| Titel: | Rechts-Schau. | 
| Autor: | Eckstein | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 177 | 
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                        Rechts-Schau.
                        Rechts-Schau.
                        
                     
                        
                           Der Zinsanspruch des nichtbezahlten
                                 										Maschinenlieferanten. Daß der Maschinenlieferant für die Zeit, während
                              									welcher der Besteller einer Maschine oder maschinellen Anlage im Zahlungsverzug ist,
                              									Verzugszinsen zu verlangen hat, ist eine Forderung des natürlichen Rechtsgefühls. In
                              									welcher Höhe dies aber zu fordern ist, ist im Gesetz verschieden geregelt.
                           In erster Linie kommen natürlich vertragliche Vereinbarungen in Frage, die allen
                              									gesetzlichen Bestimmungen vorgehen, da das Zinsrecht, abgesehen von dem
                              									Zinseszinsverbot, ganz der freien Verfügung der Parteien unterliegt. Vertragliche
                              									Zinsvereinbarungen für den Fall des Zahlungsverzuges sind aber in der
                              									Maschinenindustrie verhältnismäßig selten, so daß sich eine nähere Erörterung hier
                              									erübrigt.
                           Fehlt es an vertraglichen Bestimmungen, so kommt die allgemeine Bestimmung des
                              									Bürgerlichen Rechts in Frage, wonach ein Schuldner beim Zahlungsverzug 4 v. H.
                              									Zinsen zu zahlen hat (§ 288 und 289 BGB).
                           Schwierigkeiten können sich aber ergeben für die Berechnung des Zeitpunktes, von dem
                              									an die Schuld zu verzinsen ist. Die Verzugszinsen sind nur dann von dem Augenblick
                              									der Fälligkeit einer Schuld an zu zahlen, wenn der Termin der Zahlung kalendermäßig
                              									festgelegt ist, oder sich kalendermäßig berechnen läßt. In solchem Falle kommt der
                              									Schuldner ohne Mahnung in Verzug, und ohne daß der Gläubiger seinerseits etwas tut,
                              									erwächst ihm der Anspruch auf Verzugszinsen.
                           In der Maschinenindustrie werden oft in Hinsicht auf die Vergütungspflicht
                              									komplizierte Verträge geschlossen. Es ist nicht selten, daß eine Bezahlungspflicht
                              									überhaupt nicht auf einen festen Termin gelegt wird, sondern daß sie abhängig
                              									gemacht wird von dem Eintritt irgend eines dritten Ereignisses, z.B. daß die
                              									Vergütung bezahlt wird etwa nach der Inbetriebnahme usw. Wenngleich in diesem Falle
                              									der Fälligkeitstermin kalendermäßig festliegt, so ist er doch nicht kalendermäßig
                              									vereinbart, und es kommt der Schuldner nicht schon durch den Eintritt des
                              									Fälligkeitstermines in Verzug.
                           Den Verzug des Schuldners muß vielmehr der Unternehmer erst bewirken. Er muß, nachdem
                              									seine Forderung fällig geworden ist, den Schuldner mahnen (§ 284 BGB) und kann dann
                              									von dem Augenblick des Zugangs der Mahnung an Verzugszinsen berechnen.
                           Die Bestimmung des Bürgerlichen Rechts, daß der Zinsfuß für Verzug 4 v. H.
                              									beträgt, ist nun nicht etwa dahin zu verstehen, daß beim Zahlungsverzuge nur 4 v. H.
                              									Zinsen zu zahlen seien. Diese Verzugszinsbestimmung will vielmehr den Rechtsverkehr
                              									nur erleichtern. Es soll angenommen werden, daß jeder in der Lage sei, sein Geld mit
                              									4 v. H. verzinslich anzulegen, daß also jeder, der nicht in den Besitz des von ihm
                              									zu verlangenden Geldes kommt, einen Schaden von 4 v. H. hat, ohne daß es eines
                              									besonderen Nachweises bedarf, wie der Gläubiger sein Geld hätte anlegen können, wenn
                              									er es rechtzeitig erhalten hätte, und darum soll ihm ohne weiteres ein Zinsanspruch
                              									von 4 v. H. zustehen. Der innere Grund der Zinszahlungspflicht ist aber die Pflicht
                              									zum Schadensersatz. Der Schuldner hat dem Gläubiger darum die 4 v. H. Zinsen zu
                              									zahlen, weil der Verlust der 4 v. H. Zinsen von ihm verursacht ist.
                           Ist der Schaden des Gläubigers größer, so würde es einer natürlichen Rechtsauffassung
                              									widerstreben, wollte man die Zinspflicht des Schuldners auf 4 v. H. beschränken.
                              									Vielmehr ist er dann verpflichtet, den ganzen Schaden zu ersetzen. Der § 288 Abs. 2
                              									BGB bestimmt, daß die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen
                              									ist. Es kann zweifelhaft sein, ob hierunter nur derjenige Schaden zu verstehen ist,
                              									der eine andere Grundlage hat als Verzugszinsen, oder ob man auch die entgangene
                              									Möglichkeit, mehr als 4 v. H. Zinsen mit dem Gelde zu verdienen, als einen
                              										„weiteren Schaden“ ansehen kann. Auch wenn der § 288 Abs. 2 nicht so
                              									auszulegen wäre, so wäre der Anspruch auf höhere Verzugszinsen, falls die
                              									Geldkonjunktur entsprechend liegt, durch die allgemeine Pflicht zum Schadensersatz
                              									wegen Zahlungsverzuges gerechtfertigt.
                           Weit günstiger ist der Unternehmer gestellt, wenn für den Maschinenlieferungs- oder
                              									-Bauvertrag die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches in Frage kommen. Der
                              									Maschinenlieferant ist zwar in der Regel Kaufmann, damit allein wird er aber noch
                              									nicht berechtigt, die günstigeren Bestimmungen des Handelsgesetzbuches für sich in
                              									Anspruch zu nehmen. Es ist vielmehr erforderlich, daß das Rechtsgeschäft
                              									Handelsgeschäft auf beiden Seiten ist.
                           Treffen diese Voraussetzungen zu, so hat der Maschinenlieferant nicht 4 v. H.,
                              									sondern 5 v. H. Verzugszinsen zu beanspruchen (§ 352 des Handelsgesetzbuches)
                              									unbeschadet seines etwaigen Rechtes, höhere Zinsen als Schadensersatz zu
                              									verlangen.
                           Auch der Zeitpunkt der Zinszahlungspflicht setzt bei Handelsgeschäften viel früher
                              									ein als bei Verträgen, die nur den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechtes
                              									unterliegen.
                           Nach § 353 HGB sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus
                              									beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen (nämlich 5 v. H.
                              									Zinsen) zu fordern. Hier wird also nicht ein Verzug des Schuldners verlangt,
                              									sondern mit dem Augenblick der Fälligkeit, ohne daß es einer besonderen Mahnung noch
                              									bedarf, mit dem Augenblick, von dem an der Gläubiger die Zahlung der Schuld
                              									verlangen kann, sind die Zinsen in Höhe von 5 v. H. zu zahlen.
                           Welches der Zeitpunkt ist, von welchem an der Maschinenlieferant die Zahlung
                              									verlangen kann, ist häufig sehr zweifelhaft und schwierig festzustellen. Diese Frage
                              									hier eingehender zu erörtern, würde hier zu weit führen.
                           Dr. jur. Eckstein.