben von L. Glaser; 1915
                              									Heft 11 und 12.)
                           Schorrig.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Stahlbänder und ihre angebliche Gefährlichkeit.Vgl. D. p. J. Bd. 330 S. 455. Ueber
                              									die Eignung des Stahlriemens an sich herrschen wohl kaum mehr
                              									Meinungsverschiedenheiten in den Kreisen der Fachwelt, und man hört nur hinsichtlich
                              									der Ungefährlichkeit der neuen Antriebsmittel verschiedene Ansichten, so daß es sich
                              									lohnt, die Frage einmal näher zu untersuchen, wie sich Leder- und Stahlriemen im
                              									Augenblick des Reißens verhalten. Stellen wir uns zwei genau gleiche Riemen an
                              									Deckentransmissionen vor, wie sie in jeder Werkstatt über den Köpfen der Arbeiter
                              									hinweglaufen, den einen Riemen aus Leder, den anderen aus Stahl. Beide Riemen mögen
                              									in der Mitte zwischen den beiden Scheiben in dem der Decke zugekehrten oberen Turm
                              									reißen (Abb. 1). Was
                              									wird nun eintreten? Der Lederriemen wird infolge seines Gewichtes und seiner
                              									Biegsamkeit mit den frei gewordenen Enden herunterfallen und erreicht dadurch nur
                              									eine größere Umfassung der noch in Umdrehung befindlichen Riemenscheiben, er wird
                              									weiterlaufen und mit seinen äußersten Enden geschleudert werden. Dieses Schleudern
                              									der Enden kann für die untenstehenden Arbeiter sehr gefährlich werden, besonders
                              									wenn sich am Ende noch das Riemenschloß befindet, an dem sich Lederriemen am
                              									leichtesten lösen. In Abb.
                                 										2 reißt der Lederriemen in seiner unten befindlichen Zugseite. In diesem
                              									Falle wird der ganze Riemen ins Schleudern kommen und sich unter Umständen in den
                              									Speichen verwickeln.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 94
                              
                              
                           Hinsichtlich des Stahlriemens sei vorausgeschickt, daß dieser nur etwa den achten
                              									Teil des Gewichtes eines die gleiche Kraft übertragenden Lederriemens hat, und
                              									mithin sich seine Schwungkraft verringert. Im Augenblick des Reißens ist auch die
                              									dem Stahlbande zum Kraftübertragen notwendige Spannung aufgehoben, das Band hat das
                              									Bestreben, sich in eine Ebene zu legen, und wird sofort von der drehenden Scheibe
                              									frei, so daß es dann flach abfällt. Daß ein Stahlriemen irgend welchen Schaden
                              									anrichten kann, ist somit sehr unwahrscheinlich.
                           Das Schneiden der Stahlriemen wird meistens überschätzt und könnte nur bei kleinen
                              									Achsabständen vorkommen, ist aber auch bei den abgerundeten Kanten der Stahlbänder
                              									nur schwer möglich. Die Berührung eines laufenden Stahlbandes könnte erst bei hohen
                              									Geschwindigkeiten gefährlich werden, ein schnellaufender Lederriemen ist das nicht
                              									minder, beide müssen unbedingt mit Schutzvorrichtungen umgeben sein.
                           Auflegen während des Laufens ist bei Stahlriemen mangels größerer Dehnbarkeit
                              									vollständig unmöglich, somit entfällt aber auch die beim Lederriemen unter
                              									Mißachtung der ausdrücklichen Vorschriften der Gewerbeaufsichtsbehörde leicht
                              									eintretende Gefahr für den Arbeiter. Um Stahlriemen aufzulegen, muß unbedingt die
                              									Scheibe stillstehen, so daß die Verwendung des Stahlriemens auf die Fälle beschränkt
                              									ist, wo das Auflegen des Riemens nicht öfters vorkommt. Beispielsweise ist er für
                              									Metalldrückbänke infolge der Gewohnheit der Drücker, den wenig gespannten Riemen
                              									während des Laufens mit der Hand von einer Stufe auf die andere zu bringen,
                              									ungeeignet. Für Stufenscheiben eignet sich das Stahlband nur unter der Bedingung,
                              									daß es nicht oft von einer Stufe auf die andere gebracht werden braucht.
                              									Erfahrungsgemäß stimmen die Stufen in ihrem gegenseitigen Verhältnis nicht immer mit
                              									jener Genauigkeit, die für den fast dehnungslosen, also nicht anpassungsfähigen
                              									Stahlriemen notwendig ist. Somit ist hier schon der Anwendung des Stahlriemens aus
                              									technischen Gründen eine Grenze gezogen, und er wird wohl kaum auf diesem Gebiete
                              									dem Lederriemen nennenswerte Einbuße bringen. Hierdurch wird auch seine Verwendung
                              									an der tatsächlich gefährlichen Stelle, wo Schutzmaßregeln nur schwer anzubringen
                              									wären, unterbunden, und auf solche Fälle beschränkt, wo er nicht in unmittelbare
                              									Berührung mit dem Arbeiter kommen kann.
                           Stahlriemen mit fortlaufender Lochung, die sich als besonders gut geeignet erwies,
                              									haben noch den großen Vorteil, daß sie leicht als in Bewegung befindlich erkennbar
                              									sind, da die Löcher den Riemen in Streifen zerlegt erscheinen lassen, während das
                              									volle Stahlband nicht das sofortige Erkennen der Bewegung ermöglicht, wie das
                              									wünschenswert ist.
                           Alles in allem genommen, ist der Stahlbandbetrieb in keiner Weise gefährlicher als
                              									der Ledertrieb. Damit stimmt auch überein, was in der Zeitschrift für Elektrotechnik
                              									und Maschinenbau 1911 Nr. 10 unter „Erfahrung mit dem Stahlbandantrieb“
                              									mitgeteilt wird: Die von einer Seite erhobenen Bedenken wegen der Gefahr mit dem
                              									Stahlbandantrieb werden widerlegt durch den von mehreren Seiten gemachten Hinweis
                              									auf die minimale Anzahl der Unfälle, die durch das Stahlband hervorgerufen
                              									wurden.
                           Willemann.
                           ––––––––––
                           
