| Titel: | Ueber die Antriebsdampfmaschinen von Reversier-Walzwerken. | 
| Autor: | Hermann Wilda | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 134 | 
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                        Ueber die Antriebsdampfmaschinen von
                           								Reversier-Walzwerken.
                        Von Professor Hermann
                                 									Wilda, Bremen.
                        WILDA: Ueber die Antriebsdampfmaschinen von
                           								Reversier-Walzwerken.
                        
                     
                        
                           Dampfmaschinen für den Antrieb schwerer Walzwerke unterliegen wohl den denkbar
                              									größten Beanspruchungen von allen Antriebsmaschinen. Die erforderliche hohe
                              									Geschwindigkeit der Walzen, um große Walzlängen in einer Hitze durchzuwalzen, macht
                              									die höchst mögliche Kolbengeschwindigkeit zur Notwendigkeit, und um diese möglichst
                              									schnell zu erreichen, muß die Kurbelwelle sogleich nach dem Anlassen eine hohe
                              									Arbeitsreserve schnell aufspeichern können, was eine über doppelt so hohe
                              									Verdrehungsbeanspruchung bedingt, als wenn die Bewegung auf eine der vollen
                              									Leistung, von z.B. 10000 PS, entsprechende beschleunigt würde.
                           Dabei muß die Regulierung im höchsten Maße empfindlich sein, so daß, wenn die Walzen
                              									das Arbeitstück erfassen, die Maschine ganz langsam läuft, daß sie sofort steht,
                              									wenn das Arbeitstück die Walzen verläßt und sofort umsteuert, um das Walzstück
                              									zurückzuführen. Die höchste Geschwindigkeit muß sich so schnell erreichen lassen,
                              									daß während der letzten wenigen Durchgänge, wenn der Walzquerschnitt so dünn
                              									geworden ist, daß er sich rasch abkühlt, das Arbeitstück trotzdem durch die Walzen
                              									gehen kann, ehe die Wärmeverluste sich in dem Maße steigern, daß die Walzen selbst
                              									nicht durch das erhärtete Arbeitstück beschädigt werden.
                           Um die erforderliche Schnelligkeit beim Anlassen, Stillsetzen und Umsteuern zu
                              									gewährleisten, müssen die rotierenden Massen verhältnismäßig klein, der
                              									Betriebsdruck aber hoch sein, es müssen auch, um gefahrbringende Stoßwirkungen zu
                              									vermeiden, die hin- und hergehenden Massen gering gehalten werden. Durchschnittlich
                              									besitzen derartige Maschinen Zylinderdurchmesser von etwa 1200 mm bei 1520 mm Hub
                              									und machen minutlich ungefähr 120 Umdrehungen.
                           Die hin- und hergehenden Massen, Kolben, Kreuzkopf und Lenkstange bilden wegen der
                              									Trägheit zu Beginn jedes Hubes einen großen Bewegungswiderstand, so daß der
                              									Dampfdruck genügende Größe haben muß, um in ~ ⅛ Sek. ihnen eine Geschwindigkeit von
                              									10 bis 11 m zu erteilen, wozu beim freien Fall aus etwa 5 m Höhe eine Sekunde
                              									nötig wäre. Um dies Ergebnis zu erzielen, muß der Anfangsdruck etwa 8 bis 9 at
                              									betragen. Das auftretende Drehmoment muß dann vernichtet und die hin- und
                              									hergehenden Teile müssen wiederum in ⅛ Sek. zum Stillstand gebracht werden, wenn
                              									nicht durch starke Stöße, die sich vom Kurbelzapfen auf die Kurbelwellenlager
                              									übertragen, ein bedeutender Arbeitsverlust durch die Stoßarbeit auftreten soll.
