| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 9 | 
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                        Polytechnische
                              								Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Hüttentechnik.
                           Bestimmung der Urteerausbeute von Kohlen und die Kennzeichnung
                                 										von Urteeren. Zur raschen Bestimmung von Menge und Beschaffenheit des aus
                              									einer beliebigen Kohle zu gewinnenden Urteers haben Prof. Fr. Fischer und H. Schrader einen einfachen,
                              									kleinen Schwelapparat gebaut, der bei der Prüfung von Brennstoffen im Laboratorium
                              									recht gute Dienste leistet. Der neue Apparat besteht in der Hauptsache aus einem
                              									dickwandigen Aluminiumtiegel mit dicht schließendem Deckel aus demselben Stoffe und
                              									einem schräg nach unten gerichteten Messingrohr zur Abführung der
                              									Destillationsprodukte. Die Wandung des Aluminiumblocks ist mit einer Bohrung
                              									versehen zur Einführung eines bis 550° zeigenden Thermometers. Für die Anfertigung
                              									des Erhitzungsgefäßes aus Aluminium waren verschiedene Gründe maßgebend, in erster
                              									Linie die gute Wärmeleitfähigkeit dieses Metalls, wodurch eine allseitig
                              									gleichmäßige Erhitzung des Tiegels gewährleistet und eine örtliche Ueberhitzung der
                              									Kohle sowie des gebildeten Teers unmöglich gemacht wird.
                           Zur Ausführung einer Urteerbestimmung füllt man etwa 20 g fein gepulverte Kohle in
                              									die Retorte ein, verschließt diese durch leichtes Eindrehen des Deckels und stülpt
                              									über das Messingrohr einen gewogenen Destillierkolben, der in ein Gefäß mit kaltem
                              									Wasser eingetaucht wird. Hierauf erhitzt man den Aluminiumblock mit einem dreifachen
                              									Bunsenbrenner, bis das eingesetzte Thermometer eine Temperatur von 500 bis 520°
                              									erreicht hat, was etwa 30 Minuten dauert. Diese Temperatur wird so lange
                              									aufrechterhalten, bis kein Teer mehr in die Vorlage tropft; dies ist ungefähr nach
                              									weiteren 15 Min. der Fall. Durch Wägen des Destillierkolbens ermittelt man sodann
                              									die Menge des aus der Kohle gebildeten Teers und Wassers. Das Wasser wird nach
                              									Zusatz von 15 ccm Xylol abdestilliert und gemessen und die Menge des gebildeten
                              									Teers aus der Differenz berechnet. In dem wasserfreien Teer bestimmt man schließlich
                              									noch den Phenolgehalt in üblicher Weise durch Ausschütteln mit 10%iger
                              									Natronlauge.
                           Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind für die Beurteilung der technischen
                              									Aufarbeitung vollkommen ausreichend. Zur Erzielung besonders genauer Ergebnisse
                              									empfiehlt es sich, gleich schnell anzuheizen und den vorgelegten Destillierkolben
                              									mit Eis zu kühlen, da das gleichzeitig mit dem Teer entweichende Gas je nach der
                              									Strömunggeschwindigkeit und der Kühlung der Vorlage mehr oder weniger
                              									leichtflüchtige Destillationsprodukte mitführt, wodurch geringe Unterschiede in der
                              									Ausbeute an Teer und Wasser unvermeidlich sind. Die Untersuchung einer größeren
                              									Anzahl von Kohlenproben durch verschiedene Beobachter ergab eine befriedigende
                              									Übereinstimmung; auch über Menge und Beschaffenheit des Halbkokses liefert der neue
                              									Apparat eine brauchbare Orientierung.
                           Weiter haben Fischer und Gluud eine Vorschrift zur
                              									sicheren Unterscheidung von Urteer und anderen Stein- und Braunkohlenteeren
                              									ausgearbeitet, womit einem dringenden Bedürfnis der Praxis entsprochen wurde, da
                              									neuerdings auch auf diesem Gebiete versucht wird, gewöhnlichen Teer oder andere
                              									minderwertige Erzeugnisse für Urteer auszugeben, da dieser höher im Preise steht.
                              									Eine sichere Unterscheidung des Urteers von anderen Teersorten ist außer durch
                              									gewisse äußere Merkmale namentlich durch die Prüfung des Teers auf Naphthalingehalt
                              									sowie durch die Bestimmung seiner Dichte auf einfache Weise möglich.
                           Von einem guten und wirklichen Urteer ist rein äußerlich zu verlangen, daß er bei
                              									Zimmertemperatur (von etwaigen geringfügigen Paraffinausscheidungen abgesehen)
                              									flüssig ist; er sollen dünner Schicht ein goldrotes bis portweinfarbiges Öl sein.
