| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Sander | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 123 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Die nutzbaren Kohlenlagerstätten Serbiens und ihre
                                 										wirtschaftliche Bedeutung für die Zentralmächte. (Geh. Bergrat Prof. Dr. P.
                              										Krusch, Metall und Erz 1916, Heft 4.)
                           Der serbische Kohlenbergbau befindet sich noch im Anfangsstadium. Kohle wurde zuerst
                              									im Jahre 1843 entdeckt. Man kennt heute Kohle aus verschiedenen Formationen, und
                              									zwar sowohl Stein-, als auch Braunkohlen.
                           
                        
                           A. Steinkohlen.
                           I. Steinkohle der Karbonformationen. Sie kommt vor a) zwischen Mlava und Pek, b) am
                              									Malenikberg. Nur das erstere Vorkommen ist genauer bekannt. Die dort auftretenden
                              									Flöze gehören einem höheren Horizonte des produktiven Karbons an. Im Hangenden der
                              									Flöze sind Lagen von Kohleneisenstein mit einer Mächtigkeit bis zu 30 cm bekannt.
                              									Vorläufig sind durch Stollen und Schürfschächte drei Kohlenflöze festgestellt, deren
                              									Mächtigkeit zwischen 0,2 und 2,5 m schwankt. Die Kohle (Magerkohle) ist ziemlich
                              									unrein und leicht zerbrechlich.
                           II. Steinkohle der Liasformation. Lias (Jura) kommt im Königreich Serbien nur
                              									verhältnismäßig selten, und zwar im Nordosten, vor. Er liegt auf kristallinen
                              									Schiefern. Die Steinkohlen treten in unregelmäßigen Linsen auf, die eine
                              									Beurteilung des Vorrates erschweren. Immerhin dürften die Liaskohlen für Serbien
                              									noch große Bedeutung erlangen. Die Kohle ist unrein, leicht zerbrechlich, sie muß,
                              									um verwendungsfähig zu sein, gewaschen und brikettiert werden. Sie ist nicht
                              									verkokbar, mager, sie brennt mit kurzer Flamme. Der Heizwert steigt bis zu 8000
                              									WE.
                           Liaskohlenbecken sind bekannt bei Dobra, wo sich die Drenkova-Liasformation Ungarns
                              									über die Donau fortsetzt. Die Kohle kommt in Linsen vor. Ihre Gesamtmächtigkeit
                              									beträgt 1 bis 10 m. Sie ist stark verunreinigt, so daß beim Waschen 25 v. H. der
                              									Förderung verloren gehen. Es werden in diesem Gebiete jährlich etwa 25 bis 30000 t
                              									gefördert. – Ferner im Becken von Miroc. Dieses Vorkommen gehört zu den größten
                              									Serbiens, es hat eine Länge von fast 30 km. Durch Schürfarbeiten waren 1913 vier
                              									Flöze bekannt von 0,50 bis 1,60 m Mächtigkeit. – Endlich im Becken von Zajecar mit
                              									Vrska-Cuka und Prljita im Timokflußgebiet. Die Kohle von Vrska-Cuka wird bereits
                              									seit 25 Jahren, teils auf serbischem, teils auf bulgarischem Gebiet abgebaut. Die
                              									Durchschnittsmächtigkeit der Flöze beträgt 2 bis 3,5 m. Die Kohle wird durch eine
                              									Schmalspurbahn von 81 km nach Radujevac an der Donau gebracht und dort brikettiert. Die jährliche
                              									Förderung beträgt 30 bis 40000 t.
                           III. Steinkohle aus der Kreide. Die Kreidekohlen sind von größter Bedeutung für
                              									Serbien. Sie treten in der weitverbreiteten oberen Kreide auf und haben erhebliche
                              									Erstreckung im Streichen und im Fallen. Die Kohle ist im allgemeinen rein und fest.
                              									Es sind vier Gruben im Betriebe: 1. Die Rtanjgrube, die drei bis zu 5 m starke Flöze
                              									ausbeutet. Die Kohle dieser Flöze ist unrein; sie muß gewaschen und brikettiert
                              									werden. 2. Auf der Dobra Streca Grube bei Vina sind drei Flöze mit 1,5 bis 2 m
                              									Mächtigkeit aufgeschlossen. 3. Auf der Grube Podvis am Timok kennt man zwei Flöze
                              									mit 0,5 bis 7 m Mächtigkeit. Hervorgehoben zu werden verdient der Paraffinschiefer,
                              									der das Hangende und das Liegende der Flöze bildet. Am anderen Ufer des Timok wurden
                              									bei Oresac Aufschlußarbeiten gemacht, wobei drei Flöze von 1,50 bis 30 m Mächtigkeit
                              									festgestellt wurden. Eine große Zahl weiterer Fundpunkte sind bekannt geworden,
                              									jedoch sind die Kohlenvorkommen bisher wenig erforscht. Der Heizwert der
                              									Kreidekohlen schwankt zwischen 5100 und 8100 WE.
                           
