| Titel: | Die Hausrohrpostanlage im neuen Geschäftsgebäude der Nordstern-Versicherungs-Gesellschaften in Berlin-Schöneberg am Nordsternplatz. | 
| Autor: | Kasten | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 102 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die Hausrohrpostanlage im neuen Geschäftsgebäude
                           								der Nordstern-Versicherungs-Gesellschaften in Berlin-Schöneberg am
                           								Nordsternplatz.
                        Von Baurat Kasten in
                           								Berlin.
                        KASTEN: Die Hausrohrpostanlage usw.
                        
                     
                        
                           Einleitung.
                           In jedem geordneten Geschäftsbetriebe ist die Führung und der Gebrauch von Akten
                              									nicht zu umgehen. Sie dienen zum Sammeln von Dokumenten und Schriftstücken, und zwar
                              									solchen, deren Wert und Gebrauch sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt.
                              									Schriftstücke, die ohne bleibenden Wert sind, sollten den Akten fern bleiben. Das
                              									Aufbewahren der sich aus dem laufenden Geschäftsbetriebe ergebenden Schriftstücke
                              									ist besonders in großen Unternehmungen notwendig, teils um dem Aufsichtsbeamten an
                              									Hand der Akten die Aufsicht über die ordnungsmäßige Erledigung des schriftlichen
                              									Verkehrs zu ermöglichen, teils um in die betreffende Dienststelle neu Eintretende
                              									das Einarbeiten zu erleichtern und dem Gedächtnis des in einer Stelle schon
                              									Beschäftigten zu Hilfe zu kommen.
                           Bei den Behörden besteht daher das Bestreben, die Akten so zu führen, daß die
                              									Bearbeitung jeder schwebenden Angelegenheit jedem in die Sache neu Eingeführten
                              									möglich ist. Es ergibt sich daraus meist ein ziemlich umfangreicher Bestand an
                              									Akten.
                           Zur besseren Uebersichtlichkeit werden in jedem Betriebe Akten, die den allgemeinen
                              									Dienst- und Geschäftsbetrieb, und solche, die einzelne Gegenstände behandeln,
                              									geführt (Acta generalia und spezialia nach dem alten Bureaukratenlatein). Bei den
                              									Behörden muß darauf Bedacht genommen werden, daß die Zahl der Einzelakten nicht zu
                              									groß wird, denn sonst ist das Auffinden von Schriftstücken („Vorgängen“ in
                              									der Bureaukratensprache genannt) wegen des Ineinandergreifens der einzelnen
                              									Dienstzweige sehr schwierig.
                           Die Akten der Behörden werden fortlaufend geführt und mit der Jahreszahl des Beginns
                              									bezeichnet. Die Stärke der Bände ist durch die Handlichkeit begrenzt und dem
                              									Ermessen des Registrators überlassen.
                           In dem Betriebe einer Versicherungsgesellschaft, der uns im Folgenden
                              									beschäftigen wird, ergeben sich außer den Akten über den allgemeinen
                              									Geschäftsbetrieb eine große Anzahl Einzelakten, und zwar wird für jeden
                              									Versicherungsfall ein besonderes Aktenstück angelegt. Sie weichen aber nicht nur
                              									hinsichtlich ihres Umfanges und ihrer Zahl, sondern auch ihrer Benutzungsweise von
                              									den Akten der Behörden ab.
                           Bei den Behörden werden die Akten bei einer Dienststelle erheblich länger gebraucht;
                              									das Ineinandergreifen der Dienstzweige führt oft dazu, daß ein Aktenstück von dem
                              									einen zum nächsten und zuweilen noch weiteren Beamten wandert, ohne die Registratur
                              									zu berühren. Es kommt daher vor, daß Aktenstücke auf lange Zeit im Umlauf
                              									bleiben.
                           Bei einer Versicherungs-Gesellschaft ergibt sich schon aus dem Vorhandensein der in
                              									sich abgeschlossenen Aktenstücke, daß für jeden Fall jedes nur von einem Beamten für
                              									eine Erledigung und zumeist auch nur kurze Zeit gebraucht wird. Es wird von ihm
                              									daher stets von dem Archiv angefordert und nach Benutzung durch ihn und die sonst
                              									noch in Betracht kommenden Dienststellen dorthin zurückgesandt werden.
                           Hiermit steht die in neuerer Zeit oft erörterte Frage in engem Zusammenhange, ob es
                              									praktischer ist, die Akten auf die einzelnen Dienststellen zu verteilen und ihnen
                              									die Führung zu übertragen, oder Akten einer ganzen Abteilung oder einer Behörde zu
                              									einem Sammelarchiv zu vereinigen.
                           In den Zentralbehörden sind bis jetzt noch die früher allgemein üblichen
                              									Sammelregistraturen vorhanden. In den Bezirksbehörden findet man dagegen schon
                              									häufig eine Verteilung durchgeführt, daneben aber auch noch Sammelregistraturen.
                           In den Aufsichts- und Betriebsbehörden, z.B. den Betriebs- und Maschinenämtern der
                              									Eisenbahnverwaltung, den Postämtern usw. sind dagegen die wenig umfangreichen Akten bei den
                              									einzelnen Dienststellen untergebracht.
                           Es geht daraus hervor, daß es sich dabei hauptsächlich um eine Raumfrage handelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 102
                              Abb. 1.Büchse
                              