                        
                           
                           Neue Drucklagerformen der Michell-Bauart. Bekanntlich
                              									ermöglicht das Michell-Drucklager durch Zerlegung der
                              									Druckfläche in eine Reihe von Einzelelementen, denen in beschränktem Maße eine
                              									gewisse Beweglichkeit gegenüber dem Druckkamme gegeben ist, im Vergleich mit dem
                              									normalen Ring- oder Bügeldrucklager eine wesentliche Verringerung der Lagerreibung
                              									und damit eine erhöhte Belastung für die Flächeneinheit. Aus diesem Grunde finden
                              									derartige Lagerformen namentlich bei mittelbarem Turbinenantriebe steigende
                              									Verwendung, weil hier meist der ganze Schub vom Drucklager aufgenommen werden muß.
                              									Eine neue Ausbildung dieser Art, die in enger Anlehnung an die herkömmliche Bauform
                              									entworfen ist, zeigen die angefügten Abb. 1 bis 5. Das Lager ist von der Firma Cammel, Laird & Co., Birkenhead, entworfen
                              									und bei zwei von ihr gelieferten Revierdampfern, Ciudad de Buenos Aires und Ciudad
                              									de Monte Video, erstmalig zum Einbau gelangt. Die Antriebsmaschinen der Schiffe
                              									bestehen aus zwei gleichen Parsons-Turbinensätzen mit Rädergetriebe, die bei 260
                              									Umdrehungen/Minute 2 × 2650 PSe abgeben. Die
                              									Druckwelle besitzt, wie ersichtlich, nur je einen Druckkamm für Vorwärts- und
                              									Rückwärtsgang. Das zwischen ihnen befindliche Wellenstück ist von einem kräftigen
                              									zweiteiligen Stahlgußkörper A umschlossen. Gegen ihn
                              									stützt sich vorn und hinten je ein Tragring B, in dem
                              									acht gleichmäßig über die Ringfläche verteilte Ringsektoren angeordnet sind. Ihre
                              									Tragflächen sind ballig ausgebildet, so daß sich die einzelnen Elemente mit ihrer
                              									mit Weißmetall belegten Druckfläche gegen den Druckkamm stets passend einstellen
                              									können. Der von ihnen aufgenommene Schub wird durch den Stahlgußkörper A mittels Druckspindeln in bekannter Weise auf das
                              									Drucklagergehäuse und das Fundament übertragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 95
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 95
                              Abb. 2.
                              
                           Die Schmierung der Lager erfolgt selbsttätig, indem die Druckkämme in den durch das
                              									Gehäuse gebildeten Oeltrog eintauchen und den Druckflächen das Oel zuführen. Das
                              									abgeschleuderte Oel gelangt mit Hilfe der Führungskappen C in zwei auf das
                              									Drucklager gesetzte Oelbehälter D und von dort durch
                              									radiale Oeffnungen im Stahlgußkörper A zur Welle. Eine
                              									im Oeltrog angeordnete Kühlschlange, in der dauernd Wasser umläuft, sorgt für die
                              									Rückkühlung des Oeles. Gegen das Eindringen von Staub und Schmutz ist das Drucklager
                              									durch einen leichten Blechdeckel geschützt.
                           
