| Titel: | Rechtswesen. | 
| Autor: | Werneburg | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 69 | 
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                        Rechtswesen.
                        Rechtswesen.
                        
                     
                        
                           Die Gesellschaftssteuer nach dem neuen K. V. St. G.
                              									Die$Besteuerung von Rechtsvorgängen der juristischen Personen des Privatrechtes mit
                              									kapitalistischer Grundlage richtete sich nach früherem Recht, d.h. bis zum 1.
                              									September 1921, nach dem Reichsstempelgesetz vom 3. Juli 1915. Dieses
                              									Reichsstempelgesetz ist nunmehr ersetzt worden durch das Kapitalverkehrssteuergesetz
                              									vom 8. April 1922, das rückwirkende Kraft vom 1. September 1921 an hat.
                           Vergleicht man die beiden bezeichneten Reichssteuergesetze in sachlicher Beziehung,
                              									so ergibt sich zunächst vor allem eine Erhöhung der früheren Steuersätze unter
                              									Anpassung an den gesunkenen Geldwert, ferner ein Wegfall der früheren
                              									Urkundenbesteuerung; zum Wegfall gebracht worden ist ferner die früher im
                              									Gesellschaftsstempel behandelte Besteuerung des Umsatzes von Sachen und Rechten, die
                              									zu einem Gesellschaftsvermögen gehören, sowie der sog. Einbringungs- und
                              									Sachüberlassungsstempel, was insbesondere für die Errichtung der
                              									Kapitalsgesellschaften, insbesondere auch der Berggewerkschaften, eine große
                              									steuerliche Erleichterung bildet. Nicht übernommen ist ferner von dem K. V. St. G.
                              									die frühere Abgabe von Gewinnanteilscheinen und Zinsbogen, die sog. Talonsteuer,
                              									wofür durch die Reichsvermögenssteuer ein steuerlicher Ersatz geschaffen worden ist.
                              									Die Steuer selbst ist von dem K. V. St. G. an bestimmte Rechtsvorgänge, die die
                              									Gesellschaft betreffen, geknüpft worden (daher der Name Gesellschaftssteuer),
                              									insbesondere an die Einzahlungen und ähnliche Leistungen der Gesellschafter.
                           Was die Einzelheiten des nunmehr geltenden K. V. St. G, anbetrifft, so gilt zunächst
                              									als Grundsatz, daß diese sog. Gesellschaftssteuer grundsätzlich für Rechtsvorgänge
                              									erhoben wird, die die Gesellschaft bzw. die Gewerkschaft betreffen, wie bereits oben
                              									bemerkt wurde (§1 K. V. St. G.); daß auch die bergrechtliche Gewerkschaft zu den
                              									Kapitalsgesellschaften im Sinne des K. V. St. G. gehört, wird in § 3 dieses Gesetzes
                              									ausdrücklich (unter f) hervorgehoben.
                           Die Gesellschaftssteuer des K. V. St. G. ist ihrem ihrem Grunde nach eine
                              									Verkehrssteuer auf den Kapitalsumsatz, wie sich das mit Deutlichkeit aus der
                              									Bestimmung des § 6 K. V. St. G. ergiebt; denn nach dieser Bestimmung unterliegen der
                              									Steuer (der Gesellschaftssteuer) Zahlungen und Leistungen, die zum Erwerbe von
                              									Gesellschaftsrechten einer inländischen Gesellschaft durch den ersten Erwerber
                              									erforderlich sind oder zu deren Bewirkung die Gesellschafter einer inländischen
                              									Gesellschaft auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses verpflichtet sind (§ 6 a,
                              									weitere Einzahlungen, Nachschüsse, Zubußen usw.), ferner die unter c, d und e dieses
                              									Gesetzes im einzelnen aufgeführten Rechtsvorgänge. Was nun unter den hier so
                              									bezeichneten „Gesellschaftsrechten“ und „Gesellschaftern“ zu verstehen
                              									ist, wird in der vorangehenden Bestimmung des § 5 K. V. St. G. näher erläutert. Nach
                              									dieser lediglich also eine Erläuterung in sachlicher Beziehung darstellenden
                              									Bestimmung des § 5 K. V. St. G. gelten als „Gesellschaftsrechte“ an
                              									Kapitalgesellschaften a) Aktien Kuxe und Anteile der Gesellschafter und Mitglieder,
                              									b) Genußscheine, die die Kapitalgesellschaft aufgegeben hat und c) Forderungen gegen
                              									die Gesellschaft (Gewerkschaft), die einen Anteil am Gewinne der Gesellschaft
                              									gewähren. Als „Gesellschafter“ im obigen Sinne gelten Personen, denen die
                              									unter a, b oder c bezeichneten Rechte zustehen. Bei den bergrechtlichen
                              									Gewerkschaften gelten als „Gesellschaftsrechte“ die Kuxe, als Gesellschafter
                              									die Inhaber der Kuxe, die Gewerken.