                           Will man Sammelarchive anlegen, die vor der Verteilung der Akten auf die
                              									Dienststellen bei größerer Anzahl der letzteren zweifellos große Vorteile (leichte
                              									Uebersicht, bessere Behandlung durch geübtes Registraturpersonal usw.) bietet, so
                              									sind zeitraubende und kostspielige Botengänge erforderlich. Wenn sich diese durch
                              									billigere und schneller arbeitende Fördereinrichtungen ersetzen lassen, so steht der
                              									Einrichtung eines Sammelarchivs für ein Verwaltungs- und Geschäftsgebäude nichts
                              									mehr im Wege.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 102
                              Abb. 2.Berechnung des Rohrbogens
                              
                           Das Archiv der drei Nordstern-Lebensversicherungs-Gesellschaften in Berlin-Schöneberg
                              									ist in dem für Bureauzwecke nicht geeigneten unteren Dachgeschoß, dem eigentlichen
                              									Dachboden, untergebracht. Dabei können die einzelnen Abteilungen nicht senkrecht
                              									über den zugehörigen Bureaus gelegt werden, so daß man, abgesehen von den zwischen
                              									den einzelnen Bureauabteilungen erwünschten Verbindungen, nicht mit den nur in
                              									senkrechter Richtung fördernden und allgemein üblichen Aktenaufzügen auszukommen
                              									vermag, sondern entweder diese durch eine wagerecht fördernde Einrichtung
                              									ergänzen muß, wenn man nicht ein die Aufgabe in der vollkommensten Weise lösendes
                              									Fördermittel, das sowohl zur senkrechten wie zur wagerechten Förderung geeignet ist,
                              									anwenden will.
                           Aktenaufzüge würden sich durch Förderbänder ergänzen lassen, die aber zum handlichen
                              									Be- und Entladen in Tischhöhe geführt werden müssen und daher die Arbeitsräume
                              									versperren. Die für solche Aufgaben in der Fördertechnik ausgeführten
                              									raumbeweglichen Becherwerke sind wegen ihres Geräusches für ein Bureauhaus nicht
                              									verwendbar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 102
                              Abb. 3.Verschluß der Büchse
                              
                           Das einzige Fördermittel, bei dem sich wagerechte und senkrechte Förderstrecken ohne
                              									verwickelte Uebergangseinrichtungen beliebig aneinander reihen lassen, ist die
                              									Rohrpost. Auch lassen sich mit ihr die an die Feuersicherheit zu stellenden
                              									Anforderungen am leichtesten erfüllen, weil die Rohre fest in die Wände und Decken
                              									eingemauert werden. Der Forderung des geräuschlosen Betriebes läßt sich mit ihr am
                              									leichtesten entsprechen. Das Treibmittel, die Luft, läßt bei richtiger Ausgestaltung
                              									der Apparate und Rohre einen geräuschlosen Betrieb leicht durchführen. Das einzige
                              									Geräusch, das die Arbeiten in den Bureaus stören würde, geht von dem Gebläse aus,
                              									das aber durch richtige Aufstellung in einem geeigneten Kellerraum und durch eine
                              									richtig durchgeführte Isolierung, die hier vollkommen gelungen ist, von den
                              									Arbeitsräumen ferngehalten werden kann.
                           Die Apparate lassen sich so ausbilden, daß sie, wenn Wert darauf gelegt wird, ohne
                              									Bedenken in den Arbeitsräumen aufgestellt werden können.
                           Vor allen anderen Fördermitteln hat die Rohrpost den großen Vorzug, daß auf den
                              									Beförderungsstrecken keine der Abnutzung und Wartung unterworfenen Teile vorhanden sind. Alle
                              									beweglichen Teile sind auf die Apparate an den Rohrenden beschränkt, die das
                              									Bedienungspersonal stets vor Augen hat. Bei richtiger Bedienung ist deren Abnutzung
                              									sehr gering, während die Fahl röhre mit der Zeit innen glatter werden und ihre
                              									Abnutzung, soweit von einer solchen überhaupt zu reden ist, die Betriebsverhältnisse
                              									verbessert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 103
                              Abb. 4.Empfangs- und Absendeapparat
                              