                        
                           B. Braunkohlen.
                           Unter den im Tertiär vorkommenden Braunkohlen Serbiens unterscheidet man jüngere
                              									Lignite und ältere Braunkohlen.
                           Die älteren Braunkohlen sind fest, schwärzlich und steinkohlenähnlich. Sie stellen
                              									einen wertvollen Brennstoff dar. Im nördlichen Serbien findet man das Tertiär in den
                              									großen Niederungen der Drina, Morava, Mlava, des Pek und des Timok. Man findet die
                              									Braunkohlen in verschiedenen Becken: Becken östlich von Golubac, das 6 km lang und 1
                              									bis 3 km breit ist. Man kennt hier fünf Flöze von 7,40 m Gesamtmächtigkeit. Abgebaut
                              									wird die Kohle bisher nur an einer Stelle. – Bei Rakova-Bara und Kljucata befindet
                              									sich ein ebenso großes Becken, in dem Aufschlußarbeiten ein Flöz von 10 m
                              									Mächtigkeit aufdeckten. Ferner befinden sich bekannte Kohlenvorkommen im oberen Lauf
                              									des Mlavatales bei Stamnica und Magudica. Ein weiteres großes Kohlenbecken gibt es
                              									im Moravatal. In den nördlichsten Gruben dieses Moravabeckens sind mehrere Flöze
                              									aufgeschlossen worden, Gesamtmächtigkeit 2 bis 14 m. Am wichtigsten scheint hier
                              									zurzeit der Tagebau von Zidilje zu sein. Die Staatseisenbahnen betreiben die Grube
                              									bei Welika-Mala-Ravna Reka und die Senjegrube. Auf der ersteren geht Tagbebau um,
                              									zum großen Teil ist die Kohle aber bereits abgebaut. Der Tiefbau ist schon ziemlich
                              									weit vorgeschritten. Es wird ein Flöz von 5,80 m Stärke abgebaut. Man hat hier 5
                              									Mill. t gewinnbare Kohle berechnet. Die Senjegrube besteht schon seit 20 Jahren, der
                              									Bergbau ging auf einem 3 bis 30 m starken Flöz um. Die Förderung wurde bis zu 120000
                              									t jährlich gesteigert. Nach dem Ankaufe der vorgenannten Grube aber kam hier der
                              									Bergbau fast völlig zum Erliegen. Außer den genannten Vorkommen kennt man in diesem
                              									nördlichen Moravabecken noch viele andere Fundpunkte.
                           Im südlichen Teile des Moravabeckens findet sich das Alexinacer Kohlenlager, das
                              									eine streichende Erstreckung von 30 km hat. Es besteht aus zwei Flözen von 4 bis 5 m
                              									Mächtigkeit. Die Kohle ist zum Teil bereits abgebaut. 15 km östlich von Nisch liegt
                              									die Kohlengrube Felasnica. Sie baut das obere, stärkere von zwei Flözen, von denen
                              									das eine 2,5, das andere 1,2 m stark ist. Auch in diesem südlichen Teil sind noch
                              									viele andere Ausbisse bekannt.
                           In Mittelserbien (Cumadia) kennt man eine ganze Reihe von tertiären
                              									Braunkohlenlagerstätten. So die Kohlengruben von Orasac und Misaca, die zwei Flöze
                              									von 1,5 bis 2 m bauen. Obgleich das Lager recht ausgiebig zu sein scheint, ist es
                              									doch bisher nur wenig aufgeschlossen. Ferner sind Kohlen bekannt aus dem westlichen
                              									Moravabecken, dem Ibartal, aus dem nördlichen Tertiärbecken bei Tekia an der Donau,
                              									gegenüber Orsova, und im Timoker Tertiärbecken.
                           Was die jüngeren Lignitvorkommen angeht, so sind auch diese ziemlich verbreitet. Im
                              									Becken von Kostulac und Kragujevac besteht die Kostolazer Grube. Durch Bohrungen
                              									sind hier nachgewiesen vier Flöze von 18,6, 4,5, 4 und 3,6 m Stärke. Der berechnete
                              									Vorrat ist 5 Mill. Tonnen. Bedeutende Vorräte hat auch die Klenovnikgrube. Im
                              									tertiären Mlavabecken, in der Umgebung von Petrovatz bestehen ähnliche Vorkommen.
                              									Auch in Mittelserbien kommen Lignit vor. In der Umgegend von Kragujevac sind durch
                              									Schürfarbeiten einige Flöze unter 4 m festgestellt. Weitere Lignitlagerstätten kennt
                              									man aus den Tertiärbecken der Kolubara und der Save, ferner bei Kraljevo. Von diesen
                              									dürften namentlich die letzteren größere Bedeutung erlangen.
                           Im allgemeinen haben die serbischen Braunkohlen einen Heizwert von 3100 bis 5800
                              									WE.
                           Die Kohlenvorräte Serbiens sind von serbischen Bergleuten 1910 wie folgt berechnet
                              									worden:
                           
                              
                                 Steinkohlen,„„
                                 nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
                                 Vorrat„„
                                 2 Mill. t10 Mill. t33 Mill. t
                                 45 Mill. t
                                 
                              
                                 Braunkohlen,„„
                                 nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
                                 „„„
                                 27 Mill. t83 Mill. t105 Mill. t
                                 215 Mill. t
                                 
                              
                                 Lignit,   „   „
                                 nachgewiesenerwahrscheinlichermöglicher
                                 „„„
                                 30 Mill. t99 Mill. t138 Mill. t
                                 267 Mill. t
                                 
                              
                           (Eine westfälische Kohlenzeche beansprucht etwa vier preußische Maximalfelder mit 80
                              									Mill. t abgebohrten Vorrates.)
                           Es erhellt aus diesen Berechnungen, daß die serbische Kohle nur für Serbien selbst
                              									wirtschaftliche Bedeutung haben kann, wo sie ja auch heute schon für die
                              									Staatseisenbahnen als Feuerungsmaterial in ausgedehntestem Maße Anwendung findet.
                              									Für die Zentralmächte kommen die verhältnismäßig geringen Kohlenvorräte kaum in
                              									Betracht.
                           Wüster.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Knickfestigkeit und Sicherheitsgrad. Die Frage der
                              									Knickbeanspruchung von Stäben hat stets das besondere Interesse erweckt. In aller
                              									Erinnerung wird noch der Einsturz des Gasbehälters in Hamburg vom 7. Dezember 1909
                              									sein, dessen Ursache nach den Untersuchungen von Krohn
                              									und Müller-Breslau die ungenügende Steifigkeit einiger
                              									Druckstreben des Stützgerüstes des Behälterbodens bildete. Im Anschluß hieran wurde
                              									seinerzeit eine der Druckstreben im Königl. Materialprüfungsamt zu
                              									Berlin-Lichterfelde eingehend untersucht (vgl. Verhandlungen des Vereins zur
                              									Beförderung des Gewerbefleißes 1912, Heft 10 und Zeitschrift des Vereins deutscher
                              									Ingenieure 1913, S. 615). Unter Bestätigung der früher gefundenen Tatsache, daß die
                              										Eulersche Formel bei Berechnung der Knicklast
                              									zusammengesetzter Druckquerschnitte zu hohe Werte liefert, ergaben diese Versuche
                              									insbesondere noch, daß geringe Exzentrizitäten oder Verbiegungen der Stabachse eine
                              									bedeutende Verminderung der Knicklast bewirken.
                           Dem gleichen Problem der Knickfestigkeit und ferner einer Betrachtung des
                              									Sicherheitsgrades bei Knickbelastung ist ein Aufsatz von Gümbel in Heft 52 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1915
                              									gewidmet. Das dort in knapper Form zusammengestellte Material unseren Lesern im
                              									Auszug mitzuteilen, würde die Uebersichtlichkeit stören, weshalb das Studium des
                              									Originalaufsatzes selbst empfohlen sei. Der Verfasser stützt sich insbesondere auf
                              									die anerkannten Versuche von Tetmajer. Die Tatsache, daß
                              									außer der Knickbeanspruchung noch eine Biegungsbeanspruchung vorhanden ist, erklärt
                              										Gümbel damit, daß es einmal nicht möglich ist, den
                              									Kraftangriff genau in die Stabachse zu legen, und daß ferner die Schwerpunktsachse
                              									materieller Stäbe im allgemeinen nicht geradlinig, sondern eine einfach oder
                              									mehrfach gebogene Linie ist. Nimmt man hierzu die obengenannten Versuche an dem
                              									Stabe des Hamburger Gasbehälters, so findet man sogleich die Begründung für die
                              									Erfahrung, welche man mit der Unzulänglichkeit der Eulerschen Knickformel gemacht hat. Die Berechnung von Knickstäben erfordert
                              									also eine besondere Beachtung dieser Tatsache, und deren Herstellung eine äußerst
                              									sorgfältige Ueberwachung. Des weiteren erläutert Gümbel
                              									den Begriff des Sicherheitsgrades einer auf Knickung beanspruchten Konstruktion und
                              									leitet durch Rechnung ab, daß für ein Konstruktionselement das Verhältnis der
                              									höchsten Materialbeanspruchung zur Streck- oder Quetschgrenze dem Verhältnis der
                              									Arbeitsinanspruchnahme zu der im Konstruktionselement vorhandenen Arbeitsfähigkeit
                              									bis zur Streck- oder Quetschgrenze gleich sein muß, wenn man von einem gleichen
                              									Sicherheitsgrade in jedem Falle sprechen will. Mehrere Zahlentafeln und Beispiele
                              									erläutern die theoretischen Erörterungen.
                           Ritter.
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                           Organisation des Normalienbüros. Eine Würdigung des für
                              									eine Fabrik, die in jeder Beziehung wirtschaftlich arbeiten will, unerläßlichen
                              									Normalienbüros und einen Vorschlag für die Einrichtung eines solchen gibt Clambus in Heft 24 1915 der Werkstattstechnik. Besonders
                              									hervorzuheben ist der darin ausgesprochene Satz, daß der Vorsteher dieses Büros
                              									nicht Tabellenmacher, sondern Ingenieur und gründlicher Fachmann sein soll.
                           Als erstes muß das gesamte Zeichnungswesen vereinheitlicht werden bezüglich
                              									Ausführung, Aenderung, Ersetzen der Zeichnungen usw. Sodann ist in Buchform oder
                              									Kartenform ein Nachschlagewerk (Katalog) über sämtliche im Werke ausgeführte
                              									Maschinenteile anzulegen, nach dem sich alle Konstruktionsbüros zu richten haben.
                              									Jedes Katalogblatt enthält eine etwa mittels Storchschnabels hergestellte
                              									verkleinerte Darstellung des Gegenstandes mit den Hauptmaßen, der zugehörigen
                              									Zeichnungsnummer und sonst erwünschten Angaben. Neben diesem Nachschlagewerk über
                              									Konstruktionsteile sind auf einzelnen Tafeln sämtliche Materialien
                              									zusammenzustellen, die halbfertig (wie Stangen-, Träger-, Plattenmaterial usw.) und
                              									ganz fertig (Schrauben, Muttern, Niete, Keile usw.) bezogen werden, unter
                              									Beschränkung auf das Notwendige. Auch hiernach müssen die Konstrukteure, aber auch
                              									die Einkäufer sich richten. Nach Verbrauch noch vorhandener anderer Materialien sind
                              									infolgedessen bei Verwendung alter Zeichnungen entsprechende Aenderungen zu machen,
                              									doch wird dieses schrittweise vor sich gehen und daher keine zu großen
                              									Schwierigkeiten mit sich bringen. Die Bestellbureaus erhalten zweckmäßig zur
                              									Vermeidung von Irrtümern Nachweistafeln über die Nummern der einander entsprechenden
                              									alten und neuen Teile. Sobald die Tafeln für fertig bezogene Materialien
                              									herausgegeben sind, werden unter Benutzung der bis dahin im Katalog gesammelten
                              									Unterlagen die Konstruktionsteile eingehend bearbeitet. Dieses ist Aufgabe des
                              									Normalienbüros, das sich in allen für die Herstellung und Verwendung in Frage
                              									kommenden Büros ins Einvernehmen zu setzen hat. Die Einteilung des Normalienbüros,
                              									wie sie z.B. für eine größere elektrotechnische Spezialfabrik besteht, zeigt
                              									nachstehendes Schema. Die einzelnen Abteilungen können natürlich für kleinere
                              									Betriebe ganz nach Bedarf vereinigt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 124
                              Normalien-Abteilung;
                                 										Normalien-Zentral-Büro; Normalien-Haupt-Büro; Werkzeugnormalien-Büro;
                                 										Drucksachen u. Terminologie; Katalog; Betriebsmittel Büro; Schemata u. Skizzen;
                                 										Abteilung-Normalien-Büro; Schalterbau; Anlasser- u Widerstandsbau;
                                 										Kontrollerbau; Hochspannungsapparatebau; Schalttafel- u. Schaltkastenbau;
                                 										Sonderzeichnungen
                              