                           Die Verlangsamung der Bewegung wird zweckmäßig durch frühen Abschluß der
                              									Ausströmungsöffnungen erreicht, so daß zwischen dem sich rasch bewegenden Kolben und
                              									dem Zylinderdeckel eine möglichst große, vom vorhergehenden Hube herrührende Menge
                              									Auspuffdampf verbleibt, die in den Dampfkanälen und den schädlichen Räumen
                              									komprimiert, ein gleiches, sonst aus den Kesseln zu entnehmendes Gewicht von
                              									Frischdampf, ersetzt. Auf diese Weise vermag der Kolben noch Energie abzugeben, die
                              									für die Ueberwindung des Walzenwiderstandes nicht ausgenutzt war und so für den
                              									Ruckgang noch zur Ausnutzung kommt. Der Stoß auf den Kurbelzapfen wird durch das
                              									Dampfkissen abgefangen, wenn die Kurbel durch den Totpunkt geht und wenn die
                              									Kompression so weit getrieben werden kann, daß der Kesseldruck erreicht wird, ist
                              									der Gesamtbetrag der Ueberschußenergie wieder gewonnen.
                           Bei Auspuffmaschinen hat der im Zylinder verbleibende Dampf etwa noch 1,14 at abs.,
                              									der auf ~ 1/4 seines Volumens komprimiert bis auf 4,56 at abs. wächst, während
                              									dieser Druck bei Kondensationsmaschinen kaum auf 1,4 at steigt, ein Druck, der für
                              									den Stillstand des Kolbens sehr gering ist. Mit Rücksicht hierauf ist also der
                              									Vorteil bei Anwendung eines Kondensators nicht groß. Die Dampftemperatur bei einem
                              									Kesseldruck von ~ 9 at abs. beträgt 194,4° C, bei 4,56 at 148° C und bei 1,14 at
                              									102° C. Bei einer Auspuffmaschine findet der eintretende Dampf den Zylinder mit
                              									Dampf von ~ 148° C gefüllt und nirgend eine Temperatur unter etwa 105° C. Bei
                              									Kondensationsmaschinen dagegen sind die entsprechenden Temperaturen ~ 102° und ~ 73°
                              									C. Die Anfangskondensation wird also im letzten Falle erheblich größer sein und
                              									zur Auffüllung der schädlichen Räume ein höherer Betrag von Kesseldampf nötig
                              									werden. Wenn daher die Anordnung eines Kondensators auch die Leistung der Maschine
                              									steigert, so geschieht dasselbe mit dem Dampfverbrauch, so daß sich der Verbrauch
                              									für 1 PS nicht wesentlich vermindert, Abnutzung usw. sogar erheblich gesteigert
                              									wird.
                           Zur Verminderung der erwähnten starken Temperaturunterschiede ist in manchen
                              									Ausführungen Verbundwirkung angeordnet worden. Ordnet man vor den vorhandenen
                              									Zylindern von 1200 mm ∅ noch solche von ~ 750 mm Durchmesser an, in die der
                              									Kesseldampf zunächst eintritt, so ist im Augenblick des Umsteuerns dem Dampfdruck
                              									eine Kolbenfläche von 4570 cm2 ausgesetzt, während
                              									ihre Größe bei der Einfach-Expansionsmaschine 11650 cm2 beträgt, so daß im ersteren Falle der für schnelles Umsteuern
                              									erforderliche Druck nicht vorhanden ist, man müßte, um dieselbe Wirkung wie bei der
                              									Einfach-Expansionsmaschine zu erzielen, zu Zylinderdurchmessern entsprechend ~ 2580
                              									und 4130 cm2 greifen, was Beschaffungs- und
                              									Betriebskosten der Maschine bedeutend erhöhen würde.
                           Der Einbau von Zwischenbehältern zwischen Hoch- und Niederdruckzylinder, die die
                              									erforderliche Dampf menge zum Zwecke des Umsteuerns aufspeichern, hat sich nicht als
                              									erfolgreich erwiesen. Die Wirtschaftlichkeit der Verbundwirkung gegenüber der
                              									Einfach-Expansionsmaschine ist nicht wesentlich höher und kann nur darin gesehen
                              									werden, daß bei jedesmaliger Umsteuerung eine Zylinderfüllung verloren ist. Bei
                              									Verbundmaschinen ist zunächst die Füllung des Niederdruckzylinders verloren, während
                              									bei Einfach-Expansionsmaschinen der Dampf gehalten und während der Arbeitsleistung
                              									des niedrig gespannten Dampfes im Zylinder ausgenutzt wird.