                           Die Beförderung von Aktenstücken zwingt zur Vergrößerung des Rohrdurchmessers, der
                              									bei den üblichen Hausrohrpostanlagen in den Geschäftshäusern zwischen 40, 65 und 75
                              									mm wechselt und nur selten bis 100 mm hinaufgeht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 103
                              Abb. 5.Querschnitt durch die Tür
                              
                           Es wurde nach dem größten, 1500 bis 2000 g wiegenden Aktenstück ein Rohrdurchmesser
                              									von 150 mm gewählt. Daraus ergab sich ferner die Unmöglichkeit, die
                              									Horizontalstrecken und die Uebergangsbögen in den Zwischengeschossen unterzubringen.
                              									Hierzu eignete sich der obere Dachboden (Spitzboden) am besten, der für die
                              									Unterbringung der Fahrrohre Platz genug bot.
                           Die Rohrführung für ein Fahrrohr ergibt sich hieraus von selbst. Das Rohr steigt
                              									zunächst senkrecht an, geht dann mit einem Bogen in die im Spitzbogen verlegte
                              									wagerechte Strecke und mit einem gleichen Bogen in die senkrecht zur zweiten Station
                              									abfallende Strecke über (vgl. auch das Schaltbild, Abb.
                                 										6). Aus dieser Rohrführung und dem großen Rohrdurchmesser ergibt sich
                              									ferner nicht nur die Konstruktion der Apparate mit senkrechter Empfangs- und
                              									Absendekammer, sondern auch die Betriebsweise.
                           Für die Ausführung mußte ein ganz neuer Entwurf aufgestellt werden, weil die bei
                              									einem Wettbewerb eingereichten Entwürfe auf den üblichen, bei kleinen Anlagen gut
                              									bewährten, hier aber nicht anwendbaren Verfahren beruhten.
                           Beispielsweise war die von den meisten Bewerbern vorgesehene Klappe zum Auswerfen der
                              									Patronen, wie sie bei Saugluftrohrnetzen möglich ist, hier wegen der Größe und des
                              									Gewichts nicht brauchbar. Auch der bei Hausrohrpostanlagen gut eingeführte Betrieb
                              									mit dauernd im Fahrrohr strömender Luft war schon wegen des durch den großen
                              									Rohrdurchmesser bedingten Luftverbrauchs nicht zu benutzen.
                           Wenn auch das Treiben von großen Büchsen durch ein Fahrrohr keine besonderen Schwierigkeiten macht,
                              									und auch der auf eine große Fläche wirkende Triebdruck zum Heben der Büchsen in der
                              									ansteigenden Rohrstrecke ausreicht, so erschien es hier doch zur Verminderung des
                              									Luftverbrauchs ratsam, eine Betriebsweise zu wählen, bei der der Druck der Treibluft
                              									bei Beginn der Beförderung am größten ist. Die Saugluft wirkt nun wegen des
                              									Spannungsabfalles im Rohre beim Absenden, also auf den ansteigenden Strecken, wo die
                              									größte Arbeit zu leisten ist, am schwächsten und auf den abfallenden Strecken, wo
                              									die Büchse gebremst werden muß, am stärksten. Die Druckluft wirkt dagegen in
                              									Uebereinstimmung mit der Beförderungsarbeit bei Beginn der Fahrt am kräftigsten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 104
                              Abb. 6.Schaltbild im Aufriß. (Die neben den Stationsnummern eingetragenen
                                 										Zahlen geben die Fahrrohrlänge und die Fahrzeit in Sekunden an)
                              
