| Titel: | Neuere Arbeiten zur Abwässerfrage. | 
| Autor: | B. Simmersbach | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 105 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuere Arbeiten zur Abwässerfrage.
                        Von Ingenieur B. Simmersbach,
                           									Wiesbaden.
                        SIMMERSBACH, Neuere Arbeiten zur Abwässerfrage.
                        
                     
                        
                           Die Verunreinigung der Gewässer durch Einleitung von Abwässern ist infolge der
                              									neuzeitigen Entwicklung des Städtebauwesens und der Ausdehnung der Industrie in
                              									überaus raschem Anwachsen begriffen. Die erhöhten Ansprüche der Bevölkerung an die
                              									Reinlichkeit und Gesundheit der Wohnstätten haben das Bestreben, nach möglichst
                              									vollständiger Abschwemmung aller Unratstoffe, auch der Exkremente, aus dem Bereiche
                              									der bewohnten Gebiete gezeitigt. Desgleichen sucht die Industrie das fließende
                              									Wasser in immer mehr zunehmendem Maße zur Abführung der Fabrikationsrückstände für
                              									sich in Anspruch zu nehmen. Die Entstehung der Abwässerfrage war somit eine
                              									notwendige Folge des vor etwa sieben Jahrzehnten einsetzenden wirtschaftlichen
                              									Aufschwunges und der damit zusammenhängenden städtebaulichen Entwicklung, die
                              									ihrerseits wiederum durch eine wesentliche Zunahme und Konzentration der Bevölkerung
                              									bedingt war und auch durch diese beeinflußt wurde. Die öffentliche Fürsorge für die
                              									Abwendung gemeingefährlicher Zustände an den Gewässern läßt es deshalb als eine
                              									dringende Forderung des Gemeinwohles erscheinen, gegen die mißbräuchliche Benutzung
                              									der Gewässer Maßnahmen zu ergreifen. In den schnell wachsenden Städten verlangte die
                              									Errichtung mehrstöckiger Wohnhäuser sehr bald besondere Einrichtungen zur Abführung
                              									der Brauchwässer aus den einzelnen Stockwerken, zumal auch schon die Einführung der
                              									Wasserleitungen die früher allgemein übliche primitive Ableitung und Unterbringung
                              									der Abwässer nicht geringe Schwierigkeiten geschaffen hatte. Die Menge der in die
                              									Straßenrinnen gelangenden Schmutzwässer nahm sehr beträchtlich zu, ihre
                              									Beschaffenheit wurde bedenklicher, indem auch die Abortgruben bei der Einführung der
                              									Spülklosetts sich schneller füllten und zur Vermeidung der häufigen Entleerung die
                              									Ueberläufe nach den Ableitungen in den Straßen entstanden. Die Beschaffenheit der
                              
                              									Abwässer richtet sich nach den infolge ihres Herkommens ihnen anhaftenden fremden
                              									Beimengungen. Diese sind naturgemäß sehr verschiedener Art. Je nach dem Charakter
                              									dieser letzteren ist es häufig unmöglich, ein Abwasser zum gleichen oder zu einem
                              									anderen Zweck nochmals zu gebrauchen, und es kann dann auch oft unstatthaft sein,
                              									solches Abwasser in die dem Gemeingebrauch dienenden öffentlichen Wasserläufe
                              									einzuleiten. So ist demnach die Entfernung der schä lichen Bestandteile der
                              									Abwässer, die durch häuslichen und gewerblichen Gebrauch verunreinigt wurden,
                              									eine nicht minder wichtige Frage der breitesten Oeffentlichkeit, als die Versorgung
                              									der Städte und Dörfer mit Trinkwasser, denn oft genug sind Abwässer der Herd von
                              									Seuchen aller Art und jedenfalls der Gesundheit des Menschen nachteilig. Vieles ist
                              									hier schon geschehen, indem man die Städte und die Industrien an der regellosen
                              									Abfuhr ihrer gebrauchten Wässer in die Flüsse zu verhindern gewußt hat und die
                              									Ausführung weiterer Anlagen zur Flüsseverunreinigung verbot. Das Dogma von der
                              									Selbstreinigung der Flüsse hat insofern viel Unheil angestiftet, als es sich auf
                              									eine größtenteils mißverstandene Aeußerung Pettenkofers zu stützen suchte und so
                              									bewirkte, daß manche Gewässer zu nichts anderem als Kloaken herabgewürdigt wurden,
                              									in denen der gesamte Unrat der Städte und die Abwässer der zahlreichen Fabriken
                              									aufbewahrt wurden. Die Selbstreinigungskraft eines Flusses, welche darin besteht,
                              									daß alle im Wasser vorhandenen gelösten und ungelösten Substanzen, soweit dieselben
                              									nicht mineralisiert oder vergast werden, durch eine Unzahl tierischer und
                              									pflanzlicher Individuen – Bakterien, Algen, Würmer, Kruster, Sporen u.a.m. –
                              									aufgenommen und verarbeitet werden, findet nämlich ihre ganz natürlichen Grenzen.
