| Titel: | „Kolbenmaschine ohne Kurbel“. Eine „Erfindung“. | 
| Autor: | R. Vater | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 110 | 
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                        „Kolbenmaschine ohne Kurbel“. Eine
                           									„Erfindung“.
                        Von Geh. Bergrat R. Vater, Professor an der Kgl. Bergakademie Berlin.
                        VATER: „Kolbenmaschine ohne Kurbel.“ Eine
                           								„Erfindung“.
                        
                     
                        
                           Ich habe ein Paar kleine technische Bücher geschrieben, die den gewählten Stoff
                              									offenbar sehr klar und anschaulich darstellen und ihn dadurch sehr einfach
                              									erscheinen lassen. Ich muß schon um Entschuldigung bitten, daß ich das hier
                              									scheinbar rühmend hervorhebe, es gehört aber unmittelbar zur Erklärung des
                              									Folgenden. Ich werde nämlich seit dieser Zeit alle Augenblicke von Erfindern
                              									beglückt, die mir unter Hinweis darauf, daß sie meine Bücher gelesen hätten (folgen
                              									gewöhnlich einige Schmeicheleien), meist unter der dringenden Bitte um strengste
                              									Vertraulichkeit ihre neueste Erfindung übersenden, deren Patentierung geplant oder
                              									bereits in die Wege geleitet sei, und die mich darum bitten, ihnen ein Gutachten
                              									über ihre die Technik so ungemein fördernde Erfindung einzusenden. Mein Papierkorb
                              									ist groß! Wenn ich aus ihm heute etwas heraushole, so geschieht es deswegen, weil es
                              									bei den gegenwärtigen ernsten Zeiten vielleicht ganz nützlich ist, auch auf
                              									technischem Gebiete einmal den Humor zu Worte kommen zu lassen. Wer der Erfinder der
                              									nachstehend beschriebenen „Kolbenmaschine ohne Kurbel“ ist, habe ich
                              									natürlich – mit Ausnahme des Namens – nie erfahren. Will man aber aus Handschrift
                              									und Stil einen Schluß ziehen, so dürfte er durchaus nicht etwa ungebildeten Kreisen
                              									entstammen.
                           Es wird das einfachste sein, die eingesandte Beschreibung hier wörtlich mitzuteilen.
                              									Auch die Zeichnung ist eine völlig getreue Wiedergabe des Originals, (das uns
                              									übrigens vorgelegen hat. Die Schriftleitung) sie mußte nur in etwas stärkeren Linien
                              									nachgezogen werden, da sie in Wirklichkeit in ganz dünnen Bleistiftlinien und in
                              									großem Formate ausgeführt ist, so daß sie bei unmittelbarer Verkleinerung zu
                              									undeutlich geworden wäre.
                           
                           . . . . . (Name)
                           Beschreibung, betr. „Kolbenmaschine
                           ohne Kurbel“.
                           Der mechanische Wirkungsgrad einer Maschine wird um so größer, je mehr sich die
                              									effektive Nutzleistung der indizierten Leistung nähert, d.h. in der Hauptsache, je
                              									geringer der Reibungsverlust in der Maschine wird. Letzterem Umstand wird durch
                              									Anwendung der auf beiliegendem Blatt skizzierten Konstruktion in möglichst
                              									vollkommenem Maße abgeholfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 111
                              
                           Die Krümmung des Dampfzylinders abcd
                              									entspricht dem Radius wx; letzterer kann ein
                              									beliebiges Vielfaches der Kolbenhublänge sein. Mit der gleichfalls gekrümmten
                              									Kolbenstange ef ist bei x der um die Achse w drehbare Hebel wx fest verbunden. Dieser Hebel ist über der
                              									Kreisscheibe ss gegabelt und bewirkt mittels des
                              									als Sperrklinke gezeichneten Mitnehmers m die Drehung
                              									der Scheibe. Das Schwungrad S dient lediglich dazu, den
                              									Rückgang des Kolbens zu regeln.
                           Zwei Arbeitszylinder, deren zugehörige Schubstangen an dem Schwungrad „um 180°
                                 										versetzt“ angreifen, würden für vielleicht die meisten Fälle eine genügend
                              									regelmäßige Drehung des Arbeitsrades ss
                              									bewirken.
                           *   *   *
                           Zwei gekrümmte Zylinder, gekrümmte Kolbenstangen, durch Sperrklinken (!) vorwärts bewegtes
                              										„Arbeitsrad“, außerdem noch ein Schwungrad, welches „ohne Kurbel“
                              									(Kurbelkreis g !!) „lediglich dazu dient, den Rückgang des Kolbens zu regeln“! Das
                              									ganze eine Konstruktion, die dem „Reibungsverlust in der Maschine in möglichst vollkommenem Maße abhilft“ (!!) – – –
                              									Wie wäre es mit der Gründung eines technischen Witzblattes? Ich stelle obige
                              										„Erfindung“ gern zur Verfügung.