| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Bl. | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 57 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Benzin-elektrischer Kraftwagen. Durch eine
                              									entsprechende Anordnung der Verbrennungsmaschine, der damit gekuppelten
                              									Reihenschlußdynamo und der mit der Kardanwelle gekuppelten Ankerwelle des
                              									Elektromotors soll die schwierige Aufgabe der geräuschlosen Kraftübertragung im
                              									Motorwagen gelöst werden. Bei der vierten Schaltstufe wird mittels einer
                              									Federbandkupplung der Anker der Dynamo mit dem Anker des Motors fest verbunden, so
                              									daß eine unmittelbare Kraftübertragung stattfindet. Bei den Schaltstufen für die
                              									ersten drei Geschwindigkeiten liefert der Dynamo den Strom für den Betrieb des
                              									Elektromotors. Beim Anfahren des Wagens dient der Stromerzeuger als Anlaßmotor und
                              									wird von einer Batterie von 62 V und 125 Ah Kapazität gespeist. Die Batterie dient
                              									auch zur schnelleren Erregung der Feldwicklungen der Dynamo. Sobald die
                              									Dynamomaschine voll erregt ist, wird der der betreffenden Wagengeschwindigkeit
                              									angepaßte Widerstand in die Erregerwicklung der Dynamomaschine eingeschaltet.
                              									Schaltungen für elektrisches Bremsen und Rückwärtsfahrt sind ebenfalls
                              									vorhanden.
                           Die Neuerung, das ist die elektrische Maschinengruppe Dynamo mit Elektromotor,
                              									ersetzt das Getriebe mit Kuppelung und Schwungrad des bisherigen Kraftwagens. Eine
                              									Gewichtsersparnis ist dadurch noch nicht erreicht. Durch die zahlreichen
                              									Schaltvorrichtungen wird die Betriebssicherheit des Wagens vermindert. (Automotive
                              									Industries, 12. Oktober 1922).
                           Wimplinger.
                           Zweitakt – Automobilmotoren. Solche Motoren haben sich bis
                              									jetzt für größere Leistungen als Wagenmotor noch nicht einführen können. Sie kommen
                              									nur dort in Betracht, wo geringer Preis gegenüber großer Wirtschaftlichkeit
                              									ausschlaggebend ist. Der große Brennstoffverbrauch und die geringe Leistung der
                              									bekannten Zweitaktmotoren haben ihre Ursache in dem unvollkommenen Ladeverfahren.
                              									Ein Teil des frischen Gemisches geht durch die Auspuffleitung verloren.
                           Bei Versuchen mit solchen Motoren hat sich ergeben, daß bei 636 Uml/min 35 v. H. des
                              									frischen Gasgemisches beim Spülen des Zylinders durch die Auspuffleitung entweichen.
                              									Der Arbeitsdruck war dabei 4,4 at, der Brennstoffverbrauch 410 g. Bei größerer
                              									Umlaufzahl verkleinern sich die Verluste. Bei 1500 Uml/min war der Verlust an
                              									frischem Gasgemisch nur noch 7 v. H., der Brennstoffverbrauch 270 gr und der
                              									Arbeitsdruck 3,2 at. Eine Verbesserung solcher Zweitaktmotoren kann erreicht werden
                              									durch die Anordnung einer besonderen Spülluftpumpe, die aber wiederum die
                              									Anlagekosten eines solchen Motors vergrößert. (Der Motorwagen, 1922, S. 611 –
                              									614).
                           Wimplinger.
                           Sauggasbetrieb bei Lastkraftwagen. Wiederholt hat man
                              									versucht, Sauggasmotoren bei Motorbooten und größeren Lastkraftwagen zu verwenden.
                              									Bis jetzt konnte sich der Sauggasmotor auf diesen Gebieten nicht behaupten. Vor
                              									kurzem hat in Frankreich ein Wettbewerb für Lastkraftwagen mit Sauggasbetrieb
                              									stattgefunden. Es waren dabei französische, englische und schweizerische Wagen
                              									vertreten. Als Brennstoff wurde hauptsächlich Holzkohle verwendet. Das Ergebnis des
                              									Wettbewerbes ist in folgender Zusammenstellung enthalten:
                           
                              
                                 Anmelder
                                 Bauart
                                 Motor
                                 Verbrauchkg/tkm
                                 
                              
                                 LeistungPS
                                 Zyl.-Durchm.mm
                                 Hubmm
                                 
                              
                                 Thornycroft
                                 Thornycroft
                                 24,3
                                 114
                                 152
                                 0,252
                                 
                              
                                 Soc. de Vierson
                                 Delaugère
                                 15,4
                                 100
                                 140
                                 0,362
                                 
                              
                                 Soc. de Vierson
                                 Scemia
                                 20,6
                                 125
                                 140
                                 0,376
                                 
                              
                                 Soc. le Gay Pauvee
                                 Saurer
                                 16,2
                                 110
                                 140
                                 0,222
                                 
                              
                                 Lion Hermite
                                 Saurer
                                 15,8
                                 110
                                 140
                                 0,246
                                 
                              
                                 Maison Gazes
                                 Brasier
                                 20,4
                                 100
                                 150
                                 0,229
                                 
