| Titel: | Selbsttätiges Parallelschalten. | 
| Autor: | Karl Michalke | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 162 | 
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                        Selbsttätiges Parallelschalten.
                        Von Dr. Karl Michalke,
                           									Charlottenburg.
                        MICHALKE, Selbsttätiges Parallelschalten.
                        
                     
                        
                           Die heutigen großen elektrischen Zentralen mit den vielen Maschineneinheiten
                              									großer Leistung erfordern einwandfreies Parallelschalten und Parallelbetrieb.
                              									Lösungen für die Parallelschaltung, die uns jetzt ganz selbstverständlich dünken,
                              									galten früher als wichtige Erfindungen und wurden patentiert. So wurde 1885 ein
                              									Verfahren patentiert, die Gleichströmmaschinen parallel zu schalten, indem die
                              									parallel zu schaltende Maschine zuvor auf die Netzspannung gebracht wurde, damit die
                              									Maschine nach dem Parallelschalten zunächst keinen Strom an das Netz liefert (DRP.
                              									36865 vom 15. 11. 1885). Die Gültigkeit des Patents DRP. 33951 vom 18. 2. 1885 der
                              									so naheliegenden Parallelschaltung von Transformatoren (diese auf der ganzen Erde
                              									eingebürgerte Bezeichnung anstelle der älteren Bezeichnung
                              										„Induktionsapparate“ wurde damals von Max Déri vorgeschlagen) wurde seit
                              									1885 heiß umkämpft. Gleichzeitig wurden in Deutschland die Bedingungen für das
                              									Parallelschalten von Wechselstromerzeugern untersucht.
                           Nachdem für Gleichstrom die Bedingungen, unter denen sich die Maschinen parallel
                              									schalten lassen (gleiche Polarität und gleiche Spannung) erkannt waren, ergab sich
                              									ein einfaches Verfahren für Parallelschaltung von Nebenschlußmaschinen. Daß
                              									Reihenschlußmaschinen sich nicht parallel schalten ließen, zeigte sich bald auf den
                              									Prüffeldern der Dynamofabriken. Schwieriger wurde das Parallelschalten von
                              									kompoundierten Maschinen (mit Nebenschluß- und Reihenschlußwicklung), bei denen erst
                              									spät, nachdem sich im Betrieb Anstände ergeben hatten, die erforderlichen
                              									Schaltungen entwickelt wurden. Bei der verhältnismäßig einfachen Art des
                              									Parallelschaltens trat nicht das Bedürfnis auf, Gleich Strommaschinen selbsttätig
                              									parallel zu schalten, erwünscht war nur, den Parallellauf selbsttätig zu überwachen,
                              									um die Belastung auf die einzelnen Maschinen richtig zu verteilen und Ueberlastungen
                              									einzelner Maschinen zu verhindern. Gleichstrommaschinen haben das Bestreben, bei
                              									verminderter Erregung die Drehzahl zu erhöhen. Die Antriebsmaschine des
                              									Stromerzeugers gibt daher weniger Leistung ab, wenn der zugehörige Stromerzeuger
                              
                              									verminderte Erregung erhält. So genügt es, durch Aenderung der Erregung die Leistung
                              									beliebig zu verteilen.
                           Bei Wechselstrommaschinen ist die Parallelschaltung bedeutend schwieriger, da eine
                              									Reihe von Bedingungen erfüllt sein müssen, um anstandslos parallel schalten zu
                              									können. Bei selbsttätiger Parallelschaltung sind daher eine Reihe von
                              									Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um unzeitiges Parallelschalten, das die Maschine und
                              									die Anlage gefährden kann, zu verhindern. Um so bemerkenswerter war es, daß von
                              									Siemens & Halske schon im Jahre 1886 das selbsttätige Parallelschalten von
                              									Wechselstromerzeugern in Erwägung gezogen wurde. Im DRP. 39680 vom 15. 9. 1886 wurde
                              									eine selbsttätige Parallelschaltvorrichtung beschrieben, wie sie jetzt noch in
                              									ähnlicher Ausführung benutzt wird. Der Apparat bestand aus einem Relais mit 2
                              									Wicklungen, von denen die eine an das Netz, die andere an die parallel
                              									anzuschließende Maschine gelegt wurde. Die Spulen wurden so geschaltet, daß sich die
                              									magnetischen Flüsse bei Phasengleichheit der parallel zu schaltenden Maschinen
                              									verstärkten. Die Schaltung entspricht der jetzigen Hellschaltung, wobei der
                              									Relaisanker bei Phasengleichheit der Maschinen angezogen, die Auslöserspule erregt
                              									und die Wechselstrommaschine selbsttätig ans Netz gelegt wurde. Es wurde also schon
                              									damals eine wesentliche Sicherheitsmaßnahme für die selbsttätige Parallelschaltung,
                              									nämlich die Hellschaltung, erkannt, bei der ausgeschlossen ist, daß bei etwa
                              									zufälligem Unterbrechen einer Relaisleitung oder Ausbleiben der Spannung der Apparat
                              									zur Unzeit schaltet. Noch nicht wurde damals auf das Einhalten der Frequenz
                              									(Periodenzahl in der Sekunde) besondere Rücksicht genommen. Bei den verhältnismäßig
                              									kleinen Maschinensätzen, die damals gebaut wurden, waren größere Uebelstände kaum zu
                              									befürchten, falls die Frequenzen von Netz und zuzuschaltender Maschine stark
                              									abwichen. Diese so frühzeitig angefaßte Aufgabe einer selbsttätigen
                              									Parallelschaltung von Wechselstrommaschinen erlangte erst in der Neuzeit große
                              									Bedeutung, da die Parallelschaltung der großen wertvollen Maschinen, die gegen
                              									fehlerhaftes Schalten empfindlich sind, besonders hohe Ansprüche an einwandfreis
                              									Schalten stellen.