                              									Diese Grenze hängt erstens ab von der Anzahl der vorhandenen Lebewesen und sodann
                              									von der Menge der im Wasser befindlichen Sink- und Schwemmstoffe. Stehen beide
                              									Faktoren nicht im richtigen Verhältnis zu einander, so setzt sich nämlich schon sehr
                              									bald eine Menge ungelöster Stoffe zu Boden. Die Pflanzen, welche das Wasser reinigen
                              									sollen, werden überwuchert und erstickt, und damit sind dann auch zugleich die
                              									Sauerstoffproduzenten für die Tierwelt vernichtet. Die weitere Folge davon ist dann
                              									die, daß die Kleintierwelt, das ausschlaggebende Futter für die größeren Tiere, also
                              									auch für die Fische, zugrunde gehen und damit die Lebensbedingungen für die Fische
                              									selbst zerstört werden. – Solches Wasser ist einfach – „verseucht“, es kann
                              									weder als Waschwasser für Menschen, noch als Tränkwasser für Vieh, noch zur
                              									Wiesenbewässerung benutzt werden. Jeder Betrieb, der gezwungen ist, es dennoch zu
                              									benutzen, muß es durch umständliche und kostspielige Verfahren filtrieren. Die
                              									Einzelheiten der verschiedenen Verfahren, die Abwässer mechanisch und chemisch zu
                              									verbessern, sofern dies überhaupt möglich ist, sind vielfach recht
                              									komplizierter Natur. Wie sehr die Verunreinigung der Flüsse wächst, wird durch
                              									folgendes Beispiel treffend illustriert: In der Kampagne 1859/60 verarbeiteten zwei
                              									Zuckerfabriken 326000 Zentner Rüben und führten 2600 Zentner fäulnisfähige
                              									organische Substanzen der Oker zu; im Winter 1876/77 war letzteres Quantum auf 18000
                              									Zentner gestiegen, 1880/81 schon auf 40000 Zentner, 1884/85 auf 57000 und 1909/10
                              									auf 95000 Zentner. Binnen 50 Jahren hat sich also die Schmutzmenge um das 35fache
                              									gesteigert, ohne daß die Oker im Durchschnitt inzwischen wasserreicher geworden
                              									wäre. Es kamen also 1910 35mal mehr fäulnisfähige Substanzen auf dasselbe Quantum
                              									Okerwasser. (Nach Prof. Halbfaß: Angewandte Geographie IV. 3.) Für Preußen existiert
                              
                              									schon seit längerem die „staatliche Landesanstalt für
                                    											Wasserhygiene, Berlin-Dahlem“, welche sich insbesondere mit der
                              									Feststellung der Einwirkung der Schmutzwässer auf den Boden, Ausnutzung der
                              									Dungstoffe und der Anforderung an den Reinheitsgrad von abfließenden Schmutzwässern
                              									beschäftigt. Besonders schwierig, und trotz aller Bemühungen tüchtiger Fachleute,
                              									noch keineswegs gelöst ist das Problem, die in den Schlammmassen enthaltenen
                              									Fettstoffe zu extrahieren und zu verwenden. Die Abwässerfrage, wird, nach Prof.
                              									Halbfaß' treffender Charakteristik, erst dann eine befriedigende Lösung erlangt
                              									haben, wenn die schädlichen Stoffe der in den Städten, Industrien und sonstigen
                              									Betrieben entstehenden, aber nicht zu vermeidenden Abwässer nicht nur unschädlich
                              									gemacht werden, was vom hygienischen Standpunkte aus von einschneidendster Bedeutung
                              									ist, sondern auch landwirtschaftlich genügend ausgenutzt werden. Letzterer Umstand
                              									ist sehr wichtig, damit nicht die wertvollen Schwemm- und Sinkstoffe einfach in den
                              									Ozean fortgeschwemmt werden und so der menschlichen Nutzung verloren gehen.
                           Unter gewöhnlichen Verhältnissen benutzt man also die Flußläufe als natürliche
                              									Sammel- und Ablagerungsstätten der Schmutzwässer, sowohl derjenigen, die dem
                              									menschlichen Haushalte ihre Entstehung verdanken, als auch derjenigen, die aus
                              									industriellen Betrieben stammen. Da aber das Wasser der Flüsse nicht gar selten
                              									wieder zur Versorgung größerer Gemeinwesen mit Trink- und Gebrauchswasser
                              									herangezogen werden muß, so ist es selbstverständlich, daß die Behörden die Frage
                              									der Flußverunreinigung stetig überwachen. Denn eine übermäßige Flußverunreinigung
                              									kann durch Verbreitung übelriechender Dünste, durch Entstehung verheerender
                              									Fischseuchen u.a. hygienisch und nationalökonomisch bedenkliche Folgen zeitigen.
                              									Durch die rasche Ableitung sowie durch die örtlich konzentrierte Einleitung größerer
                              									Abwassermengen entstehen zunächst partielle Verschmutzungen und
                              									Verschlammungsstellen in der Vorflut, entsprechend den verschiedenen Einlaufen und
                              									der längs des Flusses sich erstreckenden städtischen oder industriellen Bebauung.