                           Der Gesellschaftssteuer selbst unterliegen, wie bereits oben bemerkt wurde, gemäß § 6
                              									a Zahlungen und Leistungen, die zum Erwerbe von Gesellschaftsrechten (bei
                              									Gewerkschaften zum Erwerbe von Kuxen durch den ersten Erwerber) erforderlich sind
                              									oder zu deren Bewirkung die Gesellschafter bezw. bei der Gewerkschaft die Gewerken
                              									auf Grund des Statutes der Gesellschaft (der A. G. z.B.) bezw. bei der Gewerkschaft
                              									auf Grund des Gewerkschaftsstatutes verpflichtet sind, ferner weitere Einzahlungen
                              									und Nachschüsse, bei
                              									den Gewerkschaften also insbesondere die Zubußen.
                           Der Gesellschaftssteuer unterliegen ferner gemäß § 6 b freiwillige Zahlungen und
                              									Leistungen an die Gesellschaft (bezw. bei der Gewerkschaft an die Gewerkschaft), die
                              									nicht als Schenkungen im Sinne des Erbschaftssteuergesetzes anzusehen sind, falls
                              									das Entgelt in der Gewährung erhöhter Gesellschaftsrechte besteht oder falls die
                              									Zahlungen oder Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte (der
                              									Aktien oder Kuxe usw.) zu erhöhen, so z.B. die Ueberlassung von Gegenständen an die
                              									A. G, oder Gewerkschaft zu einer hinter den Wert zurückbleibenden Gegenleistung, die
                              									Uebernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden
                              									Gegenleistung und der Verzicht auf Forderungen oder andere Rechte. Der Sinn dieser
                              									Gesetzesbestimmung geht dahin, auch diejenigen Rechtsvorgänge der
                              									Gesellschaftssteuer zu unterwerfen, die zwar nicht streng juristisch, wohl aber
                              									wirtschaftlich den vorbezeichneten Rechtsvorgängen (unter a) vollkommen gleich
                              									stehen und eine Entziehung der Gesellschaftssteuer bezwecken; ausgenommen von der
                              									Besteuerung sollen nur solche Leistungen und Zahlungen sein, die als Schenkungen im
                              									Sinne des Erbschaftssteuergesetzes anzusehen sind, d.h. Schenkungen und andere
                              									freigebige Zuwendungen unter Lebenden, durch welche nach dem Willen der Parteien
                              									eine Bereicherung der Gegenpartei stattfinden soll bezw. stattfindet.
                              									Steuerpflichtig ist daher im Sinne dieser Bestimmung insbesondere das unberechnete
                              									Einbringen von Schutzrechten, Patenten, Warenzeichen usw. zum Gesellschaftsvermögen,
                              									ferner auch die unentgeltliche leihweise Ueberlassung von Gegenständen an die
                              									Gesellschaft (oder Gewerkschaft). Die Differenz zwischen dem Wert der Leistung und
                              									dem der etwaigen Gegenleistung ist als Steuerwert zugrunde zu legen, bei leihweiser
                              									Ueberlassung ist der Wert und die Dauer der Nutzung maßgebend.
