| Titel: | Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen. | 
| Autor: | Karl Meller | 
| Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 247 | 
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                        Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen.Nach dem Abschnitt: „Werkzeugmaschinen-Antriebe“ von Karl Meller in dem von Prof. Esselborn
                                 										demnächst herausgegebenen „Lehrbuch der Elektrotechnik.“ II. Auflage. Verlag Wilhelm
                                       												Engelmann, Leipzig.
                        Von Karl Meller,
                           									Berlin-Siemensstadt.
                        MELLER, Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen.
                        
                     
                        
                           Fast alle Werkzeugmaschinen bedingen eine Drehzahlregelung, sei es, daß das
                              									Werkzeug (der Bohrer bei Bohrmaschinen, der Fräser bei Fräsmaschinen), sei es, daß
                              									das Arbeitsstück (Welle bei der Drehbank) mit verschiedenen Drehzahlen laufen muß.
                              									Je nach dem Verwendungszweck ist der Regelbereich und die Zahl der einstellbaren
                              									Geschwindigkeiten verschieden. Für gewöhnlich schwankt der Regelbereich etwa in den
                              									Grenzen 1 : 10 bis 1 : 40, wobei innerhalb dieser Grenzen eine Abstufung der
                              									einzelnen Geschwindigkeiten von etwa 25 v. H. angestrebt wird. Dies würde etwa 11
                              									bis 17 einstellbaren Geschwindigkeitsstufen entsprechen. Um den mechanischen Teil
                              									der Werkzeugmaschinan möglichst einfach zu halten, verwendet man mit großem Vorteil
                              									regelbare Motoren und verlegt auf diese Weise die erforderliche Regelung der
                              									Arbeitsmaschine zum größten Teil in den Motor. Naturgemäß wäre es erwünscht, den
                              									gesamten Regelbereich einer Werkzeugmaschine elektrisch zu beherrschen. Bei dem
                              									weiten Regelbereich, der wie bereits erwähnt, für die meisten Werkzeugmaschinen in
                              									Frage kommt, würden sich dabei ganz unwirtschaftlich große Motoren ergeben,
                              									vorausgesetzt, daß es überhaupt möglich wäre, diese Motoren für den gewünschten
                              									Regelbereich zu bauen. Ist Gleichstrom vorhanden, so verwendet man mit besonderem
                              									Vorteil den Gleichstrom-Nebenschlußmotor mit Feldregelung. Gewöhnlich geht man dann
                              									dabei mit dem Regelbereich des Motors über 1 : 3 nicht hinaus. Ist der Regelbereich
                              									der Werkzeugmaschine größer als der Regelbereich des Motors, so sind noch besondere
                              									Umschaltvorgelege erforderlich. Mit einem Motor, dessen Regelbereich 1 : 3 beträgt
                              									und einem einfachen Umschaltvorgelege würde man dann z.B. einen Gesamt-Regelbereich
                              									von 1 : 9, bei zwei Umschaltvorgelegen von 1 : 27 erreichen.
                           Ist nur Drehstrom vorhanden, so ist die Möglichkeit gegeben, falls eine Regelung des
                              									Motors verlangt wird, einen Drehstrom-Nebenschlußkollektormotor zu verwenden.
                              									Geeignet für die Antriebe von Werkzeugmaschinen ist der von den
                              									Siemens-Schuckert-Werken gebaute Nebenschluß-Kollektormotor, bei welchen die
                              									Drehzahl-Einstellung in leichter Weise und feinstufig durch Verstellung der Bürsten
                              									erfolgt. Die Einführung dieses Antriebes in erheblichem Umfange scheiterte jedoch
                              									bis jetzt an den hohen Kosten des Drehstrommotors im Vergleich zu denjenigen des
                              									Gleichstrommotors. Wo eine größere Anzahl von Werkzeugmaschinen mit Regelmotor zur
                              									Aufstellung gelangen soll, ist daher die Verwendung von Gleichstrommotoren und die
                              									Aufstellung eines Drehstrom-Gleichstrom-Umformers vorzuziehen.
                           Der elektrische Einzelantrieb wird besonders dann wirtschaftlich sein, wenn er sich
                              									den Bedingungen der Werkzeugmaschine weitgehendst anpaßt.
                           Ein besonderes typisches Beispiel für die Möglichkeit Arbeitsmaschine und
                              									Antriebsmotor zu vereinigen, ist die elektrische Bohrmaschine, die für besondere
                              									Bohrarbeiten, wie z.B. die Bearbeitung schwerer Grundrahmen, ferner von Eisenteilen,
                              									die wegen ihrer Größe schwer zu bewegen sind und oft auch im Freien bearbeitet
                              									werden, und bei Montage-Arbeiten umfangreiche Verwendung findet. Außer dem Vorteil
                              									der leichten Veränderung des Aufstellungsortes zeichnet sich die Handbohrmaschine
                              									hoch durch leichte Handhabung, geringen Energiebedarf, rasche Verlegung der
                              									Anschlußleitungen aus. Je nach den besonderen Anforderungen, die an den
                              									Arbeitsbereich der Bohrmaschine gestellt werden, richtet sich deren Größe und
                              									Ausführung.
                           Nachstehende Zahlentafel gibt am besten einen Ueberblick über den ungefähren
                              									Zusammenhang zwischen den Leistungen, den Drehzahlen und den Gewichten von
                              									gebräuchlichen Handbohrmaschinen.
                           Zahlentafel über
                                 									Handbohrmaschinen.
                           
