| Titel: | Ueber Polytropen-Konstruktionen. | 
| Autor: | Emil Wellner | 
| Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 337 | 
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                        Ueber Polytropen-Konstruktionen.
                        Von Prof. Dr. techn. Emil Wellner,
                           									Brünn.
                        WELLNER, Ueber Polytropen-Konstruktionen.
                        
                     
                        
                           Wie bekannt, versteht man unter Polytropenkurven von der allgemeinen Form
                           pvn = kst . . . . . . . . .
                              									1.
                           Hierin bedeuten p und v die laufenden Koordinaten eines
                              									rechtwinkligen Achsensystems und der Exponent n eine Konstante, bei deren Variierung
                              									von minus bis plus Unendlich die ganze die pv-Ebene erfüllende Kurvenschar erhalten
                              									würde. Diese Kurven haben in der technischen Thermodynamik und ihren
                              									Anwendungsgebieten besondere Bedeutung, und hieraus erklären sich auch die
                              									vielfachen Versuche, einfache Konstruktionen für ihre grafische Darstellung zu
                              									finden.
                           Der komplizierte Bau der Gleichung 1 läßt eine rein geometrische Darstellung für
                              									beliebige Exponentenwerte nicht zu, und es nehmen auch alle bekannten Konstruktionen
                              									indirekt die Rechnung in irgend einer Form zu Hilfe. Wenn ihnen meist der Vorzug vor
                              									der punktweisen analytischen Auswertung der Gleichung 1 gegeben wird, liegt dies in
                              									den allgemeinen Vorteilen der grafischen Behandlungsweise, die bei der Verfolgung
                              									thermodynamischer Vorgänge besonders offensichtlich zutage treten.
                           Im Folgenden soll eine Kurvendarstellung entwickelt werden, die ihren Ausgangspunkt
                              									von der Ebnerschen KonstruktionEbner, Leitfaden der technisch wichtigen Kurven, Teubner 1906.
                              									nimmt; sie gestattet auf rein geometrischem Wege die Auffindung von Kurvenpunkten an
                              									beliebigen Ordinatenstellen, allerdings mit einer gewissen Beschränkung in der
                              									Exponentenwahl, die sich jedoch in beliebig engen Grenzen halten läßt. Hieran
                              									anschließend werden dann Konstruktionen für die Darstellung der mechanischen Arbeit
                              									in linearer Form und zur Auffindung des mittleren indizierten Druckes besprochen
                              									werden.
                           Bevor wir hierzu übergehen, soll in kurzer Weise ein Ueberblick über die bisherigen
                              									Kurvenkonstruktionen gegeben werden.
                           Die erste allgemein bekannte Konstruktion stammt von BrauerBrauer, Zeitschrift d. Ver. deutscher Ing. 1885, S. 433, oder Hütte, 22.
                                    											Aufl. Bd. I, S. 406., der mittels zweier Hilfswinkel α und β, die
                              									an die Beziehung
                           1 + tg α = (1 + tg α)n
                           gebunden sind, in geometrischer Reihe fortschreitende Punkte bestimmt; es ist hierbei
                              									bei freier Wahl des einen Winkels der andere jeweils rechnungsmäßig auszuwerten. Es
                              									stellt dies sohin eigenlich keine rein grafische Lösung dar und birgt außerdem
                              									den in manchen Fällen störenden Umstand in sich, daß man nicht in der Lage ist,
                              									Kurvenpunkte an vorausgewählten Ordinaten zu erhalten.
                           Mehrere Methoden, so die von TolleTolle, Zeitschrift d. Ver. deutscher Ing. 1894, S. 1456., HartmannHartmann, Zeitschrift d. Ver. deutscher Ing. 1895, S. 194., WagenerWagener Zeitschrift d. Ver. deutscher Ing. 1896, S. 701. benützen
                              									logarithmische Hilfskurven zur Bestimmung des Polytropenverlaufes. Das Wesentliche
                              									dieser Konstruktionen beruht in einem grafischen Ausrechnen einzelner Punkte auf
                              									logarithmischem Wege, wobei die Hilfskurven als grafische Logarithmentafeln dienen.
                              									Die Polytropengleichung 1 liefert – für zwei Punkte 1 und 2 angeschrieben –
                              									logarithmiert den Ausdruck
                           ln\,\frac{p_1}{p_2}=n\,ln\,\frac{v_2}{v_1} . . .
                              									. . . 2,
                           woraus jeweils eine Unbekannte – n, p2 oder v2 – aus den
                              									anderen Größen ermittelt werden kann. Eine derartige Konstruktion, wesentlich jener
                              									von Hartmann entsprechend, ist in Abb. 1 wiedergegeben. Auf der Abzissenachse erscheint
                              									in beliebigem Maßstabe die natürliche Zahlenreihe aufgetragen und dazu als Ordinaten
                              									die einer Tafel entnommenen natürlichen Logarithmen. Soll beispielsweise bei
                              									gegebenem Kurvenpunkte I (p1 v1) und angenommenem Exponenten
                           n = Oa
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 337
                              Abb. 1.
                              