                              									Ferner muß er bei 25° C. ein spez. Gewicht von 0,95 bis 1,06 besitzen. Schließlich
                              									soll er in frischem Zustand nach Schwefelwasserstoff oder Schwefelammonium riechen,
                              									keinesfalls darf er aber einen Geruch nach Naphthalin aufweisen.
                           Wirklicher Urteer darf weder bei seiner Entstehung noch nachher einer Temperatur von
                              									mehr als 550° C. ausgesetzt worden sein. Ein derart gewonnener Teer ist frei von
                              									Naphthalin, da diese Verbindung erst bei Temperaturen von 750° und darüber entsteht.
                              									Durch einfache Destillation von 200 ccm des Teers im Wasserdampfstrom und Prüfung
                              									des mit dem Wasser übergegangenen Destillats auf Naphthalin, dessen Anwesenheit
                              									durch die Abscheidung von Kristallen auf der Ölschicht ev. nach vorheriger Kühlung
                              									auf 0° leicht zu erkennen ist, vermag man somit leicht und zuverlässig zu
                              									entscheiden, ob der untersuchte Teer wirklich Urteer ist oder nicht; ebenso läßt
                              									sich auf diese Weise natürlich auch feststellen, ob ein Urteer etwa durch Zusatz von
                              									gewöhnlichem, stets naphthalinhaltigem Teer verfälscht ist.
                           Da die Hauptbestandteile eines Urteers Paraffine, Naphthene, Olefine und Phenole
                              									sind, besitzt er ein niedrigeres spezif. Gewicht als die bei hoher Temperatur
                              									gebildeten Teere, die vorwiegend aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten. Da nun
                              									ein naphthalinfreier Teer nicht immer ein Urteer zu sein braucht, so ist es bei
                              									negativem Ausfall der soeben beschriebenen Naphthalinprobe nötig, auch noch eine
                              									Dichtebestimmung auszuführen. Zu diesem Zweck scheidet man zunächst die Pech- und
                              									Asphaltstoffe des Teeres mittels Petroläther aus, erntfernt sodann durch
                              									Ausschütteln mit Natronlauge die Phenole und destilliert hierauf den Petroläther
                              									sowie die bis 200° siedenden Bestandteile des Teers ab. Die Fraktion von 200 bis
                              									300° wird gesondert aufgefangen und auf ihr spezif. Gewicht geprüft, das bei Urteer
                              									bei einer Temperatur von 20° unter 0,95, bei anderen Teeren dagegen nahe bei 1 oder
                              									darüber liegt. Es ist wichtig, auch den Destillationrückstand auf sein spezif.
                              									Gewicht zu prüfen. Dieser Rückstand muß salbenartig sein, er muß sich restlos in
                              									Petroläther und Äther lösen und bei 50° ein spezif. Gewicht von weniger als 1 haben,
                              									d.h. er muß auf Wasser von 50° schwimmen, während der in gleicher Weise erhaltene
                              									Destillationrückstand eines überhitzt gewesenen Teers in 50° warmem Wasser
                              									untersinkt und auch in den genannten Lösungsmitteln nur teilweise löslich ist.
                              									(Zeitschr. f. angew. Chemie, 32. Jahrg. S. 337–340 und 33. Jahrg., S. 172 –
                              									175).
                           Sander.
                           Walter Feld-Verfahren. Eine kritische Würdigung des
                              									Verfahrens gibt Dr. Raschig in der Z. f. angew. Chemie. Feld beabsichtigt mit seinem
                              									Polythionatverfahren die Nebenerzeugnisanlagen der Kokerei vom Bezug von
                              									Schwefelsäure (zur Ammoniumsulfatherstellung) unabhängig zu machen, indem er den bei
                              									der Verkokung der Kohle auftretenden Schwefelwasserstoff auf nassem Wege in
                              									Schwefelsäure überführt. Sein Verfahren beruht darauf, daß den Kokereigasen durch
                              									wässerige Lösungen von Ammoniumtrithionat und -tetrathionat Schwefelwasserstoff und
                              									Ammoniak zugleich entzogen werden. Die Polythionate werden dadurch in Ammoniumthiosulfat übergeführt und
                              									dieses durch Einleitung von Schwefeldioxyd in Polythionat zurückverwandelt. Hierbei
                              									entsteht so viel Polythionat, daß stets die Hälfte aus dem Kreislauf entfernt werden
                              									kann. Die Lösung des ausgeschiedenen Salzes wird dann durch Kochen zersetzt in
                              									Ammoniumsulfat, Schwefeldioxyd und Schwefel. – Leider hat die Anlage auf der Kokerei
                              									Sterkrade der Gutehoffnungshütte infolge des Krieges noch nicht in Betrieb gesetzt
                              									werden können, so daß praktische Erfolge noch nicht vorliegen. R. weist unter
                              									kritischer Beleuchtung der Feld'schen Formeln auf die Schwierigkeiten hin, die dem
                              									Chemismus des Verfahrens in den zeitweiligen Aenderungen in der Gaszusammensetzung
                              									entstehen, gibt aber der festen Hoffnung Ausdruck, daß das Verfahren sich
                              									durchsetzen werde, zum Besten unserer Volkswirtschaft. (Z. f. angew. Chemie, 26.