                           Um ein dauerndes ersprießliches Zusammenarbeiten zwischen Normalien- und
                              									Konstruktionsbüro zu erzielen, sollen die Mitglieder der Abteilungs-Normalien-Büros
                              										sich täglich
                              									auch einige Stunden in dem ihnen zugeteilten Konstruktionsbüro zur Besprechung der
                              									vorliegenden Arbeiten aufhalten.
                           Zur Einholung des Einverständnisses und der Angaben der zuständigen Büros über zur
                              									Anfertigung erforderliche neue Werkzeuge, der Benennung und der Modellnummer wird
                              									ein Meldeschein herumgesandt. Nachdem so eine neue Konstruktion allseitig festgelegt
                              									ist, wird sie in das Nachschlagewerk aufgenommen. Zur Erleichterung des
                              									Meinungsaustausches sind wöchentliche „Normaliensitzungen“ zweckmäßig.
                           Das Arbeitsgebiet der im Schema genannten Abteilung geht aus ihrer Bezeichnung
                              									hervor. Das Büro für Sonderzeichnungen soll die bestimmten Vorschriften
                              									unterworfenen Zeichnungen wie z.B. für die Marine und andere Behörden
                              									anfertigen.
                           Neben den Fabriknormalien besondere Abteilungsnormalien festzusetzen ist wegen der
                              									dabei eintretenden Zersplitterung nicht ratsam.
                           Ritter.
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                           Schlackenzement und Schlackenbeton. Mehr und mehr zeigt
                              									sich heutzutage in der Technik das Streben nach nutzbringender Verwertung der
                              									industriellen Abfallprodukte. Neuerdings ist man dazu übergegangen, die in der
                              									Eisenindustrie in gewaltigen Mengen entstehenden Schlacken dem Zement und Beton
                              									zuzusetzen. Auch die Müllverbrennungsschlacke hat man diesem Zwecke dienstbar
                              									gemacht. In der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins
                              									(67, 660, 1915) beschäftigt sich P. Rohland mit den
                              									Eigenschaften dieser Schlackenzemente und Schlackenbetone. Die Müllschlacke wird
                              									zunächst gemahlen und dann unter Zusatz von Zement und Sand zur Herstellung von
                              									Beton- und Eisenbetonkörpern verwendet. Es stand nun zu befürchten, daß das in
                              									diesen Schlacken enthaltene Eisenoxyd sich im Beton oxydieren und durch den
                              									Uebergang in Eisenoxydul andere schädliche Reaktionen herbeiführen könnte. Dies
                              									scheint indessen nach den bisherigen Erfahrungen nicht einzutreten. Hingegen muß man
                              									unbedingt vermeiden, mit der Müllverbrennungsschlacke zusammen Kiese und Sande zu
                              									verwenden, die Schwefelverbindungen enthalten, da sonst dieser Schwefel mit dem
                              									Eisenoxydul der Schlacke Eisensulfid bildet, das sich zu Sulfat oxydiert und aus dem
                              									Zement ausgelaugt wird, wodurch das Gefüge des Betons eine Lockerung erfährt. Ein
                              									aus drei Teilen Müllschlacke oder Flugasche mit einem Teil Kalk hergestellter
                              									Betonkörper zeigte nach vier Wochen eine Zugfestigkeit von 4 bis 5 kg/cm2, ein Preßkörper aus Müllschlacke mit 6 v. H.
                              									Aetzkalk nach dem Härten im Dampfkessel eine Druckfestigkeit von etwa 400 kg/cm2. In einem Eisenbeton aus 75 v. H. Müllschlacke
                              									mit Portlandzement blieb Eisen unoxydiert. Auch die Entrostung angerosteten Eisens
                              									erfolgte in diesem Gemisch gerade so wie im Portlandzement selbst. Etwas schwieriger
                              									liegen die Verhältnisse bei der Müllverbrennungsschlacke in Städten, in denen viel
                              									Braunkohle und Briketts verbrannt werden. Dieses Material liefert nämlich im
                              									Gegensatz zur Steinkohle eine sehr lockere Müllschlacke, die überdies bis zu 5
                              									v. H. Schwefel enthält. Diese Schwefelverbindungen entstehen durch Reduktion des in
                              									den Kohlen enthaltenen Gipses zu Schwefelkalzium bzw. anderer Sulfate zu den
                              									entsprechenden Sulfiden. An feuchter Luft oder unter Wasser oxydieren sich diese
                              									Verbindungen zu wasserlöslichen Sulfaten, die dann die Zerstörung des Betons oder
                              									Eisenbetons verursachen. Derartige Schlacken müssen daher vor der Verwendung
                              									entschwefelt werden.
                           Die Gießereiroheisenschlacken sind basische Schlacken. Läßt man sie nach dem
                              									Ausfließen aus dem Hochofen langsam erkalten, so zerfallen sie mehr oder minder
                              									schnell zu einem feinen Mehl, dem Schlackenmehl, das zementtechnisch wertlos ist,
                              									vermutlich deshalb, weil beim langsamen Erkalten die kolloiden, erhärtungsfähigen
                              									Stoffe in amorphe und kristalloide übergehen. Durch sofortige starke Abkühlung der
                              									aus dem Hochofen kommenden Schlacke kann man die Mehlbildung vermeiden und ein
                              									sandartiges Material erhalten. Bei dieser schnellen Abkühlung können sich die
                              									Kalkverbindungen nicht mehr von den übrigen Bestandteilen trennen, und es erfolgt
                              									anscheinend eine chemische Reaktion. Gut gekörnte Hochofenschlacke sieht unter dem
                              									Mikroskop durchsichtig aus wie Glas, wogegen mangelhaft gekühlte ein Aussehen wie
                              									Milchglas zeigt oder polarisierende Kristallausscheidungen aufweist. Diese sandige
                              									Schlacke wird im Verhältnis 1 : 1,2 mit Kalkstein vermischt, nachdem sie zuvor in
                              									Trommeln gut getrocknet worden ist, dann gemahlen und zu Steinen geformt, die dann
                              									im Schachtofen gebrannt werden; oder man mischt, ohne Steine zu formen, in
                              									Drehrohröfen 30 v. H. granulierte Schlacke mit 70 v. H. der Masse. Diese Produkte
                              									kommen als Eisenportlandzement in den Handel.
                           Alle diese Schlackenbetonarten sind feuersicher und haben ein geringes
                              									Wärmeleitvermögen. Ihre Haltbarkeit nimmt mit dem Alter zu, bis sie vollständig
                              									erhärtet sind. Beim Eisenbeton muß das Eisen mit einer mindestens 2,5 cm starken
                              									Schlackenbetonschicht umgeben werden.
                           Iklé.
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                           50 Jahre Straßenbahnen in Deutschland. Am 22. Juni 1915
                              									waren 50 Jahre seit Inbetriebsetzung der ersten Pferdebahn in Deutschland vergangen.
                              									Sie vermittelte den Personenverkehr zwischen Berlin und Charlottenburg.
                              									Verhältnismäßig weit schneller als die Bevölkerung wuchs die Anzahl der
                              									Straßenbahnunternehmungen, wie die Abbildung erkennen läßt. Schon im Anfange der
                              									80er Jahre des vorigen Jahrhunderts machte sich das Bestreben geltend, die tierische
                              									Betriebskraft durch die Maschine zu ersetzen. Der Versuch, Dampfbetrieb einzuführen,
                              									scheiterte, da die Mitführung von Kohle und Wasser Schwierigkeiten verursachte, die
                              									Anfahrverhältnisse ungünstig sind, viel Bedienung erforderlich ist und die Dampf-
                              									und Rauchentwicklung in den Straßen einer Stadt unangenehm empfunden wird. Bei der
                              									Anwendung von Gasmotoren ergaben sich Mißstände infolge des umständlichen Anlassens
                              									und wegen der Notwendigkeit, Kühlwasser und Betriebsgas mitzuführen. Auch ließ sich Feuer- bzw.
                              									Explosionsgefahr nicht völlig beseitigen. Dennoch verschwanden die Pferdebahnen in
                              									den Großstädten, da die seit 1879 von Werner v. Siemens angestellten Versuche zu dem Erfolge geführt
                              									hatten, daß im Jahre 1881 die erste elektrische Bahn zu Groß-Lichterfelde dem
                              									Verkehr übergeben werden konnte. Anfangs bezogen die Straßenbahnen den elektrischen
                              									Strom von vorhandenen Kraftwerken und waren bemüht, sich deren Betriebsverhältnissen
                              									anzupassen. Später bauten sich größere Unternehmungen eigene Stromerzeugungsanlagen
                              									und lieferten ihrerseits Elektrizität für Beleuchtung und Kraftbetriebe. Jetzt
                              									wiederum geben vielfach die den Bedürfnissen größerer Verwaltungseinheiten dienenden
                              									Ueberlandzentralen Strom für den Straßenbahnbetrieb mittels besonderer Umformanlagen
                              									auf große Entfernungen ab.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 126
                              