                           in der gewählten Ordinate durch v2 die Größe des Druckes ermittelt werden, bestimmt man zunächst mittels
                              									des beliebigen Richtstrahles α durch Ziehen von
                           c d || b 1
                           in Od das Volumsverhältnis \frac{v_2}{v_1}
                              									und erhält in d e den dazu gehörigen Logarithmus. Durch Multiplikation mit dem
                              									Exponenten n (g a || f 1) ergibt sich dann in \overline{hi} der
                              									Logarithmus des Druckverhältnisses und schließlich mit
                           l 1 || i K
                           
                           in \overline{ol} der gesuchte Druck p2 und damit der Punkt II der Polytrope.
                           FröhlichFröhlich, Zeitschrift für den gewerblichen Unterricht, 1913, Nr.
                                    										31. berechnet mit Hilfe des heute ja allgemein eingebürgerten
                              									Rechenschiebers, der mit seinen logarithmischen Teilungen den Ersatz für die
                              									Hilfskurven bietet, die einzelnen Polytropenpunkte; ein Verfahren, welches auch
                              									grafisch – analog der Fig. 1 – durch Abgreifen der entsprechenden Größen am
                              									Rechenschieber rasch zum Ziele führt.
                           Es sei noch erwähnt, daß TolleTolle, a. a. O. auch die Aufgabe löst, zu zwei gegebenen
                              									Polytropenpunkten beliebig viele Zwischenpunkte zu konstruieren; er benutzt hierzu
                              									zwei Hilfshalbkreise und findet jeweils die neuen Ordinaten als mittlere
                              									geometrische Proportionale der beiden gegebenen. Prof. RamischRamisch, Dinglers polytechn. Journal 1921, S. 203. bespricht m
                              									einem kürzlich erschienenen Aufsatze dieselbe Lösung als von Prof. Kosch herrührend, und sei dies hiermit dahin richtig
                              									gestellt, daß dieser Teil seiner Ausführungen sich mit der schon von Tolle gegebenen
                              									Konstruktion decktIch hebe dies auch aus dem Grunde hervor, da ich die Tolle'sche Methode zur
                                    											Auffindung von Polytropen-Zwischenpunkten bei der im Folgenden besprochenen
                                    											Konstruktion in etwas anderer Form und in Erweiterung für außerhalb des
                                    											gegebenen Interwalles gelegene Punkte benutze..
                           Gegenüber diesen rechnerisch-grafischen Verfahren bringt Ebner eine rein geometrische
                              									Konstruktion, die namentlich für ganzzahlige Exponenten äußerst einfach das
                              									Auffinden von Kurvenpunkten gestattet. Da die folgenden Betrachtungen, wie schon
                              									erwähnt, hieran anschließen, sei das Wesen dieser Methode hier kurz besprochen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 338
                              Abb. 2.
                              
                           Die Ebnersche Konstruktion zeigt zunächst für ganzzahlige Exponenten die ohne
                              									weiteres verständliche Abb. 2. Vom Punkte P0 (p0 v0) ausgehend, findet man durch wiederholte Anwendung
                              									der bekannten Mariotte Konstruktion für das angenommene Endvolumen v der Reihe nach
                              									die Kurvenpunkte p1 p2 p3 etc. und im Gebiete der negativen
                              									Werte von n ebenso p1, p2 etc., wobei die Indizes der p den jeweiligen Exponenten des
                              									Kurvenpunktes bedeuten. Von der Richtigkeit der Konstruktion überzeugt man sich
                              									leicht durch Anschreiben der betreffenden Proportionen
                           
                              \frac{p_1}{p_0}=\frac{v_0}{v}
                              
                           
                              \frac{p_2}{p_0}=\frac{p_2}{p_1}\,.\,\frac{p_1}{p_0}=\left(\frac{v_0}{v}\right)^2
                              
                           etc.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 338
                              Abb. 3.
                              