                           Während es also nicht wirtschaftlich erscheint, eine umsteuerbare Maschine mit
                              									Kondensation arbeiten zu lassen, liegen die Verhältnisse anders, wenn der mit etwa 1
                              									at auspuffende Dampf von einer Turbine weiterverarbeitet wird und dann in einen
                              									Kondensator strömt, wobei die Turbine fast dieselbe Arbeit zu leisten vermag wie die
                              									mit Kesseldampf arbeitende Kolbenmaschine. Die Ursache liegt in dem Wärmeinhalt des
                              									Dampfes begründet und der Möglichkeit, mechanische Arbeit zu leisten, deren Betrag
                              									proportional dem Temperaturgefälle ist, das bei der Ausdehnung des Dampfes auftritt,
                              									sei es in einer Kolbenmaschine oder einer Turbine.
                           Wenn der Kesseldampf mit 9 at abs. und 194,4° C eintritt und mit einer den
                              									Atmosphärendruck um ein Geringes übersteigenden Spannung und 110°C die Maschine
                              									verläßt, so ist ein Temperaturgefälle von 84,4° in Arbeit umgesetzt. Bei der
                              									Durchströmung der Turbine sinkt die Dampftemperatur weiter auf die des Kondensators
                              									von etwa 55° C, so daß in ihr ein Temperaturgefälle von wiederum 55° C ausgenutzt
                              									wird, das sonst verloren sein würde, da keine Kolbenmaschine die Dampfexpansion auf
                              									weiter als etwa 0,83 at treiben kann, ohne wegen der erforderlichen Abmessungen zu
                              									teuer auszufallen, abgesehen davon, daß die großen, damit verbundenen
                              									Abkühlungsflächen jeden theoretisch erzielbaren Gewinn bei so weit getriebener
                              									Dampfausdehnung aufheben würden. In der Turbine, bei der die Dampfströmung nur in
                              									einer Richtung erfolgt und die Verluste durch Reibung nur gering sind, treten die
                              									erwähnten Verluste nicht auf, schädliche Räume sind nicht vorhanden, ebensowenig
                              									hin- und hergehende Massen, die Massenkräfte hervorrufen. Bei hohen Dampfdrücken ist
                              									sogar die Wirtschaftlichkeit der Turbinen derjenigen von Kolbenmaschinen unterlegen,
                              									da die Spielräume zwischen den Schaufelenden und dem Gehäuse auf der Hochdruckseite
                              									Anlaß zu Arbeitsverlusten im überströmenden Dampf geben, wenn diese auf der
                              									Niederdruckseite, wo die Schaufeln lang, der Dampfdruck aber geringer ist, auch
                              									kleiner ausfallen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 134
                              Abb. 1.
                              
                           Ist so der Wirkungsgrad der Kolbenmaschine bei der Verarbeitung hoch gespannten
                              									Dampfes günstiger, so trifft dasselbe für die Turbine zu, die Dampf unter dem
                              									Atmosphärendruck ausnutzt, so daß die Verbindung beider Arten von Motoren eine
                              									wirtschaftlich günstigere Lösung darstellt. Die Abdampfturbine vermag demnach den
                              									einzigen stichhaltigen Einwand gegen die umsteuerbare Einfach-Expansionsmaschine zu
                              									beheben, den hohen Dampf verbrauch, steht ihr aber in der Einfachheit, den
                              									geringeren Beschaffungskosten und der Möglichkeit der schnellen Steigerung der
                              									Umlaufgeschwindigkeit nach.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 134
                              Abb. 2.
                              
                           In den Abb. 1 und 2
                              									sind die Indikatordiagramme einer mit 10 v. H. schädlichem Raum arbeitenden
                              									Einfach-Expansionsmaschine bei den Füllungsgraden ¾, ½, ⅙ dargestellt, die mit ~ 8,5
                              									at Ueberdruck arbeitet und eine Kolbengeschwindigkeit von 6,1 m besitzt. Die
                              									Gewichte der hin- und hergehenden Teile betragen 4500 kg für jeden Zylinder. Die
                              										Abb. 1 bezieht sich auf die mit Auspuff, Abb. 2 auf die mit Kondensation arbeitende
                              									Maschine.