                              
                           (The Engineer, 1. Sept. 1922).
                           Wimplinger.
                           Explosionen von Öl und Sauerstoff. Die Nichtbeachtung der
                              									Erscheinung, daß hochverdichteter Sauerstoff beim Zusammentreffen mit Öl oder Fett
                              									dessen explosive Verbrennung bewirkt, hat schon zu zahlreichen Unfällen Veranlassung
                              									gegeben, so namentlich, wenn bei Dieselmaschinen die Einführung des Treiböles oder
                              									das Anlassen mit reinem Sauerstoff anstatt mit verdichteter Luft vorgenommen wurde.
                              									Ueber drei folgenschwere Unfälle aus neuerer Zeit berichtet H. Arendt in der
                              									Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure. In einer Fabrik in Berlin-Weißensee
                              									ereignete sich dadurch, daß der Maschinist der Eismaschine irrtümlich statt Ammoniak
                              									Sauerstoff zuführte, eine verheerende Explosion, wobei der Maschinist ums Leben kam.
                              									Die Ventile und der Ölabscheider der Maschine, ebenso der auf dem Dache aufgestellte
                              									Kondensator wurden weggerissen und die Transmission wurde durch die Sprengstücke
                              									zertrümmert. Wäre die Sauerstoffflasche durch einen farbigen Anstrich gekennzeichnet
                              									gewesen, so hätte der Maschinist seinen Irrtum wahrscheinlich rechtzeitig
                              									bemerkt.
                           In einer anderen Fabrik benutzte ein Werkmeister Sauerstoff zum Anlassen einer
                              									Gasmaschine, indem er deren Luftbehälter statt mit Hilfe des dafür vorgesehenen
                              									Luftkompressors aus einer Sauerstofflasche auf einen Druck von 7 ½ at auffüllte und
                              									danach das Anlaßventil der Gasmaschine betätigte. Bei der dritten Zündung
                              									explodierte der mit Sauerstoff gefüllte Behälter, wobei der Meister und ein Arbeiter
                              									durch abfliegende Metallteile getötet und zwei weitere Arbeiter verwundet wurden;
                              									gleichzeitig wurden im Maschinenhaus schwere Beschädigungen verursacht.
                              									Wahrscheinlich ist durch den Kompressor Öl in den Luftbehälter gelangt und hat sich
                              
                              									dort zusammen mit Staub an den inneren Wandungen abgesetzt. Das Öl hat sich
                              									vermutlich verkrustet, so daß es nicht sofort beim ersten Einlassen des Sauerstoffs
                              									in den Behälter explodierte, sondern erst durch die Erschütterungen der
                              									voraufgegangenen Zündungen die Explosion ausgelöst worden ist. Der dritte Fall
                              									endlich ereignete sich in einem Betriebe, wo zum Ausblasen einer Gasleitung
                              									Sauerstoff verwendet wurde, der mit dem wieder eingelassenen Leuchtgas ein
                              									explosives Gemisch bildete, das beim Anzünden des Gases detonierte. (Ztschr. V. Dt.
                              									Ing. 1922, S. 1106.)
                           Sander.
                           Turbolokomotiven. Die Fachleute des Dampfturbinenbaues
                              									standen bis jetzt dem Vorschlag, die Dampfturbine als Antriebsmaschine für
                              									Lokomotiven zu verwenden, ablehnend gegenüber. Die hohen Umlaufszahlen der
                              									Dampfturbine sind hier wie bei der Verwendung als Schiffsmaschine das
                              									Haupthindernis. Trotz aller Schwierigkeiten sind bereits Turbolokomotiven gebaut und
                              									erprobt worden und haben bereits größere Betriebssicherheit erwiesen als z.B. die
                              									Diesellokomotive. Für die schweizerischen Bundesbahnen ist bereits von Zoelly eine
                              									Turbolokomotive gebaut worden und die London- und Northwestem-Bahn hat eine solche
                              									mit elektrischer Uebertragung in Betrieb genommen.
                           Neuerdings wurde auch von Ljungström für die schwedischen Staatsbahnen eine
                              									Turbolokomotive gebaut nach dem Grundsatz bester Wärmeausnutzung ohne Anlehnung an
                              									die übliche Lokomotivbauart. Die Lokomotive besteht aus einem Kessel- und einem
                              									Kondensatorfahrzeug. Die eigentliche Lokomotive trägt nur den Dampfkessel und die
                              									Kohlenvorräte. Sie wird nicht zum Antrieb verwendet. Auf dem Tender ist der
                              									Oberflächen-Kondensator und die Dampfturbine angeordnet. Dieses Fahrzeug mit 64 t
                              									Eisengewicht hat vier Achsen, die in der Anordnung C 1 gekuppelt sind und von der
                              									Dampfturbine mit Rädervorgelege angetrieben werden.
                           Für die Speisung des Kessels wird das Kondensat mit 55° C aus dem Kondensator
                              									abgesaugt und nacheinander durch drei Abdampfvorwärmer in den Dampfkessel gedrückt
                              									mit 146° C. Die Dampfturbine ist als axiale vielstufige Ueberdruckturbine mit
                              									vorgeschaltetem Geschwindigkeitsrad ausgebildet. Bei 9200 Uml/min. leistet sie 1800
                              									PSe. Nach dem Wärmediagramm der Turbolokomotive kreisen 14,1 v. H. der Gesamtwärme
                              									im Speisewasservorwärmer und 7 v. H. im Luftvorwärmer. Im Kondensator werden 60,5 v.
                              									H. der Wärme an die Außenluft abgegeben. In Nutzarbeit werden 14,7 v. H.
                              