                           
                              
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 96
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 96
                              Abb. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 96
                              Abb. 5.
                              
                           Die steigende Verwendung, die die Michell-Bauart
                              									namentlich in England findet, hat zu reihenweiser Herstellung geführt. Ein von der
                              									Firma Broom & Wade, High
                              									Wycombe, neuerdings in den Handel gebrachtes Trag- und Drucklager der Michell-Art, das für etwas geringere Belastungen als das
                              									vorbeschriebene Lager entworfen ist, zeigen die Abb.
                                 										6 bis 8. Wie ersichtlich, sind die
                              									einzelnen Druckelemente in einem zweiteiligen Rahmen von Hufeisenform gelagert. Der
                              									obere Teil des Rahmens enthält zwei Elemente in Form von Ringsektoren, der untere
                              									Teil deren vier. Eigenartig ist die Abstützung der Sektoren beim Broom & Wade-Lager. Jedes
                              									Druckelement trägt nämlich auf der Rückseite eine kleine Pfanne, die als Spur für
                              									einen mit dem Lagerkörper verschraubten Stützbolzen dient.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 96
                              Abb. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 96
                              Abb. 7.
                              
                           Durch diese Bolzen wird also der von dem Druckelement
                              									aufgenommene Achsialschub der Druckwelle durch den Lagerkörper auf das Fundament
                              									übertragen. Sie dienen gleichzeitig auch zur richtigen Einstellung der Elemente
                              									gegen den Druckkamm und werden nach vollzogener Einstellung durch eine
                              									vorgeschraubte Mutter gesichert. Die Druckbolzen greifen nicht im Schwerpunkt der
                              									Ringsektoren an, sondern etwas exzentrisch. Dadurch wird das Entstehen kleiner
                              									Kippbewegungen unterstützt, die das Oel der am stärksten belasteten Seite des
                              									Sektors besonders leicht zuführen. Zwei Sätze von Druckelementen gleicher Art sind
                              									an der Vorder- und Rückseite des vorgesehenen einen Druckkammes angeordnet, mit dem
                              									man mit Rücksicht auf die vorhandene geringe Belastung des Drucklagers gut auskommt,
                              									ein Satz dient für Vorwärtsgang, der andere für Rückwärtsgang.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 97
                              Abb. 8.
                              
                           Die Schmierung erfolgt ähnlich wie bei dem vorerwähnten Michell-Lager, indem der Druckkamm das Oel aus dem als
                              									Oelbehälter ausgebildeten Gehäuseunterteil mitreißt und über die Druckfläche
                              									verteilt. Zwei an der Außenseite der seitlichen Traglager angeordnete Stopfbuchsen
                              									verhüten das Austreten von Oel an der Welle. Da das Lager für etwa 400 Umdrehungen,
                              									also für eine verhältnismäßig hohe Drehzahl gebaut ist, wurde im Gehäuse eine
                              									Kühlschlange angeordnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 97
                              Abb. 9.
                              
                           Bei den normalen, mit weitaus niedrigeren Drehzahlen
                              									arbeitenden Handelschiffsanlagen dürfte die Rückkühlung des Oeles durch
                              									zirkulierendes Kühlwasser entbehrlich sein, weil hier die Wärmeabführung durch
                              									Strahlung und Leitung hinreichend groß ist, um das Lager dauernd kühl zu halten.
                           Die Firma Broom & Wade hat
                              									mit einem Drucklager der beschriebenen Art Belastungsversuche vorgenommen, die in
                              									mehrfacher Hinsicht bemerkenswert sind. Die Versuche wurden bei Belastungen und
                              									Drehzahlen durchgeführt, die teilweise weit über die normalen Werte hinausgingen.
                              									Die Drucke auf die Flächeneinheit wurden bei einer Größe der Druckfläche von 322,5
                              										cm2 von rund 21 kg/cm2 bis auf rund 28 kg/cm2 gesteigert, während die Drehzahlen in der Minute
                              									zwischen 425 bis 460 gehalten wurden. Die gleichmäßig eingeregelte Kühlwassermenge
                              									betrug während der ganzen vierstündigen Versuchsdauer 177 l/Std., die bei höchster
                              									Belastung gemessene Temperatur des Druckkammes 44,5°. Der Versuch wurde in der
                              									Weise durchgeführt, daß zwei Drucklager gleicher Art auf einer durch einen
                              									Treibriemen von einem Elektromotor angetriebenen gemeinsamen Welle angeordnet
                              									wurden. Das eine Drucklager ruhte auf festem Fundament, während das andere auf einen
                              									Schlitten gesetzt war (s. Abb. 9). Der Achsialschub
                              									wurde hydraulisch erzeugt. Der Stromverbrauch des Motors betrug bei Leerlauf
                              									ungekuppelt 2 Amp., bei Einrückung der unbelasteten Druckwelle 8 Amp. Die weiteren
                              									Messungsergebnisse gibt die nachstehende Tabelle.
                           