                           
                           Die Berücksichtigung der Massenkräfte der hin- und hergehenden Teile in den
                              									Kurven ab entspricht einer Schubstangenlänge vom
                              									fünffachen Kurbelradius.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 4.
                              
                           Der Unterschied der auf beiden Kolbenseiten herrschenden Dampfdrucke vermindert bzw.
                              									vermehrt um die durch die Beschleunigungskurven ab
                              									dargestellten Drucke, für ihre Werte über oder unterhalb der atmosphärischen Linie
                              									ergibt, die in den Abb. 3 und 4 dargestellten Diagramme. Durch Multiplikation der
                              									einem beliebigen Kolbenhub entsprechenden Ordinaten dieser Diagramme mit den diesen
                              									Stellungen entsprechenden Hebellängen der Kurbel ergeben sich die Drehkraftdiagramme
                              									für die verschiedenen Kurbelstellungen. Diese allgemein bekannte graphische
                              									Darstellung zeigt deutlich, wie sehr die Verminderung des Druckes des Auspuffdampfes
                              									bei Anordnung von Kondensation die günstige Wirkung des Dampfkissens, das Erreichen
                              									der Ruhelage des Kolbens und der mit ihm verbundenen hin- und hergehenden Teile
                              									beeinträchtigt. In der Abb. 5a und b sind die Diagramme aa1 bzw. bb1 der Abbildung 3, 4 für ein Sechstel
                              									Füllung für die mit Auspuff und Kondensation arbeitende Maschine übereinander
                              									gelegt, die Unterschiede der Flächen sind schraffiert. Anstatt daß der Druck auf den
                              									Kurbelzapfen abnimmt, nimmt er vielmehr gegen das Hubende zu, besonders beim
                              									Rückgang, weil hier wegen der Neigung der Schubstange die Kolbengeschwindigkeit im
                              									vierten Quadranten größer ist als im dritten des Kurbelweges.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 5a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 5b.
                              
                           Bei kleinerer Füllung nimmt der Dampfverbrauch allerdings ab, andererseits aber
                              									müssen, wenn die Maschine zum Stillstand kommt, verschiedene Stellungen
                              									vorhanden sein, bei denen der im Schieberkasten vorhandene Dampf dann nicht
                              									mehr in den Zylinder eintreten kann, oder wenn das der Fall ist, kein genügendes
                              									Drehmoment vorhanden ist. In Abb. 6 sind die
                              									Diagramme einer Maschine mit unter 90° versetzten Kurbeln dargestellt. Abb. 6 a zeigt hierin die Druckverteilung des Dampfes
                              									auf den Kurbelzapfen, um bei drei Viertel Füllung die Maschine aus der Ruhelage in
                              									irgend eine Kurbelstellung zu bringen. Unter den oben zugrunde gelegten Zahlenwerten
                              									steht auch für die ungünstigste Kurbelstellung ein Andrehmoment entsprechend 26277
                              									mkg zur Verfügung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 135
                              Abb. 7.
                              
                           Bei einer Dreizylindermaschine (Abb. 7) mit unter 120°
                              									versetzten Kurbeln kann eine Füllung von ein Halb erreicht werden, wobei ebenfalls
                              									26277 mkg als kleinster Wert für das Anspringen zur Verfügung stehen. Bei der halben
                              									Füllung findet gegenüber derjenigen von drei Viertel eine Dampfersparnis von ~ 30 v.