                           In der ersten Zeit traten im Ortsverkehr als Unternehmerfirmen fast ausschließlich
                              									Aktiengesellschaften auf, die bisweilen ihren Sitz im Auslande hatten. Erst später
                              									entschlossen sich Stadtverwaltungen dazu, die Straßenbahnen in eigene Verwaltung zu
                              									übernehmen. Zurzeit findet man auch vielfach eine Beteiligung der Gemeinden an
                              									Privatunternehmungen, die jenen die Möglichkeit bietet, auf die Erfüllung von
                              									Wünschen der Bevölkerung nachdrücklich hinzuwirken. Eine weitsichtige Stadtobrigkeit
                              									wird sich nämlich der Erkenntnis nicht verschließen, daß eine schnelle und sichere
                              									Bewältigung des Personenverkehrs innerhalb der Städte und zwischen diesen und
                              									Nachbarorten die größte Bedeutung für die weitere Ausgestaltung des Gemeinwesens
                              									besitzt. Wenn es gelungen ist, die Verkehrsfrage zu lösen, wird der Bevölkerung die
                              									Möglichkeit gegeben, außerhalb der Geschäftsviertel ein gesundes Unterkommen im
                              									Vororte zu finden. Ferner beeinflussen die Straßenbahnunternehmungen das
                              									Wirtschaftsleben, indem sie durch Ausgabe von Aktien Gelegenheit schaffen, flüssiges
                              									Kapital gut zu verzinsen. Auf den Arbeitsmarkt wirken sie durch den mittelbaren und
                              									unmittelbaren Verbrauch vieler Arbeitskräfte merklich ein. Den verschiedensten
                              									Industrien geben sie durch Aufträge Gelegenheit zum Verdienst. Vielfach kommt
                              									auch der Reingewinn der Unternehmungen der Allgemeinheit zu gute, wenn
                              									beispielsweise der Straßenbahn eine Bahnkörperunterhaltungspflicht auferlegt wurde.
                              									Das stete Anwachsen kleinerer Gemeinden zu Großstädten wird auch fernerhin fördernd
                              									auf die Entwicklung des örtlichen Verkehrswesens einwirken. (Winkler in Deutsche Straßen- und Kleinbahn-Zeitung Nr. 49 u. 50 1915.)
                           Schmolke.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Schießen mit flüssiger Luft auf Brandenburg-Grube bei Ruda
                                 										(Oberschlesien). Auf der Brandenburg-Grube bei Ruda sind im Schuckmannflöz
                              									in Gegenwart der Bergbehörden vom Bergverwalter Bock verschiedentlich Versuche
                              									angestellt worden, die darauf hinauszielen, die verhältnismäßig teuere Füllung der
                              									Marsitpatronen zum Sprengen mit flüssiger Luft oder flüssigem Sauerstoff durch einen
                              									billigeren Stoff zu ersetzen.
                           Die angewandte Patrone besteht aus einer aus gewöhnlichem Papier gewickelten Hülse,
                              									die unten geschlossen ist. Der Durchmesser der Hülse beträgt 32 mm. Sie wurde mit
                              									getrocknetem und gesiebtem Sägemehl gefüllt. Man durchlochte dann die gefüllte Hülse
                              									durch Messerschnitte reihenweise und tauchte sie in die Tauchgefäße für flüssige
                              									Luft.
                           Die Gewichte der leeren, sowie der mit Luft gefüllten Patronen geben folgende
                              									Zahlentafeln an; zum Vergleich sind bei der ersten Versuchsreihe die entsprechenden
                              									Gewichte von Marsitpatronen angeführt.
                           