                              									umgesetzt, dies ist doppelt soviel wie bei einer gewöhnlichen Lokomotive. Zu beiden
                              									Seiten der Turbine liegen die Hohlwellen mit Ritzeln. Beide Ritzel arbeiten auf zwei
                              									auf gemeinsamer Welle sitzende Uebersetzungsräder, deren Radkränze auf Verdrehen
                              									federnd gelagert sind. Da die Turbine nicht umsteuerbar ist, werden in das Getriebe
                              									noch Zwischenräder eingeschaltet. Zum Einschalten der Zwischenräder wird die ganze
                              									Blindwelle bei Rückwärtsgang gesenkt. Umgeschaltet wird mittels Drucköles. Die
                              									Blindwelle treibt durch zwei Kurbeln und Kuppelstangen die Triebräder an.
                           Die Turbolokomotive ist in Stockholm gebaut und im März 1922 in Betrieb genommen und
                              									stand im gleichen Dienst wie die vierzylindrigen 2C1-Lokomotiven. Der
                              									Kohlenverbrauch der Turbolokomotiven war dabei ungefähr die Hälfte der
                              									Kolbenlokomotive. (Zeitschrift d. Ver. Deutsch. Ing. 1922, H. 1060–1066.
                           Wimplinger.
                           Benzoltriebwagen. Benzolelektrische Triebwagen sind auf
                              									Kleinbahnstrecken mehrfach verwendet worden und zeigen sich dem Lokomotivbetrieb,
                              									der hier mit einer Ausnutzung des Brennstoffes von 6 v. H. arbeitet, überlegen. Der
                              									hohe Anschaffungspreis eines solchen Wagens hindert aber seine allgemeine
                              									Verbreitung. Deshalb hat man bereits versucht, die Kraft des Verbrennungsmotors
                              									unmittelbar auf die Achsen zu übertragen, ohne den Umweg über Dynamo und
                              									Elektromotor.
                           Ein solcher von der „N. A. G.“-Berlin ausgeführter Wagen hat Raum für 50
                              									Fahrgäste. Zum Betriebe dient ein Sechszylinder-Viertaktmotor von 120 mm Bohrung und
                              									170 mm Hub, der bei 950 Umdrehungen i. d. Min. 75 PS. leistet. Die Zylinder haben
                              									hängende Ventile, wodurch geringer Brennstoffverbrauch erreicht wird. In einem
                              									vierteljährigen Betriebe hat es sich gezeigt, daß auch Reichskraftbrennstoff
                              									verwendet werden kann. Der Motor wird elektrisch angelassen. Für die Heizung des
                              									Wageninnern wird das Kühlwasser verwendet. Von besonderer Wichtigkeit bei solchen
                              									schweren Wagen ist das Getriebe. Das Wechselrädergetriebe des Automobilbaues kann
                              									wegen der starken Abnutzung der Zahnräder nicht verwendet werden. Bei dem neuen
                              									Getriebe bleiben sämtliche Zahnräder dauernd im Eingriff. Ein seitliches Verschieben
                              									der Zahnräder fällt also fort. Für jedes Zahnradpaar ist dagegen eine Kupplung
                              									vorgesehen, die durch Druckluft betätigt wird. Hinter dem
                              									Geschwindigkeits-Wechselgetriebe liegt das Wendegetriebe, das die Aufgabe hat, die
                              									Fahrtrichtung des Wagens umzukehren. (Motorwagen, 1922, Heft 29, S. 560–563).
                           Wimplinger.
                           Die Narag-Heizung. Von Dipl.-Ing. Castner. Die Heizungsfrage spielt infolge der außerordentlich gestiegenen
                              									Kohlenpreise heutzutage in jedem Familienhaushalt eine sehr gewichtige Rolle. Betrug
                              									vor dem Kriege der Anteil der Kosten für die Brennstoffbeschaffung etwa den 20. Teil
                              									des zur Verfügung stehenden Jahreseinkommens, so ist er bei Vorhandensein einer
                              									Zentralheizung jetzt auf etwa den 8. Teil desselben angestiegen. Dies ist denn auch
                              									der Hauptgrund, der von den Gegnern der Zentralheizung angeführt wird, seitdem sie
                              									vor einigen Jahren den Kampf gegen diese aufgenommen haben, der umso erbitterter und
                              									hartnäckiger geführt wird, je teurer die Brennstoffe werden. Dabei vergessen sie
                              									aber ganz, daß bei geringeren zur Verfügung stehenden Mengen auch die Preise für
                              									Hausbrandkohlen in die Höhe gegangen sind, während ihre Güte beträchtlich gesunken
                              									ist. Der für Zentralheizungen in der Hauptsache verwendete Koks hat dagegen an Qualität
                              									gegenüber der Vorkriegszeit nur verhältnismäßig wenig eingebüßt. Außerdem werden die
                              									zahlreichen Vorteile der Zentralheizung gegenüber der Ofenheizung nicht genügend
                              									berücksichtigt, die vor allen Dingen in folgenden Punkten bestehen: gleichmäßige
                              									Durchwärmung aller Räume, leichte Möglichkeit, einzelne Heizkörper abzustellen, also
                              									die betr. Räume von der Heizung auszuschließen, Bequemlichkeit und Reinlichkeit
                              									durch Fortfall der lästigen Staubentwickelung, sowie vor allem Zeitersparnis für die
                              									Hausfrau durch Fortfall des täglichen Heranschaffens der erforderlichen
                              									Brennstoffmengen und Fortschaffens der Asche. Kostspielig wird die Zentralheizung
                              									erst in dem Falle, wenn in einem Miethause einige Mieter sich eigene Oefen
                              									aufstellen und so sich von der Beteiligung an den von der Gesamtheit aufzubringenden
                              									Heizungskosten ausschließen. Die übrigen Mieter müssen dann die durch das Abstellen
                              									einiger Heizkörper nur unwesentlich ermäßigten Unkosten für die ausgeschiedenen
                              									Mitbewohner mit bezahlen. Das ist ein Nachteil, der der bisherigen Ausführungsart
                              									der Zentralheizung durch Aufstellen eines gemeinsamen Kessels für das ganze Haus
                              									unzweifelhaft anhaftet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 59
                              Abb. 1.
                              