                              									Während anfangs derartige örtliche Verschmutzungsherde nichts Bedenkliches für die
                              									Allgemeinheit boten, steigerte sich die Flußverunreinigung allmählich doch mit dem
                              									allgemeinen wirtschaftlichen und besonders dem industriellen Aufschwung im letzten
                              									Viertel des vorigen Jahrhunderts zu einem erheblichen und nicht mehr zu übersehendem
                              									Grade. Zufolge der Natur der Schmutzstoffquellen enthalten die Abwässer, mit oder
                              									ohne Regenwässer; ungelöste, suspendierte und halbgelöste, sowie gelöste organische
                              									und anorganische Stoffe. Bei der gemeinschaftlichen Abführung von Schmutz- und
                              
                              									Regenwässern werden durch letztere auch noch weitere Schmutzstoffe zugeführt,
                              									so daß oftmals genug die Gesamtmenge an Abwasser ein Vielfaches des
                              									Trockenwetterabflusses erreicht. Je nach den Witterungsverhältnissen und je nach der
                              									Stadt ist die Gesamtmenge an Schmutzwasser pro Kopf und Tag sehr schwankend; in
                              									ländlichen Bezirken und kleinen Städtchen kann sie auf 20–30 Liter angenommen
                              									werden. Im Mittel rechnet man wohl für größere Städte mit 80–100 Litern pro Kopf und
                              									Tag, doch steigt die Tagesmenge selbst bis auf 500 Liter an und mehr, wie solche
                              									Fälle in Amerika z.B. bekannt sind. Die Lösung der Abwässerfrage ist deshalb eine so
                              									außerordentlich schwierige und verwickelte, weil sich hierbei die verschiedensten
                              									Interessen oft kraß gegenüberstehen. Die Industrie läßt sich vielfach nur unter
                              									Benutzung der fließenden Gewässer zur Fortführung ihrer unreinen Abgänge
                              									gewinnbringend gestalten.
                           Auch die Städte sehen in der Einführung ihrer Abfallstoffe in die Flüsse ein so
                              									bequemes Mittel, sie schnell und vollständig loszuwerden, daß man es ihnen nicht
                              									verdenken kann, wenn sie nur ungern darauf verzichten. Andererseits aber sind an der
                              									Reinhaltung der Gewässer die gesamte Wasserversorgung, die Landwirtschaft, die
                              									Fischerei, die Gesundheitspflege und die ganze moderne Kultur so nachhaltig
                              									interessiert, daß mit vollem Rechte die neueren Landeswassergesetze den hygienischen
                              									Standpunkt allgemein als den wichtigsten vorangestellt haben. Dabei gibt dieser
                              									Standpunkt dennoch vollkommen zu, daß in sehr vielen Fällen das Gedeihen für die
                              									Volkswirtschaft sehr wichtiger Industrien absolut undenkbar ist, wenn es diesen
                              									Industriebetrieben nicht erlaubt sein sollte, ihre Abwässer, unter gewissen
                              									Vorsichtsmaßnahmen den Flüssen zuzuführen. Andererseits schadet die Einfuhr von
                              									Abwässern den Flüssen gar nichts, sofern nur diese Einfuhr in genügend verdünntem
                              									Maße erfolgt, ja, sie ist dann manchmal sogar noch für die Fischerei von Vorteil.
                              									Die schädliche Wirkung hängt somit in erster Linie von dem Grad der Verdünnung ab,
                              									den die Abfallstoffe im Flußwasser erreichen, und dieser wiederum ist bedingt durch
                              									die im Fluß vorhandene Wassermenge, welche ihrerseits natürlich wiederum sehr
                              									weitgehenden Schwankungen unterliegt. Diejenigen Fabrikabwässer, welche einen hohen
                              									Gehalt an organischen und stickstoffhaltigen Stoffen aufweisen, sind, sofern sie im
                              									richtigen Verhältnis zur Wassermenge der Flußläufe stehen, in die sie eingeleitet
                              									werden, an und für sich der Fischzucht keineswegs nachteilig, sondern eher sogar
                              									noch förderlich. Solche Abwässer sind z.B. jene der Schlachthäuser, Molkereien,
                              									Brauereien, Brennereien, Zuckerfabriken, Hefen-, Stärke- und Margarinefabriken, Leim
                              									werke; ferner auch alle Abwässer, welche zwar reich an organischen Bestandteilen
                              									sind, aber keine wesentlichen Stickstoff mengen besitzen, wie die Abwässer aus
                              									Spinnereien, Webereien, Bleichereien, Färbereien, Papierfabriken, Oelmühlen,
                              									Wollwäschereien und andere.