                           Als am zweckmäßigsten und wirtschaftlichsten war demnach der Betrieb mit Druckluft,
                              									und zwar in je einem Fahrrohr hin und zurück anzusehen. Die Druckluft ermöglichte
                              									es, den Fall der Büchsen durch einen Luftbuffer geräuschlos abzubremsen. Daß eine
                              									Betriebsweise, bei der die Luft nur während der Beförderung verbraucht wird,
                              									billiger arbeitet als eine mit dauernd strömender Treibluft, bedarf keines
                              									Beweises.
                           Die Bestandteile einer mit Druckluft betriebenen Rohrpost, nämlich die Gebläse, die
                              									Luftverteilungsrohre, die Apparate, Fahrrohre und Büchsen sind so einfach, teilweise
                              									auch als so bekannt vorauszusetzen, daß die Beschreibung kurz sein kann.
                           Die wichtigsten Teile einer Rohrpost sind die Büchsen und die Apparate.
                           Die Form und Größe der Büchsen richtet sich nach dem zu befördernden Gegenstande, und
                              									zwar nach dem mit den größten Abmessungen und mit dem größten Gewicht. Das Gewicht
                              									des größten Aktenstückes war hier zu 2000 g anzunehmen, der nutzbare Laderaum
                              									für das zusammengerollte Aktenbündel zu 120 × 400 mm. Bei dem Rohrdurchmesser von
                              									150 mm bleibt zwischen dem Mantel der Büchse und der Rohrwandung ein Spielraum von
                              									13 mm. Zur Abdichtung und Verminderung der Reibung ist die Büchse (Abb. 1) mit zwei Manschetten (Treibringen) versehen.
                              									Aus der Länge, dem Durchmesser und der Gestalt der Büchse ergibt sich der kleinste
                              									Bogenhalbmesser nach Abb. 2 zu 3,0 m.
                           Besondere Aufmerksamkeit erfordert ein sicherer und leicht zu handhabender Verschluß.
                              									Um den Laderaum nicht zu verengen, müssen seine Befestigungsteile so wenig Platz wie
                              									möglich einnehmen, dabei aber doch genügend kräftig sein, um der oft unsachgemäßen
                              									Behandlung durch das technisch ungeschulte Bedienungspersonal widerstehen zu
                              									können.
                           Der Verschluß (Abb. 3) besteht aus einer an der Büchse
                              									befestigten Klappe mit einer Verriegelung. Der Riegel ist so geformt, daß er bei
                              									geöffneter Stellung über den Rand der Büchse hinausragt. Daraus ergibt sich, daß
                              									keine Büchse mit unverriegeltem Deckel in das Fahrrohr eingeführt werden und der
                              									Verschluß sich während der Fahrt nicht öffnen kann. Der Verschlußdeckel trägt
                              									außerdem noch die zur Kennzeichnung der Empfangsstelle dienende Einstellvorrichtung,
                              									die aus einer drehbaren Scheibe mit der Nummer der Stationen und einer Raste mit
                              									Pfeil besteht.
                           Die der Abnutzung unterworfenen Teile sind leicht auswechselbar; zu diesen gehört
                              									auch der am Kopfende angebrachte Filzbuffer, der aus zwei Teilen zusammengesetzt
                              									ist.
                           Die Form des Filzbuffers entspricht dem zum Abbremsen der letzten lebendigen Kraft
                              									der Büchse im Empfangsapparat (Abb. 4) angebrachten Buffer.
                              									Aus der schon erläuterten Betriebsweise folgt, daß die Apparate sowohl zum Senden
                              									wie zum Empfangen benutzt werden; daraus ergibt sich auch ihre Konstruktion.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 105
                              Abb. 7a.Schaltbild im Grundriß
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 105
                              Abb. 7b.Schaltbild im Grundriß
                              
                           Beim Absenden muß die Büchse leicht eingeführt und in dem Apparat gelagert
                              									werden können.
                           Die Treibringe müssen den Querschnitt gut abdichten, damit keine Luft vorbeiströmen
                              									kann und der Druck der Treibluft voll für die Beschleunigungsarbeit ausgenutzt wird.
                              									Beim Empfangen muß die von der Büchse verdrängte Vorluft abströmen und der Fall der
                              									Büchse aufgefangen und so abgebremst werden, daß kein störendes Geräusch entsteht
                              									und die Büchse nicht beschädigt und zusammengestaucht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 105
                              Abb. 8.Rohrposteinzelstation offen, mit eingeladener Büchse
                              