                              
                                 Lochdurchmesserin mm
                                 Lochtiefe mmin der Minute
                                 Drehzahli. d. Min.
                                 Watt-verbrauch
                                 Gewichtkg
                                 
                              
                                   4
                                 20
                                 2500
                                 125
                                     1,6
                                 
                              
                                   6
                                 30
                                 1000
                                 200
                                     2,5
                                 
                              
                                 10
                                 18
                                   400
                                 300
                                     4,5
                                 
                              
                                 15
                                 20
                                   225
                                 400
                                 10
                                 
                              
                                 23
                                 10
                                   110
                                 400
                                 12
                                 
                              
                           Die Werte beziehen sich auf dauerndes Arbeiten in Maschinenstahl von 60 kg
                              									Festigkeit.
                           
                           Beim Bau von Handbohrmaschinen muß das Bestreben herrschen, die Bedingungen,
                              									leichtes Gewicht, Betriebssicherheit und hohe Durchzugsleistung, zu erfüllen. Um ein
                              									leichtes Gewicht zu erreichen, wird der eigentliche Antriebsmotor mit einer
                              									möglichst hohen Drehzahl gewählt. Dadurch wird es erforderlich, daß
                              									Zahnradübersetzungen zwischen Bohrer und Motoranker angeordnet werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 248
                              Abb. 1. Elmo-Handbohrmaschine für 10 mm Bohrlochdurchmesser.
                              
                           Wesentlich ist auch, daß der beim Bohren ausgeübte achsiale Druck durch besondere
                              									Lagerung der Bohrspindel vom Motoranker ferngehalten wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 248
                              Abb. 2. Bohrständer mit Aufhängeschelle und Kugelgelenk. Die Maschine bleibt
                                 										beim Durchbohren des Materials in ihrer Lage.
                              
                           Kleine Löcher können mit den leichten Handbohrmaschinen freihändig gebohrt werden,
                              									wobei zur Unterstützung ein Brustschild verwendet werden kann (Abb. 1). Bei schwereren Maschinen verwendet man
                              									zweckmäßigerweise einen besonderen Bohrständer, wobei der Vorschub durch eine
                              									Zuspannschraube erreicht werden kann (Abb. 2).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 248
                              Abb. 3. Elmo-Hochleistungs-Aufreibemaschine für große Materialstärken im
                                 										Handgriffrahmen. Reibahle mit Linksdrall.
                              
                           Die Bohrmaschinen werden fast immer nur für eine Drehzahl
                              									gebaut, da die früher gebräuchlichen Bohrmaschinen mit Drehzahl-Aenderung eine
                              									leichte Handhabung verhinderten und es auch nicht möglich war, eine betriebsichere
                              									und einfache Bauart bei geringstem Gewicht zu erzielen. Besondere
                              									Schutzvorrichtungen gegen Ueberlastungen, wie Rutschkupplung, Hilfsstromausschalter
                              									usw. werden fast niemals verwendet, da das Ansprechen nur die Arbeit verzögert, ohne
                              									tatsächlich Gewähr für ausreichenden Schutz zu bieten. Wesentlich wichtiger ist die
                              									ausreichende Bemessung aller Teile, vor allem des Motors und die richtige Auswahl
                              									einer genügend leistungsfähigen Bohrmaschine. Das Ein- und Ausschalten des Motors
                              									geschieht durch besondere, an dem Gehäuse der Bohrmaschine angebrachte, vom Arbeiter
                              									leicht zu bedienenden Walzenschalter.
                           Mit Vorteil lassen sich die elektrischen Handbohrmaschinen auch für Sonderarbeiten
                              									verwenden, so z.B. zum Aufreiben, zum Gewindeschneiden und zum Bohraufwalzen, nur
                              									müssen die Spindeldrehzahlen niedriger gewählt werden, was sich durch entsprechende
                              									Bemessung der Zwischenübetragungen erreichen läßt. (Vergl. Peltz EKB 1920, Heft 37
                              									m, Seite 265 ff).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 248
                              Abb. 4. Einzelantrieb einer Stufenscheiben-Drehbank mit Deckenvorgelege. Im
                                 										Vorlauf 16, im Rücklauf 8 Geschwindigkeiten. Motor mit gleichbleibender
                                 										Drehzahl.
                              