                           Es gibt aber noch eine dritte Gruppe organischer Abwässer, welche direkt schädliche
                              									und giftige Stoffe dem Wasser zuführen. Als solche sind zu nennen die Abwässer von
                              									Gasanstalten, Teerdestillationen, Ammoniakfabriken, Braunkohlenschwelereien,
                              									Farbenfabriken, Cellulosefabriken, Holzessigfabriken u.a.m. Diese Abwässer würden am
                              									besten den Flußläufen gar nicht zugeführt, da eine hinreichend genügende Klärung
                              									derselben nicht möglich ist und sie somit den Flußläufen stets schädliche Stoffe
                              									zuführen; andererseits aber eine weitgehende Klärung derartiger Abwässer immerhin recht hohe Kosten
                              									bedingen würde. Die Behandlung von Abwässern jeglicher Art hat daher immer ein sehr
                              									reges Interesse gefunden, aber erst durch die ständige, jahrzehntelange
                              									Beschäftigung mit den Entwässerungsfragen und durch systematische Untersuchungen der
                              									verschiedenen in Aufnahme gekommenen Reinigungsverfahren an praktisch ausgeführten
                              									Anlagen gelangte man zur Klarheit über das wirklich Erreichbare und das billig zu
                              									Fördernde. Um diese Erhebungen fortsetzen und die Behörden, Gemeinden und
                              									Industriellen mit Rat und Tat unterstützen zu können, wurde für Preußen im Jahre
                              									1901 die Versuchs- und Prüfungsanstalt für Abwasserversorgung und
                              									Abwässerbeseitigung, später „Landesanstalt für Wasserhygiene“ ins Leben
                              									gerufen. Auf der 29. Hauptversammlung des Preuß. Medizinalbeamtenvereins zu Berlin
                              									berichtete Abel über neuere Verfahren der Abwässerreinigung; er gab zunächst einen
                              									kurzen Ueberblick über die Entwicklung der Frage der Abwässerbeseitigung in
                              									Deutschland und über die Wandlungen, welche die wissenschaftlichen Anschauungen
                              									sowie die behördlichen Anforderungen im Laufe der Zeit erfahren haben. Die Erfahrung
                              									auf dem Gebiete der gesamten Abwässerfrage hat gelehrt, daß sich für die Ableitung
                              									und Reinigung von Abwässern einheitlich bestimmte Forderungen nach allgemeinen
                              									Grundsätzen nicht aufstellen lassen. Hier muß vielmehr von Fall zu Fall geprüft
                              									werden und das auf Grund der örtlichen Verhältnisse Notwendige und unbedingt zu
                              									Fordernde dann verlangt werden, aber auch nicht mehr oder nicht weniger. Die
                              									Gesichtspunkte, nach denen dabei zu verfahren ist, sind für Preußen zusammengefaßt
                              									in der Verfügung vom 20. Februar 1901. Die Einleitung von Abwässern in die Vorfluter
                              									wird auch noch weiter nach diesen Grundsätzen geregelt bleiben, nachdem späterhin
                              									das preußische Wassergesetz vom 1. April 1914 in Kraft getreten war. Die gegenüber
                              									dem Einleiten von Abwässern in Vorfluter zu schützenden Interessen liegen auf
                              									hygienischem, ästhetischem, gewerblichem, landwirtschaftlichem und fischereilichem
                              									Gebiet; dabei geben die ersteren, die gesundheitlichen Interessen, ihrer Bedeutung
                              									nach noch immer bei weitem den überwiegenden Ausschlag an. Wie weit die Abwässer vor
                              									ihrer Ableitung zu reinigen sind, um die verschiedenen Interessen zu wahren, hängt
                              									naturgemäß von einer ganzen Reihe von Umständen ab. Wir haben die wichtigsten dieser
                              									Umstände bereits oben genannt; es handelt sich z.B. um die Menge und die
                              									Konzentration der Abwasser, um die Wasserführung und Beschaffenheit des Vorflutes
                              									und um die Verwendung seines Wassers im weiteren Verlaufe. – Heute verfügen wir über
                              									so verschiedene, untereinander abgestufte Möglichkeiten der Abwässerreinigung, daß
                              									für die Lösung der Frage in Wohnplätzen ziemlich allgemein von vorneherein mit
                              									Sicherheit ein zum Ziele führendes Verfahren angegeben werden kann, so daß also die
                              									Einrichtung einer Versuchskläranlage hierfür heute kaum noch irgendwo erforderlich
                              									ist. Nach ihren Zielen lassen sich die Verfahren zur Reinigung der Abwässer in drei
                              									große Gruppen einteilen, nämlich in Abfisch- und Absiebanlagen, Absitzanlagen und in
                              									Anlagen für biologische Behandlung. Zu den erstgenannten Einrichtungen, die
                              									besonders in Deutschland in immer vollkommener Form konstruiert und, bei günstigen
                              									Vorflutverhältnissen, auch zu selbständigen Klärverfahren ausgebildet worden sind,
                              									gehören: der Uhlfeldersche Rechen, das Geigersche Siebschaufelrad, die Rhiensche
                              									Separatorscheibe, die Metzger-Windschildsche Siebtrommel und als besonders für
                              									industrielle Betriebe in Frage kommend der Lehmannsche Fasernfänger und der
                              									Brabowskische Stülpefänger. Die Wirkung solcher Anlagen, durch welche die gröberen
                              									Stoffe, wie Kotballen, Papier, Knochen, Streichhölzer, Küchenabfälle etc., aus dem
                              									Abwasser ausgeschieden werden, liegt zunächst wesentlich auf ästhetischem Gebiet.
