| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Autor: | Schmolke | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 164 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Jahrestagung des Maschinenbaues. Der Verein Deutscher
                              									Maschinenbau-Anstalten, dem gegenwärtig fast 1153 Einzelfirmen mit 64 Zweigwerken
                              									und insgesamt rund 525000 Beschäftigten angehören und 143 Fachverbände angeschlossen
                              									sind, tagte vom 31. Mai bis 2. Juni in München. Bedeutungsvolle Fragen waren es, die
                              									der Spitzenverband des deutschen Maschinenbaues gerade jetzt zu erwägen hatte und
                              									auf der Münchener Mitgliederversammlung durch den Mund seiner führenden
                              									Persönlichkeiten kundgab.
                           Am 31. Mai nachmittags wurden innere Vereinsangelegenheiten, Erstattung des
                              									Geschäftsberichtes, Rechnungslegung, Wahlen und Satzungsänderungen erledigt.
                              									Einstimmig wurde unter dem Beifall der Mitglieder beschlossen, dem langjährigen
                              									Vorsitzenden des Vereins, Herrn Geh. Kommerzienrat Dr.-Ing. e. h. Ernst von Borsig die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen. Der
                              									Erholung war ein Bierabend mit künstlerischen Unterhaltungen gewidmet, der nach der
                              									Versammlung Mitglieder und Gäste im Münchener Künstlerverein zusammenhielt.
                           Die allgemeine öffentliche Mitgliederversammlung, die am l. Juni in der Technischen
                              									Hochschule stattfand, wurde durch eine
                           Ansprache des Vorsitzers des
                                 										Vereines, Generaldirektor Dr.-Ing. e. h. W. Reuter, eröffnet, der als Ursache des Tiefstandes der deutschen Wirtschaft
                              									die Schuldlüge des Vertrages von Versailles kennzeichnete.
                           Auch der deutsche Maschinenbau steht unter dem Zeichen des uns weiter zugefügten
                              									Unrechts, des Einbruches in friedlich arbeitende Gebiete. Der scheinheilige Vorwand
                              									zu diesem Rechtsbruche wird aus dem Versailler Vertrage hergeleitet, der, statt der
                              									Welt den Frieden zu bringen, Enttäuschungen, Unsicherheit und Streit verewigt. Das
                              									Unnatürliche des Vertrages liegt in der Verbindung von unerfüllbaren Ansprüchen mit
                              									dem Willen zur politischen und wirtschaftlichen Vernichtung des Deutschen
                              									Reiches.
                           Obwohl die innere Unwahrhaftigkeit des Vertrages längst erkannt ist, fehlt es den
                              									verantwortlichen Staatsmännern an Mut zur Wahrheit, nachdem den Völkern als Folge
                              									der Bestrafung des deutschen Volkes goldene Berge verheißen worden sind. Die Lüge
                              									von der alleinigen Schuld Deutschlands am Kriege und ihre Verbreitung bis in die
                              									kleinste Hütte der entferntesten Weltteile ist das Gift, das die schlechtesten
                              									Leidenschaften der Völker entfacht hat. Die Schuldlüge muß
                                 										beseitigt werden.
                           Dr. Reuter konnte auf persönliche Erfahrungen im Auslande hinweisen, das nicht
                              									versteht, daß das deutsche Volk nichts zu seiner Entlastung unternimmt. Unsere
                              									ausländischen Freunde fordern als Unterstützung die Veröffentlichung aller zur
                              									Entlastung dienenden Unterlagen durch die deutsche Regierung. Erst wenn die Legende
                              									von der alleinigen Schuld Deutschlands am Weltkriege beseitigt ist, werden die
                              									Völker selber ein erhöhtes Interesse an der Regelung der deutschen Frage nehmen.
                           Gegen die weitere von den Gegnern über Deutschland verbreiteten Lüge von der
                              									angeblichen Blüte der deutschen Wirtschaft und dem mangelnden guten Willen der
                              									deutschen Regierung wandte sich Redner mit aller Schärfe. Das Anerbieten des
                              									Reichsverbandes der deutschen Industrie an den Reichskanzler beweist auch den
                              									guten Willen der deutschen Industrie. Auch der Maschinenbau bekennt sich zur
                              									Mithilfe.
                           Der Vorwurf der Prosperität der deutschen Industrie wird durch die überaus geringen
                              									Golderträgnisse der Aktiengesellschaften widerlegt. Wenn es hoch kommt, wird eine
                              									Goldmark als Dividende von den Unternehmungen gezahlt, das ist 0,1 v. H. des
                              									Aktienkapitals. Die deutsche Wirtschaft muß dazu übergehen, dies deutlicher als
                              									bisher in ihren Veröffentlichungen zum Ausdruck zu bringen, ebenso die
                              									ungeheuerlichen Zahlen der bisherigen Leistungen aus dem Versailler Vertrag.
                           Solange die Schuldlüge nicht beseitigt ist, stehen wir allein im Kampfe gegen das uns
                              									zugefügte Unrecht. Volk und Regierung müssen eines Willens sein, die
                              									Parteiunterschiede müssen fallen; Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich die Hand
                              									reichen. Auch im Wirtschaftsleben müssen die Beteiligten einheitlich vorgehen, um
                              									die Arbeit weiter zu vereinfachen und zu verbilligen und Arbeitslosigkeit
                              									fernzuhalten. Auch in der Verbandsorganisation muß diese Vereinfachung Platz
                              									greifen, durch Vermeidung von Doppelarbeit und durch Zusammenfassung kleiner
                              									Verbände zu größeren Gruppen. Wenn nicht sehr ökonomisch gearbeitet wird, zerfällt
                              									die Kraft des Volkes. Dr. Reuter schloß mit den Worten:
                           