                              									Okt. 1920).
                           K.
                           Nebenproduktengewinnung aus Generatorgasen. Die Gewinnung
                              									der Nebenerzeugnisse aus den Gasen muß unter allen Umständen fraktioniert erfolgen,
                              									woraus sich ergibt, daß die Verarbeitung bei einer solchen Temperatur zu geschehen
                              									hat, bei der eine Trennung der Kondensate möglich ist. Soll der Teer unverwässert
                              									gewonnen werden, so muß er bei einer oberhalb des Taupunktes liegenden Temperatur
                              									ausgewaschen werden. Die erste Stufe stellt also die restlose Gewinnung der Teerbestandteile, die zweite die Ammoniakgewinnung
                              									dar. Am wichtigsten dürfte heute die Darstellung des Teers, d.h. der
                              									Kohlenwasserstoffe sein. Erfahrungsgemäß können fein verteilte Kohlenwasserstoffe
                              									die Kondensation der im Gas befindlichen Teerbestandteile beschleunigen oder diese
                              									absorbieren. In der vom Verfasser beschriebenen Anlage kommt das Gas in noch heißem
                              									Zustande in die Teerwascher, die aus Desintegratoren, System Theissen, bestehen; in
                              									diesen wird das Gas mit nebelfein zerstäubtem, warmem Teer gewaschen. (Vergl. hierzu
                              									auch die auf vielen Zechen Westfalens arbeitenden „Teerstrahlapparate“) (Ing.
                              									J. Fabian, Mitt. d. Inst. f. Kohlenvergasung, Wien, 1920, S. 73/5).
                           K.
                           
                        
                           Gastechnik.
                           Gewinnung von synthetischem Ammoniak in England. Die
                              									englische Regierung hat bekanntlich schon während des Krieges ein besonderes Komitee
                              									gebildet, das Munitions-Inventions-Department, das die Aufgabe hatte, die Frage der
                              									synthetischen Gewinnung von Ammoniak eingehend zu studieren. Es wurde damals von Dr.
                              									Maxted ein dem Verfahren von Haber recht ähnliches Verfahren ausgearbeitet, das von
                              									der Gas-Development-Co. Ltd. ausgeführt wurde. Diese Versuchsanlage mit sämtlichen
                              									zugehörigen Informationen und Patenten wurde neuerdings von der Synthetic Ammonia and Nitrates Ltd. erworben, die mit
                              									einem Kapital von 5 Mill. Lst. von der Firma Brunner, Mond & Co. gegründet
                              									wurde. Die neue Gesellschaft wird in Billingham eine Fabrik für eine tägliche
                              									Erzeugung von 100 t Ammoniak errichten, doch soll diese Menge bald auf 300 t
                              									gesteigert werden. Als Haupterzeugnis soll Chlorammonium und als Nebenprodukt Soda
                              									gewonnen werden. Das Chlorammonium hofft man wegen seines niedrigen Preises leicht
                              									als Düngemittel absetzen zu können, außerdem wurde ein Liefervertrag mit der
                              									Explosives Trades Ltd. abgeschlossen, die eine Anlage zur Gewinnung von
                              									Salpetersäure aus Ammoniak errichten und ihren ganzen Bedarf von der neuen
                              									Gesellschaft beziehen wird. Die englische Regierung hat der Gesellschaft alle
                              									feindlichen Ammoniakpatente zur Verfügung gestellt gegen eine Lizenz, die auf
                              									Rechnung der Wiedergutmachung an den „Aufseher des feindlichen Eigentums“ zu
                              									zahlen ist. Die Betriebleitung hat eine gründliche Besichtigung der Ammoniakfabrik
                              									in Oppau, der staatlichen amerikanischen Ammoniakanlage in Sheffield (Ala.), der
                              									Anlage der General Chemical Co. in Laurel Hill sowie der französischen
                              									Versuchsanlage nach Claude vorgenommen.