                              									H. statt. Während des Betriebes verhält sich das Drehmoment der
                              									Dreifach-Expansionsmaschine günstiger. Bei den höchsten Geschwindigkeiten, bei denen
                              									Stoßwirkungen am gefährlichsten sind, verhalten sich in Zweizylindermaschinen die
                              									Größtwerte der Drehmomente zu den kleinsten wie 2,2 : 1, während dies
                              									Verhältnis bei der Dreizylindermaschine nur 1,5 : 1 ist. Auch bei geringeren
                              									Umlaufzahlen stellen sich die Verhältnisse günstiger, weil sich die Kurbelgewichte
                              									in jeder Stellung fast ausgleichen und die ungünstigen Erscheinungen bei
                              									Zweizylindermaschinen wenn sich die Kolben dem Hubende nähern, in Fortfall kommen.
                              									Bei diesen liegt der Schwerpunkt der Kurbeln und der Lenkstangen ziemlich weit von
                              									der Kurbelachse entfernt und bei höheren Geschwindigkeiten treten unausgeglichene
                              									Kräfte auf, die das Bestreben haben, die Maschine als Ganzes auf dem Fundament zu
                              									verschieben, so daß dieses, um Vibrationen zu vermeiden, schwer ausgeführt werden
                              									muß. Wenn diesen Uebelständen auch durch die Anbringung von Gegengewichten
                              									entgegengewirkt werden kann, so wird durch die unvermeidliche Vergrößerung der
                              									umlaufenden Massen doch ein langsameres Angehen und ein verzögerter Stillstand die
                              									Folge sein.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 136
                              Abb. 8.
                              
                           Alle diese Vorzüge haben auch die allgemeine Einführung der Dreizylindermaschine zur
                              									Folge gehabt.
                           Umsteuerbare Maschinen, die nicht zu groß sind, um rasch anzugehen, besitzen bei
                              									normaler Drehzahl einen so beträchtlichen Kraftüberschuß, daß sie selbst bei
                              									eingelegter Umsteuerung „davonlaufen“, wenn man den Kesseldampf nicht unter
                              									beträchtlichen Verlusten stark drosselt.
                           Diese Uebelstände lassen sich beheben, wenn man durch Vergrößerung der Anzahl der
                              									Zylinder und gleichzeitiger Verminderung der Zylinderinhalte das Andrehmoment erhöht
                              									und eine bessere Ausnutzung des Dampfdrucks mit einer Dampfersparnis beim An- und
                              									Auslaufen der Maschine verbindet.
                           In Abb. 8 sind die Verhältnisse für eine
                              									Fünfzylindermaschine zur Darstellung gebracht, deren Zylinder 915 mm ∅ und 915 mm
                              									Hub besitzen, so daß gegenüber der Dreizylindermaschine von 1220 mm ∅ und 1525 mm
                              									Hub, ein um 44 v. H. kleineres Gesamtzylindervolumen, gegenüber der
                              									Zweizylindermaschine ein solches von 15 v. H. vorhanden ist. Trotzdem ergibt sich
                              									ein um 42 v. H. bzw. 37 v. H. größere Andrehkraft.
                           Außer der erzielten Dampfersparnis der Fünfzylindermaschine gestattet der kleinere
                              									Hub Drehzahlen bis zu 200 in der Minute zu verwenden, ohne die Kolbengeschwindigkeit
                              									der nur mit 120 Umläufen arbeitenden Maschinen zu überschreiten, was gleichbedeutend
                              									mit einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Walzwerkes ist.
                           Das Drehmoment wird, wie Abb. 8b und 8c zeigen, dabei so gleichförmig, daß die größte
                              									Beanspruchung auf die Kurbelwelle, die Zapfen, Spindeln und Walzen um 25 v. H.
                              									abnimmt gegenüber der Maschine mit zwei, und um 29 v. H. gegenüber der mit drei
                              									Zylindern. Der Ausgleich der Kurbelgewichte steht dabei für irgend eine Stellung der
                              									letzteren nicht nach, so daß auch Verschiebung der Maschine auf dem Fundament nicht
                              									zu befürchten ist und auch die noch unausgeglichenen Kraftwirkungen wesentlich
                              									verkleinert werden.