                              „Lasse ein jeder von uns, die wir hier vereinigt sind im Verein Deutscher
                                 										Maschinenbau-Anstalten, sein Streben einstellen auf Aushalten in dem Kampfe, der
                                 										uns unbewaffnetem Volke durch Ueberfall mitten im Frieden aufgezwungen wurde und
                                 										der geht um Deutschlands Freiheit und Bestehen. Ebenso wie die Gegensätze der
                                 										verschiedenen Gesellschaftsklassen hinter der gemeinsamen Abwehr gegen das uns
                                 										zugefügte Unrecht zurücktreten sollten, so sollten heute auch alle Stämme
                                 										unseres lieben Vaterlandes in Nord und Süd der großen gemeinsamen Not gegenüber
                                 										ein einig Volk von Brüdern sein. Mehr denn je gilt heute für jeden Deutschen
                                 										sein Vaterland, sein Deutschland, Deutchland über alles.“
                              
                           Anschließend an die Eröffnungsansprache folgten Ansprachen der Vertreter von Behörden
                              									und der Gäste.
                           Als Hausherr der technischen Hochschule begrüßte S. Magn. Rektor Geheimrat v. Dyck den Maschinenbau unter Hinweis auf die
                              									wechselseitigen Beziehungen und Aufgaben der technischen Wissenschaft zur Praxis,
                              									Die gesamte Belegschaft des Maschinenbaues ist geinsbesonders auch hinsichtlich der
                              									Einführung der Studierenden in die Wirtschafts-Wissenschaft. In Würdigung seiner
                              									besonderen Verdienste um diese wurde dem 2. Vorsitzenden des Vereins, Herrn Dr.-Ing.
                              									ter Meer, Hannover, die Doktorwürde ehrenhalber seitens
                              									der Technischen Hochschule München verliehen.
                           Im Namen der Bayerischen Staatsregierung begrüßte alsdann Herr Staatsminister Dr. von Meinel insbesonders die Vertreter aus den Grenz- und
                              									besetzten Ländern und rief zur Einigkeit auch in allen Berufsständen auf, nicht
                              									zuletzt auch hinsichtlich der Opferwilligkeit. Die Regierung erwartet von der
                              									Industrie, daß sie zum Besten der Wohlfahrt des Reichs zu Opfern bis zum Letzten
                              									bereit ist unter Wahrung der durch den Selbsterhaltungstrieb gezogenen Grenzen. In
                              									Anerkennung der Verdienste des Vorstandsmitglieds des Vereins, Baurat Dr. G. Lippart, Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, um die
                              									Förderung des
                              									technischen Bildungswesens wird ihm der Titel Geheimer Baurat seitens der
                              									Staatsregierung verliehen.
                           Der Vertreter der Reichsregierung, insbesonders des
                              									Reichwirtschafts- und des Reichsverkehrministeriums, Ministerialrat Waldeck, würdigt die Schwierigkeiten des Maschinenbaues
                              									bei der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit trotz Besetzung der Rohstoffgebiete.
                              									Der Maschinenbau kann bei diesem Bestreben der Mithilfe der Reichsregierung
                              									versichert sein.
                           Exzellenz Jahn vom Reichsfinanzhof betont die Armut des
                              									deutschen Volkes nicht nur an materiellen Gütern, sondern auch an allen geistigen.
                              									Ein Aufstieg aus dieser Armut wird nur möglich sein mit Hilfe der Industrie.
                           Als Sprecher der Wirtschaftsverbände erwähnte der Vorsitzende des Bayerischen
                              									Industriellenverbandes Dr. Clairmont, daß der
                              									Maschinenbau aus deutschem Material mit deutscher Arbeit eine deutsche
                              									Veredelungs-Industrie geschaffen hat, womit sein volkswirtschaftlicher Wert erwiesen
                              									sei. Dieser aber verpflichtet dann zur Sorge für den technischen Nachwuchs, auf daß
                              									diesem ebensolche opferwillige und vaterländish sich verhaltende Männer entsprießen,
                              									wie Krupp und seine Leidensgenossen, denen die heute Versammelten ehrfurchtsvollen
                              									Gruß und tiefen Dank entbieten.
                           Für die technisch-wissenschaftlichen Vereine drückte Herr Prof. Matschoss vom Verein deutscher Ingenieure dem Maschinenbau Dank aus für
                              									die stets bereitwilligst gegebene Unterstützung zur Förderung der Wissenschaft.
                           Hierauf ergriff Direktor Dr.-Ing. ter Meer von der
                              									Hannoverschen Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft das Wort zum Hauptvortrage der Tagung
                              									über
                           