                           Sander.
                           Der Stickstoff in Wirtschaft und Technik. Ueber dieses
                              									Thema machte auf der Naturforscher-Versammlung in Bad Nauheim Prof. Dr. C. Bosch interessante Mitteilungen. Die Erzeugung von
                              									gebundenem Stickstoff hat im Kriege eine beträchtliche Zunahme erfahren, die
                              									Welterzeugung stieg nämlich von 736000 t im Jahre 1913 auf 1239000 t im Jahre 1918,
                              									auf Stickstoff berechnet. Als Stickstoffquellen kamen seit Anfang des vorigen
                              									Jahrhunderts der Guano und Chilesalpeter in Frage, denen sich in der Folge das
                              									Ammoniak der Kokereien und Gaswerke und in den letzten 15 Jahren der Luft Stickstoff
                              									hinzugesellten. Von den Verfahren zur Bindung des Luftstickstoffs nannte Vortr. die
                              									Lichtbogenverfahren von Birkeland-Eyde und Schönherr, die in Norwegen ausgebeutet
                              									werden. Das Rjukan-Kraftwerk liefert 160000 KW und mit einem KW-Jahr lassen sich
                              									etwa 550 kg wasserfreie Salpetersäure herstellen. Eine Schwierigkeit bei diesem
                              									Verfahren besteht jedoch in der Verarbeitung der verdünnten nitrosen Gase, die nur 2
                              									v. H. Stickoxyd enthalten, auf Salpetersäure.
                           Das zweite Verfahren zur Bindung des Luftstickstoffs, das eine weite Verbreitung
                              									erlangt hat, ist die Herstellung von Kalkstickstoff aus Kalziumkarbid und reinem
                              									Stickstoff, der zumeist nach dem Verfahren von Linde aus
                              									verflüssigter Luft gewonnen wird. Die Fabrikation von Kalkstickstoff ist ein
                              									verhältnismäßig einfacher Vorgang, von Bedeutung ist hierbei die Initialwirkung,
                              									d.h. die Erkenntnis, daß die Füllung des Ofens nur an einer Stelle auf die
                              									Reaktiontemperatur erhitzt zu werden braucht, worauf sich die Reaktion durch die
                              									ganze Masse des Karbids fortpflanzt. Mit Hilfe des Kalkstickstoffverfahrens wurden
                              									vor dem Kriege etwa 150000 t Stickstoff in der ganzen Welt gebunden, während des
                              									Krieges hat diese Industie sowohl bei uns wie im Ausland einen großen Umfang
                              									angenommen.
                           Neben einigen Ansätzen, die bisher wirtschaftlich keine Rolle spielen, wie das
                              									Verfahren von Serpek und die Zyanidverfahren, ist als
                              									drittes großindustrielles Verfahren das Hochdruckverfahren der
                                 										Badischen Anilin- und Sodafabrik zu nennen, dem
                              									die Erfindung von Haber zu Grunde liegt. Haber ging bei seinen Versuchen über das Gleichgewicht
                              									des Ammoniaks zur Verwendung hoher Drucke über und konnte zeigen, daß hierbei die
                              									Ausbeuten so gesteigert werden, daß eine technische Anwendung dieser Methode
                              									aussichtreich erschien. Im Jahre 1908 begann die Badische Anilin- und Sodafabrik
                              									dieses Verfahren näher zu studieren, zunächst unter Verwendung- der von Haber aufgefundenen Katalysatoren Osmium und Uran. Es
                              									ergaben sich hierbei zunächst sehr große Schwierigkeiten und die ersten größeren
                              									Versuche mit Osmium fanden durch eine Explosion des Versuchapparates ein vorzeitiges
                              									Ende. Dabei zeigte sich, daß das Kontaktrohr hart und spröde geworden war, daß es
                              									seine Zugfestigkeit vollkommen verloren hatte und in der Längsrichtung aufgeplatzt
                              									war. Das Osmium war dabei verloren gegangen und bei dem geringen Weltvorrat an
                              									Osmium war es nicht zweckmäßig, mit diesem Metall weitere Versuche anzustellen. Auch das Uran
                              									bewährte sich im Großen nicht, weil es nicht leicht auf einer Unterlage zu
                              									befestigen ist und zudem gegenüber Verunreinigungen des Gasgemisches sehr
                              									empfindlich ist. Es mußte daher ein neuer Katalysator für diesen Prozeß aufgefunden
                              									werden und weiter mußte die zerstörende Wirkung des Wasserstoffs auf das Eisen
                              									ausgeschaltet werden. Zu diesem Zwecke wurde eine Versuchstation sowie eine eigene
