| Titel: | Die Richtigstellung größerer Laufgewichtswagen. | 
| Autor: | Wilhelm Felgentraeger | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 155 | 
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                        Die Richtigstellung größerer
                           								Laufgewichtswagen.
                        Von Dr. Wilhelm
                                 									Felgentraeger, Regierungsrat, Mitglied der Kaiserl.
                              								Normal-Eichungskommission.
                        FELGENTRAEGER: Die Richtigstellung größerer
                           								Laufgewichtswagen.
                        
                     
                        
                           Größere Laufgewichtswagen können meist erst nach vollendeter Aufstellung völlig
                              									berichtigt werden. Dies geschieht in der Regel durch Abschleifen einer Schneide,
                              									gewöhnlich der Lastschneide des Laufgewichtsbalkens, so lange bis eine
                              									Probebelastung mit Normalgewichten genügende Richtigkeit der Anzeigen der
                              									Laufgewichtsskalen ergibt.
                           Dem Verfahren haften viele Mängel an. Einmal ist es ein ziemlich planloses
                              									Ausprobieren, das nur in der Hand sehr tüchtiger Aufstellmeister schnell und sicher
                              									zum Ziele führt. Ferner wird leicht beim Abschleifen aus freier Hand Form und
                              									Stellung der SchneideInsbesondere der
                                    											wichtige Parallelismus von Stütz- und Lastschneide. verdorben;
                              									endlich setzt jedes Abschleifen die Empfindlichkeit herab.
                           Die nachstehend beschriebene Berichtigungsweise, die auf der Abstimmung des
                              									Laufgewichts beruht, ist von allen diesen Mängeln frei. Sie setzt eine leicht
                              									herzustellende, den Eichvorschriften entsprechende Vorrichtung am Laufgewicht
                              									voraus, die bei späteren Wiederholungen der Eichung eine erneute Berichtigung ohne
                              									weiteres ermöglicht, so daß die bisweilen unverhältnismäßig hohen Reparaturkosten
                              									sich wesentlich verringern lassen werden.
                           Als Nachteil kann dagegen empfunden werden, daß die Berichtigung sich nur auf ein Laufgewicht erstreckt. Indessen können die
                              									Nebenlaufgewichte wohl immer vorher genügend abgestimmt werden, so daß deren
                              									Berichtigung, die übrigens, falls sie nötig würde, stets vor der des Laufgewichts
                              									erfolgen soll, nur selten vorkommen wird. Sei:
                           
                              N eine bekannte auf den Lastträger
                                 										(z.B. die Brücke) aufzusetzende Last in Kilogramm,
                              A die N entsprechende Angabe des Laufgewichts,
                              v das Uebersetzungsverhältnis vom
                                 										Lastträger auf die am Laufgewichtsbalken angreifende Zugstange,
                              G das Gewicht des
                                 										Laufgewichts,
                              l die Länge des Lastarmes des
                                 										Laufgewichtsbalkens,
                              e die der Größe A entsprechende Verschiebung des
                                 										Laufgewichts.
                              
                           Von diesen Größen muß N genau bekannt sein, also in
                              									Normalgewichten usw. bestehen; A ist genau abzulesen;
                              										A – N = z ist der „Fehler der Wage bei der
                                 										Belastung N“ und sehr nahe (bis auf Größen, die
                              									von der Biegung der Wagenteile abhängen) proportional mit A. Alle anderen Größen sind nur mit mäßiger Genauigkeit zu ermitteln.
                           G wird meist, v fast immer
                              									genügend bekannt sein, nötigenfalls kann man G aus den
                              									Formeln
                           
                              N\,v\,l=G\,e,\ \ G=\frac{N\,v\,l}{e}
                              
                           berechnen.
                           Findet man nun bei der Vorprüfung der Wage z nicht
                              									genügend klein, so verändere man zur Berichtigung das Laufgewicht, und zwar ist
                              									dieses um
                           
                              K=\frac{G\,z}{N}
                              
                           zu vergrößern, wie sich aus dem Hebelgesetz sofort ergibt.
                           Beispiel: Zur Berichtigung einer Fuhrwerkswage von 10000
                              									kg Höchstlast stehen 1000 kg in Normalgewichten zur Verfügung. Es ist v = 1 : 100, l = 10 cm,
                              										e = 8 cm. Ich berechne zuerst:
                           
                              G=1000\cdot\frac{1}{100}\cdot\frac{10}{8}\ \mbox{kg}=12,5\
                                 										\mbox{kg}.
                              