                        
                           Wirtschaftsfragen des deutschen
                                 										Maschinenbaues.
                           Er gab einleitend einen kurzen Ueberblick über die Bedeutung des deutschen
                              									Maschinenbaues im deutschen Wirtschaftsleben. Die Zahl der Beschäftigten im reinen
                              									Maschinenbau beträgt zurzeit rund 750000. Die Maschineneinfuhr betrug im Jahre 1922
                              									nur 10700 Tonnen gleich rund 2 v. H. der Maschinenausfuhr. Der Wert der gesamten
                              									Erzeugung ist unter den heutigen Währungsverhältnissen außerordentlich schwer zu
                              									schätzen; zurzeit wird der Maschinenbau wahrscheinlich nur noch von der
                              									Textilindustrie, der chemischen und der Eisenhüttenindustrie übertroffen. Das
                              									Gewicht der Erzeugung muß im ganzen auf 2 bis 2,5 Millionen Tonnen geschätzt
                              									werden.
                           Das weite Gebiet des Maschinenbaues erhellt aus den mannigfaltigen
                              									Herstellungszweigen, die in 12 Gruppen vereinigt sind. Der Maschinenbau steht nach
                              									zwei Seiten hin im innigsten Verhältnis zu den anderen Industrien. Er ist nicht nur
                              									Lieferer für sämtliche Industriezweige und für die Landwirtschaft, sondern bezieht
                              									auch seine Roh- und Hilfsstoffe wieder aus der Industrie.
                           Aus dieser Stellung des Maschinenbaues im Wirtschaftsleben geht seine Aufgabe hervor,
                              									nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle anderen Industrien, die er
                              									beliefert, mit Aufwendung der geringsten Mittel an Material und Menschenkraft das in
                              									Aussicht genommene Ziel zu erreichen. Das verkleinerte und verarmte Deutschland ist
                              									nicht mehr so aufnahmefähig für die Erzeugnisse des Maschinenbaues wie früher. Die
                              									gesamte Belegschaft des Maschinenbaues ist gewachsen. Deshalb muß noch mehr wie
                              									früher Sorge getragen werden, daß vom Auslande Arbeit nach Deutschland gebracht
                              									wird. Neben bester Konstruktion und Ausführung müssen die Maschinen preiswert
                              									angeboten werden. Die Bestimmung der Herstellungskosten ist angesichts der
                              									Geldentwertung eine schwierige geworden, ganz besonders für den Maschinenbau. Die
                              									Anfertigung seiner Erzeugnisse erstreckt sich stets über viele Monate. Beim Abschluß
                              									des Verkaufsvertrages kann nicht überblickt werden, in welchem Maße sich Werkstoffe
                              									und Arbeitslöhne verteuern. Gleitende Preise sind deshalb eine Notwendigkeit für das
                              									Inland. Für die Zahlung, besonders bei der im Maschinenbau üblichen Teilzahlung,
                              									müssen besondere Abmachungen getroffen werden, um das Werk vor Verlusten zu
                              									schützen. Nach dem Auslande kann nur zu festen Preisen und in Auslandswährung
                              									verkauft werden, trotz des damit verknüpften großen Wagnisses.
                           Dadurch, daß infolge der Gleitpreise bei der endgültigen Abwicklung eines Geschäftes
                              									stets ein höherer Betrag an Papiermark eingeht, als der ursprüngliche Preis betrug,
                              									wird die Erkenntnis sehr erschwert, ob der Auftrag einen Gewinn gebracht hat oder ob
                              									mit Verlust gearbeitet worden ist. Die Bilanzen, wie sie heute aufgestellt werden,
                              									mit ihren Zusammenwerfen von Papiermark allerverschiedensten Wertigkeit und
                              									Goldwerten lassen die so unbedingt erforderliche Bilanzklarheit und -Wahrheit
                              									vermissen.
                           Wenn man die Verhältnisse für den einzelnen Auftrag erst richtig erkannt hat, ist
                              									auch die Wiederherstellung einer Bilanzklarheit möglich. Man kann, auf einem
                              									allerdings umständlichen Wege, zu einer richtigen Papiermarkbilanz kommen und von
                              									dieser wieder zur Goldmarkbilanz. Die jetzt bestehende Gefahr, daß Scheingewinne
                              									errechnet werden und von diesen Dividenden und Steuern bezahlt werden müssen, wird
                              									dadurch beseitigt, ein Substanzverlust der Werke verhütet. Dann könnten auch
                              									Abschreibungen und Rückstellungen wieder in richtiger Weise vorgenommen werden. Der
                              									größeren Belegschaft, die der Maschinenbau heute aufweist, steht keine Mehrerzeugung
                              									gegenüber. Die unproduktiven Kräfte sind unverhältnismäßig stark gestiegen. Daher
                              									ist die Leistung der Werke, auf den einzelnen Kopf der Belegschaft berechnet,
                              									durchweg gesunken, die Herstellungskosten sind dadurch verteuert worden. Da für jede
                              									Tonne Fertigerzeugnis des Maschinenbaues mehrere Tonnen Kohlen gebraucht werden, so
                              									macht sich jede Lohnerhöhung im Kohlenbergbau, jede Steuerbelastung der Kohle in
                              									vielfach verstärktem Maße bei dem Enderzeugnis, der Maschine, bemerkbar. Der
                              									Rückgang der Mark während der Monate Februar und März hat eine große Stockung des
                              									Auftragseinganges, insbesondere aus dem Auslande, bewirkt und ist ein
                              									Warnungszeichen für jene Zeit, wenn wir zu einer endgültigen Stabilisierung der Mark
                              									kommen sollten. Dann wird eine harte Zeit für die deutsche, besonders für die
                              									Maschinenindustrie, kommen. Daher muß dahin gestrebt werden, jede unproduktive
                              									Arbeit, die das Erzeugnis nutzlos verteuert, zu vermeiden. Die dann vielleicht
                              									eintretende Arbeitslosigkeit muß in energischer Weise bekämpft werden, nicht allein
                              									dadurch, daß bereits arbeitslos Gewordene unterstützt werden, sondern daß man durch
                              									geeignete großzügige Mittel verhütet, noch in Arbeit Stehende erst arbeitslos werden
                              									zu lassen, um sie dann zu unterstützen.
                           Zum Schlusse führte der Redner aus, von welcher Wichtigkeit für den Maschinenbau ein
                              									gut ausgebildeter Arbeiter- und Beamtenstand ist, und welche wichtige Aufgabe dabei
                              									für die Ausbildung der Ingenieure den Technischen Hochschulen zufallen. Nur durch
                              									einmütige Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis wird der deutsche Maschinenbau
                              									in den Stand
                              									gesetzt, sich den schweren Aufgaben gewachsen zu zeigen, das Inland mit guten und
                              									preiswerten Maschinen zu versehen und auch im Auslande jenen Platz wieder zu
                              									erobern, den er dort früher erfolgreich behauptet hat. So schwer die heutige Zeit
                              									auch ist, so liegt doch keine Ursache vor, die Hände resigniert in den Schoß zu
                              									legen. Vielmehr ist tatkräftiges Regen, die Zusammenarbeit aller Stände eine
                              									unbedingte Notwendigkeit. Dann wird auch Deutschland die trübe Zeit überwinden
                              									können und sich wieder zu seiner früheren politischen und wirtschaftlichen Höhe
                              									aufschwingen.
                           Die sich anschließende Aussprache gab weitere aufklärende Anregungen zu den
                              									vorbehandelten wirtschaftswissenschaftlichen Fragen.
                           Nachmittags wurde der Neubau des deutschen Museums auf der Museumsinsel besichtigt
                              									und dann die in seinen Räumen vom Deutschen Ausschuß für Technisches Schulwesen,
                              									Berlin, veranstaltete Ausstellung der von ihm ausgearbeiteten Lehrgänge besucht.
                              									Baurat Dr.-Ing. Lippart, Direktor der Maschinenfabrik
                              									Augsburg-Nürnberg, wies in einer Ansprache auf die Bedeutung der ausgestellten
                              									Arbeiten hin, Wandtafeln zeigten Beispiele in Form von vorzüglichen
                              									Lehrgangszeichnungen, darunter lagen auf Tischen die zugehörigen Werkstücke
                              									ausgearbeitet, ferner die früheren literarischen Arbeiten des Ausschusses und die
                              									Methoden der neuen Betriebsfachschule in Berlin. Den richtigen Einblick in die
                              									geleistete mühevolle Einzelarbeit gestatteten die Lehrgänge für die einzelnen
                              									Berufsrichtungen in ihrer Vielseitigkeit. Die Grundlagen hierfür sind unmittelbar
                              									von den erfahrensten deutschen Großbetrieben entnommen. Das Ganze ist ein
                              									erfreuliches Werk der Selbsthilfe des Maschinenbaues zu Nutz und Frommen des
                              									technischen Nachwuchses.
                           Am Abend des l. Juni fand im Konzertsaal des Hotels Bayerischer Hof ein gemeinsames
                              									Essen der Teilnehmer statt. Am 2. Juni wurde das Walchenseekraftwerk besichtigt.
                           Kohlen- und Kokszerkleinerung. Die ungeheuren Kohlen- und
                              