                              									Werkstätte für Hochdruckapparate geschaffen. In fast zweijähriger Arbeit wurde die
                              									zerstörende Wirkung des Waserstoffs auf Eisen und andere Metalle untersucht, wobei
                              									festgestellt wurde, daß Wasserstoff bei technischem Eisen völliges Verschwinden des
                              									Kohlenstoffs bewirkt; danach verbindet sich der Wasserstoff mit dem Eisen zu einer
                              									Legierung. Die Verwendung von Stahl war somit ausgeschlossen. Edelstahl wurde schon
                              									bedeutend langsamer angegriffen als Kohlenstoffstahl. Schließlich wurde eine
                              									besondere Apparatur konstruiert, bei der die den Druck tragenden Teile der
                              									Einwirkung des Wasserstoffs entzogen wurden, so daß die Apparate bei den in Betracht
                              									kommenden Drucken und Temperaturen unveränderlich und nach menschlichem Ermessen
                              									gefahrlos sind. Bezüglich der Frage nach einem brauchbaren Katalysator wurde nach
                              									tausenden von Einzelversuchen gefunden, daß Eisen in besonderer Zubereitung und in
                              									Gegenwart bestimmter Stoffe ein ebenso gut wirkender Katalysator ist wie Osmium und
                              									Uran. Das Eisen konnte in kleine, harte Stückchen gebracht werden, die dem Gasstrom
                              									nur geringen Widerstand entgegensetzen.
                           Eine weitere wichtige Frage war die Beschaffung des
                                 										Wasserstoffs. Die elektrolytische Gewinnung des Gases schied wegen des
                              									hohen Energiebedarfes aus, auch das Eisen-Verfahren erschien nicht zweckmäßig, weil
                              									es kein Gas von genügender Reinheit lieferte. So entschied man sich denn für das
                              									Verfahren von Linde-Frank-Caro, bei dem bekanntlich Wassergas durch Abkühlung
                              									mittels flüssiger Luft in Kohlenoxyd und Wasserstoff zerlegt wird. Aber auch der
                              									nach diesem Verfahren gewonnene Wasserstoff enthielt noch Kohlenoxyd und
                              									Schwefelverbindungen, die für den Eisenkatalysator sehr schädlich sind, weshalb das
                              									Gas noch einer Nachreinigung bedurfte. Die Entfernung des Kohlenoxyds wurde zuerst
                              									mit Natronlauge bei. 200° und unter hohem Drucke versucht, wobei sich ameisensaures
                              									Natrium bildet. Das Arbeiten mit Natronlauge von 200° war aber nicht angenehm,
                              									überdies wurden die eisernen Apparate hierbei durch die geringsten Spuren von
                              									Sauerstoff zerstört. Deshalb wurde die anfangs zurückgestellte Verwendung von
                              									Kupferoxydulsalzlösungen, (Kupferazetat) vorgezogen, die bei gewöhnlicher Temperatur
                              									und bei 200 at Druck die völlige Entfernung des Kohlenoxyds aus dem Gase
                              									ermöglichen. Nach Erledigung dieser umfangreichen Arbeiten konnte die erste größere
                              									Versuchsanlage in Oppau in Betrieb genommen werden.
                           Die Frage der Wasserstoffgewinnung wurde aber dennoch weiter verfolgt und nach
                              									jahrelangen Versuchen über die Verschiebung des Wassergasgleichgewichtes im Sinne
                              									der älteren Versuche von Mond wurde folgendes Verfahren eingeführt: Wassergas und
                              									Dampf werden bei 400–500° über einen Eisenkontakt von bestimmter Zubereitung
                              									geleitet, hierbei entsteht ein Wasserstoff-Kohlehsäuregemisch, daß nur noch 1–2 v.
                              									H. Kohlenoxyd enthält. Dieses wird mit Kupferoxydulsalzlösung entfernt, nachdem
                              									vorher der Wasserstoff von Kohlensäure befreit worden ist.
                           Wenn man ferner dem Wassergas-Dampfgemisch noch Generatorgas in bestimmter Menge
                              									zusetzt, kann man ohne Schwierigkeiten nach dem Ueberleiten des Gasgemisches über
                              									die Kontaktmasse ein Endgas herstellen, das neben Wasserstoff auch Stickstoff
                              									enthält, und zwar gerade in dem für die Ammoniaksynthese notwendigen Volumverhältnis
                              									1 N2 : 3 H2. Aus
                              									diesem Gasgemisch wird durch Waschen mit Wasser bei etwa 25 at die Kohlensäure und
                              									hierauf durch Waschen mit Cuprosalzlösung bei etwa 200 at Druck das Kohlenoxyd bis
                              									auf den letzten Rest entfernt.