                           Am kräftigsten und geräuschlosesten wirkt ein Luftbuffer, der sich beim
                              									Druckluftbetrieb sehr einfach durch Ableiten der Vorluft oberhalb der Empfangskammer
                              										(Abb. 4) bilden läßt. Während die Büchsen
                              									oberhalb der Kammertür das Rohr vollkommen abschließen und die zwischen dem Boden
                              									des Apparates und der Abzweigung der Vorluft eingeschlossene Luft als vollkommener
                              									Buffer wirkt, wird die Wirkung, sobald die Büchse die als einfache drehbar
                              									ausgebildete Kammertür erreicht hat, dadurch abgeschwächt, daß die Tür mit ihrem
                              									Vorsprung das Rohr nicht völlig abdichtet (Abb. 5).
                              									Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines weiteren mechanisch wirkenden Buffers am
                              									Boden des Apparates, der gleichzeitig mit einem die Ankunft und das Absenden der
                              									Büchsen durch Lampen anzeigenden Kontakt verbunden ist.
                           Nach dem Schaltbild im Aufriß (Abb. 6) sind die
                              									Stationen nicht unmittelbar miteinander verbunden, sondern verkehren über eine
                              									Sammelstelle miteinander.
                           Das Schaltbild stellt die Abwicklung der Mittelebene des Gebäudes dar, das nach Abb. 7 einen dreieckigen Grundriß hat.
                           Es sind im ganzen 26 Stationen vorhanden, die größtenteils zur Vereinfachung der
                              									Rohrführungen zu sechs Reihen von zwei bis fünf Apparaten vereinigt sind.
                           Abb. 7 zeigt die Verteilung der Apparate und
                              									Stationsreihen auf dem Grundriß des Gebäudes.
                           Die Stationen einer Reihe sind übereinander etwas versetzt angeordnet, um die
                              									Fahrrohre ohne Bogen abwärts führen zu können. Auch die Treibluft- und Vorluftrohre
                              									steigen ohne Bogen senkrecht empor, so daß die Anschlußrohre für die Zuführung der
                              									Treibluft und die Ableitung der Vorluft zu den Apparaten an den Stationen einer
                              									Reihe in jedem Stockwerk verschieden lang sind. Diese Rohrführung wurde durch die
                              									Konstruktion des Gebäudes sehr erleichtert. Die Zwischenwände bestehen nämlich aus
                              									Pfeilern mit dazwischen gespannten Füllwänden. Die dadurch gebildeten Nischen
                              									reichten zur Unterbringung des Apparates, der zu den unteren Stationen führenden
                              									Fahrrohre und des Treibluft- und Vorluftrohres bei der obersten Station einer aus
                              									fünf Stationen bestehenden Reihe gerade noch aus. In den Stationen sind nur die
                              									Apparate (Abb. 8) sichtbar, die übrigen Rohre sind
                              									durch eine Verkleidung, die aus einer dünnen Wand besteht, verdeckt.
                           Entsprechend der Zahl der Stationen enthält die im oberen Geschoß aufgestellte
                              									Zentrale 26 Apparate, die in vier Reihen aufgestellt sind, von denen zwei mit dem
                              									zwischen ihnen freigelassenen Bedienungsgang in Abb.
                                 										9 zu erkennen sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 106
                              Abb. 9.Blick in die Zentrale
                              
                           Die Fahrrohre bestehen aus schmiedeeisernen Rohren, die mit straff über die Enden
                              									gezogenen Muffen verbunden sind. Trotz der günstigen räumlichen Verhältnisse waren
                              									beim Bau des Fahrrohrnetzes mancherlei Hemmnisse zu überwinden. Wegen der großen
                              									Zahl der aus der Zentrale aufsteigenden Rohre (Abb.
                                 										10) konnte die Decke erst nach dem Einbau der Rohre gespannt werden. Der
                              									Spitzboden bot zwar reichlichen Raum für die Unterbringung der Rohre; wegen des
                              									dreieckigen Grundrisses der bebauten Fläche waren auch zahlreiche wagerechte Bogen
                              									anzulegen. Ueber den in der Nähe der Zentrale gelegenen Stationsreihen zeigt die
                              									Rohrführung (Abb. 11) ein recht verwickeltes
                              									Bild.
                           Damit die Uebergangsbogen nicht zu tief in das darunterliegende Archiv hinabreichen (Abb. 12), sind die Bogen nach Abb. 6 und 11 überhöht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 107
                              Abb. 10.Rohrführung oberhalb der Zentrale im Dachgeschoß. 26 Fahrrohre, 3
                                 										Druckluft- und 3 Vorluftrohre
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 107
                              Abb. 11.Rohrführung oberhalb der Stationsreihe VI
                              
                           Die Stationen sind zwar nach Abb. 13 mit einer
                              									Signaleinrichtung versehen, die das Besetztsein eines Rohres mit einer roten, die
                              									Ankunft einer Büchse mit einer grünen Lampe anzeigt; um durch beliebiges Abstellen
                              									der Treibluft für einen sparsamen Luftverbrauch zu sorgen, ist eine selbsttätige von
                              									der eintreffenden Büchse betätigte Abstellvorrichtung nach Abb. 14 angebracht. Sie wird von dem unter dem Boden des Apparates
                              									angebrachten Kontakt (Abb. 4) durch einen Magneten
                              									betätigt, der in demselben Stromkreis liegt, wie die grün bzw. rot leuchtende
                              									Ankunftssignallampe (Abb. 14). Der Magnet bewegt
                              									einen Steuerkolben, der Treibluft unter den Luftschieber treten läßt und diesen in
                              									die Abschlußstellung verschiebt (Abb. 14b).
                           