                              									Die Menge der so abgefischten Stoffe beträgt, wie Abel in seinem Vortrage angiebt,
                              									pro Kubikmeter Abwasser höchstens 0,5–1 Liter. Absitzanlagen, in denen die
                              									Schwebestoffe durch Verlangsamung des Abwasserstromes zu Boden sinken, werden
                              									ausgebildet als Becken, Brunnen, Türme und Kessel verschiedenster Bauweise. Bei
                              									einer Durchflußzeit des Abwassers von etwa zwei Stunden lassen sich durch
                              									Sedimentation durchschnittlich etwa 70 % der gesamten ungelösten Bestandteile
                              									ausscheiden. Diese Menge kommt etwa 85 % der überhaupt so zu beseitigenden Stoffe
                              									gleich. Naturgemäß schwanken die Betriebsergebnisse zahlenmäßig sehr, je nach der
                              									Beschaffenheit des Abwassers, doch bildet 70 % bzw. 85 °/o immerhin eine annehmbare
                              									Vergleichsziffer. Besondere Schwierigkeiten verursachte ursprünglich die Beseitigung
                              									und Trocknung des sehr wasserhaltigen, stark fäulnisfähigen und nur schwer
                              									drainierbaren Schlammes. Bei den neueren Verfahren jedoch, die eine automatische
                              									Abscheidung und Zersetzung in inoffensiver Weise anstreben, rutscht der Schlamm
                              									durch Schlitze am Boden der Absitzräume in darunter liegende Becken, aus denen er
                              									nach der Ausfaulung durch den Druck der darüberliegenden Wassersäule entfernt wird.
                              									Man hat auch geeignete Einrichtungen geschaffen, die es ermöglichen, den in einem
                              									Sammelraum abgesetzten Schlamm, um ihn möglichst konzentriert zu erhalten, gegen das
                              									Abwasser dicht abzuschließen, bevor er in die Zersetzungsräume, oder auf die
                              									Schlammbeete überführt wird. Bauweisen solcher Art sind z.B. das Travisbecken, der
                              									Emscherbrunnen, der Krämer-Imhoffbrunnen, der Stiagbrunnen, das Neustädter Becken,
                              									das Försterbecken und die Schlammzylinder und Schlammschleusen der Gesellschaft für
                              									Abwasserklärung, Berlin-Schöneberg. Bisher noch nicht in Deutschland zur Ausführung
                              									gekommene, von Dibdin angegebene, sind aus lose geschichteten Schieferplatten
                              									bestehende Körper, die nach Art der Füllkörper betrieben werden. In ihnen soll sich
                              									der Schlamm während der Periode des Leerstehens oxydieren. Zur Reinigung der
                              									Abwässer hat P. Degener die Füllung mit Torfbrei oder Braunkohle in fein verteiltem
                              									und geschlämmtem Zustande vorgeschlagen, in Verbindung mit Eisensalzen. Man erhält
                              									dadurch einen Schlamm, der sich zu Briketts pressen läßt und dann ein immerhin gut
                              									brauchbares Brennmaterial abgibt. Ueberhaupt, wenn die Umstände eine weitergehende
                              									Reinigung des Abwassers erfordern, etwa bis zur völligen Fäulnisunfähigkeit, so ist
                              									dies außer durch das sogenannte Kohlebreiverfahren nur durch biologische Behandlung
                              									auf natürlichem oder künstlich hergestelltem Boden möglich. Die verschiedenen
                              									Methoden, welche der Abwässerreinigung dienen, wie die Bodenberieselung,
                              									intermittierende Bodenfiltration, Untergrundberieselung, die Anwendung von Füll- und
                              									Tropfkörpern sind alle nach ihrer Leistungsfähigkeit, Anwendbarkeit und
                              									Wirkungsweise nur im einzelnen jeweils auf Grund der besonderen Sachlage zu würdigen
                              									bzw. zu prüfen. Vielfach wurde neuerdings auch auf die Abwasserreinigung durch
                              									Fischteiche hingewiesen, da diese nicht nur zur Nachklärung biologisch behandelter
                              									Abflüsse geeignet sind, sondern nach Hofer, sogar eine durchgreifende Reinigung frischer Abwässer bis zur Fäulnisunfähigkeit bewirken
                              									sollen. –
                           Da die natürliche Reinigung der Abwässer, besonders diejenige großer städtischer
                              									Gemeinwesen, sich sehr oft als unzureichend erwiesen hat, so war man gezwungen, nach
                              									Mitteln zu suchen, die diese Reinigung künstlich zu bewirken imstande sind. Von
                              									derartigen Mitteln zur Beseitigung der Abwässer sind die Berieselung und die Füllung
                              									generell die wichtigsten. Die Notwendigkeit von Klärvorrichtungen an den
                              									Notauslässen der Kanäle und an den Mündungen der Regenkanäle bei
                              									getrenntkanalisierten Städten wird heute wohl allgemein als vorliegend angesehen.