                           Der eigentliche Ammoniakprozeß geht im Kreislauf vor sich, wobei das im Kontaktofen
                              									gebildete Ammoniak ständig durch Auswaschen mit Wasser aus dem Kreislauf
                              									herausgenommen und in Form einer 25%igen Lösung gewonnen wird. Als ein großer
                              									Fortschritt ist es anzusehen, daß der Prozeß nun ohne äußere Wärmezufuhr vor sich
                              									geht; dasselbe ist bei der Wasserstoffgewinnung der Fall, denn die bei der
                              									katalytischen Qxydation des Kohlenoxyds mit Wasserdampf frei werdende Wärme genügt,
                              									um die Kontaktmasse dauernd auf die erforderliche Temperatur zu erhitzen.
                           Die beiden Ammoniakwerke in Oppau und Merseburg werden demnächst 300000 t
                              									atmosphärischen Stickstoff verarbeiten. Als Haupterzeugnisse stellen diese Werke
                              									her: 1. Ammoniumsulfat, wobei anstelle von Schwefelsäure Gips verwendet wird, 2. das
                              									dem Sulfat gleichwertige Ammoniumchlorid, dessen Herstellung nach Art des Solvay-Prozesses erfolgt, wobei jedoch die gewonnene Soda
                              									das Nebenprodukt ist, 3. Ammoniumkarbonat, das als Treibpulver in der Bäckerei
                              									Verwendung findet.
                           Die Oxydation des Ammoniaks zu Stickoxyd unter Verwendung von Platin als Katalysator
                              									ist von Ostwald schon lange vor dem Kriege durchgeführt
                              									worden. Während aber dieses Verfahren nur in kleinen Apparaten ausgeführt werden
                              									kann, hat die Badische Anilin- und Sodafabrik im Kriege ein Verfahren eingeführt,
                              									bei dem als Katalysator ein Gemisch von Eisen und Wismut Anwendung findet und das
                              									auch in ganz großen Einheiten durchführbar ist. Man erhält dabei 50%ige
                              									Salpetersäure, die nachträglich mit Hilfe von Schwefelsäure konzentriert wird.
                              									Sämtliche in Deutschland fabrizierte Salpetersäure wird heute auf diesem Wege
                              									hergestellt. Wenn dagegen die Reaktiontürme, durch die die nitrosen Gase hindurch
                              									streichen, nicht mit Wasser, sondern mit Sodalösung berieselt werden, erhält man
                              									eine Lösung von Natronsalpeter. Daneben wird noch Ammonitrat und aus diesem eine
                              									Reihe von Mischdüngern hergestellt, so z.B. Kaliammonsalpeter durch Zusatz von
                              									Chlorkalium oder Ammonsulfatsalpeter durch Zusatz von Ammoniumsulfat. Ein ideales
                              									Düngemittel ist schließlich der Harnstoff, der 46 v. H. Stickstoff enthält und
                              									dessen Anwendung im Hinblick auf die niedrigeren Frachtkosten sehr vorteilhaft ist.
                              									Die synthetische Gewinnung des Harnstoffs aus Ammoniak und Kohlensäure ist nach
                              									jahrelangen Versuchen gelungen; wenn man Kohlensäure und Ammoniak auf 135° erhitzt,
                              									verliert das zunächst gebildete carbaminsaure Ammonium ein Molekül Wasser und geht
                              									so in Harnstoff über. Eine große Anlage für die Herstellung dieser Verbindung ist im
                              									Bau.
                           Sander.
                           Ueber die Selbstentzündung der Kohle in ihrem Verhältnis
                              									zur chemischen Zusammensetzung der einzelnen Kohlenarten veröffentlicht der
                              									englische Forscher F. V. Tideswell eine längere Abhandlung, in der vor allem der
                              									Einfluß der Bakterientätigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes und des Schwefelkieses
                              									einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. Die bisherigen Anschauungen über die
                              									Entzündungsgefahr der Kohle werden kritisch beleuchtet. T. stellt fest, daß die
                              									Mehrzahl aller Forscher geneigt ist, die Ursachen der Selbstentzündung in der
                              									Hauptsache in denjenigen Bestandteilen der Kohle zu sehen, die von den
                              									Celullose-Bestandteilen der ursprünglichen, die Kohle bildenden Stoffe abgeleitet
                              									werden können (Wheelers α- und β-Komponenten). Besonders wichtig ist das von T.