                           Während beim Parallelschalten von Hand der kundige Wärter aus dem Verhalten von
                              									Synchronismuszeiger (Periodenzeiger), Phasenzeiger und Spannungzeiger beurteilen
                              									kann, ob der richtige Augenblick zum Parallelschalten gekommen ist, müssen bei
                              									selbsttätiger Parallelschaltung die Apparate so ausgeführt sein, daß sie unter allen
                              									Umständen unzeitiges Parallelschalten vermeiden. Bei Schaltung von Hand kann für die
                              									Apparate beliebig Dunkelschaltung oder Hellschaltung gewählt werden. Bei ersterer
                              									wird für die Anzeigevorrichtung die Differenz der Spannungen von Netz und
                              									anzuschließender Maschine, bei letzterer die Summe der Spannungen benutzt, so
                              									daß, wenn für das Anzeigen der Phase Glühlampen benutzt werden, im ersteren Falle
                              									die Lampen dunkel sind, im letzteren Falle hell brennen, wenn Phasengleichheit
                              									besteht, bei der parallel geschaltet werden kann. Dunkelschaltung und Hellschaltung
                              									sind gleich empfindlich für das Anzeigen der Phasengleichheit. Bei selbsttätigem
                              									Parallelschalten muß jedoch Hellschaltung oder eine dieser gleichwertige Schaltung
                              									gewählt werden, damit auch bei Unterbrechen einer Leitung, Schmelzen einer Sicherung
                              									oder dergl., was Phasengleichheit vortäuschen kann, unzeitiges Schalten verhindert
                              									wird.
                           Hat die ans Netz zu schaltende Maschine mit dem Netz gleiche Frequenz (gleiche
                              									Periodenzahl des Wechselstroms), läuft sie also genau synchron mit den
                              									Netzmaschinen, so nimmt sie nach dem Anschluß ans Netz zunächst keine Last auf, lief
                              									sie vor dem Anschluß untersynchron, so nimmt sie nach dem Anschluß als Motor
                              									elektrische Leistung auf, bei übersynchronem Lauf gibt sie als Stromerzeuger
                              									arbeitend elektrische Leistung an das Netz ab. Ist der Frequenzunterschied
                              									bedeutend, so treten Stöße auf, die ungünstig auf die Maschinen einwirken und sich
                              									unliebsam im Netz bemerkbar machen. Der Frequenzunterschied muß daher möglichst
                              									klein sein. Durch Einschalten eines Zeitrelais muß erreicht werden, daß nur bei
                              									längerem Bestehen gleicher Frequenz der Apparat die Maschine ans Netz schaltet. Um
                              									dem Wärter anzuzeigen, ob die zuzuschaltende Maschine zu schnell oder zu langsam
                              									läuft (d.h. eine zu hohe oder zu geringe Frequenz hat), sind Anzeigevorrichtungen
                              									erwünscht, damit der Wärter nötigenfalls den Lauf der Antriebsmaschine im richtigen
                              									Sinne regeln kann. Meist ist es am vorteilhaftesten, bei etwas Uebersynchronismus
                              									die Maschine anzuschließen, damit die Antriebsmaschine nicht etwa nach Anschluß ans
                              									Netz zunächst beschleunigt werden muß. Nach den Angaben der erwähnten
                              									Anzeigevorrichtung kann hierauf Rücksicht genommen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 162
                              Abb. 1.