                           Umso beachtenswerter ist daher die in der Grundlage bekannte Vorrichtung, die von der
                              									Nationalen Radiator-Gasellschaft in Berlin W 66 mit ihrer „Narag-Heizung“ in besonderer Form
                              									geboten wird. Damit werden die Annehmlichkeiten der Zentralheizung mit denen der
                              									Einzelheizung verbunden, indem jede Wohnung für sich mit einer eigenen kleinen
                              									Zentralheizungsanlage ausgerüstet wird. Dies hat vor allem den Vorteil, daß jeder
                              									Mieter unabhängig ist von seinen Mitbewohnern und seine Heizung dann in Betrieb
                              									setzen kann, wenn es ihm paßt. Ferner kann er nach Belieben den einen oder anderen
                              									Heizkörper abstellen und seine Heizung so stark betreiben, wie er es für nötig hält.
                              									Gegenüber der Einzelheizung, bei der jedes Zimmer mit einem eigenen Ofen
                              									ausgestattet ist, hat die Narag-Heizung den Vorzug, daß nur ein Ofen geheizt zu
                              									werden braucht, für den noch dazu ein Brennstoff verwendet wird, der der
                              									Zwangsbewirtschaftung nicht unterliegt, nämlich der Koks.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 59
                              Abb. 2.
                              
                           Der Narag-Kessel ist ein gußeiserner Zimmerheizkessel in bescheidenen Ausmaßen und
                              									von ansprechender Form (Abb. 1), der in der Diele, in
                              									der Küche oder in einem kleineren Wohnraum aufgestellt werden kann, wo ein
                              
                              									Schornstein für den Rauchabzug vorhanden ist. Er dient, wie jeder gewöhnliche Ofen,
                              									zunächst zur Heizung des Raumes, in dem er aufgestellt ist, erwärmt jedoch zu
                              									gleicher Zeit auch die in anderen Zimmern der gleichen Wohnung aufgestellten und an
                              									ihn durch Rohrleitungen angeschlossenen Radiatoren. Der Kessel hat ein geräumiges
                              									Füllmagazin für lange Brenndauer, besitzt wassergekühlte Wandungen (Abb. 2) und wird mit Schüttelrost geliefert. Die
                              									hochwertige Berührungsheizfläche des Verbrennungsraumes bewirkt eine kräftige
                              									Wärmeübertragung und ermöglicht ein umso schnelleres Hochheizen, als der Kessel nur
                              									einen sehr geringen Wasserinhalt hat. Oberhalb des Kessels befindet sich das
                              									Wasserausdehnungsgefäß (Abb. 3.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 59
                              Abb. 3.
                              
                           Die Narag-Kessel werden in 4 verschiedenen Größen mit einem Wasserinhalt von 8–14
                              									Litern und einer Gesamtleistung von 6000 bis 16800 W. E. stündlich hergestellt.
                              									Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Kessel selbst einen Teil der Wärme-Einheiten
                              									zur Erwärmung des Zimmers, in dem er Aufstellung findet, ausstrahlt. Nicht immer
                              									aber reicht diese Strahlung allein aus. Es muß deshalb von Fall zu Fall festgestellt
                              									werden, ob nicht noch einige Radiatorenglieder mit in den Raum hineingestellt werden
                              									müssen, um die verlangte Zimmertemperatur zu erhalten. Zur genaueren Unterrichtung
                              									dient die folgende Zahlentafel:
                           
                              
                                 KessekNummer
                                 Wasser-inhaltcaLiter
                                 Koks-fassungcaLiter
                                 Koks-heizflachem2
                                 Leistung
                                 
                              
                                 Kesselca W Estundlich
                                 Kessel-strahlungca W Estundlich
                                 Totalca. W E stundlich
                                 
                              
                                 1
                                   8
                                 16
                                 0,50
                                    52 0
                                   800
                                   6000
                                 
                              
                                 2
                                   9
                                 24
                                 0,70
                                   7500
                                   900
                                   8400
                                 
                              
                                 3
                                 13
                                 35
                                 1,00
                                 10900
                                 1100
                                 12000
                                 
                              
                                 4
                                 14
                                 45
                                 1,40
                                 15600
                                 1200
                                 16800
                                 
                              
                           Maßtabelle für Zimmerheizkessel „Narag“. (Abb. 4 und 5.)
                           