                           Größere Hochleistungsaufreibemaschinen werden dann zweckmäßig von 2 Arbeitern bedient
                              									unter Zuhilfenahme eines sogenannten Handgriffrahmens (Abb.
                                 										3).
                           Aber auch bei großen ortsfesten Werkzeugmaschinen muß ein technisch wichtiger
                              									Einzelantrieb gewählt werden. Die am häufigsten vorkommende Drehbank ist diejenige
                              									in Ausführung mit Stufenscheibe. Der Einzelantrieb einer solchen an und für sich für
                              									Transmissionsbetrieb gebauten Maschine läßt sich nicht in leichter Weise
                              									durchbilden. Für gewöhnlich findet man den in Abb. 4
                              									schematisch wiedergegebenen Antrieb. Wie die Abbildung zeigt, treibt der Motor erst
                              									auf ein Zahnradvorgelage, von wo die Uebertragung mittels Riemen auf das
                              									Deckenvorgelege erfolgt. Ein solcher Antrieb hat viele Nachteile. So verursacht die
                              									große Zahl der Zwischenübertragungen viele Verluste. Bei der Aufstellung eines
                              									solchen Antriebes muß auf die Anbringung der Deckenvorgelege Rücksicht genommen
                              									werden. Die Gesamtregelung ist nicht in den Motor verlegt, sondern erfolgt auf
                              									mechanischem Wege durch das Umlegen der Riemen bzw. durch das Schalten des
                              									Zahnradvorgeleges usw.
                           Soll der Einzelantrieb wirtschaftlich sein, so muß er folgenden Bedingungen
                              									entsprechen:
                           1. Hohe Leistung. Die Leistung ist abhängig von dem guten Durchzug, von der guten
                              									Anpassung der Schnittgeschwindigkeit an das Material, also von einer genügend großen
                              									Stufenzahl, ferner von den Griffzeiten.
                           2. Geringe Empfindlichkeit. Die Empfindlichkeit ist gegeben durch den, schnellen
                              									Verschleiß der Getriebeteile, durch die Schädigung infolge unsachgemäßer Bedienung
                              										und durch die
                              									Betriebsicherheit der elektrischen Ausrüstung.
                           3. Guter Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad ist abhängig von der Zahl der Uebertragungen
                              									und von den Leerlaufsverlusten, die dann besonders eine Rolle spielen, wenn mit
                              									längeren Arbeitspausen gerechnet werden muß.
                           4. Gute Anpassungsfähigkeit. Diese besteht darin, daß die Drehbank an beliebiger
                              									Stelle aufgestellt werden kann, wodurch eine zweckmäßige Verteilung der
                              									Arbeitsmaschinen, gute Raumausnutzung, leichter Transport des Arbeitsgutes und eine
                              									unbehinderte Ausnutzung der Krane erreicht wird. Ferner ermöglicht die gute
                              									Anpassungsfähigkeit durch Fortfall der Deckenvorgelege leichtere
                              									Gebäude-Konstruktion, gute Uebersicht der Räume, Vermeidung von Staub und gute
                              									Beleuchtung.
                           Der Einzelantrieb einer Drehbank, der solchen Bedingungen entspricht, läßt sich
                              									lediglich durch Verwendung eines regelbaren Motors und unter Berücksichtigung dessen
                              									organischen Zusammenbaues mit der Drehbank erreichen. Abb.
                                 										5 zeigt die schematische Darstellung eines Spindelstockes, wobei zum
                              									Antrieb ein Regelmotor mit einem Regelbereich von 1 : 3 dient. Ein Vergleich dieser
                              									Darstellung mit dem Einzelantrieb nach Abb. 4 zeigt
                              									deutlich, wie durch den einfachen Aufbau die Zahl der Zwischenmechanismen vermieden
                              									werden kann. Der zum Regeln des Gleichstrommotors erforderliche Nebenschlußregler
                              									kann in einfacher Weise für die Batätigung vom Support aus eingerichtet werden,
                              									wodurch sich für die Aenderung der Geschwindigkeiten außerordentlich kurze
                              									Griffzeiten ergeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 249
                              Abb. 5. Getriebekasten mit aufgebautem Motor für Drehbank 250 mm
                                 										Spitzenhöhe.
                              
                           
                              (Schluß folgt.)