                              									Kokspreise, die heute sowohl jeden Fabrikbetrieb außerordentlich belasten, als auch
                              									im Haushalt schwer empfunden werden, bedingen die sparsamste Verwendung aller
                              									Brennstoffe. Es ist daher erforderlich, Kohlen und Koks in einer Stückgröße zu
                              									verfeuern, wie die betreffende Feuerungsanlage zur Vermeidung einer unvollkommenen
                              									Verbrennung bedingt. Da aber diese Brennstoffe von der Grube oder Zeche selten in
                              									einer derartigen Stückgröße erhältlich sind, wie sie gerade benötigt ist, ist man
                              									gezwungen, diese Stoffe einer Zerkleinerung zu unterziehen.
                           Im allgemeinen unterscheidet man im Kohlenhandel 6 verschieden groß gebrochene
                              									Kohlensorten, nämlich
                           Gries unter 10 mm,
                           Nuß IV von 10–20 mm Korn,
                           Nuß III von 20–35 mm Korn,
                           Nuß II von 35–50 mm Korn,
                           Nuß I von 50–85 mm Korn,
                           Würfel von 85–100 mm Korn,
                           welche durch die Zerkleinerung der grob angelieferten
                              									Kohlenstücke hergestellt werden müssen. Ist es aber nun schon bei Kohle zweckmäßig,
                              
                              									eie Stückgröße der jeweiligen Feuerung anzupassen, so lassen sich gröbere Koksstücke
                              									wirtschaftlich überhaupt nicht verbrennen. Die Korngröße dieses Brennstoffes soll
                              									für industrielle Zwecke im allgemeinen nicht größer als 60–90 mm, für größere
                              									Zentralheizungsanlagen etwa 40–70 mm, für Füll- und Regulieröfen ca. 30–50 mm und
                              									für Zimmeröfen ca. 10–30 mm sein. Es ist also die Aufgabe des Kohlen- und
                              									Koksbrechers, diese verschiedenen Körnungen ev. unter nachfolgender Sortierung
                              									herzustellen, dabei aber die Griesbildung möglichst zu vermeiden, weil Griese leicht
                              									unverbrannt durch die Spalten der Roste fallen und daher verloren gehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 166
                              Abb. 1. Backenbrecher
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 166
                              Abb. 2. Kleiner Backenbrecher.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 166
                              Abb. 3. Walzenbrecher.
                              