                              
                           Gibt der Wärter oder der Parallelschaltapparat das Kommando zum Einschalten, wenn der
                              									richtige Augenblick gekommen zu sein scheint, so kann infolge der erforderlichen
                              									Zwischenapparate immer noch eine gewisse Zeit vergehen, ehe der Schaltvorgang
                              									erfolgt. Es ist daher für genaues Parallelschalten erforderlich, daß das Kommando
                              									zum Einschalten schon kurze Zeit vorher erfolgt, bevor der Zeitpunkt für das
                              									Parallelschalten gekommen ist. In Abb. 1 ist der
                              									Anzeigeteil eines Phasenmessers dargestellt. In der Nullstellung stimmen die Phasen
                              									des Netzes und der anzuschließenden Maschine überein. Der Zeiger dreht sich
                              									links oder rechts herum, wenn infolge ungleicher Frequenz die Phase sich dauernd
                              									ändert und zwar in dem einen Sinne bei Uebersynchronismus, im andern Sinne bei
                              									Untersynchronismus. Läßt man z.B. eine Phasenverschiebung von ± 10° zu, so darf das
                              									Parallelschalten nur erfolgen, wenn der Zeiger sich innerhalb der Skala plus und
                              									minus 10° befindet. Das Kommando wird dann gegeben, wenn der Zeiger auf etwa – 10°
                              									steht und er sich rechts herumdreht (Uhrzeigerbewegung); bei + 10° wenn er sich
                              									links herumdreht. Nun kann es vorkommen, daß der Zeiger sich langsam der Stellung
                              									von + 10° nähert, aber in der Gegend von 10° wieder umkehrt, weil sich die Drehzahl
                              									der zuzuschaltenden Maschine geändert hat. Es wird in diesem Falle, wenn zwischen
                              									Kommando und Schaltvorgang eine gewisse Zeit vergeht, die zulässige Phasenabweichung
                              									beim Schalten wieder vergrößert sein, d.h. der Apparat würde zur Unzeit einschalten.
                              									Es darf daher in der Stellung – 10° der Parallelschaltvorgang nur bei übersynchronem
                              									Lauf, bei +10° nur bei untersynchronem Lauf eingeleitet werden.
                           Es könnte ferner vorkommen, daß der Anzeige-Apparat vom früheren Parallelschalten her
                              									noch in der für das Parallelschalten geeigneten Stellung steht und nach
                              									Inbetriebnahme aus irgendwelchen Gründen stehen bleibt, so daß er
                              									Parallelschaltmöglichkeit vortäuscht. Es muß daher Vorsorge getroffen sein, daß auch
                              									in diesem Falle ein unzeitiges Parallelschalten vermieden wird, etwa in der Weise,
                              									daß der Apparat erst dann in Wirkung tritt, wenn er durch Drehung des Zeigers seine
                              									Betriebssicherheit bewiesen und ein ordnungsmäßiges Arbeiten begonnen hat.
                           Die Einstellung der anzuschließenden Maschine auf eine mit der Netzspannung
                              									übereinstimmende Spannung wird leicht vom Wärter vorgenommen. Sind die Apparate für
                              									selbsttätiges Parallelschalten empfindlich gegen Ungleichheiten der Spannung, so muß
                              									durch Zwischenschalten einer Spannungswage verhindert werden, daß
                              									Spannungsungleichheiten die Sicherheit des Parallelschaltens beeinflussen. Die
                              									Spannungswage ist ein Relais, das für das eigentliche Schaltrelais den Stromkreis
                              									nur dann frei gibt, wenn die Differenz der beiden Spannungen genügend klein ist.
                              									Einrichtungen zum selbsttätigen Parallelschalten, die gegen Ungleichheiten in der
                              									Spannung nicht empfindlich sind, wie die der Siemens-Schuckert-Werke, bedürfen einer
                              									Spannungswage nicht.
                           Nach Angabe eines Synchronismuszeigers kann ein Wärter beobachten, ob die
                              									zuzuschaltende Maschine zu schnell oder zu langsam läuft und kann hiernach die
                              									Antriebsmaschine regeln. Es kann aber eine hierfür geeignete selbsttätige
                              									Parallelschaltvorrichtung auch benutzt werden, um auch diese Arbeit dem Wärter
                              									abzunehmen. Turbo-Generatoren haben bei der hohen Umlaufzahl ein großes
                              									Schwungmoment. Sie laufen daher auch unbelastet ruhig und lassen sich leicht
                              									parallel schalten. Schwieriger ist dies zuweilen bei Wasserturbinen, die sich schwer
                              									regeln lassen, und Gasmaschinen, die leer häufig unruhig laufen, so daß für den
                              									Wärter die Regelung und das Abpassen des geeigneten Zeitpunktes der
                              									Parallelschaltung schwierig wird. Kann die Umlaufszahl der Antriebsmaschine durch
                              									einen Hilfsmotor, ein Klinkwerk oder dergl. aus der Ferne beeinflußt werden, so kann
                              									durch die selbsttätige Parallelschaltvorrichtung der Hilfsmotor oder das Klinkwerk
                              									im richtigen Sinne gesteuert werden. In solchem Falle braucht der Wärter, um eine
                              									Maschine ans Netz anzuschließen, nur die selbsttätige Parallelschaltung in Betrieb
                              									zu setzen und die
                              									Maschine auf Spannung zu bringen. Alles andere übernimmt selbsttätig die
                              									Einrichtung.