                        
                           Die Maschinenanlage.
                           Der bei einer mit Druckluft arbeitenden Rohrpost stark wechselnde Luftverbrauch
                              									erfordert eine Regelung der Maschinenleistung, die außerdem sich der wechselnden
                              									Benutzung anpassen muß. Die bekannten von einem Kontaktmanometer gesteuerten
                              									selbsttätigen Ein- und Ausschaltevorrichtungen haben bei deren geringem Spielraum,
                              									der sich aus dem niedrigen Druck der Arbeitsluft ergibt, den Nachteil, daß das
                              									Gebläse nur immer sehr kurze Zeit zur Ruhe kommt und fortgesetzt ein- und
                              									ausgeschaltet werden muß. Darunter leidet die Anlaßvorrichtung und auch die
                              									Wirtschaftlichkeit wird herabgesetzt, weil der zur Beschleunigung des Gebläses
                              									aufzuwendende Strom bei größeren Maschinen nicht unbeträchtlich zunimmt. Eine von
                              									einem Kontaktmanometer gesteuerte Schaltung hat ferner den Nachteil, daß der Druck
                              									der Treibluft
                              									während der Anlaufzeit sehr stark sinkt. Der Einschaltekontakt wird, wie es in der
                              									Natur der Sache liegt, berührt, wenn die Rohrpost besonders stark benutzt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 108
                              Abb. 12.Rohrbogen im Archiv
                              
                           Ein Absinken der Spannung läßt sich zwar durch Aufspeichern
                              									von Luft in Behältern verringern, doch läßt sich ein ausreichender Speicherraum in
                              									einem Geschäftshause meist nicht unterbringen. Jedenfalls sollte man, wie es hier
                              									geschehen ist, die Luftbehälter an der Stelle des größten Luftverbrauchs, also in
                              									der Nähe der Zentrale und der Stationsreihen, aufstellen (Abb. 6).
                           Um den Betrieb für alle Fälle sicher zu stellen, ist außer der Betriebsmaschine ein
                              									Aushilfsgebläse gleicher Leistung vorgesehen. Das erstere läuft dauernd,
                              									während das zweite durch ein Kontaktmanometer nach Bedarf zugeschaltet wird. Das
                              									dauernd laufende Gebläse ist, um die Treiblufterzeugung sofort wirksam wieder beim
                              									Verbrauch bis auf den niedrigsten Luftdruck aufnehmen zu können, mit einer
                              									Umschaltung versehen, durch die das Druckrohr von Leerlauf und Vollast umgeschaltet
                              									wird (Abb. 15).
                           Die sehr einfache und sicher wirkende Vorrichtung besteht aus dem in das Druckrohr
                              									eingeschalteten Kolbenschieber und einem vom Druck der Treibluft unmittelbar
                              									beeinflußten Steuerschieber, der, um eine gewisse Unempfindlichkeit zu erreichen,
                              									durch eine Raste in seinen beiden Endstellungen gesichert wird.
                           Die Anlage hat, trotzdem zur vorherigen Erprobung ihrer teilweise neuen und für den
                              									Betrieb besonders entworfenen Teile keine Zeit zur Verfügung stand, vom Beginn des
                              									Betriebes an sicher gearbeitet. Die Bedienung der Apparate und die Handhabung der
                              									Büchsen ist so einfach, daß selbst in der ersten Betriebszeit von der noch
                              									ungeschulten, technisch nicht vorgebildeten Bedienung nur selten Störungen durch
                              									falsche Handgriffe verursacht worden sind.
                           Die Bedienung und Wartung der Gebläseanlage erstreckt sich in der Hauptsache auf den
                              									elektrischen Teil; der mechanische Teil hat nur wenige Abnutzungs- und
                              									Schmierstellen. Diese beschränken sich auf die eingekapselten Zahngetriebe und die
                              									durchweg als Ringschmierlager ausgebildeten Lager der Gebläse und des
                              									Antriebmotors.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 108
                              Abb. 13.Schaltung der Signale
                              