                              
                                 KesselNr.
                                 Am/m
                                 Bm/m
                                 Cm/m
                                 Dm/m
                                 Em/m
                                 Fm/m
                                 GZoll
                                 HZoll
                                 Jm/m
                                 Xm/m
                                 Ym/m
                                 
                              
                                 1
                                 55
                                 590
                                 645
                                 445
                                 108
                                 365
                                 530
                                 1½
                                 1½
                                 280
                                 331
                                 
                              
                                 2
                                 55
                                 712
                                 765
                                 565
                                 108
                                 365
                                 530
                                 1½
                                 1½
                                 280
                                 331
                                 
                              
                                 3
                                 60
                                 804
                                 860
                                 565
                                 143
                                 445
                                 565
                                 2
                                 2
                                 356
                                 356
                                 
                              
                                 5
                                 60
                                 913
                                 970
                                 670
                                 143
                                 445
                                 565
                                 2
                                 2
                                 356
                                 356
                                 
                              
                           Das zur Herstellung des Kessels verwendete Gußeisen ist äußerst feuerbeständig und
                              									hat außerdem die größte Widerstandsfähigkeit gegen Rostbildung. Jeder Narag-Kessel
                              									wird vor der Ablieferung mit 7 Atm. Kaltwasserdruck geprüft.
                           Die Bedienung des Kessels ist sehr einfach und unterscheidet sich von derjenigen
                              									eines gewöhnlichen eisernen Zimmerofens in nichts. Als Brennstoff eignet sich am
                              									besten Hütten- oder Gaskoks in hasel- bis walnußgroßen Stücken. Es können aber auch
                              									Anthrazit, Steinkohlen und Steinkohlenbriketts, sowie andere, selbst minderwertige,
                              									Brennstoffe verfeuert werden. Das Entfernen der Verbrennungsrückstände erfolgt durch
                              									die an der Vorderwand unterhalb der Fülltür angeordnete Aschfalltür. Ruß und
                              									Flugasche können sich an den glatten Wandungen des Kessels kaum absetzen; dagegen
                              										ist ein öfteres
                              									und gründliches Reinigen des Rauchabzuges zu empfehlen, wodurch eine erhöhte
                              									Wirtschaftlichkeit erzielt wird.
                           Die Regulierung des Narag-Kessels wird durch die einfache Bedienung einer sorgfältig
                              									ausgebildeten Frischluftzuführung vorne am Kessel und einer Drosselklappe im
                              									Rauchrohr bewirkt. Durch eine der jeweiligen Außentemperatur angepaßte Regulierung
                              									des Kessels wird neben einer guten Heizwirkung selbst bei schwächstem Brande eine
                              									bedeutende Brennstoffersparnis erzielt. Der Kessel wurde viele Jahre hindurch
                              									geprüft und verbessert, bis er auf den Markt kam. Nach einem vom Magdeburger Verein
                              									für Dampfkesselbetrieb Abt. Wärmewirtschaft ausgeführten Versuch mit einem Kessel
                              									Nr. 2 von 0,7 qm Heizfläche wurde ein Wirkungsgrad von von 84,5 v. H. ermittelt. Das
                              									ist ein äußerst günstiges Ergebnis. Während des achtstündigen Versuches wurden
                              									insgesamt 12,5 kg Koks verbrannt. Bei weiteren, längere Zeit durchgeführten
                              									Beobachtungen und Aufzeichnungen während der letzten Heizperiode haben sich noch
                              									günstigere Ergebnisse herausgestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 60
                              Abb. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 60
                              Abb. 5.
                              
                           Durch Aufstellung zweier Narag-Kessel in Form einer Batterie (Abb. 6) ist die Möglichkeit gegeben, auch
                              									Naragheizungen größeren Umfanges auszuführen, wobei gleichzeitig eine entsprechende
                              									Unterteilung der Kesselgesamtheizfäche erreicht und dadurch eine bessere
                              									Anpassungsfähigkeit an wechselnde Außentemperaturen, also eine noch größere
                              									Wirtschaftlichkeit des Betriebes gewährleistet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 60
                              Abb. 6.
                              
                           Das Verwendungsgebiet der Narag-Heizung ist sehr ausgedehnt. Vor allem erstreckt es
                              									sich auf Villen, Landhäuser, kleine Wohnhausbauten und in sich abgeschlossenen
                              									Etagenwohnungen, Läden jeder Art mit Nebenräumen, Büros, Wohn- und Schulbaracken,
                              									Dachgeschoßausbauten usw. Ihr Einbau ist sehr einfach und kann selbst in
                              									älteren Wohnungen nachträglich ohne Schwierigkeiten erfolgen.
                           Als Heizkörper werden zweckmäßig die ebenfalls neu eingeführten vier- und
                              									sechssäuligen National-Radiatorenmodelle „Classic“
                              										(Abb. 7 und 8)
                              									aufgestellt, die sich sowohl durch ein gefälliges Aussehen, als auch durch erhöhte
                              									Heizwirkung vorteilhaft auszeichnen. Infolge der eigenartig durchbrochenen
                              									Gitterform ist der „Classic“ -Radiator bedeutend widerstandsfähiger, als die
                              									bisher gebräuchlichen Heizkörper. Die einzelnen Glieder sind oben und unten durch
                              									konische Rechts- und Linksgewingenippel verbunden. Dank ihrer günstigen Form und
                              									vorteilhaften Gliederanordnung ist die Nutzwirkung der durch Classic-Radiatoren
                              									abgegebenen Wärme bei ihrer Verwendung für Niederdruck-Dampfheizungsanlagen ebenso
                              									gut, wie bei den bisherigen Heizkörpermodellen, zeigt aber bei der Verwendung für
                              									Warmwasser-Heizungsanlagen sogar eine Ueberlegenheit gegenüber den gewöhnlichen
                              									gußeisernen Radiatoren. Diese Feststellung wurde von Herrn Professor Dr. techn. Karl Brabbée, Vorsteher der Versuchsanstalt für Heiz- und
                              									Lüftungswesen an der Technischen Hochschule Charlottenburg, durch Versuche gemacht.
                              									Herr Professor Dr. Brabbée fand bei Verwendung der Warmwasserheizung
                              									Wärmedurchgangszahl k = 6,8 W.E./ 1 qm/1 Std./1 ° C., auch für
                              									Niederdruck-Dampfheizung k = 7,9 W,E./1 qm./1 Std./1 ° C.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 60
                              Abb. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 60
                              Abb. 8.
                              