                              									aufgestellte, etwa 90 Nummern umfassende Schriftenverzeichnis. (Proceeding of the
                              									South Wales Institute of Engineers, 16. Juli 1920, S. 181/258i.
                           K.
                           
                        
                           Feuerungstechnik.
                           Glühkopf-Zweitaktmaschinen. Die Bessemer Gas-Engine-Co.
                              									hat einen neuen Glühkopfmotor gebaut, bei dem auch bei andauerndem Betrieb mit
                              									verminderter Belastung noch eine gute Verbrennung bei Rohölbetrieb erreicht wird. Um
                              									das allmähliche Abkühlen des Glühkopfes bei verminderter Belastung zu verhindern,
                              									ist ein Teil des Glühkopfes als Boden eines Quecksilberbehälters ausgebildet. Das
                              									Quecksilber wird dabei durch die Verbrennung ständig auf der Siedetemperatur des
                              									Quecksilbers gehalten. Der Glühkopf bleibt dann genügend heiß, um die Entzündung des
                              									zerstäubten Brennstoffes zu erreichen. Bei starker Motorbelastung verdampft ein Teil
                              									des Quecksilbers und schlägt sich an den kälteren Teilen des Behälters nieder. Beim
                              									Anlassen wird der Boden des Quecksilberbehälters in bekannter Art mit einer
                              									Heizlampe erhitzt.
                           (Power, 13. Juli 1920).
                           W.
                           Lokomotiven mit Torfpulverfeuerung. Schwedische
                              									Lokomotiven mit Torfpulverfeuerung haben gute Erfolge gezeitigt. Zur Unterstützung
                              									der Torffeuerung ist die Feuerbuchse der Lokomotiven mit einem kleinen,
                              									handgefeuerten Kohlenrost versehen. Der Kohlenverbrauch beträgt etwa 3–4 % der
                              									Torfmenge. Der Torf wird auf einen Wassergehalt von 13–16 % getrocknet und auf eine
                              									Feinheit von 100 Maschen je cm2 gemahlen, so daß
                              									man aus 3 t lufttrockenem Torf 2 t Brenntorf erhält. Vergleichsversuche haben
                              									ergeben, daß der Wirkungsgrad von torfgefeuerten Kesseln 73 % betrug bei einer
                              									Temperatur von 1670° F. in der Feuerbuchse, gegen 65 % u. 1510° bei kohlengefeuerten
                              									Maschinen. 4 t Torf genügten zum Betreiben eines Güterzuges von 650 t für 100 km,
                              									oder eines Personenzuges von 300 t für 130 km. – Das Feuerungsverfahren soll einfach
                              									sein und sich durch Betriebssicherheit aus:
                              									zeichnen. Auch soll sich der Umbau von Kohlenlokomotiven auf Torfpulverfeuerung ohne
                              									große Schwierigkeiten bewerkstelligen lassen. (Railway Engineer, July 1920).
                           K.
                           Der steigenden Bedeutung der Ölschieferindustrie
                              									entsprechend richtet man in Amerika in stets zunehmendem Maße das Augenmerk auf die
                              									dortigen Oelschiefervorräte und verfolgt aufmerksam die Erfolge der alten
                              									schottischen Industrie. In einem Aufsatz „Financiel record of Scotch oil-shale
                                 										companies“ wird zunächst die Tatsache festgestellt, daß fast alle
                              									schottischen Werke seit November 1919 als „Scottish Oils, Ltd,“
                              									zusammengefaßt und vereinigt worden sind mit der „Anglo Persian Oil Co.,
                                 										Ltd,“ auf die die britische Regierung weitgehenden Einfluß besitzt. Die neue
                              									Gesellschaft hat ein Kapital von 4 Mill. ₤ (3 Mill. 7 % Vorzugs-, 1 Mill.
                              									gewöhnliche Anteile). Fesselnd sind die Angaben über die Geschichte der bisherigen
                              									Gesellschaften und ihre finanziellen Erfolge sowie über die Pläne der Anglo-Persian
                              									Oil Co., die auf die Nutzbarmachung auch kolonialer Oelschiefervorkommen
                              									hinzielen. (Eng. and Min. Journ. 25. Sept. 1920).
                           K.
                           Mitteilungen über den Stand der Kohlenstaubfeuerung in
                                 										Amerika. In Amerika werden heute nach Vervollkommung des technischen
                              									Apparates 12–15 Mill. t Kohlenstaub verfeuert. Die Geschwindigkeit der
                              									Verbrennungsgase im Heizraum. beträgt 2 m/sec. Von großer Wichtigkeit ist die
                              									Feinheit des Staubes. Vorteile der Kohlenstaubfeuerungen sind die Ausschaltung der
                              									sonst eintretenden Verluste, das Fehlen von Verschlackungen, die leichte
                              									Regelbarkeit und Aschenentfernung sowie die Rauchfreiheit. (Marine and Navel
                              									Architect, Juni 1920).