                              									Die Berieselung muß dabei entschieden als eine sehr gute und auch in ihrer Art
                              									ziemlich vollkommene Methode der Abwasserreinigung bezeichnet werden. Große, mit
                              									Gräben durchzogene Landstrecken, – eben die Rieselfelder – werden bei diesem
                              									Verfahren mit den Abwässern überrieselt; hierbei werden die Verunreinigungen, die
                              									auch meistens gleichzeitig wertvolle Dungstoffe sind, aufs beste ausgenutzt.
                              									Bewiesen ist heute längst, daß die auf solchen Rieselfeldern sachgemäß angelegten
                              									Pflanzungen vorzüglich gedeihen. Damit auf Rieselfeldern keine Uebersättigung
                              									eintritt, müssen sehr große Landstrecken zur Verfügung stehen; man rechnet dabei
                              									erfahrungsmäßig mit einem Hektar Rieselland auf je 500 Einwohner. Die Berieselung
                              									wirkt überall dort, wo sie richtig ausgeführt wird und wo die Felder gut drainiert
                              									sind, befriedigend. Alle Mikroorganismen werden dabei im Boden zurückgehalten; die
                              									gelösten organischen Stoffe werden um 60 bis 80 %, die anorganischen um 20–60 %
                              									vermindert. Wichtig ist gleichfalls eine durchgreifende Desinfektion der Abwässer.
                              									Es hat sich heute als praktisch undurchführbar erwiesen, die Abwässer vor ihrer
                              									Ableitung in die Vorfluter allgemein und ständig zu desinfizieren – wie man dies
                              									früher forderte –. Man versucht darum das Hineingelangen von Krankheitskeimen in die
                              									Abwässer nach Möglichkeit zu unterbinden; dazu dient einmal die Anzeigepflicht bei
                              									Infektionskrankheiten, ferner auch die laufende Desinfektion am Krankenbette selbst
                              									und in größeren Anstalten, Krankenhäusern usw., womöglich auch auf öffentliche
                              									Kosten. Unter Berücksichtigung dieser heutigen Schutzmaßnahmen wird man wohl
                              									besondere Desinfektionseinrichtungen auf Kläranlagen ohne große Bedenken fallen
                              									lassen können. Sollte sich dennoch in einzelnen Ausnahmefällen eine
                              									Abwasserdesinfektion als notwendig erweisen, so wird sich, nach dem Urteil der
                              									Fachleute, eine solche wohl durchführen lassen durch ein zeitweises Aufstauen der
                              									Abwässer in einem Teile des Kanelnetzes, oder in Erdbecken, die sich dazu schnell
                              									herstellen lassen. Als wirksamstes Desinfektionsmittel kommt dabei immer Chlor in
                              									Betracht, und zwar in der Form von Chlorkalk, als komprimiertes Gas, oder aber aus
                              									Kochsalzlösung elektrolytisch hergestellt. – Die Anwendung von Chemikalien hat
                              									übrigens nicht nur den Zweck, als Desinfiziens zu wirken, sondern in weit größerem
                              									Umfange dient der Zusatz von Chemikalien zum Schmutzwasser dazu, um Niederschläge zu
                              									erzeugen, welche dann ihrerseits wiederum die Schwebestoffe einhüllen und mit
                              									niederreißen. Letzten Endes beruht somit die Anwendung chemischer Fällungsmittel auf
                              									einer Sedimentation. Als chemische Reagenzien hat man für die Abwässerbehandlung
                              									eine ganze Anzahl empfohlen und erprobt, als welche besonders Kalk, Kalkmilch und
                              									Zusätze hierzu verwandt werden. Solche Zusätze, neben Kalk, sind Calciumphosphat,
                              									Glaubersalz, Eisenvitriol und Kohlenstaub, Eisenchlorid und Eisenchlorür,
                              									Tonerdesulfat. Ferner nimmt man auch eisenreiche Schlacke und selbst
                              									Pflanzenfasern; an sonstigen Chemikalien hat man Sulfite und Hyposulfite
                              									vorgeschlagen, dann auch Kalk-Chlor- und Karbolsäure. Die Wirkung dieser einzelnen
                              									Mittel ist chemisch jeweils eine verschiedene, alle aber schlagen sie im Abwasser
                              									gelöste Stoffe nur unvollständig nieder, wenn überhaupt; manchmal kommt es sogar
                              									vor, daß der Gehalt des angeblich gereinigten Abwassers an gelösten Stoffen oft noch
                              									größer ist, als vor dieser Reinigung, was natürlich zu Unzuträglichkeiten führen
                              									muß. Die Anwendung chemischer Fällungsmittel ist daher ganz besonders in jedem
                              									Einzelfalle auf ihren Wirkungsgrad zu prüfen. Von großer Bedeutung ist auch die
                              									Unterbringung des entstandenen Schlammes, da dieser immerhin einen gewissen Wert als
                              									Düngemittel hat. Zuweilen verfährt man in der Weise, daß man durch rohe mechanische
                              									Scheidung die gröberen Teile des Schlammes, welche bei der Abscheidung mit Kalk
                              									erzeugt werden, von dem feineren Schlamm trennt. Diesen Feinschlamm kann man dann in
                              									Ringöfen zu hydraulischem Mörtel brennen, nachdem man ihn vorher mit Ziegellehm
                              									vermischt hat. Den Grobschlamm vermischt man auch wohl mit Straßenkehricht und
                              									verwertet dieses Gemisch zur Düngung. J. v. Kruszewski hat ein Verfahren
                              									ausgearbeitet zur Herstellung eines Abwässerreinigungsmittel, wobei man den
                              									verkokten feinpulverigen Fäkalschlamm gleichmäßig mit sehr geringen Mengen von
                              									löslichem oder nur schwerlöslichen Kupferverbindungen vermischt. (D. R. P. 288294.)