                           Neue Verfahren zur Torfveredelung. In den minderwertigen
                              									Brennstoffen, Rohbraunkohle und Torf, wird der Wärmepreis durch die hohen
                              									Frachtkosten erheblich stärker beeinflußt, als in der Steinkohle. Daraus ergibt sich
                              									die Notwendigkeit einer Veredelung, d.h. Werterhöhung dieser Brennstoffe. Bei der
                              									Torfveredelung handelt es sich darum, dem Torf diejenigen Bestandteile zu entziehen,
                              									die seinen Heizwert herabsetzen. Dies ist in erster Linie der Wassergehalt, der bei
                              									lufttrockenem Torf 25–30 v. H. beträgt und der sich durch Brikettierung oder
                              									Verkokung beseitigen läßt. Bei der Brikettierung wird die Wasserentziehung nur so
                              									weit getrieben, daß das Endprodukt noch etwa 12–15 v. H. Wasser enthält; zugleich
                              									findet durch Pressung eine Volumveränderung statt, so daß in 1 cbm Torfbriketts etwa
                              									45 Mill. W. E. enthalten sind gegenüber nur etwa 21 Mill. W. E. in 1 cbm. Sodentorf.
                              									Bei der Verkokung dagegen geht man mit der Wasserentziehung so weit, daß außer der
                              									groben Feuchtigkeit auch das Bildungswasser, das aus dem chemisch gebundenen Sauerstoff und
                              									Wasserstoff bei der Verbrennung des Torfes entsteht, entfernt wird. Außerdem wird
                              									hierbei dem Torf der größte Teil seines Stickstoffgehalts entzogen, ferner findet
                              									eine Trennung der fixen Kohlenstoffe von den Kohlenwasserstoffen statt, die in Form
                              									von Teer und Gas in Erscheinung treten. Der fixe Kohlenstoff (Torfkoks) sowie der
                              									Teer sind als edle Produkte anzusehen.
                           Die Frage der Torfbrikettierung, die seit mehr als 70 Jahren zu lösen versucht wurde,
                              									ist zwar technisch durchführbar, doch erwiesen sich alle bisherigen Verfahren als
                              									unwirtschaftlich, da die Herstellung des Brikettiergutes mittels künstlicher
                              									Trocknung große Wärmemengen erfordert. Die künstliche Trocknung des 85 v. H. Wasser
                              									enthaltenen Rohtorfs mit Hilfe von Dampftrocknern, wie sie in der
                              									Braunkohlenindustrie üblich sind, scheidet von vornherein aus, auch die Verarbeitung
                              									eines Halbtrockengutes mit etwa 40 v. H. Wassergehalt ist nur dann wirtschaftlich,
                              									wenn die Herstellung dieses Halbtrockengutes mit nicht zu großen Kosten belastet
                              									ist. Auch die Verfahren von ten Bosch und Eckelung, die sich der Inkohlung bedienen, erwiesen sich
                              									als nicht rentabel. Die Schwierigkeiten, die sich bei der künstlichen Trocknung des
                              									Torfes ergeben, sind mannigfacher Art. Zunächst ist dabei zu berücksichtigen, daß
                              									ein Teil des Wassers kolloidal gebunden ist und infolgedessen schwerer auszutreiben
                              									ist als das hygroskopische Wasser. Ferner geht durch die pflanzliche Struktur des
                              									Torfes seine Entwässerung viel langsamer vor sich als etwa bei der Braunkohle, und
                              									in gleicher Weise wirkt das schlechte Wärmeleitvermögen der Torfsubstanz.
                              									Schließlich ist zu beachten, daß die wasser- und aschefreie Torfsubstanz einen um
                              									500 bis 1000 W. E. niedrigeren Heizwert besitzt als wasser- und aschefreie
                              									Braunkohle; infolgedessen ist selbst bei gleichem Wassergehalt wie bei Braunkohle
                              									der Brennstoffaufwand zur Entwässerung des Torfes schon dann prozentual größer, wenn
                              									man von den vorerwähnten Schwierigkeiten ganz absieht.
                           Unter Berücksichtigung dieser Umstände ergibt sich, daß die Verwendung von
                              									Dampftrocknern für Torf nicht zweckmäßig ist. Bei einem neuen Torftrockenverfahren,
                              									über das Dir. Steinert auf der letzten Hauptversammlung
                              									des Vereins Deutscher Chemiker ausführlich berichtete, werden daher als Wärmeträger
                              									die Abgase einer Feuerung benutzt, und zwar werden diese in einer Trommel von 12 m
                              									Länge und 2,5 m Durchmesser mit dem zerkleinerten Torf in unmittelbare Berührung
                              									gebracht. Die Beheizung erfolgte dabei durch eine vorgebaute Halbgasfeuerung mit
                              									trockenem Maschinentorf. Da infolge der hohen Temperatur der Feuergase häufig
                              									Verpuffungen und Staubexplosionen auftraten, wurde den Feuergasen Frischluft in
                              									ziemlich erheblicher Menge zugesetzt. Da ferner die starke Staubbildung, die durch
                              									die Schöpf leisten der Trommel sehr begünstigt wurde, große Schwierigkeiten
                              									bereitete, wurde zu den weiteren Versuchen ein Trockner mit Zelleneinbau benutzt.
                              									Obwohl hierdurch neben der verminderten Staubbildung eine erhebliche Vergrößerung