                              
                                 
                                 Strom-verbrauch
                                 Umdr.i. d. Min.
                                 Ges. Ach-sialschub
                                 Oel-temperat.
                                 Wasser-temperatur(° C)
                                 Lager-temperatur(° C)
                                 
                              
                                 Amp.
                                 Volt
                                 kg
                                 ° C
                                 Eintr.
                                 Austr.
                                 vorn
                                 hinten
                                 
                              
                                 615
                                 17
                                 420
                                 425
                                 6800
                                 17,2
                                 13,9
                                 21,1
                                 30,6
                                 28,9
                                 
                              
                                 630
                                 17
                                 420
                                 435
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 22,8
                                 31,7
                                 30
                                 
                              
                                 645
                                 17
                                 420
                                 435
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 24,4
                                 33,3
                                 32,2
                                 
                              
                                 700
                                 17
                                 420
                                 440
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 27,8
                                 35
                                 33,3
                                 
                              
                                 715
                                 17
                                 420
                                 440
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 28,9
                                 35,6
                                 33,9
                                 
                              
                                 730
                                 17
                                 420
                                 445
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 29,4
                                 36,1
                                 34,5
                                 
                              
                                 745
                                 15
                                 420
                                 445
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 29,4
                                 36,1
                                 35
                                 
                              
                                 800
                                 15
                                 420
                                 445
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 30
                                 36,7
                                 35
                                 
                              
                                 815
                                 15
                                 420
                                 450
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 30
                                 36,7
                                 35
                                 
                              
                                 830
                                 15
                                 420
                                 455
                                 6800
                                 –
                                 13,9
                                 30
                                 36,7
                                 35
                                 
                              
                                 845
                                 14
                                 450
                                 455
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 30
                                 36,7
                                 35
                                 
                              
                                 900
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 30
                                 36,7
                                 35,6
                                 
                              
                                 915
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 31,1
                                 36,7
                                 35,6
                                 
                              
                                 930
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 31,1
                                 36,7
                                 35,6
                                 
                              
                                 945
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 31,7
                                 37,2
                                 36,1
                                 
                              
                                 1000
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 –
                                 13,9
                                 32,2
                                 37,8
                                 36,7
                                 
                              
                                 1015
                                 14
                                 450
                                 460
                                 9070
                                 26,7
                                 13,9
                                 32;2
                                 37,8
                                 36,7
                                 