                           Werden dabei zwei nebeneinander liegende Kurbeln nicht unter 144°, sondern unter 72°
                              									versetzt, so bewegen sich die in den Kurbelzapfen vereinigt gedachten Gewichte auf
                              									einem großen Teile des Kurbelweges in derselben Richtung, wobei die störenden
                              									Momente in einem Abstand von 141 mm von der Achse der Kurbelwelle angreifen, während
                              									dieser Abstand bei der Dreizylindermaschine 361 mm beträgt. Da die Fliehkräfte mit
                              									dem Quadrat der Geschwindigkeit wachsen, so beläuft sich außerdem das Verhältnis der
                              									störenden Kräfte bei beiden Maschinentypen wie 31 : 225, ist also bei der
                              									Dreizylindermaschine fast siebenmal so groß unter Voraussetzung gleicher Drehzahlen
                              									und der Annahme, daß die Gewichte beider Maschinen gleich groß sind, wenngleich die
                              									Lenkstangen der Fünfzylindermaschinen wesentlich leichter ausfallen. Auch die Kosten
                              									würden sich für die letztere Maschine auf nur etwa 75 v. H. gegenüber der
                              									Dreizylindermaschine stellen. Nicht unwesentlich ist die Frage nach den notwendig
                              									werdenden Reserveteilen für den Fall eines Bruches. Sie würden sich auf nur etwa die
                              									Hälfte belaufen, und wenn alle fünf Kurbeln völlig gleich ausgeführt werden, so
                              									würde nur ein Fünftel einer Kurbelwelle in Reserve vorhanden sein müssen, abgesehen
                              									davon, daß das Arbeiten mit vier Zylindern sich anstandslos längere Zeit ermöglichen
                              									läßt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 136
                              Abb. 9.
                              
                           Bei Anlagen, die alle Walzarbeiten einschließlich des Fertigproduktes herstellen,
                              									gestalten sich die Verhältnisse am günstigsten, denn wenn die Teile einer
                              									vollständigen Maschine, einschließlich Zylinder und Grundplatte in Reserve gehalten
                              									werden, so wird nur ein Fünftel des Gesamtbetrages bei drei vorhandenen
                              									Maschinensätzen für Reserve nötig, und der Ersatz einer beschädigten Maschine ließe
                              									sich, wenn alle Teile auswechselbar sind, in wenigen Tagen bewerkstelligen.
                           Es erübrigen sich noch einige Bemerkungen in bezug auf die Höhe des Betriebsdruckes;
                              									je größer der Gegendruck ist, gegen den die Maschine auspufft, desto wirksamer kommt
                              									das Dampfkissen zur Geltung, und es liegt kein Grund vor, besonders bei Verwendung von modernen
                              									Wasserrohrkesseln, den Dampfdruck auch für derartige umsteuerbare Maschinen auf ~ 18
                              									bis 20 at und 80° bis 85° Ueberhitzung zu steigern.
                           In Abb. 9 ist das theoretische Diagramm für eine
                              									derartige umsteuerbare Maschine für 20 kg/cm2
                              									Druck und einem schädlichen Raum von 15 v. H. dargestellt, die gegen einen Druck von
                              									~ 5 at arbeitet. Rechnet man mit 15 v. H. Verlust, so zeigt die Abbildung die
                              									Arbeitsweise in einer Maschine mit 10 v. H. schädlichem Raum, was sich in Maschinen
                              									ohne Umsteuerung leicht ermöglichen läßt, so daß eine etwa 3,5-fache Gesamtexpansion
                              									vorhanden ist und der Austrittsdruck 1,2 kg/cm2
                              									abs. beträgt, wobei die Ueberströmung in eine Abdampfturbine erfolgen kann.
                           Legt man z.B. einen Hochofen zugrunde, der stündlich 50 t Koks verbraucht und eine
                              									Gasmenge von etwa 3960 m3 für jede Tonne Koks
                              									erzeugt, so hätte man stündlich 198240 m3 Gas.