                           Die Bedienungsvorschrift umfaßt außer den bekannten und allgemein giltigen
                              									Vorschriften für den elektrischen Teil nur Vorschriften für das Einschalten bei
                              									Beginn und das Ausschalten bei Beendigung der täglichen Betriebszeit. Beim
                              									Einschalten werden die selbsttätigen Schaltvorrichtungen probiert.
                           Die Anlagekosten belaufen sich auf etwa 100000 M, davon entfallen rund 30000
                              									M auf die Fahrrohre, 38000 M auf die Apparate, 12000 M auf die Maschinenanlage und
                              									der Rest auf die Zubehörteile (Luftrohre, Signale, Büchsen usw.).
                           Im Vergleich zu anderen Fördervorrichtungen sind die Anlagekosten mit Rücksicht auf
                              									den Umfang der Anlage als sehr mäßig anzusehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 109
                              Abb. 14a.Abstellvorrichtung
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 109
                              Abb. 14b.Schnitt durch die Abstellvorrichtung
                              
                           Wie schon erwähnt, stand zur Herstellung der Anlage nur eine kurze Zeit, etwa sieben
                              									Monate, zur Verfügung, von der ein erheblicher Teil (drei Monate) in den
                              									Kriegsanfang fiel. Daß die Anlage trotz allem in dieser kurzen Zeit hergestellt
                              									worden ist, ist der Erbauerin, der Firma Paul Hardegen
                              									& Co. in Berlin, als anerkennenswerte Leistung
                              									anzurechnen, zumal, wenn man bedenkt, daß rund 1950 m Fahrrohr mit rund 155 Bogen
                              									und Biegungen zu verlegen und 52 Apparate, die mit 9000 m Signalleitungen verbunden
                              									sind, aufzustellen waren.
                           Mehr noch als die Bauausführung ist das bis jetzt vorliegende Betriebsergebnis von
                              									der Ungunst der Zeiten beeinflußt worden. Ausgenommen sind die Stromkosten, die sich
                              									bei einem Satz von 16 Pf./KWS (Gleichstrom) auf 2400 M für ein Betriebsjahr und auf
                              									8 M für einen Betriebstag belaufen. Hierfür werden täglich rund 900 Büchsen
                              									befördert, so daß für eine Büchse im Durchschnitt 5,55 Wattstunden zum Preise von
                              									0,88 Pf. aufzuwenden sind. Das wirtschaftliche Ergebnis wird noch günstiger werden,
                              									wenn die Anlage, deren Leistung sich um das Doppelte steigern ließe, voll benutzt
                              									sein wird. Zurzeit ist der Anteil der Leerlaufsarbeit noch ziemlich groß.
                           Bei der günstigen Belastung, die ein Rohrpostgebläse wegen seiner Benutzung an den
                              									Tagesstunden für den Stromlieferer hat, kann man im günstigen Falle, d.h. beim
                              									Anschluß an ein großes Drehstromwerk mit einem erheblich niedrigen Strompreis
                              									rechnen.
                           Die Rohrpost hat sich auch in diesem Falle als ein sehr wirtschaftlich arbeitendes
                              									Fördermittel gezeigt und den viel verbreiteten Irrtum widerlegt, daß die Umsetzung
                              									der elektrischen Kraft in Treibluft, wie sie die Rohrpost verlangt,
                              									unwirtschaftlicher sei, als der unmittelbare elektrische Antrieb anderer
                              									Fördermittel (z.B. von Aufzügen, Förderbändern und Seilposten).
                           Der große Umfang der Rohrpost im Nordstern-Hause und ihr großer Rohrdurchmesser legt
                              									nur die Frage nahe, ob sie nicht wegen ihrer ungewöhnlichen Abmessungen und
                              									Benutzungsweise als eine Einzelerscheinung anzusehen ist. Die bisherigen
                              									Betriebsergebnisse, die sich, soweit sie den Geschäftsbetrieb durch die
                              									Beschleunigung im Aktenverkehr günstig beeinflussen, nicht durch Zahlen erfassen
                              									lassen, sind indes als so günstig anzusehen, daß man in allen Geschäftsbetrieben mit
                              									einer großen Zahl von Einzelakten, hauptsächlich also bei allen Behörden und
                              									Unternehmungen des Versicherungsbetriebes, sei es nun Alters-, Invaliden-, Lebens-,
                              									Unfallversicherung usw., sich ihrer mit Vorteil bedienen wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 109
                              Abb. 15.Umschaltevorrichtung
                              