                           Die ältesten Kohlenbrecherwurden als Backenbrecher nach dem System der bekannten
                              									Steinbrecher gebaut (Abb. 1), sie ergeben recht
                              									zufriedenstellende Leistungen, haben aber den Nachteil einer ziemlich erheblichen
                              									Griesbildung. Trotzdem werden sie auch heute noch für die Zerkleinerung von
                              									Braunkohle und in Gasanstalten zum Brechen der Gaskohle verwendet, da sie sehr große
                              									Stücke aufnehmen können. In kleiner Ausführung nach Abb.
                                 										2 kommen ähnliche Brecher zum Brechen von Zechenkoks für Zentralheizungen
                              									zur Anwendung. Ein Produkt mit sehr geringem Griesabfall erhält man durch die
                              									Anwendung von Walzenbrechern nach Abb. 3. Bei diesen
                              									Brechern erfolgt die Zerkleinerung des Brechgutes durch 2 Walzen, die aus einzelnen
                              									Hartguß-Brechringen zusammengesetzt sind, und zwar reiht sich an eine mit Spitzen
                              									immer eine mit Schneiden. Dadurch wird bewirkt, daß der Brennstoff nicht
                              									zerquetscht, sondern zur Vermeidung von Griesbildung nur gesprengt wird. Im übrigen
                              									eignen sich diese Brecher ebenso gut für Kohle als auch für Koks. Eigenartig ist der
                              									Arbeitsvorgang bei den sehr in Aufnahme gekommenen Doppelschwingenbrechern (Abb. 4), bei denen die beiden beweglichen Brechbacken,
                              									die jede für sich an einem Schwinghebel gelagert sind und durch einen Exzenter
                              									angetrieben werden, sowohl eine zangenartige Oeffnung mit Schließbewegung, als auch
                              									eine solche in senkrechter Richtung, d.h. also eine einziehende Bewegung ausführen.
                              									Es werden diese Brecher vorzugsweise zum Brechen von Zechenkohle benutzt, sie eignen
                              									sich aber auch für Steinkohle. Für Lignitkohle, in der häufig größere Holzstücke
                              									vorkommen, verwendet man den Lignitkohlenbrecher nach Abb.
                                 										5. Bei diesem Brecher fällt das aufgegebene Gut, das stets bereits einen
                              									großen Prozentsatz von genügend kleinstückigen Brocken enthält, zunächst auf 2 sich
                              									in derselben Richtung drehende Speisewalzen, durch deren Spalt die kleineren Brocken
                              									unzerkleinert hindurchfallen, während die gröberen Stücke und insbesondere die
                              									holzigen Teile den eigentlichen Brechwalzen zugeführt werden. Diese bestehen aus
                              									einzelnen, mit starken Brechzähnen versehenen Brechringen. Jede Walze wird für sich
                              									durch eine Schwungradriemenscheibe angetrieben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 167
                              Abb. 4. Doppelschwingenbrecher.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 167
                              Abb. 5. Lignitkohlenbrecher.
                              
                           Viele Betriebe sind in letzter Zeit auch dazu übergegangen, Torf in größerer Menge
                              									als Brennstoff zu verwenden und für diesen möge auf den Messerbrecher (Abb. 6) aufmerksam gemacht werden, der dazu dienen
                              									soll, die Torfsoden in etwa Eiergröße zu zerschneiden. Derartige Brecher bestehen
                              									aus einem trogartigen Gehäuse, in welchem sich eine mit Stahlmessern versehene Welle
                              									dreht. Das in den Trichter des Brechers geworfene Gut wird in der Drehrichtung der
                              
                              									Achse auf das gegenüberstehende Messersystem geworfen und hier scherenartig
                              									zerschnitten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 167
                              Abb. 6. Messerbrecher.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 338, S. 167
                              Abb. 7. Großhammermühle.
                              
                           Schließlich sei noch auf die Groß-Hammermühlen (Abb.
                                 									7) verwiesen, die für Massenleistungen im Braunkohlenbergbau und für die
                              									Zerkleinerung von Kohle für Verkokungsanlagen sowie für Brikettierungszwecke
                              									bestimmt sind. Die hauptsächlichsten Bestandteile dieser Zerkleinerungsmaschine sind
                              									ein rotierendes Schlägerwerk mit gelenkig aufgehängten Schlägern, das sich in einer
                              									Mahlkammer mit großer Geschwindigkeit dreht. Dabei stellen sich die Schläger infolge
                              									der Betriebskraft starr nach außen ein und zertrümmern das aufgegebene Mahlgut auf
                              									einer nachstellbaren Hammerplatte, worauf es durch einen der gewünschten Korngröße
                              									angepaßten Rost die Mahlkammer verläßt. (Die Abbildungan zeigen Ausführungen der
                              									Alpine-Maschinen-Fabrik-Gesellschaft, Augsburg.)
                           Die Verwendung schwerer Brennstoffe bei Fahrzeugmotoren.
                              									Die Schwierigkeiten, für den Betrieb von Leichtmotoren geeignete Brennstoffe zu noch
                              									wirtschaftlichen Preisen zu erhalten, werden von Tag zu Tag größer. Deshalb ist man
                              									in allen Ländern und im erhöhten Maße bei uns bestrebt, für Leichtmotoren billige
                              									Brennstoffe zu beschaffen. Innerhalb eines Jahres sind die Preise für die
                              									gebräuchlichen Brennstoffe, wie Benzin und Benzol, etwa um das 30fache gestiegen,
                              									wie die folgende Preistabelle für 1 Liter zeigt:
                           