                           Nimmt man außer dem Anfangspunkte P0 (p0 v0) den Enddruck p
                              									– statt des Endvolumens – als gegeben an und führt die analoge Konstruktion, wie
                              										Abb. 3 zeigt, durch, kommt man zu Kurvenpunkten
                              									entsprechend gebrochenen Exponenten n. Durch die Bezeichnung der v wird wieder der
                              									jeweilige Exponentenwert zum Ausdruck gebracht. Die Proportionen lauten hier
                           
                              
                              \frac{v_0}{v_1}=\frac{p}{p_0}
                              
                           \frac{v_0}{v_{1/2}}=\frac{v_0}{v_1}\,.\,\frac{v_1}{v_{1/2}}=\left(\frac{p}{p_0}\right)^2
                              									oder \frac{p}{p_0}=\left(\frac{v_0}{v_{1/2}}\right)^{1/2}
                              								
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 338
                              Abb. 4.
                              
                           In Abb. 4 sind die beiden vorangegangenen Abbildungen
                              									vereinigt und die entsprechenden Exponentenwerte an den einzelnen Schnittpunkten
                              									eingetragen. Bezeichnet man die Vertikalen und Horizontalen mit α–2, α–1, α0, α1 α2 . . . und β–1 β0 β1 β2 . . . ., erhält man im Schnitt von α1 und βk einen
                              									Kurvenpunkt mit dem Exponenten
                           
                              n=\frac{k}{i}
                              
                           in Bezug auf P0 als
                              									Anfangspunkt. Soweit reicht die Ebner'sche Konstruktion, die wie man aus der Abb. 4 entnimmt, für gebrochene Exponenten den
                              									Nachteil hat, daß man bei komplizierten Werten, z.B.
                              										n=\frac{3}{10} , sehr viele Hilfslinien ziehen muß, wodurch
                              									naturgemäß eine mehr minder große Ungenauigkeit unterläuft, und daß man schließlich
                              									den gesuchten Punkt im allgemeinen an einer ganz anderen Stelle erhält, als es der
                              									betreffenden Aufgabe nach gewünscht wäre.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 338
                              Abb. 5.
                              
                           Diesen Uebelstand suchen die folgenden Erwägungen zu vermeiden; betrachtet man Abb. 2 nochmals, so wäre es erwünscht, auf der
                              									Endordinate v die Intervalle p0 - p1, bzw. p1 - p2 etc. gemäß gebrochenen Exponenten zu unterteilen.
                              									In dieser Beziehung wäre zunächst das Folgende zu bedenken: Es sei in Abb. 5 nochmals die Konstruktion der Abb. 2 durchgeführt und auf der Ordinate v ein Punkt
                              										pn zwischen p0
                              									und p1 angenommen, der der Beziehung
                           \frac{p_0}{p_n}=\left(\frac{v}{v_0}\right)^n . .
                              									. . . . . . . . 3
                           entspräche, also einer Polytrope mit
                           0 < n < 1
                           angehören würde. Zieht man die Horizontale pn 1 bis zum Schnitt mit der Diagonale O p0 und durch 1 die Vertikale 1 – αn, so ergeben die Schnittpukte 2. 3 . . dieser mit
                              									den weiteren Diagonalen durch Horizontalprojektion auf die Ordinate v die Punkte
                              										px, py . .
                              									etc.
                           Da nun
                           
                              \frac{p_n}{p_0}=\frac{p_x}{p_1}
                              
                           oder
                           \frac{p_n}{p_x}=\frac{p_0}{p_1}=\frac{v}{v_0} .
                              									. . . . . . 4
                           ist, folgt in Verbindung mit Gl. 3
                           
                              \frac{p_0}{p_x}=\left(\frac{v}{v_0}\right)^{n+1}
                              
                           Punkt px gehört also einer Polytrope mit dem
                              									Exponenten (n + 1) an; ebenso py einer Polytrope mit
                              									(n + 2) und so fort. Man erhielte übrigens px nach
                              									Gl. 4 auch aus der in der Abb. 5 gestrichelt
                              									angedeuteten Mariotte-Konstruktion von pn aus, was
                              									ja nichts anderes als die Umkehrung der Konstruktion einer Doerfel'schen Karakteristik
                              										vorstelltDoerfel, Technische Blätter 1880, S. 202 und Zeitschrift d. Ver. deutscher
                                    											Ing. 1889, S. 1065..
                           Wenn wir also das Verhältnis
                           
                              \frac{v}{\alpha_n}
                              
                           kennen, finden sich die Punkte der entsprechenden Polytropen
                              										pn, px, py mittels der Hilfspunkte 1, 2, 3 in äußerst
                              									einfacher Weise. Es wäre sohin die Aufgabe darauf reduziert das Intervall v0 – v s o zu teilen, daß man die dem gewünschten
                              									Exponenten n entsprechenden Punkte αn finde.
                           Die durchzuführende Konstruktion hat ihren mathemathischen Ausdruck in der
                              									Gleichung
                           
