| Titel: | Kleine Beiträge zur Vorgeschichte des „Polytechnischen Journals“. | 
| Autor: | Hugo Dingler | 
| Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 149 | 
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                        Kleine Beiträge zur Vorgeschichte des
                           									„Polytechnischen Journals“.
                        Von Universitätsprofessor Dr. Hugo
                                 										Dingler, München.
                        [Kleine Beiträge zur Vorgeschichte des „Polytechnischen
                              									Journals“.]
                        
                     
                        
                           Ueber den Lebenslauf des Gründers des Journals ist ja mancherlei bekannt und
                              									kann leicht in einem Konversationslexikon oder ausführlicher in der „Allgemeinen
                                 										Deutschen Biographie“ nachgesehen werden.
                           Hier soll nur einer freundlichen Aufforderung der Redaktion entsprechend, einiges,
                              									was meines Wissens nicht bekannt oder für die Geschichte der Technik von Interesse
                              									ist, beigebracht werden.Für freundliche Unterstützung bei meinen Studien habe ich zu danken den
                                    											Herren Justizrat W. Pollitz, Schriftsteller
                                    											August Vetter, sowie neben dem im Text genannten Direktor Wiedemann vom Stadtarchiv Augsburg der
                                    											Sachregistratur des Stadtrates Augsburg (sämtlich in Augsburg). Ebenso
                                    											meinem Kollegen Dr. Steinberger, Privatdozent an
                                    											der Universität, für freundliche Auskunft.
                           Am 1. Juni 1799 beginnt J. G. Dingler aus Zweibrücken im
                              									Alter von 21 Jahren seine Tätigkeit als Provisor in der Apotheke in C 1 in Augsburg.
                              									Diese war durch ihren früheren Besitzer so heruntergekommen, daß sie gesperrt wurde.
                              									Am genannten Tage wurde sie wieder eröffnet, nachdem J. G. Dingler zwei Tage vorher einem Examen unterworfen worden war. In dem
                              									Protokolle hierüber heißt es „Sämtliche Mitglieder des Collegii medici stimmen
                                 										dahin, daß J. G. D. als ein mit seltenen und ausgezeichneten Kenntnissen
                                 										versehener Mann zu einem Provisor vollkommen tüchtig befunden wurde, und sich
                                 										das Publikum viel von diesem Mann zu versprechen habe“. Der Provisor kaufte
                              									nach kurzer Zeit die Apotheke und brachte sie sehr in die Höhe.
                           
                              „Doch scheint es ihm an den nötigen Mitteln gefehlt zu haben; er verlor rasch
                                 										seinen Kredit, mußte 1803 sich für zahlungsunfähig erklären und die Apotheke
                                 										seiner Frau abtreten, die sich von ihm scheiden ließ und dann ihren Provisor . .
                                 										. ehelichte.“
                              
                                 
                                 Nach Anton Werner „Zur Geschichte der Augsburger Apotheken 1346–1845“.
                                    											Ztschr. d. Histor. Vereins für Schwaben und Neuburg XXXVI. (1910) p.
                                    											45–46.
                                 