                           Eine selbsttätige Schaltvorrichtung, bei der alle die erwähnten Vorsichtsmaßnahmen
                              									getroffen sind, um unter allen Umständen fehlerhaftes Parallelschalten zu verhüten,
                              									wird von den Siemens-Schuckert-Werken gebaut.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 163
                              Abb. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 163
                              Abb. 3.
                              
                           Sie zeigt für die anzuschließende Maschine Phasen und Frequenzunterschied gegenüber
                              									den Netzmaschinen an, gibt einen Hinweis, ob die Maschine über- oder untersynchron
                              									läuft. Die erwähnten Vorsichtsmaßnahmen gegen fehlerhaftes Parallelschalten sind
                              									berücksichtigt. Die Einrichtung läßt sich auch verwenden, um die Antriebsmaschine
                              									der ans Netz anzuschließenden Maschine selbsttätig auf die richtige Drehzahl zu
                              									bringen. Sind, wie dies zuweilenvorkommt in einer Stromerzeugerstätte
                              									verschiedenartigangetriebene Maschinen mit verschieden gleichmäßigem Gange im
                              									Leerlauf vorhanden, kann auf die Eigenheiten der einzelnen aschinen Rücksicht
                              									genommen werden. In Abb. 2 ist die Schaltung des
                              									wesentlichen Teiles, des Schaltmotors, gegeben. Der Motor erhält im Ständer
                              									gewöhnliche Dreiphasenstromwicklung, im Läufer eine einachsige
                              									Einphasenstromwicklung. Durch die eigenartige Schaltung im Ständer wird erreicht,
                              									daß der Läufer durch seine Stellung die Phase, durch seine Drehzahl den
                              									Frequenzunterschied und durch seine Drehrichtung angibt, ob die ans Netz zu
                              									schaltende Maschine über- oder untersynchron läuft. Eine der Hellschaltung
                              									entsprechende Schaltung des Ständers wird durch entsprechende Schaltung des
                              									einen Transformators (Abb. 2) erreicht. Die gesamte
                              									Schaltung ist aus Abb. 3 ersichtlich.
                           Der Schaltmotor SMist unter Zwischenschaltung des Isolierwandlers Sp WIII zwischen
                              									die geerdeten Wandler Sp WI und II geschaltet. Auf seiner Achse befinden sich eine
                              									Nockenscheibe und ein Schlepphebel dessen Kontakt K sich je nach dem Drehsinn des
                              									Motors rechts oder links anlehnt. Durch die Nockenscheibe und die Feder F werden je
                              									nach der Phasenstellung die Kontakte K1 und K2 geschlossen. Durch Vermittlung des mit Ruhestrom
                              									arbeitenden Zeitrelais Z wird der Stromkreis des Zwischenrelais R3 nur dann über die Kontakte K1 K3 K4 geschlossen, wenn annähernde Phasengleichheit
                              									genügend lange andauert. Durch Anheben des Magneten von R3 wird der Schaltmagnet Sch M erregt, durch den der Hauptschalter
                              									geschlossen wird. Nach vollzogener Parallelschaltung wird durch die
                              									Ausschaltkontakte AK der Hilfsstromkreis NP unterbrochen. Die Phasenlampe Ph L zeigt
                              									durch Erlöschen (Dunkelschaltung)Phasengleichheit an. Die farbigen Lampen GG
                              									erglühen, je nachdem die ans Netz zu schaltende Maschine zu langsam oder zu schnell
                              									läuft. Durch die Relais R1 R2, die Umschalter U1
                              										U2 und die in den Endlagen des Regelwiderstandes
                              									wirkenden Schalter EK wird der Motor A mit dem Vorschaltwiderstand PW gesteuert.
                              									Dieser Motor beeinflußt die Drehzahl der Antriebsmaschine. Aus Abb. 4 sind sämtliche Apparate, die an der Schalttafel
                              									angebracht sind, zu ersehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 163
                              Abb. 4.