                              
                                 
                                 Benzin
                                 Benzol
                                 
                              
                                 1. 1. 1922:
                                   17 Mk.
                                   25 Mk.
                                 
                              
                                 1. 3. 1922:
                                   19 Mk.
                                   27 Mk.
                                 
                              
                                 1. 6. 1922:
                                   24 Mk.
                                   30 Mk.
                                 
                              
                                 1. 9. 1922:
                                 132 Mk.
                                 150 Mk.
                                 
                              
                                 1. 12. 1922:
                                 690 Mk.
                                 488 Mk.
                                 
                              
                                 1. 1. 1923:
                                 690 Mk.
                                 680 Mk.
                                 
                              
                           Neue Brennstoffarten für Fahrzeugmotoren lassen sich nur dann dauernd einführen, wenn
                              									die vorhandenen Motoranlagen ohne große Aenderungen dem neuen Brennstoff angepaßt
                              									werden können. Dabei genügt es aber nicht, den Vergaser allein für den betreffenden
                              									schwerer Brennstoff entsprechend abzuändern, um einen störungsfreien Betrieb zu
                              									erreichen. Unsere jetzigen Vergaserbauarten zerstäuben auch schwere Brennstoffe in
                              									genügendem Maße und erzeugen ein gleichbleibendes Brennstoff-Luftgemisch bei allen
                              									Motorbelastungen. Dieses Gemisch aus schweren Brennstoffen mit hohem Siedepunkt kann
                              									aber nicht ohne weiteres störungsfrei in allen Motoren in jedem Betriebzustande
                              									verbrannt werden. Die Vergasung der im Vergaser fein zerstaubten höher siedenden
                              									Brennstoffsorten erfolgt erst im Motor. Die mit dem Brennstoff in Berührung
                              									kommenden Motorteile, besonders die Zylinderwände, müssen deshalb stets so heiß
                              									gehalten werden, daß sich der fein zerstäubte Brennstoff an diesen Flächen nicht
                              									kondensieren kann.
                           Bei Verwendung von Brennstoffen mit Siedegrenzen bis zu 300 Grad hat man deshalb
                              									bereits versucht, sie durch Abgase stark vorzuwärmen und dann in einem mit heißem
                              									Kühlwasser beheizten Vergaser zu zerstäuben, der stark vorgewärmte Luft ansaugt.
                              									Außerdem muß das Kühlwasser annähernd auf Siedetemperatur gehalten werden, damit die
                              									Zylinderwände möglichst gleichmäßig heiß bleiben. Von wesentlicher Bedeutung ist
                              									hier auch eine sicher wirkende Zündung, wobei darauf zu achten ist, daß ein Verölen
                              									der Zündkerzen vermieden wird. Auf diese Weise ist es bereits gelungen,
                              									Lastkraftwagen mit Teeröl zu betreiben, wobei beim Anlassen des Motors Benzol
                              									verwendet wird. Erst wenn der Motor genügend warm ist, kann auf Teeröl umgeschaltet
                              									werden. Da aber beim Lastwagenbetrieb der Motor nicht stets gleichmäßig belastet
                              									ist, und dementsprechend die Wandungstemperatur schwankt, so hat sich als zweckmäßig
                              									erwiesen, neben dem Hauptvergaser, der nur Teeröl verarbeitet, einen kleinen
                              