                           Die baulichen Schwierigkeiten lassen sich bei Neubauten leicht überwinden. Zum
                              									Unterbringen der wagerechten Strecken der Fahrrohre wird man bei der Bevorzugung des
                              									Steildaches in der neuzeitlichen Baukunst stets Platz finden.
                           Auch der nachträgliche Einbau wird in den meisten Versicherungsgebäuden entgegen
                              									aller baulichen Hemmnisse möglich sein, wenn man weniger hohe Ansprüche an die Raumwirkung stellt, als
                              									dies in dem auf einer hohen künstlerischen Stufe stehenden Nordsternhause mit Recht
                              									geschehen ist.
                           Das Verkleiden der zur Aufnahme der Fahrrohre dienenden Nischen mit Wänden, die in
                              									der Ebene der Zwischenwände und daher als deren Fortsetzung erscheinen, ist nur bei
                              									einem Bau von der Konstruktion des Nordsternhauses möglich, es liegt aber nichts im
                              									Wege, die Rohre in vorhandenen Gebäuden vor den Wänden zu verlegen; die Verkleidung
                              									an dem Apparat einer Stationsreihe würde dann als eine mehr oder weniger breite
                              									Pfeilervorlage erscheinen.
                           Zum Schluß seien noch einige Angaben über die Abmessungen der Anlage gemacht:
                           Leistung jedes der beiden Gebläse 13 bis 15 m3/Min.,
                           Kraftbedarf 10 PS,
                           Umlaufzahl in der Minute 170 bis 200,
                           Luftspannung im Mittel 1500 mm WS,
                           Länge der Fahrrohre 1942 m,
                           Durchmesser der Fahrrohre 150 mm,
                           Laderaum der Büchse 400 × 120 mm,
                           Leergewicht der Büchse 1400 g,
                           Größtes Gewicht einer vollen Büchse 5400 g,
                           Zahl der täglich beförderten Büchsen 900 bis 1000.
                           Die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit ist 8 m/Sek.; die kürzeste Strecke von 24 m
                              									der Station 1 wird in drei Sekunden, die längste der Station 17 in 17 Sekunden, also
                              									mit 10 m/Sek., zurückgelegt. Die Länge der Rohre und die Fahrzeit ist in dem
                              									Schaltbild (Abb. 6) bei jeder Einzelstation
                              									eingetragen. Beispielsweise erfordert die Uebermittlung einer Büchse von der Station
                              									1 zu Station 17 an Fahrzeit 20 Sekunden. Bei der Durchschnittslänge von etwa 70 m
                              									ist zwischen zwei Einzelstationen eine Fahrzeit von 18 Sekunden aufzuwenden. An
                              									Kürze der Fahrzeit wird die Rohrpost von keinem anderen Fördermittel im
                              									Austausch von Schriftstücken innerhalb eines Gebäudes übertroffen.
                           
                        
                           Inhaltsübersicht.
                           Aus der Aufgabe und Benutzungsweise der Akten bei den Behörden und größeren
                              									Unternehmungen werden die Gründe für und gegen die Anlage von Sammelarchiven oder
                              									Verteilung der Akten auf die einzelnen Dienst- und Geschäftsstellen erläutert.
                           Aus der Art und Benutzungsweise der Akten einer Versicherungsgesellschaft wird die
                              									Einrichtung eines Sammelarchivs begründet. Zur Verbindung des Archivs mit den
                              									einzelnen Stellen sind Fördermittel, und zwar neben den senkrecht fördernden
                              									Aktenaufzügen noch solche für eine wagerechte Beförderung erforderlich.
                           Es wird sodann behandelt:
                           1. Die Begründung der Wahl einer Rohrpost und Auswahl der Betriebsweise mit Druckluft
                              									und Hin- und Zurückbeförderung in einem Fahrrohr aus den für eine Hausrohrpost
                              									benutzbaren Betriebsweisen.
                           2. Die Entwicklung der Konstruktion der Büchse aus der Größe und dem Gewicht der
                              									Aktenstücke und der Konstruktion der Apparate aus der Betriebsweise und der Form der
                              									Büchse.
                           3. Die Schaltung und Ausführung des Rohrnetzes. Apparatgruppen in der Zentrale und
                              									Einzelapparate der Stationsreihen. Kennzeichnende Stellen des Rohrnetzes.
                           4. Die Beschreibung der Maschinenanlage. Begründung der elektrisch und mechanisch
                              									betätigten Regelung aus der Betriebsweise.
                           5. Zum Schluß werden Angaben über die Anlage- und Betriebskosten gemacht, und
                              									Hinweise über die weitere Benutzung von Aktenrohrposten gegeben, sowie die
                              									Hauptabmessungen angegeben.