                           Nach Einstellung der leeren Wage setze ich das Laufgewicht auf A = 1000 kg und bringe die Normalgewichte auf die
                              									Brücke. Um wieder Einspielen zu erzielen, muß auf der Brücke 0,6 kg zugesetzt
                              									werden. Demnach ist N = 1000,6 kg, z = – 0,6 kg, K = – 7,5 g.
                              									Ich erleichtere daher das Laufgewicht um 7,5 g. Zur Probe entferne ich nun die 0,6
                              									kg von der Brücke, setze die Wage mit dem Einstell- (Tarier)-gewicht ins
                              									Gleichgewicht und nehme danach die Normallast von der Brücke, stelle auch das
                              									Laufgewicht auf Null. War meine Berichtigung gelungen, so muß auch nun Gleichgewicht
                              									bestehen.
                           Ist das Hebelverhältnis infolge Formveränderung der Hebel durch die Belastung nicht
                              									ganz unveränderlich, so kann einem solchen Verhalten bis zu einem gewissen Grade
                              									Rechnung getragen werden. Geht z.B. erfahrungsgemäß eine Wage der zu
                              									berichtigenden Bauart bei voller Last um 3 kg nach unten, wenn sie mit dem zehnten
                              									Teil richtiggestellt war, so wird man in obigem Beispiel etwa zwei Drittel dieses
                              									Fehlers wegschaffen, indem man z = – 0,6 kg – 2/3 •
                              									1/10 • 3 kg = – 0,8 kg ansetzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 155
                              Abb. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 331, S. 155
                              Abb. 2.
                              
                           Es würde dann K = – 10 g sein.
                              									Nach Berichtigung müßte die Wage bei Belastung mit 1000 kg den Fehler + 0,2 kg, bei
                              									Belastung mit 10000 kg den Fehler – 1 kg zeigen. Dürfte man ferner sich nicht auf
                              									die völlig gleichmäßige Einteilung der Skale – Proportionalität von A und e – verlassen,
                              									so müßte man den Fehler der Teilung an dem benutzten Punkte (hier A = 1000 kg) kennen und berücksichtigen. Indessen darf
                              									ein solcher Fehler schon aus anderen Gründen nicht eine merkliche Größe
                              									besitzen.
                           Die Abstimmung des Laufgewichts kann nun sehr vereinfacht werden, wenn von vornherein
                              									darauf Rücksicht genommen wird. Am einfachsten bohrt man in das Gewicht ein Loch,
                              									setzt dies oben ab und hinterfräst den abgesetzten Teil in der Weise, wie Abbildung 1 zeigt. Zur Berichtigung dient ein Zapfen
                              									aus Bleizinnlegierung (90 v. H. Blei, Dichte = 10,7) mit Kopf nach Abb. 2. Wählt man die Zapfenstärke zu 10,9 mm, so
                              									wiegt jedes Zentimeter 10 g; in dem obigen Beispiel wären also 7,5 mm bzw. 10,9 mm
                              									abzuschneiden. Der Zapfen wird absichtlich zuerst etwas zu schwer gewählt, in das
                              									Loch leicht eingedrückt und nach der Probewägung entsprechend verkürzt. Danach setzt
                              									man ihn wieder ein und treibt ihn mit einem Aufsetzer an. Der hutförmige Teil
                              									plattet sich ab und füllt die Hinterfräsung. Die Stempelung hart am Rande sichert
                              									eichamtlich gegen unbefugte Aenderungen.
                           Bei jeder Nachberichtigung ist meist ein neuer Zapfen nötig. Man kann aber auch einen
                              									Zapfen aus hartem Metall verwenden, der eingeschraubt wird und an einem dünnen
                              									Schaft mit festzuschraubenden Platten beschwert werden kann. Er wird wie alle
                              									Schrauben des Laufgewichts gestempelt.
                           Das obige Beispiel ist so gewählt, daß der Wagenfehler gerade die nach den
                              									Eichvorschriften zulässige Fehlergrenze für die größte Last erreichte. Man sieht,
                              									daß eine Abgleichung bis auf etwa 2 g völlig genügen würde.