                              									Vergaser zu schalten, der mit Benzol gespeist wird. Weitere Versuche mit
                              									Steinkohlenteerölen ergaben, daß diese im warmen Motor gut verbrannt wurden, wobei
                              									die Zündkerzen nicht verrußten und der Auspuff klar blieb. Jedoch zeigte sich bei
                              									diesen Versuchen, daß sich an den Einlaßventilen eine klebrige Schicht von
                              									Kohlenwasserstoffen aus dem Brennstoffe ansetzte, die schließlich ein Hängenbleiben
                              									der Einlaßventile zur Folge hatte. Die Erhöhung der Verdichtungsspannung bis zu
                              									einem Verdichtungsverhältnis von 6,5 ergab keine weitere Verbesserung, sondern
                              									verursachte Klopfen und Selbstzündung.
                           Um Kraftwagen mit schweren Brennstoffen betreiben zu können, verwendet man neuerdings
                              									wiederum Doppelvergaser, die mit zweierlei Brennstoffsorten gespeist werden. Die
                              									Deutsche Reichspost befaßt sich neuerdings mit solchen Versuchen. Vergaser dieser
                              									Bauart haben zwei Schwimmerbehälter mit entsprechender, für schweren bzw. leichten
                              									Brennstoff einregulierter Zerstäubungsvorrichtung, wobei dann das
                              									Brennstoffluftgemisch noch durch einen Vorwärmer geleitet wird, der durch Abgase
                              									erhitzt wird. Auf diese Weise bietet sich die Möglichkeit, die Kraftwagen mit ⅓
                              									Leichtbrennstoff und ⅔ Gasöl zu betreiben.
                           Um Petroleum rauchlos verbrennen zu können, hat man die Zündkerze in eine
                              									Hilfszündkammer eingebaut, die aus einem kleinen Hilfsvergaser ein Benzolluftgemisch
                              									oder dergl. ansaugt, so daß die Zündung durch das leicht entzündbare Benzol
                              									eingeleitet wird und dann schnell die Rohöldämpfe zur Verbrennung bringt. Man hat
                              									auch bereits versucht, an Stelle der Hilfszündkammer, in die Benzolluftgemisch
                              									eingeführt wird, Azetylen durch eine entsprechende Vorrichtung in kleinen Mengen in
                              									den Zylinder einzuführen. Die leichte Entzündbarkeit dieses Gases soll eine sichere
                              									und schnelle Entzündung der Schweröldämpfe herbeiführen. Mit einem Lastwagen sind
                              									damit bereits längere Versuchsfahrten ausgeführt worden. Man hat auch wiederholt
                              									versucht, besonders in den letzten Jahren in der Schweiz, den reinen Azetylenbetrieb
                              									(also ohne Verwendung noch anderer Brennstoffe) für Kraftwagen einzuführen, doch ist
                              									bis jetzt ein bleibender Erfolg nicht zu verzeichnen gewesen.
                           Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß eine einwandfreie Verbrennung schwerer
                              									Brennstoffe durch erhöhte Temperaturen herbeigeführt werden kann, so z.B. durch
                              									heiße Zylinderwandungen oder durch erhöhte. Verdichtung. Die widerspenstigen
                              									schweren Brennstoffe haben während der Verbrennung im Motor unangenehme
                              