                              
                                 
                                 Sägemehl-patronen
                                 Marsit-patronen
                                 
                              
                                 1. Versuchsreihe
                                 
                              
                                 Länge der Patronen
                                 cm
                                   20
                                   25
                                   20
                                   25
                                 
                              
                                 Gewicht der leeren Patronen
                                 g
                                   45
                                   60
                                   60
                                   75
                                 
                              
                                 Gewicht der Patr. nach d. Füllung
                                 „
                                 145
                                 185
                                 220
                                 275
                                 
                              
                                 Aufgesaugte Luftmenge
                                 „
                                 100
                                 125
                                 160
                                 200
                                 
                              
                                 2. Versuchsreihe
                                 
                              
                                 Gewicht der leeren Patronen
                                 g
                                   59
                                   71
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Gewicht der Patr. nach d. Füllung
                                 „
                                 188
                                 250
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Aufgesaugte Luftmenge
                                 „
                                 129
                                 179
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die Tauchzeit betrug in allen Fällen etwa zwei Minuten. Ueber die Ergebnisse der
                              									angestellten Versuche geben folgende Zahlentafeln Aufschluß:
                           Der Grund für das Ausblasen der beiden letzten Schüsse ist hauptsächlich darin zu
                              									suchen, daß die verdunstende Luft bei der Dichte des Gesteins keine Gelegenheit
                              									hatte, durch Poren, Schlechten usw. zu entweichen. Daher wurden Besatz und Patronen
                              									durch den im Bohrloch entstandenen Druck herausgeschleudert. Ferner waren auch die
                              									beiden Löcher schon am Tage vorher gebohrt worden, so daß der Besatz an den feuchten
                              									Wänden schlecht haftete. Am nächsten Tage konnten aber auch diese beiden Schüsse mit
                              									gutem Erfolge, mit derselben Ladung abgetan werden.
                           Was die Kosten anbelangt, so werden die einer ungetränkten 20 cm-Marsitpatrone auf 7
                              									Pf., die einer 25 cm-Marsitpatrone auf 7,25 Pf. angegeben, während die Kosten der ungetränkten 20
                              									oder 25 cm-Sägemehlpatrone nur 1 Pf. betragen sollen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 127
                              Art des Bohrloches; Tiefe des
                                 										Bohrlochs; Ladung; Besatz; Wirkung; Wetterprobe; Menge des zu derselb. Wirkung
                                 										nötigen Pulvers; Gesamtwirkung der Schüsse; Versuchsreihe; Schießen in der
                                 										Strecke (3 × 2,25 m); Einbruchsloch an der Sohle; Einbruchsloch; Firstenloch;
                                 										Schießen im Pfeiler; Firstenl. vom linken Stoß nach d. Mitte; Stoßloch am
                                 										rechten Stoß; Schießen in der Strecke. Schuckmannflöz, Ostfeld; Einbruch am
                                 										rechten Stoß n. d. Ortsstoß; Bohrl. a. rechten Stoß, parall. z. Ortsst.;
                                 										Firstenbohrloch, wagerecht; Firstenbohrloch schwach ansteigend; Schießen im
                                 										Pfeiler. Schuckmannflöz, Ortsbreite 5 m, Höhe 4 m; Einbruchsschuß, wagerecht;
                                 										Firstenbohrloch, mit 40° ansteigend; Schießen im Gesteinsort. Sprungausrichtung
                                 										in sehr festem und dichtem Sandstein; Bohrl. a. linken Stoß, etwa 25° anst.;
                                 										Firstenloch
                              
