| Titel: | Werner v. Siemens. | 
| Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 393 | 
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                        Werner v. Siemens.
                        13. Dezember 1816 – 6. Dezember 1892.
                        [Werner v. Siemens.]
                        
                     
                        
                           Im Branden des Weltkrieges gedenkt am 13. Dezember Deutschland eines seiner
                              									besten Söhne, des Soldaten und Technikers, des Gelehrten und Geschäftsherrn, des
                              									Volkswirtes und Förderers des Gemeinwohles Werner v. Siemens.
                           In jungen Jahren war ihm vergönnt, im Heeresdienste, unter eigenartigem Wechsel der
                              									übernommenen Aufgaben, seine Erfindungsgabe zugunsten seiner Waffe zu bewähren^ sich
                              									als Soldat in Deutschlands Kämpfen einzusetzen – unter ganz ungewöhnlichen
                              									Verhältnissen und erfolgreich mit Aufträgen betraut, die weit über seinen Dienstgrad
                              									hinausgingen – und andererseits sich zum Techniker zu schulen an einem neu
                              									sprießenden Zweige, der Telegraphie, wobei er selbst das Beste zu dessen kräftigem
                              									Wachstum beitrug und ihn in den Verkehr einführte durch Ausführung von staatlichen
                              									Anlagen, deren Umfang und Ausdehnung wieder in einem ehrenden Mißverhältnisse zu dem
                              									jugendlichen Alter des Beauftragten standen.
                           In das bürgerliche Leben eingetreten, hat er die Telegraphie in ihrer Gesamtheit zu
                              									einer Höhe entwickelt, die den Namen Siemens fast
                              									gleichbedeutend mit ihr machte, und nachdem er so den Schwachstrom zu glanzvoller
                              									Entwicklung gebracht, durch die Erfindung der Dynamomaschine auch das Zeitalter des
                              									Starkstromes eingeleitet und diesem selbst noch alle wichtigen Anwendungsgebiete
                              									eröffnet, die er heute beherrscht. Daneben hat seine Arbeit viele andere Zweige der
                              									Technik befruchtet; die Kriegstechnik und die mechanische Technik verdanken ihm neue
                              									Anregungen und Geräte, die Wärmetechnik und das Hüttenwesen hat er in seinen
                              									Arbeitskreis einbezogen. In ihm fand die wissenschaftliche Technik ihren vornehmsten
                              									Vertreter. Immer bestrebt, die Ergebnisse der Wissenschaft für technische Zwecke
                              									nutzbar zu machen, trieb ihn die uneigennützige Liebe zu ihr, unausgesetzt auch an
                              									ihrem Ausbau mitzuwirken; seine letzten Lebensjahre waren ihr fast ganz
                              									gewidmet.
                           Dem sinnenden Geiste hatte sich die Tatkraft gesellt, Als Herr des von ihm
                              									geschaffenen Welthauses leitete er umfassende Unternehmungen in allen Weltteilen und
                              									hatte gleichzeitig sein Auge über allen Einzelheiten der Werkstätten. Warmen
                              									Herzens und klaren Blickes zugleich suchte er frühzeitig das Wohl seiner
                              									Untergebenen mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen, darin die
                              									Größe seiner Weltanschauung kundgebend, die in dem Guten auch das Zweckmäßige sah.
                              									Ueber die Grenzen des eigenen Reiches hinaussehend, widmete er allen öffentlichen
                              									Fragen seine Aufmerksamkeit, selbst eingreifend, wo er sich ein maßgebendes Urteil
                              									zuschreiben durfte. Das deutsche Patentgesetz ist nach Ueberwindung ganz
                              									entgegengesetzter Meinungen unter seiner vieljährigen tatkräftigen Mitwirkung zu
                              									Stande gekommen und nach seinen Grundsätzen abgefaßt. Gleichermaßen seiner Liebe zur
                              									Wissenschaft und seinem Sinne für das Gemeinwohl entsprang seine hochherzige
                              									Stiftung, die das Entstehen der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt
                              									ermöglichte.
                           Wir feiern das Andenken an Werner v. Siemens in ernster Zeit, da Millionen unserer Brüder im Kampfe stehen. Der
                              									deutschen Technik ist in diesem Kriege eine große Aufgabe zugefallen. In Werner v. Siemens, von dessen
                              									Schöpfungen noch viele unmittelbar in den Krieg hineinragen, sieht sie ihr
                              									Vorbild.
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                           Unsere Zeitschrift hat noch besonderen Anlaß, Werner v.
                              										Siemens zu gedenken. In ihren Spalten veröffentlichte
                              									er 1845 seine erste literarische Arbeit, die sich auf Heißluftmaschinen bezog, in
                              									demselben Jahre noch eine zweite Arbeit über seinen Differenzregulator. Für die
                              									Arbeiten auf seinem wichtigsten Schaffensgebiete standen ihm andere Zeitschriften
                              									näher, und nur eine dieser Arbeiten, über transatlantische Kabel, hat er 1859 aus
                              									besonderem Anlaß in diesen Spalten gebracht. Noch 1868 aber hat er sich der ersten
                              									Stätte seiner schriftstellerischen Tätigkeit erinnert und hier seinen
                              									Alkoholmeßapparat beschrieben. Wenn demnächst unsere Zeitschrift ebenfalls ihren
                              									100-jährigen Geburtstag begeht, wird sie sich mit Stolz ihres berühmtesten
                              									Mitarbeiters erinnern.
                           
                              Schriftleitung von Dinglers polytechnisches Journal.