| Titel: | Rechts-Schau. | 
| Autor: | Werneburg | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 241 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Rechts-Schau.
                        Rechts-Schau.
                        
                     
                        
                           Lizenzvertrag. Der Lizenzvertrag ist seiner
                              									rechtlichen Natur nach ein gegenseitiger Vertrag; der Patentinhaber verpflichtet
                              									sich, dem Lizenznehmer die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung zu erteilen,
                              									während der Lizenznehmer dem Patentinhaber die Zahlung der vereinbarten Vergütung
                              									verspricht.
                           Die Befugnis zur Benutzung der Erfindung, die dem Lizenznehmer durch den
                              									Lizenzvertrag gewährt wird, hat dazu geführt, die Vorschriften des Bürgerlichen
                              									Gesetzbuches über den Pachtvertrag auf den Lizenzvertrag entsprechend anzuwenden.
                              									Denn wie bei diesem der Gebrauch der Sache, so wird bei dem Lizenzvertrage der
                              									Gebrauch der Erfindung dem Lizenznehmer, sowie ihre Nutzung zur Gewinnung von
                              									Einkommen gestattet. Dieser Standpunkt wird auch von dem Reichsgericht in seinem
                              									Urteil vom 1. März 1911 (Bd. 75 S. 404) vertreten, indem hier in den Gründen
                              									ausgeführt wird, daß einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des Pachtrechtes
                              									auf die Lizenz keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen.
                           Bei der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über den Pachtvertrag des
                              									Bürgerlichen Gesetzbuches ist natürlich im Auge zu behalten, daß diese Bestimmungen
                              									nur ergänzend und zur Ausfüllung etwaiger Lücken oder zur Beseitigung von
                              									Zweifeln bei der Auslegung des Lizenzvertrages eingreifen können, da es den Parteien
                              									des Lizenzvertrages selbstverständlich frei steht, wie sie im einzelnen den Inhalt
                              									des Lizenzvertrages bestimmen und festlegen wollen. War also dem Erfinder und
                              									Patentinhaber eines Maschinenfabrikates zum Beispiel von der Maschinenfabrik eine
                              									einmalige Vergütung für die Ueberlassung der Erfindung vertraglich versprochen
                              									worden, so ist diese Vereinbarung allein maßgebend, und es kann von einer
                              									periodischen Lizenzgebühr entsprechend dem periodischen Pachtzins keine Rede
                              									sein.
                           Nach den Bestimmungen des BGB über die Pacht sollen, soweit sich nicht aus den
                              									Vorschriften über das Pachtrecht ein anderes ergibt, die Vorschriften des BGB über
                              									die Miete zur entsprechenden Anwendung kommen. Dies hätte zur Folge, daß auch der §
                              									571 BGB auf den Fall der Veräußerung des Patentes seitens des Patentinhabers zur
                              									Anwendung kommen müßte; hieraus würde sich ergeben, daß für diesen Fall der
                              									Veräußerung des Patentes der Erwerber an Stelle des Patentinhabers in die sich
                              									während der Dauer seiner Berechtigung aus dem Lizenzvertrage ergebenden Rechte und
                              									Pflichten eintreten würde. Die Anwendung dieses Grundsatzes erscheint nun völlig am
                              									Platze. Denn es ist durchaus gerechtfertigt, daß der Lizenznehmer – also in dem
                              									gewählten Beispiele die Maschinenfabrik – der bereits möglicherweise hohe Unkosten
                              									und sonstige Aufwendungen zur wirtschaftlichen Ausbeutung der Erfindung gemacht hat,
                              									auch bei Veräußerung des Patentes durch seinen Lizenzgeber in ungestörtem und
                              									ungeschmälertem Genüsse der Erfindungsbenutzung auch weiterhin bleibt. Gerade im
                              									Hinblick auf die Aufwendungen des Lizenznehmers, die in der Anlage von Fabriken,
                              									Abschluß von langfristigen Lieferungsverträgen oder auch in der Gründung ganzer
                              									Gesellschaften bestehen können, erscheint die weitere Wirksamkeit des
                              									Lizenzvertrages auch dem Patenterwerber gegenüber wirtschaftlich durchaus am Platze.