                              									Ein solches Reinigungsmittel, wie es nach dem Vorschlage von v. Kruszewski für die
                              									Klärung von städtischen Abwässern Verwendung finden kann, enthält auf 1 kg Pulver 1
                              									g metallisches Kupfer in Form von Kupferverbindungen. Diese Menge genügt
                              									durchschnittlich zur Reinigung von 1 cbm Kanaljauche. Die überraschend keimtötende
                              									Wirkung des Mittels gibt sich daraus zu erkennen, daß sich der Bakteriengehalt eines
                              									Abwassers, welches in 1 cbm 2 Millionen Keime enthielt, auf den hundertsten Teil
                              									verringerte, wobei alle fäulnisfähigen Keime abgetötet wurden, so daß das gereinigte
                              									Wasser nunmehr dauernd fäulnisunfähig bleibt. Der größte Teil des einmal verwendeten
                              									Kupfers bleibt bei dieser Methode in Lösung; der Rest aber, welcher in den
                              									niedergeschlagenen Schlamm mitübergeht, ist so gering, daß er die Qualität des
                              									Schlammes weder für seine Verwendung als Brennmaterial, noch für seine Verarbeitung
                              									als Düngemittel irgendwie beeinträchtigt. Zu diesem Verfahren J. v. Kruszewskis wird
                              									noch bemerkt, daß so geringe Mengen von Kupferperbindungen, wie sie hier vorliegen,
                              									nach neueren Feststellungen für die Vegetation sogar förderlich sind und sich
                              									namentlich bei Halm- und Hülsenfrüchten als ertragsteigernd erwiesen haben. – Wenn
                              									wir nun letzteren Punkt auch nicht gerade als sicher und zutreffend anerkennen
                              									können, die Wachstumssteigerung wird wohl auf andere Gründe eher beruhen, als auf
                              									dem geringen Cu-Gehalte, so scheint es uns doch richtig, daß dieses
                              									Abwässerreinigungsmittel ganz unschädlich wirkte. – Ueber die Vergasung von Schlamm
                              									aus städtischen Abwässern berichtet F. Abt in der Zeitschr. des Vereins der Gas- und
                              									Wasserfachmänner in Oesterreich-Ungarn (Bd. 56, 129). Der sich im Betriebe ergebende
                              									Schlamm wird getrocknet, brikettiert und dann vergast. Aus 100 kg Trockenschlamm
                              									lassen sich dann 24 cbm gereinigten Leuchtgases erzeugen. Der nach einer
                              									zweistündigen Vergasungsdauer zurückbleibende Koks besitzt einen Heizwert von 2400
                              									Kalorien. – Um die aus Abwässern abgeschiedenen Rückstände zu trocknen und geruchlos
                              										zu machen, hat
                              									W. Wurl ein Verfahren ausgearbeitet, bei welchem gleichzeitig der Fettgehalt des
                              									Schlammes gewonnen wird. (D. R. P. 286664.) Wurl befreit zunächst die aus den
                              									Abwässern abzuscheidenden Rückstände auf Rechen- und Siebanlagen möglichst
                              									weitgehend von ihrem Wassergehalte und dann wird das Material in einer Trockenanlage
                              									noch so weit vorgetrocknet, bis es in einem Extraktionsgefäß mit einem
                              									Fettlösungsmittel behandelt werden kann. Als Endresultat gewinnt man dann
                              									gleichzeitig Fett und trockenen Kunstdünger. Das Fettlösungsmittel, z.B. Benzin,
                              									kann vielfach teilweise wiedergewonnen werden.
                           Unter den neuen Methoden zur Abwasserreinigung beanspruchen zwei ganz besonderes
                              									Interesse. Einmal die Behandlung mit aktiviertem Schlamm, die möglicherweise auf dem
                              									Gebiete der Abwasserreinigung eine erneute Umwälzung hervorzurufen vermag, zweitens
                              									dann das bereits genannte Hofersche Fischteichverfahren. Die Behandlung mit
                              									aktiviertem Schlamm wurde seinerzeit in der Zeitschrift für angewandte Chemie (Bd.