                              									Rechnet man davon 45 v. H. für Heizzwecke, so bleiben noch 109032 m3 stündlich zur Krafterzeugung zur Verfügung. Wird
                              									damit Dampf von 20 kg/cm2 Druck und 80°
                              									Ueberhitzung erzeugt, in Kesseln, die mit einem Aufwand von 1 m3 Gas etwa 0,8 kg Wasser verdampfen, so könnte man
                              									stündlich 87225 kg Dampf erzeugen, die bei einem Dampfverbrauch von 13,5 kg für eine
                              									indizierte PS und einen Gegendruck von ~ 5 at eine Leistung von etwa 6400 PS
                              									ermöglichten, wenn die umsteuerbare Antriebsmaschine mit dem Dampf unmittelbar
                              									betrieben würde.
                           Nimmt man des weiteren an, daß der Auspuffdampf infolge der Kondensation 15 v. H. an
                              									Gewicht verliert und ein Druckverlust von ~ 0,3 at stattfindet, so würden 74142 kg
                              									Dampf mit 5,25 at Druck für die Erzeugung von Gebläsewind zur Verfügung stehen. Mit
                              									diesem Dampf betriebene Maschinen, die zur Erzeugung einer indizierten PS etwa 14 kg
                              									Dampf brauchen, würden, wenn sie etwas über dem Atmosphärendruck auspuffen für die
                              									Windversorgung der Hochöfen ~ 5280 PS leisten.
                           Die nötige Windmenge würde annähernd 138060 m3
                              									stündlich betragen, die auf 5,67 kg/cm2 Druck
                              									gebracht, für je 10 m3 etwa 115 PS
                              									benötigten, im Ganzen demnach 2640 PS.
                           Da man für Gebläsemaschinen einen mechanischen Wirkungsgrad von 85 v. H. und einen
                              									volumetrischen von ~ 90 v. H. annehmen darf, so werden demnach ~ 3450 PS verbraucht
                              									werden, so daß noch 1825 PS für unvorhergesehenen Bedarf zur Verfügung bleiben.
                           Unter Abzug von 5 v. H. sind etwa 70435 kg Auspuffdampf der Maschinen vorhanden, mit
                              									denen sich in einer Abdampfturbine, die zur Erzeugung von 1 elektr. PS 13,5 kg
                              									benötigt, noch ~ 5280 elektr. PS erzeugen lassen, die zur Stromerzeugung für andere
                              									Zwecke zur Verfügung stehen.
                           Für die Walzwerksöfen, die Walzwerks- und die übrigen elektrische Kraft
                              									erforderlichen Anlagen wird demnach nur eine Kessel- und eine Kondensationsanlage
                              									nötig, und bei der Möglichkeit, die Maschinen nach demselben Modell zu bauen,
                              									stellten sich die Anlage- und Betriebskosten niedrig.
                           Es hat ein Interesse, damit den Betrieb mit Großgasmaschinen zu vergleichen. Solche
                              									Maschinen brauchen für 1 PS etwa 2,5 m3 Gas.
                              									Gebläsemaschinen, die die oben erwähnte Leistung von 5280 PS nutzbar machen,
                              									brauchen 13200 m3 Gas, und um elektrischen Strom
                              									in der Höhe von 5170 PS zu erzeugen, sind ~ 7200 PS aufzuwenden, die zur Erzeugung
                              									17730 m3 Gas brauchen. Bei einem
                              									Gesamtwirkungsgrad einer Ilgner-Anlage von ~ 60 v. H. bei
                              									voller Belastung oder 55 v. H. im Durchschnitt, würden zum Betriebe des Walzwerks
                              									11640 PS erforderlich sein, für die 28728 m3 Gas
                              									in Betracht kommen, so daß im Ganzen 59658 m3
                              									nötig sind. Für andere Zwecke steht dann ein Betrag von 49574 m3 zur Verfügung. Demgegenüber sind dann noch die
                              									Beträge für Verzinsung, Abschreibung, Abnutzung der Gas-, Reinigungs-, elektrischen
                              									und Gasmaschinenanlage in Rechnung zu setzen, wie auch die Löhne höher ausfallen
                              									werden.
                           Welche von beiden Betriebsarten im Einzelfalle zu wählen ist, wird hauptsächlich von
                              									dem Geldwert abhängen, der sich durch die überschüssige Kraft erzielen läßt.