                           K.
                           
                        
                           Schiffbau.
                           Bau von Eisenbetonschiffen („Beton und Eisen,“
                              									1920, Heft XVI, Dr. techn. L. Karner, Sterkrade (Rhld.)). Der Eisenbetonschiffbau
                              									hat während des Krieges eine große Reihe von Verbesserungen erfahren, die sich
                              									sowohl auf die Zusammensetzung des Baustoffes, die Art und Weise der Bewehrung als
                              									auch auf die Ausführung der Verschalung und des Baues, sowie den Stapellauf solcher
                              									Schwimmkörper beziehen. Wegen der einfacheren Verschalung werden Betonschiffe mit
                              									dem Kiel nach oben liegend hergestellt, die Aufgabe, die also zunächst zu lösen ist,
                              									ist die nach dem Drehen solcher Schiffe in ihre normale Lage und nach dem
                              									eigentlichen Stapellauf. Bei kleineren Booten kann dieses mit Hilfe eines einfachen
                              									Kranes geschehen; bei mittleren sind besondere Drehgestelle an Land erforderlich;
                              									bei größeren Abmessungen werden die Schiffe, zum wenigsten ihre äußere Schale, in
                              									besonderen Schwimmdocks kieloben gegossen und dann in ihre normale Schwimmlage
                              									gedreht. Solche Anlagen sind sehr kostspielig und ihre Wirtschaftlichkeit kann nur
                              									durch eine reihenweise Herstellung mehrerer Schiffe gesteigert werden. Dies ist dann
                              									möglich, wenn für die einzelnen gleichzeitigen Schiffbauten eine gleiche Anzahl von
                              									einfacheren Schwimmbühnen vorhanden ist, die alle von einem gemeinsamen Drehwerk
                              									gedreht werden. Hierbei verteilen sich also die Kosten des Drehwerks auf eine Anzahl
                              									gleichzeitig im Bau befindlicher Schiffe, so daß auf das einzelne Schiff ein
                              									geringer Betrag entfällt. Die beschriebene Ausführung ist in Deutschland der
                              									Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb, Oberhausen (Rhld.),
                              									geschützt.
                           Marx.
                           
                        
                           Wirtschaft.
                           Sozialisierung der Elektrizitätswirtschaft. Ueber „Die Aufgaben der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen
                                    											und das Gesetz betreffend die Sozialisierung der
                                    											Elektrizitätswirtschaft“ wurde auf der diesjährigen
                              									Mitgliederversammlung des Bundes der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen Deutschlands von Dr. Ing. G. Siegel ein Referat erstattet. Darin wird festgestellt,
                              									daß der Bund die Notwendigkeit einer größeren Beteiligung der Allgemeinheit an der
                              									Regelung der Elektrizitätswirtschaft durchaus anerkenne, sich aber auf das
                              									entschiedenste gegen`Art und Umfang dieser Beteiligung, wie sie im
                              									Sozialisierungsgesetz vorgesehen sei, wende. Zunächst habe dieses Gesetz die
                              									vornehmste Aufgabe der Elektrizitätswirtschaft, die reichlichere und zuverlässigere
                              									Belieferung mit elektrischer Arbeit, in weitem Maße verhindert, indem es durch seine
                              									völlig unzureichenden und ungerechten Entschädigungsbestimmungen bei der Uebernahme von Anlagen
                              									durch das Reich die Aufwendung neuer Mittel für notwendige Erweiterungen und
                              									Erneuerungen unmöglich mache. In gleicher Weise verhindere es die Lösung anderer
                              									Aufgaben, wie die Ausbildung der Feuerungsanlagen, die Verbesserung des
                              									Leistungsfaktors, die Planung von Großkraftwerken, die Anpassung der Verkaufspreise
                              									an die veränderten Verbrauchsverhältnisse; werde doch dem Unternehmer die
                              									Freude am eigenen Werk geraubt und so jegliche Begeisterung und die frische
                              									Initiative, die zu der Lösung all der genannten schwierigen Aufgaben nötig ist,
                              									ertötet.
                           Auch in die Regelung der Abschreibungsfrage werde durch das Gesetz Verwirrung
                              									getragen und solide kaufmännische Geschäftsgebarung der Elektrizitätsunternehmungen
                              									gefährdet.