                              									28 II 230 und 409; Bd. 29 II 205) eingehend besprochen, wir kommen darauf zurück.
                              									Bei dem Hoferschen Verfahren genügt für je 2000 bis 3000 Einwohner 1 ha Gelände, um
                              									das gesamte Abwasser in Fischteichen durchgreifend zu reinigen. Wie W. P. Dunbar in
                              									der Münchener Zeitschrift Gesundheitsingenieur (Bd. 39 S. 69) mitteilt, können die
                              									Teiche durch Aufführung von Dämmen in der Weise hergerichtet werden, daß sie in der
                              									Mitte 50–70 cm, am Rande etwa 30 cm tief sind. Es handelt sich also nur um
                              									verhältnismäßig flache Fischteiche. Ein glatter Ablauf des Wassers und ein völliges
                              									Trockenlegen der Teiche muß gewährleistet sein. Wesentlich ist ferner, daß die
                              									Abwässer bis zu mindestens 50 % von ungelösten Stoffen befreit sind und daß sie
                              									außerdem frisch, nicht aber etwa in schon zersetztem Zustande in die Fischteiche
                              									gelangen. Ein Teil der Abwasser wird mit 2–3 Teilen reinem Wasser gemischt. Die
                              									Zuführung soll nicht an einem Punkte erfolgen, sondern
                              									über eine größere Uferstrecke verteilt, damit man auf diese Weise die Bildung von
                              									Schlammbänken verhindere. Notwendig ist des weiteren, eine Reihe von Tierarten
                              									einzusetzen, nämlich Mollusken, Kruster, Schlammwürmer in Massen. Die Beseitigung
                              									von Schwimmpflanzen aller Art, die der Belichtung und Durchlüftung des Wassers
                              									hinderlich sind, kann durch Einsetzen von Enten erfolgen. – Das Verfahren selbst
                              									basiert auf der natürlichen Selbstreinigungskraft des Wassers, die Hofer, der
                              									Hauptsache nach, als eine Transformation lebloser organischer Substanz in lebende
                              									Organismen auffaßte. Das Hofersche Verfahren war schon vor dem Kriege an
                              									verschiedenen Orten eingeführt und man hat die gründlichsten Studien darüber in
                              									Straßburg i. Eis. angestellt. Die dortige Stadtverwaltung äußerte schon vor 1914
                              									ihre Ueberzeugung, daß die Hofersche Methode zur Abwässerreinigung tatsächlich einen
                              									wirtschaftlichen Nutzen erbringe. – In der bayrischen teichwirtschaftlichen
                              									Versuchsstation zu Wieselbach hat Hofer auch Versuche angestellt mit dem Abwasser
                              									von Sulfitzellstoff- und Holzschliff-Fabriken, wodurch gezeigt wurde, daß von einer
                              									Schädigung des Plankton- und Fischlebens durch die bislang so gefürchteten
                              									Sulfitlaugen bei Verdünnungen, wie sie in den Vorflutern unserer Zellstoff-Fabriken
                              									eingehalten werden, nicht die Rede sein kann. (Allgem. Fischereizeitung 1915, Nr.
                              									21, Wochenschrift für Papierfabrikation, Bd. 46, 2157.) Vom Holzschliff waren bei
                              									dem Hoferschen Versuch bei der Abfischung noch erhebliche Teile unzersetzt
                              									geblieben, während die Zellulose nach drei Monaten, infolge Zellulosegärung, ganz
                              									verschwand. Diese Erfahrungen sind für solche Fabriken bei Prozessen mit Fischern
                              									stets von Bedeutung. – Das Problem der Zellulosegärung ist offenbar von großer
                              									wirtschaftlicher Bedeutung und das Studium der verschiedenen Arten der Zersetzung
                              									von Zellulose ist zweifellos von hohem wissenschaftlichem Wert und nicht geringer
                              									praktischer Bedeutung. Zellulose ist der Grundstoff von Pflanzenüberresten. Man
                              									unterscheidet eine Wasserstoff- und eine Methangärung der Zellulose. Die Erreger
                              									dieser beiden Gärungsvorgänge der Zellulose sind der Bacillus cellulosae
                              									hydrogenicus und der Bacillus cellulosae methanicus, die beide zur Gruppe der
                              									Buttersäurebakterien gehören. Die technische Bedeutung der Zellulosegärung
                              									beschränkt sich fürs erste in der Praxis auf ihre Anwendung zur Stärkegewinnung nach
                              									Völckers Methode, wobei die Zellenhäute durch Bakterien zersetzt werden. Dieselbe
                              									Gärung spielt auch eine Rolle bei der Zubereitung von braunem Heu und – was hier am
                              									meisten interessiert – in den Fäulnisbassins bei den dort sich abspielenden
                              									Gärungsprozessen der biologischen Abwässerreinigung. In all diesen Fällen benutzt
                              									man als Agens die auf natürlichem Wege entstehende Zellulosegärung.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)