                           Bei allen Schießversuchen wurde elektrische Zündung mit „Sirius“-Zündern
                              									angewandt. (Kohle und Erz 1916 Nr. 7/8.)
                           Wüster.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Die Entwicklung der englischen Steinkohlenausfuhr im
                                 										Kriege. Da die englischen Kohlenreviere alle im nordwestlichen
                              									Großbritannien liegen, so hat dieses nach Eröffnung des Steinkohlenbergbaues
                              									gegenüber dem südöstlichen, ackerbauenden England und dem an Kohlen überaus armen
                              									Irland einen mächtigen Vorsprung gewonnen. Wenn also irgendwo in Europa, so mußte in
                              									Großbritannien die Ausbeutung der Steinkohle beginnen, wo mächtige Flöze zum Teil zu
                              									Tage ausgehen, die Kohle somit im einfachen Tagebau gewonnen werden könnte. Irlands
                              									Kohlenlager sind unbedeutend; es gibt dort nur zwei kleine Kohlenbezirke, der eine
                              									in Leinster bei Castlecomer, der andere in Ulster bei Dungannon. Die schottischen
                              									Kohlenlager finden sich alle im mittleren Schottland, den sogenannten Lowlands, sind
                              									hier jedoch sehr stark entwickelt und gehen quer durch das Land von der Nordsee bis
                              									zum Atlantischen Ozean. Die schottische Förderung beträgt etwa 15 v. H. der
                              									Gesamtbritischen und wird zum Teil an Ort und Stelle von den Hochofenwerken, von der
                              									Metall- und Textilindustrie verbraucht. Ein Teil gelangt aber auch zur Ausfuhr, und
                              									zwar nach Irland, dem Nord- und Ostseegebiet, dem Mittelmeer. Im Nordosten von
                              									England liegt das bedeutende Kohlenrevier von Durham und Northumberland, welches
                              									etwa 20 v. H. der englischen Steinkohlenförderung liefert. Die Kohle gelangt einmal
                              									in der dortigen eigenen blühenden Eisenindustrie zur Verwendung, andererseits im
                              									größten Maße nach London, Hamburg, Dänemark, Skandinavien über die Ausfuhrhäfen
                              									Newcastle, Blyth, Sunderland, Hartlepool. Da viele große englische Kohlenfelder
                              									unmittelbar an der Meeresküste liegen, so wird naturgemäß dadurch die Ausfuhr
                              									englischer Kohle ganz außerordentlich erleichtert. Weiter südlich von Durham und
                              									Northumberland liegt das große Kohlengebiet von Yorkshire, Derbyshire und
                              									Nottinghamshire, das etwa 23 v. H. der britischen Förderung liefert und somit das
                              									bedeutendste Kohlenbecken Englands ist. Westlich des trennenden Penninengebirges
                              									liegt dann noch das Kohlenrevier von Lancashire, das allerdings mehrfach zerstückelt
                              									ist und etwa 10 v. H. der Landesförderung an Steinkohle liefert. Eine ganz
                              									eigenartige Stellung nimmt das große Revier von Südwales ein, wo etwa 19 v. H. der
                              									gesamten Förderung gewonnen werden. Hier in Südwales wird vorzügliche Anthrazitkohle
                              									gewonnen, die beste Dampferkohle der Welt, die zum allergrößten Teil zur Ausfuhr
                              									gelangt, doch wird auch ein nicht unerheblicher Teil von den dortigen Hüttenwerken
                              									verbraucht. Ausfuhrhäfen für die südwalliser Kohle sind Cardiff, Swansea, Newport,
                              									Port Talbot.
                           Bei diesen Verhältnissen lag die Annahme nahe, daß England von dem Kriege, zunächst wenigstens,
                              									wesentliche Vorteile hätte haben müssen. Da Deutschland auf dem Weltmarkt als
                              									Konkurrent ausgeschaltet war, so hätte Englands Stellung auf dem nun freien
                              									Weltmarkte sich vorteilhaft gestalten sollen, wenn eben Englands Berechnung richtig
                              									gewesen wäre. Indessen sah man bald in England, daß sich die Bewegung der Preise für
                              									die Hauptwaren, darunter auch besonders Kohle, doch wesentlich anders vollzog, als
                              									man bei Ausbruch des Krieges erwartet hatte. Zwar hat bei einer Reihe von Waren, in
                              									denen England die Monopolstellung einnimmt, der Preis für England eine günstige
                              									Entwicklung genommen, aber im großen und ganzen ist doch in England die
                              									Preisentwicklung eine ganz andere und wesentlich ungünstigere geworden, als wohl die
                              									ärgsten Pessimisten im Lande vermutet haben. Die großen Preissteigerungen in England
                              									sind im wesentlichen auf die Verteuerung der Gestehungskosten, besonders der Löhne
                              									zurückzuführen. Infolge der Arbeiterbewegungen – die ja in England an der
                              									Tagesordnung sind – sind einige der wichtigsten Sorten Industriekohlen gegen die
                              									Zeit vor Beginn des Krieges mehr als doppelt so teuer geworden. Ungefähr im gleichen
                              									Schritt mit dieser Steigerung des Kohlenpreises vollzog sich auch eine Erhöhung des
                              									Kokspreises, der sofort alle Hochofenwerke belastete. Bei der Preissteigerung von
                              									Eisenerz, das England ja zum allergrößten Teile aus dem Auslande bezieht, sind es
                              									nicht so sehr Gründe wirtschaftlicher Natur, als vielmehr die jedenfalls nicht
                              									unbedeutenden Schiffstransportschwierigkeiten als Folge der deutschen
                              									U-Boottätigkeit. Wie in allen Bergbauländern die Preise für die Bergbauprodukte seit
                              									dem Jahre 1912 im allgemeinen gesunken waren und bei Beginn des Krieges sogar
                              									niedriger standen als in den letzten Jahren vorher, so hielt diese
                              									Preisabwärtsbewegung für einige Bergwerksprodukte mit Kriegsausbruch noch weiter an.
                              									Dieser Preisrückgang trifft nun besonders die englische Steinkohle, die zumal für
                              									Newcastler Bunkerkohle recht erheblich im Preise gesunken war. Beste Newcastler
                              									Dampferkohle kostete nur 15 sh für die Tonne im Mai 1914 und sank im Dezember 1914
                              									sogar bis auf 13,3 sh. Dann aber trat eine starke Erhöhung des Kohlenpreises ein,
                              									der schon im März 1915 17,6 sh erreicht hatte. An der englischen Ostküste zu
                              									Newcastle kosteten Ende März 1915 beste großstückige Blythkohle 20 sh die Tonne, an
                              									der Westküste Admiralitätsstückkohlen, nur lieferbar auf Erlaubnisschein der
                              									Admiralität, 23 sh 6 d bis zu 24 sh und kleine Dampfkesselkohle 17 sh 6 d Der Grund
                              									für diese neuere Preissteigerung der englischen Steinkohle mit der Jahreswende
                              									1914/15 ist vorzugsweise darin zu suchen, daß Englands Kohlenausfuhr zu einem nicht
                              									geringen Teile unterbunden ist. Im Jahre 1914 betrug die Kohlenausfuhr Englands nur
                              									61,8 Mill. Tonnen gegen 76,7 Mill. Tonnen im Jahre 1913, also ein Weniger von 14,85
                              									Mill. Tonnen. Dem Werte nach stellten sich die Kohlenexporte auf 54 Mill. Lstl. in
                              									1913 und nur 42 Mill. Lstl. in 1914. Im Jahre 1914 exportierte also England über ein
                              									Fünftel Kohle weniger in das Ausland als im Jahre vorher. Dieser Ausfall ist in
                              									der Hauptsache durch den verringerten Kohlenexport nach Deutschland, Belgien,
                              									Argentinien, aber auch Frankreich und Italien, also Verbündetenländern,
                              									hervorgerufen. Der Rückgang in Englands Kohlenausfuhr betrifft ganz naturgemäß
                              									allein die zweite Hälfte des Jahres 1914. Hier machte sich der Ausfall Deutschlands,
                              									Belgiens, Rußlands und die verringerte Nachfrage der neutralen Länder auf dem
                              									englischen Kohlenmarkt sehr fühlbar und drückte darum zunächst auf die Kohlenpreise.
                              									Bis zum Ende des Jahres fielen daher die Kohlenpreise. Im Jahre 1915 setzte dann
                              									aber aus anderen Gründen die schon angedeutete Aufwärtsbewegung der Kohlenpreise
                              									ein; die Gestehungskosten, die Arbeitslöhne, Betriebseinschränkungen,
                              									Transportspesen, Seefrachten sind alle gewachsen. Vor allem hat aber der englische
                              									Steinkohlenbergbau zu leiden unter den vielen Einberufungen zum Heere, die eine
                              									starke Verminderung der bergmännischen Belegschaft der Steinkohlengruben erzeugt
                              									haben. Der Arbeitermangel, der sich infolgedessen fühlbar machte, führte zur
                              									Produktionsverringerung und diese Fördereinschränkung wiederum zu einer Verteuerung
                              									der Steinkohlen. Es scheint in England, wenigstens zeitweilig, geradezu eine
                              									Kohlenknappheit geherrscht zu haben, denn im Mai 1915 wurde in beschränktem Umfange
                              									sogar ein Kohlenausfuhrverbot erlassen. So hat also schon sehr bald der Krieg
                              									bewirkt, daß Englands Kohlenversorgung nicht mehr absolut sicher stand, noch viel
                              									weniger diejenige seiner von ihm abhängigen Verbündeten. Wie die Ausfuhr Englands im
                              									ganzen, so hat auch besonders die englische Steinkohlenausfuhr in der bisherigen
                              									Kriegszeit eine recht erhebliche Abnahme erfahren. Die Ursachen, welche diesen, den
                              									Engländern jedenfalls recht unerwünschten Minderexport von Kohle hervorgerufen
                              									haben, sind nur allzu deutlich ersichtlich. Ohne weiteres kamen ja sofort mit
                              									Kriegsbeginn schon die Kohlenlieferungen an die mit England im Kriege befindlichen
                              									Staaten in Wegfall, nämlich an Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Türkei. Nach
                              									der Statistik verzeichneten aber diese drei großen Kohlenabnehmer die beträchtliche
                              									Einfuhr von 9,1 Mill., 1,2 Mill. und 409000 t englischer Steinkohle. Hierzu kam dann
                              									noch im weiteren Verlauf des Krieges die mit der Zeit beinahe vollständige
                              									Abschließung Rußlands vom Verkehr mit Westeuropa in bezug auf Hereinnahme von
                              									Kohlendampfern und weiter die durch die deutsche Besetzung Belgiens erfolgte
                              									Sperrung dieses Landes gegen englische Kohleneinfuhr. Rußland erhielt 1913 6,2 Mill.
                              									Tonnen und Belgien 2,0 Mill. Tonnen Steinkohlen aus England. Auch die Bezüge der
                              									neutral gebliebenen Länder an englischer Kohle wurden naturgemäß mit Fortschreiten
                              									des Krieges von Monat zu Monat geringer. Das Wirtschaftsleben dieser Staaten machte
                              									keineswegs Fortschritte, sondern der Krieg rief gesteigerten Rückgang fast überall
                              									bei ihnen hervor, und die überwiegende Mehrzahl dieser Staaten bezog ganz erheblich
                              									geringere Mengen englischer Steinkohle, als dies früher der Fall war. Schließlich
                              									bewirkten auch die deutschen U-Boote und Minen, welche die englische Schiffahrt
                              									stark belästigten, sowie unsere damals noch tätigen Auslandkreuzer, daß der englische Kohlenexport
                              									ungünstig beeinflußt wurde. Die Gesellschaften wollten das Risiko nicht mehr tragen,
                              									die Versicherungsraten stiegen ganz bedeutend, und ebenso stiegen auch die
                              									Frachtsätze. Gerade die Frachtsätze für Kohlen haben in England eine Höhe erreicht,
                              									die ganz außergewöhnlich und keinesfalls ohne Rückwirkung auf den englischen
                              									Kohlenexport bleiben kann. Die Kohlenausfuhr Englands wurde denn auch durch den
                              									Krieg stark beeinträchtigt, sie zeigt für die einzelnen Kriegsmonate 1914 die
                              									folgende einschneidend rückgängige Entwicklung in 1000 long tons zu 1016 kg.
                           