                              \frac{p_n}{p_0}=\left(\frac{v_0}{\gamma}\right)^n=\frac{\alpha_n}{v}
                              
                           oder
                           \alpha_n=v\,\left(\frac{v_0}{v}\right)^n . . . .
                              									. . 5
                           was mit der abkürzenden Bezeichnung
                           
                              a=\frac{v_0}{v}
                              
                           die Form
                           αn = v . an . . . . . . 6
                           als Konstruktionsbedingung ergibt. Hierin hätte der Exponent n
                              									Werte zwischen Null und der Einheit anzunehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 336, S. 339
                              Abb. 6.
                              
                           Eine rein geometrische Konstruktion gestattet dies für alle Exponenten Werte n, die
                              									Brüche darstellen, deren Nenner eine Potenz von zwei ist. Hierzu sind auf der
                              									Abzissenachse der Abb. 6 die beiden Volumina v0 und v aufgetragen und über letzterem als
                              									Durchmesser ein Halbkreis geschlagenVergl. Tolle, a. a. O.. Zieht man die Vertikale v0 A und überträgt Punkt Avon O aus mittels eines
                              									Kreisbogens auf die Abzissenachse, erhält man auf derselben einen Abschnitt αn (in der Abb. mit ½ bezeichnet), welcher, wie man
                              									sich aus den rechtwinkligen Dreiecken O v0 A
                              									und O A v leicht überzeugt, der Bedingung
                           αn2 v . v0 v2 a
                           oder
                           αn = v . a' . . . . . . . . 7
                           entspricht.
                           Der Vergleich mit Gleichung 6 zeigt, daß wir in dem Punkte ½ daher den Teilpunkt
                              									gemäß dem Polytropen-Exponenten
                           n = ½
                           gefunden haben. Durch Wiederholung dieser Konstruktion in den
                              									Kreisschnittpunkten B, C, D. etc. erhalten wir analog Punkte αn entsprechend
                           n = ¼, ⅛, 1/16 etc.,
                           also allgemein
                           n=\frac{1}{m},
                           wobei m jeweils eine Potenz von zwei darstellt.
                           Die Unterteilung des Intervalles v bis v0 möge nun
                              									derart vorgenommen werden, daß die einzelnen Zwischenpunkte αn einer Exponenten-Reihe
                           
                              0,\ \frac{1}{m},\ \frac{2}{m},\ \frac{3}{m}\ .\ .\ .\ .\ \frac{m-1}{m},\
                                 										1
                              
                           entsprechen würden; es heißt dies soviel, daß diese Volumina
                              									jeweils nach Gleichung 7 die Form
                           
                              \alpha_{n_1}=v\,.\,a^{\frac{1}{m}}
                              
                           
                              \alpha_{n_2}=v\,.\,a^{\frac{2}{m}}=\alpha_{n_1}\,.\,a^{\frac{1}{m}}
                              
                           hätten, sonach also einer geometrischen Progression mit dem
                              									Quotienten
                           
                              a^{\frac{1}{m}}
                              
                           angehören würden.
                           Eine solche Reihe läßt sich am einfachsten unter Zuhilfenahme eines
                              									Proportionalwinkels, der der Bedingung
                           cos\,\beta=a^{\frac{1}{m}} . . . . . . . . 8
                           genügt, bestimmen; man gelangt dann jeweils von einem
                              									Abschnitte αn zum nächstfolgenden durch eine
                              									Kreisbogen-Projektion vom Ursprünge aus. Die Richtung des Strahles β ergibt sich,
                              									wie aus Gleichung 8 folgt, durch Ziehen der Vertikalen durch den Teilpunkt
                              										\frac{2}{m} bis zum Schnitte mit dem Halbkreise über v und
                              									Verbindung dieses Punktes mit dem Ursprünge.
                           In der Abbildung ist beispielsweise das Intervall v bis v0 entsprechend der Annahme
                           m = 8
                           unterteilt; man geht hierzu von Punkt A über ½, B nach ¼,
                              									zieht die Vertikale bis zum Schnittpunkte C und erhält damit den Winkel β, von dem
                              									aus man durch Eintragen der Kreisbögen und Vertikalen durch die Punkte C, a, b, c, d
                              									etc. zu den einzelnen Teilpunkten auf der Abzissenachse gelangt.
                           
                              (Schluß folgt.)