                           Steuerpflichtig sind ferner gemäß § 6 c K. V. St. G. kapitalähnliche Darlehn an die
                              									Gesellschaft, d.h. genauer die Gewährung von Darlehn an die Gesellschaft, der Erwerb
                              									von Forderungen gegen sie, bei denen die Zahlungsfrist hinausgeschoben ist, oder die
                              									Stundung von Forderungen gegen sie, falls Gläubiger der Darlehnsforderungen oder
                              									sonstigen Forderungen Gesellschafter (bezw. Gewerken) sind und entweder die
                              									Ansprüche aus den Darlehn oder Forderungen nur gleichzeitig mit den
                              									Gesellschaftsrechten (z.B. Aktien oder Kuxen) abgetreten werden können, oder während
                              									der Beteiligung an der Gesellschaft die Rückzahlung des Darlehns oder die Erfüllung
                              									der Forderungen nicht beansprucht werden kann, oder wenn die Gewährung der Darlehn
                              									oder die Hinausschiebung der Zahlungsfrist oder die Stundung der Forderungen eine
                              									wesentliche Voraussetzung des Beginnes oder der Fortführung der Gesellschaft ist und
                              									sich sachlich als eine Beteiligung an der Gesellschaft darstellt.
                           Der Gewerkschaftssteuer unterliegen weiterhin gemäß § 6 d K. V. St. G. der Erwerb von
                              									Gesellschaftsrechten ohne Leistung an die Gesellschaft oder, wie das Gesetz es
                              									ausdrückt, der Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den ersten Erwerber in den
                              									Fällen, in denen eine Zahlung oder Leistung im Sinne der Vorschrift zu a (s. oben)
                              									zum Erwerbe der Gesellschaftsrechte nicht erforderlich ist. Das trifft insbesondere
                              									zu für den Zeitpunkt der Entstehung der betreffenden Kapitalsgesellschaft.
                           Schließlich unterliegt der Gesellschaftssteuer gemäß § 6 e die Zuwendung von Anlage-
                              									und Betriebskapital seitens einer ausländischen Gesellschaft an ihre
                              									inländische Niederlassung.
                           Die Steuerpflicht besteht auch dann, wenn die Kapitalszuführung an die Gesellschaft
                              									im Sinne obiger Bestimmungen durch Dritte stattfindet; der hier maßgebende § 7 des
                              									K. V. St. G. bestimmt das dahin, daß die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen
                              									wird, daß Zahlungen oder Leistungen nicht von den Gesellschaftern bewirkt werden,
                              									sondern von anderen Unternehmungen, an denen diese Personen (die Gesellschafter) als
                              									Gesellschafter oder Mitglieder beteiligt sind.
                           Die Steuerschuld entsteht grundsätzlich (d.h. in obigem Falle a) zu dem Zeitpunkte,
                              
                              									sobald die Zahlungen oder Leistungen fällig werden, spätestens dann, sobald sie
                              									bewirkt werden, in den übrigen Fällen (außer Fall b), sobald der Tatbestand
                              									eingetreten ist, an den die Steuerpflicht geknüpft ist.
                           Schuldnerin der Gesellschaftssteuer ist grundsätzlich die Gesellschaft (also z.B. die
                              									A. G. oder G. m. b. H.) als juristische Person. Soweit nach dem zuvor Gesagten in
                              									den Fällen des § 6 a (d.h. bei Zahlungen und Leistungen, die zum Erwerbe von
                              									Gesellschaftsrechten durch den ersten Erwerber erforderlich sind oder zu deren
                              									Bewirkung die Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses verpflichtet
                              									sind) Zahlungen oder Leistungen vor der Entstehung der Gesellschaft fällig sind oder
                              									bewirkt werden, ist Steuerschuldner, wer Geschäfte für die Gesellschaft führt oder
                              									durch einen Beauftragten führen läßt. (Demgemäß also die Gründer der Gesellschaft,
                              									die als Gesamtschuldner für die Steuerschuld haften.)