                              
                                 
                                 1913
                                 1914
                                 Gegen 1913
                                 
                              
                                 Januar bis Juli
                                 42501
                                 41186
                                 –   1315
                                 
                              
                                 AugustSeptemberOktoberNovemberDezember
                                 58196197673959136229
                                 30713859394432803699
                                 –   2748 = – 47 %–   2338 = – 37 „–   2795 = – 41 „–   2663
                                    											= – 45 „–   2530 = – 40 „
                                 
                              
                                 August bis Dezember
                                 30897
                                 17853
                                 – 13044
                                 
                              
                                 Januar bis Dezember
                                 73400
                                 59040
                                 – 14360
                                 
                              
                                 Dazu Bunkerkohle
                                 21032
                                 18536
                                 –   2496
                                 
                              
                           Bei den wichtigsten Ländern gestaltete sich die Versorgung mit englischer Kohle in
                              									1914 folgendermaßen, ebenfalls in 1000 long tons.
                           
                              
                                 
                                 1913
                                 1914
                                 Gegen 1913
                                 
                              
                                 Deutschland
                                 8952
                                 5257
                                 – 3695
                                 
                              
                                 Oesterreich Ungarn
                                 1057
                                 564
                                 –   493
                                 
                              
                                 Türkei
                                 370
                                 430
                                 +     60
                                 
                              
                                 Belgien
                                 2031
                                 1169
                                 –   862
                                 
                              
                                 Frankreich
                                 12776
                                 12331
                                 –   445
                                 
                              
                                 Italien
                                 9647
                                 8625
                                 – 1022
                                 
                              
                                 Rußland
                                 5998
                                 3088
                                 – 2910
                                 
                              
                                 Dänemark
                                 3043
                                 3059
                                 +     25
                                 
                              
                                 Norwegen
                                 2298
                                 2462
                                 +   104
                                 
                              
                                 Schweden
                                 4563
                                 4250
                                 –   315
                                 
                              
                           Den größten Minderbezug an englicher Kohle zeigt natürlich Deutschland, da wir sofort
                              									mit Ausbruch des Krieges keine Tonne englischer Kohle mehr erhielten. Dann folgen
                              									aber gleich Englands Verbündete, Rußland und Italien, denen ganz erhebliche Mengen
                              									Kohle nicht geliefert wurden.
                           Deutschlands Kohlenversorgung ist indessen ohne jegliche Schwierigkeit gesichert,
                              									wenn wir auch auf die etwa 91/4 Mill. Tonnen englischer Kohle heute verzichten
                              									müssen, da bei uns bald nach der Beendigung der Mobilmachung die
                              									Transportverhältnisse günstiger wurden, auch Arbeiter aus dem Kalibergbau und aus
                              									der schweren Industrie für den Kohlenbergbau herangezogen werden konnten. Mit der
                              									Eroberung Belgiens haben wir zudem auf dessen Kohlenförderung, die sich zuletzt auf
                              									etwa 23 bis 24 Mill. Tonnen stellte, Beschlag gelegt. Ebenso hat Deutschland einen
                              									sehr großen Teil der Kohlenförderung Nordfrankreichs diesem Lande durch die
                              									erfolgte Besetzung entzogen. Für Frankreich kommt noch die deutsche und belgische
                              									Kohlenzufuhr von 5¾ und 3,6 Millionen Tonnen jährlich in Wegfall, so daß also dieses
                              									Land arg in seiner Kohlenversorgung bedrängt ist. Die Kohlengewinnung Frankreichs
                              									betrug etwa 40½ Mill. Tonnen Steinkohle und ¾ Mill. Tonnen Braunkohle, deren
                              									Förderung zu fast drei Vierteln in den nordfranzösischen Gebieten Pas de Calais und
                              									Depart. du Nord stattfand. Rußlands Kohlenversorgung ist gleichfalls stark
                              									beschnitten, da das polnische Kohlenbecken von Dombrowa sich in deutschen Händen
                              									befindet, das bisher etwa ein Viertel der russischen Gewinnung lieferte. Italien hat
                              									eine eigene Kohlenförderung von nicht ganz 700000 t, erhielt aus Deutschland
                              									jährlich 1 Mill. Tonnen und aus England 9 Mill. Tonnen zu normalen Zeiten. Gleich im
                              									ersten Kriegsjahre erhielt Italien über 1 Mill. Tonnen Kohle aus Rußland, nahezu 3
                              									Mill. Tonnen Kohle weniger aus England und die deutsche Kohleneinfuhr fiel später
                              									selbstverständlich ganz aus. So haben in bezug auf ihre heimische Kohlenversorgung
                              									die Hauptverbündeten Englands, Frankreich, Italien und Rußland, starke
                              									Einschränkungen erlitten, die sich noch durch Wagenmangel und U-Bootgefahr weiter
                              									steigerten. In der Zeit vom 1. August 1914 bis zum 31. Juli 1915 hat England 45,97
                              									Mill. Tonnen Kohlen, Koks und Briketts ausgeführt gegen 75,42 Mill. Tonnen in der
                              									entsprechenden Zeit 1913/14. Der Ausfuhrrückgang im ersten Kriegsjahr beträgt daher
                              									29,45 Mill. Tonnen oder 39,05 v. H.
                           B. Simmersbach.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Welterzeugung und -Verbrauch von künstlichen Düngemitteln.
                              									Von dem Internationalen Ackerbau-Institut in Rom werden halbjährig sehr eingehende
                              									statistische Erhebungen über die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr sowie den Verbrauch
                              									der hauptsächlichsten künstlichen Düngemittel in den verschiedenen Ländern
                              									veröffentlicht. Dem letzten dieser Berichte, der die Jahre 1912 bis 1914 umfaßt,
                              									entnehmen wir die folgenden Angaben über die Erzeugung und den Verbrauch an
                              									Stickstoffdüngemitteln, die ja gegenwärtig im Vordergrunde des Interesses
                              									stehen.
                           1. Chilesalpeter.
                           