                              
                           Aus den Meßwerten läßt sich die Reibungziffer des Lagers auf zweierlei Weise
                              									ermitteln, einmal aus der Leistung des Motors, sodann aus der Wärmeaufnahme des
                              									Kühlwassers. Beide Ergebnisse zeigen mit 0,0015 bzw. 0,0012 praktisch gute
                              									Uebereinstimmung. Ein Vergleich mit dem normalen Ring- oder Bügeldrucklager, bei dem
                              									etwa 20 bis 25 mal größere Werte festgestellt werden, weist überzeugend auf den
                              									Vorteil der neuen Drucklagerform hin. (Engineering 18. Dezember 1914 und 8. Oktober
                              									1915.)
                           Kraft.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Beitrag zur Berechnung von Kegelreibkupplungen und über Reibung
                                 										und Schmierung. Im Jahre 1870 gab Reuleaux für
                              									den bei Kegelreibkupplungen erforderlichen Anpressungsdruck die Gleichung
                              										Q=\frac{P\,\mbox{sin}\,\alpha}{\mu} wo P die zu übertragende Kraft, μ die Reibungzahl und α den Kegelwinkel
                              									bedeuten. Weisbach glaubte, die beim Ineinanderschieben
                              									der Kegel in achsialer Richtung widerstehende Reibung berücksichtigen zu müssen, und
                              									ersetzte den oben angegebenen Ausdruck durch die Gleichung
                              										Q=\frac{P}{\mu}\,(\mbox{sin}\,\alpha+\mu\,\mbox{cos}\,\alpha),
                              									die allgemein in der Literatur Aufnahme fand, z.B. bei Bach und in zahlreichen Auflagen der „Hütte“. Nach Bonte hält sie einer kritischen Untersuchung nicht stand. Im
                              									achsialen Sinne werde nämlich vom Beginn des Anpressens an nur ein sehr kleiner, der
                              									elastischen Formänderung und der Abnutzung der Kupplungshälften während eines
                              									einmaligen Einrückens entsprechender Weg zurückgelegt, und daher sei zur
                              									Ueberwindung der Reibung in Achsenrichtung eine überaus geringe Kraft erforderlich,
                              									die bei der Rechnung vernachlässigt werden könne. Aus der Formel Weisbachs will Bonte daher das
                              									zweite Klammerglied streichen. Bei dem Festhalten an der Weisbachschen Formel war schwerlich die Absicht leitend, durch den Zusatz
                              									von μ cos α einen
                              									Sicherheitszuschlag zu geben, denn mit größer werdendem Kegelwinkel verschwindet der
                              									Einfluß des Gliedes allmählich, und außerdem läßt sich der gleiche Zweck durch
                              									vorsichtige Wahl der Reibungzahl erreichen. Eher dürfte durch genaue Kenntnis des
                              									Verhaltens im Betriebe befindlicher Reibungskupplungen das Festhalten an der Formel
                              										Weisbachs zu rechtfertigen sein. Bonte entschloß sich daher, durch Versuche im
                              									Maschinenlaboratorium der Technischen Hochschule Karlsruhe diese Frage zu klären.
                              									Für verschiedene Kegelwinkel rechnete er das Drehmoment sowohl nach der älteren wie
                              									nach der gebräuchlichen Formel aus und verglich das Ergebnis mit dem durch Messung
                              									festgestellten. Es zeigte sich, daß die Gleichung von Reuleaux viel mehr der Wirklichkeit entspricht als der gegenwärtig meist
                              									der Rechnung zu Grunde gelegte Ausdruck.
                           Noch weitere bemerkenswerte Beobachtungen wurden bei den erwähnten Versuchen gemacht.
                              									So stellte man unter anderen fest, daß der Glättezustand arbeitender Flächen von
                              									auffallend starkem Einfluß auf die Größe der Reibungzahl ist. Daher ließe sich z.B.
                              									durch sorgfältige Bearbeitung von Zapfen, Zahnrädern und Schnecken dem lästigen
                              									Heißlaufen von Lagern bzw. Verlusten bei der Uebersetzung wirksam vorbeugen.
                              									Bei der Herstellung von Zapfen erweist sich als brauchbares Hilfsmittel für derartig
                              									genaue Arbeit die in der Abbildung dargestellte, in Deutschland noch wenig bekannte
                              									Glättrolle. Diese wird auf der Drehbank fest gegen den umlaufenden Zapfen gedrückt
                              									und durch ihre gehärtete und polierte Oberfläche ein sehr glattes, vollständig
                              									rißfreies Ergebnis erzielt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 98
                              
                           Weiter zeigten Bontes Versuche, daß Acheson-Graphit in der Form von „Oildag“ als Schmiermittel
                              									reibungsvermindernd wirkt. Man konnte dies bei weniger glatten Flächen in höherem
                              									Maße als bei völlig glatten feststellen. Ferner gab der durch deutsche Chemiker für
                              									die russischen und amerikanischen Schmieröle gefundene Ersatz den ausländischen
                              									Erzeugnissen an Güte nichts nach. Da der Preis ein weit geringerer ist, hat der
                              									Krieg hier wie in manchen anderen Fällen fördernd auf die Technik eingewirkt. (Bonte, Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure Nr.
                              									51.)
                           Schmolke.
                           ––––––––––
                           Professor Dr. Ernst Mach, der berühmte Physiker, ist
                              									soeben, 78 Jahre alt, in München gestorben. Er hat kurz vor seinem Tode einen
                              									Schriftsatz über die „Prinzipien der Lichtlehre“ abgeschlossen. Die
                              										„Lichtlehre“ wird ein Parallelwerk zu seinen früheren Büchern über
                              										„Mechanik“ und „Wärmelehre“ bilden und ebenso wie diese eine
                              									historisch-kritische Entwicklung der Prinzipien liefern. An diesem Buche hat Mach bis in seine letzten Tage gearbeitet; es wird noch
                              									im Laufe des Jahres 1916 bei Johann Ambrosius Barth in Leipzig erscheinen.