                           Die Höhe der Gesellschaftssteuer wird von dem maßgebenden § 11 K. V. St. G. dahin
                              									festgesetzt, daß die Steuer 7 ½ vom Hundert des Wertes des Gegenstandes beträgt.
                              									(Hiervon gilt bei Zubußen der Gewerkschaften unter bestimmten Voraussetzungen eine
                              									Ausnahme.)
                           Der Wert des Gegenstandes wird nun in folgender Weise berechnet: a) soweit die
                              									Steuerschuld von Geldzahlungen abhängig ist, wird der Wert nach dem zu entrichtenden
                              									Geldbetrage berechnet; b) soweit die Entstehung der Steuerschuld b von nicht in Geld
                              									bestehenden Leistungen an die Gesellschaft abhängig ist, wird der Wert von nach dem
                              									Werte der Leistung zur Zeit des Eintrittes der Steuerschuld berechnet; war also z.B.
                              									die Leistung an die Gesellschaft ein Patent und treffen die oben unter 6 b
                              									bezeichneten Voraussetzungen einer Steuerpflicht objektiv zu, so ist der Wert des
                              									Patentes (objektive Wert) zur Zeit des Eintrittes der Steuerschuld maßgebend und
                              									entscheidend, eventuell ist der Wert des Patentes abzuschätzen (durch
                              									Sachverständige); kann dieser Wert zufolge der vorliegenden besonderen Umstände
                              									nicht festgestellt oder berechnet werden und stehen auch der Schätzung
                              									unverhältnismäßige Schwierigkeiten entgegen, so ist die Steuer von dem Werte der
                              									Gesellschaftsrechte zu berechnen, die das Entgelt für die Leistung bilden (§ 11 b
                              									Halbabsatz 2). Soweit die Entstehung der Steuerschuld gemäß § 9 b von der
                              									Veräußerung von Gesellschaftsrechten abhängig ist, wird der Wert berechnet von dem
                              									bei der Veräußerung erzielten Preise abzüglich des Entgeltes, das die Gesellschaft
                              									für den Erwerb der Rechte zu entrichten hatte (§ 11 c). Soweit die Entstehung der
                              									Steuerschuld von dem Erwerbe oder der Stundung von Forderungen der Gesellschaft
                              									abhängig ist, wird der Wert des Gegenstandes von dem Werte der Forderungen zur Zeit
                              									des Eintrittes der Steuerschuld berechnet. (§ 11 d.) Soweit die Entstehung der
                              									Steuerschuld von der
                              									Zuwendung von Anlage- und Betriebskapital an inländische Niederlassungen
                              									ausländischer Gesellschaften abhängig ist, wird der Wert des Gegenstandes von dem
                              									Werte des zugewendeten Anlage- oder Betriebskapitales berechnet. Im übrigen wird der
                              									Wert des Gegenstandes von dem Werte der Gesellschaftsrechte zur Zeit der Entstehung
                              									der Steuerschuld berechnet. (§ 11 f).
                           Die Steuer ist gemäß Absatz 2 vorgenannter Bestimmung für jeden Rechtsvorgang
                              									besonders zu berechnen. Zahlungen und Leistungen an dieselbe Gesellschaft, die
                              									gleichzeitig fällig werden, sind zusammenzurechnen. Die Steuer ist auf volle Mark
                              									nach unten abzurunden.
                           Wird eine steuerpflichtige Zahlung oder Leistung zurückgewährt, weil das ihr zu
                              									Grunde liegende Geschäft aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zur
                              									Ausführung gebracht werden konnte oder vor der vollständigen Ausführung rückgängig
                              									gemacht worden ist, so ist die für die Zahlung oder Leistung entrichtete Steuer auf
                              									Antarg zu erstatten. (§14 K. V. st. G.)
                           Rechtsanwalt Dr. Werneburg, Berlin-Schöneberg.