                              									Es ist als Regel bei der Veräußerung von Patenten seitens des Patentinhabers an
                              									einen anderen anzunehmen, daß der Erwerber von dem Patentinhaber über das Bestehen
                              									etwaiger Lizenzverträge in Kenntnis gesetzt wird, der Erwerber also bei dem Erwerbe
                              									des Patentes von der oder den Lizenzen – falls also nicht eine ausschließliche
                              									Lizenz vorlag – Kenntnis hat. Zu dieser Mitteilung an den Erwerber ist der
                              									Veräußerer auf Grund des Verkaufsvertrages verpflichtet, da sich das Bestehen einer
                              									Lizenz an der verkauften Erfindung als ein Mangel des verkauften Patentrechtes
                              									selbst darstellt. Der Verkäufer eines Rechtes hat aber nach dem Reichsgericht (RGE
                              									vom 8. Mai 1907) dem Käufer über die rechtlichen Verhältnisse des Kaufgegenstandes,
                              									insbesondere über Mängel im Recht, Auskunft zu geben und ihm von den schon geltend
                              									gemachten Rechten Dritter Anzeige zu machen; und zwar ist es für diese Verpflichtung
                              									des Verkäufers belanglos, ob der Käufer des Patentes diese Mitteilungen für
                              									erheblich gehalten haben würde; diese Verpflichtung des Verkäufers entfließt
                              									dem Grundsatz von Treu und Glauben, der das Vertragsrecht beherrscht.
                           Ist somit als Regel anzunehmen, daß der Patentveräußerer den Patenterwerber von dem
                              									Bestehen der Lizenz oder der Lizenzen bei der Veräußerung in Kenntnis setzen muß, so
                              									kann sich auch der Patenterwerber nicht durch diese Lizenzen beschwert oder
                              									benachteiligt fühlen, da er ja von den Lizenzen bei Erwerb des Patentes Kenntnis
                              									hatte. Eine wirtschaftliche Benachteiligung liegt also für ihn nicht vor, um so
                              									mehr, als er natürlich doch dem Veräußerer des Patentes zufolge des Bestehens der
                              									Lizenz (oder der Lizenzen) entsprechend weniger gezahlt haben wird, als er dies ohne
                              									den Bestand derselben getan haben würde; das Bestehen der Lizenz hat also mit
                              									anderen Worten eine mindere Bewertung des Patentes bei Verkauf zur Folge, der
                              									geringere Kaufpreis kommt daher in diesem Falle dem Patenterwerber wirtschaftlich zu
                              									gute.
                           Aber auch wenn der Verkäufer unter Verletzung dieser ihm obliegenden Vertragspflicht
                              									zur Mitteilung der von ihm vor dem Verkauf bestellten Lizenz dem Erwerber von dem
                              									Bestände einer oder mehrerer Lizenzen keine Kenntnis gibt, so liegt regelmäßig eine
                              									Schädigung des Erwerbers dann nicht vor, wenn der Erwerber sofort den ganzen Vertrag
                              									wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung gemäß den §§ 119, 123 BGB anficht und
                              									hierdurch den ganzen Patentverkauf unwirksam und rückgängig macht. Die Unkenntnis
                              									von dem Bestände von Lizenzen auf Seiten des Erwerbers ist zweifellos ein im Verkehr
                              									als wesentlich geltender Irrtum, denn es ist ohne weiteres klar, daß der Erwerber
                              									den Vertrag nicht zu denjenigen Bedingungen abgeschlossen haben würde, unter welchen
                              									er diesen tatsächlich abgeschlossen hat; insbesondere würde er den Kaufpreis
                              									regelmäßig geringer bemessen haben, da die Lizenz ja das Patent in bestimmtem
                              									Umfange beschränkt.
                           Bemerkenswert ist noch, daß nach dem Reichsgericht (Bd. 86 S. 45 ff.) ein
                              									Lizenzvertrag, der über ein nachträglich wegen Nichtneuheit für ungültig erklärtes
                              									Patent oder Gebrauchsmuster abgeschlossen ist, nicht gemäß § 306 BGB als von Anfang
                              									an als nichtig zu behandeln ist. Denn nach dem Standpunkte des Reichsgerichtes ist
                              									es eine Forderung der Billigkeit, daß der Lizenznehmer für dies von ihm
                              									unangefochten genutzte wirtschaftliche Gut und die aus dem Vertrage tatsächlich
                              									gezogenen Vorteile sich der Zahlung der Lizenzgebühr für den Zeitraum bis zur
                              									Löschung des Patentes nicht entziehen und die für die Vergangenheit gezahlten
                              									Lizenzgebühren nicht zurückfordern darf. Wird also das Patent nachträglich wegen
                              									Nichtneuheit von dem Patentamte wieder gelöscht, so kann die Maschinenfabrik, der
                              									eine Lizenz von dem Patentinhaber bestellt worden war, die bisher dem Patentinhaber
                              									gezahlten Lizenzgebühren nicht von letzterem, dem Patentinhaber und Besteller der
                              									Lizenz, zurückfordern, da sie bis zur Löschung ja auch die Vorteile aus der Lizenz
                              									gezogen hatte.
                           Rechtsanwalt Dr. iur. Werneburg.