                              
                           Am 22. Juni 1807 reicht der Chemiker Dr. J. G. D. an die Kgl. bayrische
                              									Polizeidirektion ein Gesuch ein um „die privilegierte Etablierung einer
                                 										Walzendruckmaschine“ in Augsburg.
                           In ihrem befürwortenden Berichte vom 14. Juli an die K. b. Landes-Direktion in
                              									Schwaben erwähnt die Polizeidirektion Augsburg, daß der Bittsteller der nämliche
                              									sei, „welcher schon früher um die Erlaubnis, eine chemische Schule zu errichten,
                                 										gebethen hat, mit seinem Gesuch aber abgewiesen worden ist“. Es wird dann
                              									verbeschieden, es sei zu wissen notwendig, ob der x Dingler das nötige Vermögen habe. D. erwidert, daß es zu seinem Zwecke
                              									eigentlich keines Vermögens bedürfe, denn er wolle nicht den Kattun selbst kaufen,
                              									sondern nur bedrucken. Im übrigen beweist er seine Solvenz durch Beilage des in
                              									Altkirch (1. prairéal an treize) ausgestellten Ehekontraktes mit seiner zweiten
                              									Gattin, welche außer sonstigem ein Barvermögen von 10000 fr. mitbringt (Anna, Tochter des Joh.
                                 										Herbster aus Augsburg), sowie durch eine beigelegte Bestätigung über
                              									Grundbesitz, und eine Erklärung seines Teilhabers, des Kattunfabrikanten Jak. Jer. Adam, daß er alle
                              									außer der Maschine nötigen Dinge, Räume etc. zur Verfügung stelle.
                           Das Privilegium auf 3 Jahre wird jedoch nochmals in Frage gestellt durch eine Eingabe
                              									des Kattunfabrikanten Dobler in Augsburg, der um ein
                              									Privileg für eine englische Patentmaschine bittet. Es wird dann durch den K.
                              									Baudirektor von Hösslin ein technisches Gutachten
                              									ausgefertigt nach Augenschein, das völlig zu Gunsten der Maschine D's, welche als
                              									von einem gewissen Zipper herrührend und wohl zuerst
                              									englischen Maschinen abgesehen bezeichnet wird, ausfällt.
                           Das Vorstehende ist dem ältesten Akt über J. G. Dingler
                              									aus dem Stadtarchiv Augsburg (Fase. 381) entnommen, dessen wie auch der übrigen Einsichtnahme
                              									ich Herrn Archivdirektor Dr. Wiedemann verdanke.
                           Von der weiteren industriellen Tätigkeit, soweit sie auch sonst interessieren dürfte,
                              									handeln noch zwei weitere Akten (Magistrat der Stadt Augsburg, Akt. 223 und
                              									Personalakt Nr. 276).
                           Am 13. Dezember 1821 richtet J. G. Dingler eine Eingabe an
                              									den König um Genehmigung der Errichtung einer Schwefelsäurefabrik und Bewilligung
                              									eines 10jährigen ausschließlichen Privilegs zur Erzeugung der Schwefelsäure sowie
                              									mit der Bitte, „den Zoll des aus dem Auslande eingehenden nicht rauchenden
                                 										Vitriolöls auf 3 Gulden vom Zentner zu erhöhen“.
                           Die Eingabe wird genehmigt, und D. mit Konsorten (darunter der Bürgermeister Kremer) beginnen vor der Stadt an der Wertach den Bau. Da
                              									erhebt sich von den umliegenden meist adeligen Gartengütern und sonstigen Adjacenten
                              									her ein heftiger Ansturm gegen das Unternehmen wegen der gefürchteten Wirkung der
                              									Schwefelsäuredämpfe. Gutachten (darunter von der medizinischen Fakultät der
                              									Universität Straßburg und aus- und inländischen Fabrikanten etc.) werden von
                              									beiden Seiten beigebracht, der Bau wird sistiert und erst nach einem Jahr seine
                              									Weiterführung genehmigt, die Kosten aber geteilt. Man sieht, die Gegner unter der
                              									Führung des Platzmajors v. Brückner, die bald durch den Druck der öffentlichen
                              									Meinung den Austritt des Bürgermeisters aus dem Konsortium erreicht hatten, waren
                              									einflußreiche Leute. Schließlich aber zeigte sich, daß die gefürchteten Folgen fast
                              									ausblieben.
                           Schon am 22. Mai 1822 richtet J. G. Dingler ein weiteres
                              									Gesuch an die K. b. Regierung um Erlaubnis zur Fortsetzung der Kattunfabrik und
                              									Bleiche von Osenberg und Weiß,
                              									die er am 11. 5. 1822 käuflich erworben habe. Der Magistrat fragt bei den übrigen
                              									Kattunfabriken an, sie sollten sich zu dem Gesuche äußern, was eine äußerst heftige
                              									Gegenaktion derselben hervorruft. Bis die energischen Beschwerden D's an die
                              									Regierung des Oberdonaukreises wegen der viermonatlichen Verzögerung der
                              									Betriebserlaubnis durch den Magistrat die günstige Entscheidung der Regierung
                              									herbeiführten.
                           Da 1820 das Gründungsjahr des Polytechnischen Journales ist, so läßt das Vorstehende
                              									die vielseitige Tätigkeit D's in diesen Jahren erkennen.