                              									der Heizfläche infolge der Zellenaufteilung erzielt wurde, war der Wärmeaufwand zum
                              									Trocknen des Torfes doch noch recht groß, und erst durch die Rückführung der
                              									Schwaden in die Gasfeuerung kam man zu einem befriedigenden Ergebnis. Denn der in
                              									den Schwaden enthaltene Wasserdampf, der in der Gasflamme bei Atmosphärendruck hoch
                              									überhitzt wird, übt auf den Torf eine aufschließende Wirkung aus, so daß es auf
                              									diese Weise gelingt, 1 kg Wasser mit rund 1060 W. E. im festen Brennstoff zu
                              									verdampfen, wogegen die gewöhnliche Dampftrocknung hierfür 2000 W.E. und mehr
                              									erfordert. Dadurch ist es möglich, den Torf in wirtschaftlicher Weise auf einen
                              									Wassergehalt von 12–8 v. H., wie er für die Brikettierung am günstigsten ist, oder
                              									bis auf nur 3 v. H. Wassergehalt herunterzutrocknen, wie er für die Torf
                              									Staubfeuerung erforderlich ist. Bei richtigem Feuchtigkeitsgehalt des Torfes und bei
                              									richtiger Temperatur des Preßgutes lassen sich schon mit einem Druck von 250–400 at
                              									haltbare, wetterbeständige Briketts herstellen, während bei der Brikettierung der
                              									Braunkohle bekanntlich Drucke von 1000–1500 at Anwendung finden. Bei der nach diesem
                              									Verfahren in der Nähe von Hamburg errichteten Anlage wurde auf sparsamste
                              									Wärmewirtschaft besonderer Wert gelegt. So werden die Abgase der Kraftmaschinen zur
                              									Erzeugung von Heizdampf für die Pressen, zur Trocknung des Brikettiergutes sowie als
                              									Zusatz zur Generatorluft benutzt, während das heiße Kühlwasser zur Vorwärmung der
                              									Verbrennungsluft für die Gasfeuerung der Trockentrommel sowie für den Generator
                              									Anwendung findet.
                           Die zweite Art der Torf Veredelung, die Torfverkokung, ist noch älter als die
                              									Versuche zur Brikettierung des Torfes. Der Torfkoks ist frei von Schwefel und
                              									enthält sehr wenig Asche, so daß er ein vollwertiger Ersatz für die teure Holzkohle
                              									ist. Als Nebenprodukte liefert die Torfverkokung Teer, Ammoniak, Essigsäure und
                              									Methylalkohol, von denen die beiden ersten die wertvollsten sind. Lufttrockner
                              									Hochmoortorf liefert 10 bis 13 v. H. Teer, wovon im Schachtofen mit Innenbeheizung
                              									etwa 80 v. H. zu gewinnen sind. Urteer aus Torf enthält 15 v. H. Paraffin, 15 v. H.
                              									viskose Oele, 12 v. H. nichtviskose Oele und 41 v. H. Phenole. Da der Torf
                              									wesentlich mehr Sticktoff enthält als Steinkohle, lassen sich bei seiner Vergasung
                              									erhebliche Mengen von Ammoniak gewinnen. Um aus Torf guten, festen Koks sowie
                              									brauchbaren Teer zu erhalten, muß die Trocknung des Torfs sehr schonend vorgenommen
                              									werden, damit nicht durch den im Innern der Torfstücke entwickelten Wasserdampf das
                              									Gefüge des Torfes gesprengt wird. Bei der erwähnten Hamburger Anlage wird der Torf
                              									in einem Schachtofen mit Innenbeheizung verkokt, wobei je nach Wunsch Halbkoks oder
                              									auch vollständig ausgegarter Koks gewonnen werden kann. Zur Beheizung werden die
                              									Schwelgase benutzt, da aber die durch deren Verbrennung erzeugte Wärmemenge in den
                              									meisten Fällen nicht ausreicht, wird noch Generatorgas zugesetzt, ferner stark
                              									überhitzter Wasserdampf, wodurch eine schonende Trocknung und Verschwelung des
                              									Torfes ermöglicht und eine höhere Ausbeute an Teer und Ammoniak erzielt wird.
                              									Schließlich wird, um möglichst sparsam zu wirtschaften, der Torfkoks nicht mit
                              									Wasser abgelöscht, sondern durch kalte Schwefelgaze gekühlt, die hierbei ihrerseits
                              									einen bedeutend höheren Wärmewert erhalten. (Zeitschr. f. angew. Chemie 1922, S.
                              									553–555).
                           Sander.
                           Anwendungsmöglichkeiten elektrischer Dampfkessel. Vor
                              									allem ist an Einführung elektrischer Dampferzeugung an Stellen bestehender
                              									kohlebeheizter Anlagen zu denken, also in Anlehnung an das Feuerungsverfahren bei
                              									Kohlekesseln statt des Heizstoffes (Kohle) an der Verbrennungsstelle einen
                              									elektrischen Widerstand zu verwenden und die in ihm erzeugte elektrische Wärme
                              									anstelle der Feuerwärme zu benutzen.
                           Bei den weit verbreiteten Walzen- und Flammenrohrkesseln beruht die Heizwirkung auf
                              									den die Kesselwände intensiv bestreichenden Flammen, und diese Funktion läßt sich
                              									nicht auf eingebaute elektrische Widerstände übertragen, da die schlechte