                              
                                 
                                 1912
                                 1913
                                 
                              
                                 Erzeugung in Chile
                                 2586975 t
                                 2773459 t
                                 
                              
                                 Ausfuhr aus Chile
                                 2494166 t
                                 2739530 t
                                 
                              
                                 Lieferungen für den Verbrauch
                                 2530645 t
                                 2556973 t
                                 
                              
                                 Sichtbare Vorräte (am 31. Dez.)
                                 1620056 t
                                 1765867 t
                                 
                              
                           Das Jahr 1914 brachte in seiner zweiten Hälfte eine starke Verminderung sowohl der
                              									Ausfuhr wie auch der Erzeugung. So betrug die Ausfuhr nach Deutschland vom 1. Juli
                              									bis 30. November 1914 nur 34183 t gegenüber 285479 t in der gleichen Zeit des
                              									Vorjahres. Die Gesamtausfuhr aus Chile erfuhr im Jahre 1914 durch den Krieg einen
                              									Rückgang von 895000 t. Da die Erzeugung nur um 312000 t eingeschränkt wurde,
                              									erreichten die Vorräte in Chile Ende 1914 die gewaltige Höhe von 640000 t.
                           
                           2. Ammoniumsulfat.
                           
                              
                                 Erzeugung
                                 1912t
                                 1913t
                                 1914t
                                 
                              
                                 Deutschland
                                 492000
                                 549000
                                 (500000)
                                 
                              
                                 Großbritannien
                                 394226
                                 438932
                                 427756
                                 
                              
                                 Vereinigte Staaten
                                 149700
                                 176900
                                 166014
                                 
                              
                                 FrankreichBelgienOesterreich-Ung.ItalienSpanienHollandRußlandJapanAustralienDänemarkSchwedenAndere
                                    											Länder
                                 6910043700355001110012000600040007300300024001400(25000)
                                 7540048600390001500015000600080008000300028001400(25000)
                                 (200000)
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 1256426
                                 1412032
                                 (1293770)
                                 
                              
                           3. Kalkstickstoff.
                           
                              
                                 Erzeugung
                                 1912t
                                 1913t
                                 1914t
                                 
                              
                                 Deutschland
                                 22000
                                 24000
                                 (36000)
                                 
                              
                                 Oesterreich-Ungarn
                                 5000
                                 (7500)
                                 (24000)
                                 
                              
                                 Vereinigte Staaten
                                 (14000)
                                 31000
                                 (64000)
                                 
                              
                                 Frankreich
                                 (7500)
                                 (7500)
                                 (7500)
                                 
                              
                                 Italien
                                 10304
                                 14982
                                 22500
                                 
                              
                                 Japan
                                 5199
                                 (7500)
                                 (7500)
                                 
                              
                                 Norwegen
                                 13892
                                 12111
                                 (23500)
                                 
                              
                                 Schweden
                                 6043
                                 17000
                                 (17000)
                                 
                              
                                 Schweiz
                                 (7500)
                                 (7500)
                                 (7500)
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 (91438)
                                 (139093)
                                 (209500)
                                 
                              
                           Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Produktionsfähigkeit der einzelnen Länder,
                              									die übrigen Zahlen die wirklich erzeugten Mengen.
                           Sander.
                           ––––––––––
                           
                        
                           Plastische Massen aus Hefe. H. Blücher berichtet in der Chemiker-Zeitung 1915 S. 934 über interessante
                              									Versuche in dieser Richtung, die er in Gemeinschaft mit E. Krause angestellt hat. Sie beobachteten, daß die Abfälle
                              									der Hefeextraktfabrikation, die aus den sehr feinen Zellhäuten der Hefe bestehen,
                              									bei der Behandlung mit Aldehyden plastische Massen liefern, die durch starke
                              									Pressung unter gleichzeitiger Erwärmung zu einem harten festen Produkt verdichtet
                              									werden können. Dieses eignet sich als Ersatz für Ebonit, Zelluloid, Galalith und
                              									andere Kunststoffe. Außer den Hefeextraktabfällen kann auch Brauereiabfallhefe sowie
                              									jede nach dem Delbrückschen Verfahren hergestellte
                              									Lufthefe als Ausgangsmaterial Verwendung finden. Die ursprünglich schwarze Farbe des
                              									neuen Erzeugnisses kann durch Einverleibung von Farbstoffen beliebig geändert
                              									werden, ferner lassen sich durch bestimmte Zusätze und Füllmittel auch die
                              									mechanischen und chemischen Eigenschaften beeinflussen.
                           Die Fabrikation erfolgt in zwei Phasen: Zunächst wird aus Formaldehyd und Hefe ein
                              									Halbfabrikat hergestellt, das als feines Pulver in mehreren, den verschiedenen
                              									Verwendungszwecken angepaßten Marken an die Verarbeiter geliefert wird. Dieses
                              									Pulver, das unbegrenzt lange haltbar ist, kann nun nach Belieben mit Füllmitteln
                              									versetzt und in der verschiedensten Weise gefärbt werden; sodann wird es in
                              									heizbaren hydraulischen Pressen geformt. Die auf diesem Wege erhaltenen Gegenstände
                              									geben die feinsten Einzelheiten der Form wieder, beispielsweise können die zartesten
                              									Reliefs mit höchster Schärfe erzeugt werden. Außer durch seine unmittelbare
                              									Formbarkeit zeichnet sich das neue Erzeugnis auch durch weitgehende mechanische
                              									Bearbeitbarkeit aus, es ist ferner fast unentflammbar und verkohlt sehr schwer. Das
                              									spezifische Gewicht des ungefüllten Stoffes ist 1,33 bis 1,35. Man kann auch
                              									Metallteile sehr fest in das neue Produkt einpressen, was für die Herstellung von
                              									Türklinken, Fenster- und Werkzeuggriffen recht wertvoll ist. Weiter lassen sich
                              									Knöpfe, Wandplatten, Lampenfüße, sowie zahlreiche Teile für die Feinmechanik und die
                              									Schwachstromtechnik aus dem neuen Material herstellen. Zur Ausnutzung der Erfindung
                              									wurde die Ernolith-G. m. b. H. in Leipzig gegründet.
                           Sander.