                              									Wärmeübertragung zu einem sehr ungünstigen Wirkungsgrad führen würde. Bei dieser
                              									Feuerungsart baut man vielmehr nach Nr. 10 der AEG-Mitteilungen vom Oktober 1922
                              									elektrisch beheizte Siederohre ein und verwendet als Widerstandsmaterial Eisen,
                              									Konstantan, Nickelin und Chromnickel. Zwecks möglichst niedriger Belastung der
                              									Anlage wird eine große Anzahl von Siederohren angeordnet und dementsprechend viele
                              									Schaltungsstufen zwecks Anpassung an die jeweiligen Temperaturschwankungen der
                              									Dampfentnahme.
                           Die Siederohr-Beheizung sucht man auch so zu losen, daß die Elektrokessel nach dem
                              									Prinzip der Steilrohrkessel mit auf den Wasserrohren außen aufgebrachten
                              									Widerständen gebaut werden. Bei dieser Konstruktion muß stets ein gewisser
                              									Temperaturunterschied zwischen Heizrohr und Wasser bestehen, damit eine
                              									Wärmeaufnahme durch das Wasser eintritt. Bei Belastungen von 4 Watt pro qcm besteht
                              									bereits ein Temperaturunterschied von etwa 75°, also eine ziemlich heiße Beheizung.
                              									Nur nach einer Seite erfolgt Wärmeabgabe, nach der anderen wird sie durch gute
                              									Isolation verhindert, dazu dienen bei den auftretenden Temperaturen von über 200°
                              									nicht etwa Korkprodukte, sondern Isolierstoffe wie Asbest, also schlechte
                              									Isolatoren. Die Siederohrheizung von innen wie von außen ist unvorteilhaft, da sie
                              									zahlreiche Heizrohre erfordert, um die den Heizelementen gefährliche Ueberlastung zu
                              									vermeiden. Dadurch lassen sich derartige Elektrokessel nur bis einige hundert KW
                              									ausführen und die Verbindungen der zahlreichen einzelnen Heizelemente werden
                              									unübersichtlich. Sie sind auch sehr empfindlich und nur für Spannungen bis zu 500 –
                              									600 Volt ausführbar, höhere Spannungen erfordern schon Transformierung auf diese
                              									niedrigen Spannungen.
                           Die AEG entwickelte neuerdings elektrische Spezial-Heizpatronen für hohe
                              									Temperaturen, die in die Siederohre eingebaut werden können und aus einem
                              									schmiedeeisernen Stab bestehen mit darauf befindlichen in Mikomit gebetteten
                              									Widerständen.
                           In dem Elektroden-Dampfkessel bildet das Wasser selbst den wärmeentwickelnden
                              									Widerstand und der Wirkungsgrad ist lediglich eine Funktion der Wärme-Isolation
                              									des Dampfkessels. Die sogen. Niederspannungskessel (bis etwa 600 Volt), rüstet man
                              									also mit den elektrisch beheizten Siederohren aus, aber auch, wie die AEG, für
                              									Wechsel- und Drehstrom nach dem Elektrodenprinzip. Für größere Leistungen (über 1000
                              									KW) vermeidet sie eine große Anzahl von Elektroden und erhöht die Leistung des
                              									einzelnen dreiphasigen Systems auf das Doppelte, für Gleichstrom verwendet sie
                              									Spezialpatronen für hohe Temperaturen. Bei den AEG-Elektroden-Niederspannungskesseln
                              									sind Porzellanteile weggelassen worden, das Ausbrennen der Elektroden ist
                              									vollständig ausgeschlossen und dadurch der Kessel betriebssicher geworden. Die
                              									AEG-Hochspannungskessel lassen sich nun regulieren und ermöglichen so 10–120 % der
                              									Nennleistung. Sie sind mit Porzellanröhren ausgestattet und ihre Belastung
                              									neuerdings sehr gering gehalten. Der Kessel verlangt aber seitens des Personals
                              									volle Kenntnis vom Speisewasser und seinen Eigenschaften, vom veränderlichen
                              									Widerstand des Wassers im kalten, warmen, frischen und angereicherten Zustand, damit
                              									die Elektroden nicht übermäßig belastet werden. Dazu gehört aber nur sorgfältige
                              									Beobachtung der Instrumente und die muß ja jedem Schalttafelwärter eigen sein.
                           Nach dem 32. Bd. des Jahrbuchs der angewandten Naturwissenschaften (Herder & Co.
                              									in Freiburg i. Br. 1922) gestatten bei diesen Kesseln verschiedene Elektroden die
                              									Verwendung von Dreh- oder Wechselstrom, denn Gleichstrom ist wegen der auftretenden
                              									Elektrolyse des Wassers nicht anwendbar. Die pro Kilowattstunde erzeugte Dampfmenge
                              									ist regulierbar, einmal die Regulierung des Stromes, dann auch durch Aenderung der
                              									Zusammensetzung des Speisewassers. In der Papiermühle in Wagöns erzielte unser mit 7
                              									elektrischen Dampfkesseln eine Ersparnis von 15 bis 16 %, da eine solche Anlage fast
                              									keine Bedienung und Heizkosten erfordert und so bei billigem Strompreise sehr
                              									wirtschaftlich und mit hohem Nutzungsgrad arbeitet.
                           Dr. Bl.