                              									Begleiterscheinungen im Gefolge. Es treten bei großer und lang anhaltender Belastung
                              									des Motors, wobei sich dieser naturgemäß stärker erhitzt, Unregelmäßigkeiten während
                              									der Verbrennung ein, die die Verbrennungsspannung wesentlich erhöhen. Der Motor
                              									fängt dann an zu klopfen, wodurch eine starke Beanspruchung des Getriebes entsteht.
                              									Schon aus diesem Grunde ist das Klopfen für den Motor sehr nachteilig. Die
                              									Drucksteigerung hat naturgemäß eine Temperatursteigerung des Motors zur Folge, er
                              									überhitzt sich. Deshalb treten beim Klopfen des Motors meistens bereits nach kurzer
                              									Zeit Frühzündungen auf, die die Motorleistung wesentlich verkleinern. Wie in D. p.
                              									J. 338, Ste. 100 ausgeführt wurde, sind Untersuchungen im Gange, um festzustellen,
                              									auf welche Weise schwere Brennstoffe einwandfrei bei Leichtmotoren verwendet werden
                              									können. Diese Versuche haben bereits ergeben, daß durch einen geringen Zusatz
                              									gewisser Metallverbindungen usw. auch widerspenstige Brennstoffe ohne Klopfen im
                              									Motorzylinder verbrennen.
                           Wimplinger.
                           Kritische Betrachtungen über Anlagen mit Wärmespeichern.
                              									Es gibt Dampfspeicher, die unregelmäßig zur Verfügung stehende Abdampfmengen
                              									aufnehmen und als gleichmäßig fließenden Dampfstrom abgeben, Dampfspeicher, die
                              									Frischdampf empfangen und ihn im Bedarfsfall dem Kesseldampf wieder beimischen,
                              									Dampfspeicher, die Frischdampf erhalten und bei starker Belastung der Anlage ihren
                              									heißen Wasserinhalt dem Kessel zuführen, sowie schließlich Dampfspeicher, die
                              									gleichmäßig fließende Abdampfmengen sammeln und nach Bedarf in stärkerem oder
                              									schwächerem Strom zurückliefern. Zu der an erster Stelle genannten Art gehört der
                              									Rateau-Speicher, den man etwa seit dem Jahre 1901 verwendet. In diesen läßt man den
                              									Abdampf von Fördermaschinen der Bergwerke oder Walzenzug-Reversiermaschinen der
                              									Hütten treten, die mit Auspuff arbeiten. Der Speicher sammelt die ihm unregelmäßig
                              									zufließende Energie und versorgt mit ihr eine Abdampfturbine. Die Temperatur- und
                              									Druckschwankungen, die in dem Speicher auftraten, sind gering, da eine Unterbrechung in der
                              									Abdampfzufuhr nur minutenlang andauert. Durch Anwendung der Vorrichtung wurde die
                              									Ausnutzung des Dampfes beträchtlich erhöht, indessen auf die Kesselanlage keinerlei
                              									ausgleichende Wirkung erzielt. Ein Wärmespeicher der zweiten Art ist bereits im
                              									Jahre 1897 in Shoreditch, einem Stadtteil von London, auf Vorschlag von
                              									Druitt-Halpin in Betrieb gesetzt worden. Die Kessel einer dortigen
                              									Müllverbrennungsanlage waren ungefähr für den mittleren Verbrauch der Maschine
                              									bemessen. Diese hatte man für eine Spannung von 14 at eingerichtet. Sie konnte
                              									indessen auch noch bei 8,5 at Druck die volle Leistung erzeugen. Stieg bei geringem
                              									Kraftbedarf die Kesselspannung, so entwich der Dampfüberschuß in den Speicher, der
                              									voll aufgeladen war, wenn man einen Druck von 14 at erreichte. Nahm die Belastung
                              									der Maschine zu, so sank die Spannung im Kessel, ein Teil vom Inhalt des Speichers
                              									verdampfte und unterstützte die Energiezufuhr. Wenn die untere Druckgrenze von 8,5
                              									at erreicht wurde, hörte die zusätzliche Verdampfung auf. Die Brennstoffausnutzung
                              									erfuhr eine Steigerung. Die oben an dritter Stelle genannte Lösung der
                              									Dampfspeicherungsfrage kann in nachstehender Weise erfolgen. Die
                              									Speisewasser-Rohrleitung führt in das Speichergefäß, und außerdem ist dessen
                              									Wasserraum mit dem Wasserraum des Kessels durch ein Rohr verbunden, welches
                              									vollkommen im Innern des Kesselsystems angeordnet und auf der ganzen Länge innen und
                              									außen dem gleichen Druck ausgesetzt ist. Es läßt sich durch ein Ventil absperren,
                              									das von außen bedient werden kann. Unmittelbar nach einer sehr starken
                              									Inanspruchnahme des Kraftwerkes ist der Dampfspeicher fast ganz entleert. Es wird
                              									jetzt die Speiseleitung geöffnet und kühles Wasser in den Speicher eingelassen. Das
                              									Ventil der zum Kessel führenden Rohrleitung ist so eingestellt, daß dem Kessel nur
                              									so viel Speisewasser zufließt, wie der augenblicklichen Verdampfung entspricht. Der
                              									Wärmespeicher füllt sich aber mit Wasser, während der überschüssige Kesseldampf
                              									durch einen Kanal, der am Dampfraum des Kessels seinen Anfang nimmt, ebenfalls zum
                              									Speicher gelangt und das Speisewasser vorwärmt. Bei steigendem Dampfverbrauch wird
                              									die Speiseleitung abgesperrt, und zur Versorgung des Kessels dient das heiße Wasser
                              									im Speicher. Der gesamte erzeugte Dampf steht zur Deckung des Bedarfes zur
                              									Verfügung. Eine Anlage der beschriebenen Art wurde im Kraftwerk der Hampstead
                              									Corporation Electric Light Station errichtet. Es soll durch diese Maßnahme möglich
                              									geworden sein, die Dampferzeugung auf das Doppelte und Dreifache zu erhöhen. Der
                              									Grund dieses Erfolges ist nach Angabe des Erfinders darin zu suchen, daß sich der
                              									Wärmedurchgang durch eine Fläche erheblich günstiger gestaltet, wenn dieselbe nur
                              									zum Verdampfen benutzt wird und von der Vorwärmung des Wassers entlastet ist. Man
                              									wird dessenungeachtet nicht in Abrede stellen können, daß die erwähnte Behauptung
                              									reichlich unwahrscheinlich klingt. Der Ruths-Speicher sammelt eine gleichmäßig
                              									fließende Abdampfmenge und gibt sie nach Bedarf ab. Der Kesseldruck ändert sich
                              									nicht. Der gesamte erzeugte Dampf durchströmt die Hochdruckmaschine, welche die
                              									Grundbelastung der Anlage deckt. Ihr Abdampf fließt zum Speicher und von dort aus zu
                              									den Heiz- und Kochapparaten bzw. zur Niederdruckmaschine. Im Kessel ist die Spannung
                              									somit höher als im Speicher. Ausnahmsweise kann auch Frischdampf vom Kessel durch
                              									eine Drosselverrichtung unmittelbar zum Speicher strömen.
                           Schwankungen im Kraft- und Heizbetrieb können durch Zentralisierung gemildert
                              									werden. Zum weiteren Ausgleich dient der Wärmespeicher. Die Vor- und Nachteile der
                              									verschiedenen Systeme lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Handelt es sich nur
                              									um Schwankungen im Kraftverbrauch, so fällt ein Vergleich zugunsten der
                              									Frischdampfspeicher aus. Betrachtet man eine Anlage mit 1125 Kw mittlerer Leistung,
                              									die im Höchstfalle um 50 v. H. schwankt, so muß die Rohrleitung bei den
                              									Frischdampfspeichern 330 m3/St., bei den
                              									Ruthsspeichern 20000 m3/St. hindurchlassen. Das
                              									Volumen der Vorrichtungen, die lediglich den Kessel mit heißem Speisewasser
                              									versehen, ist am kleinsten. Es beträgt 9,4 m3
                              									gegenüber 49,5 m3 bei den Frischdampfspeichern mit
                              									Dampfentnahme und 80 m3 bei den Ruthsspeichern.
                              									Ueber die zu wählende Art von Dampfsammler besteht somit kein Zweifel. Allerdings
                              									darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Ruthsspeicher infolge des geringen
                              									Innendruckes verhältnismäßig leicht ausfallen. Dieser Vorzug geht indessen dadurch
                              									verloren, daß sie viel größere Abmessungen erhalten, wodurch die Blechstärke stark
                              									zunimmt, da sie bekanntlich proportional dem Durchmesser wächst. Ueberdies bekommen
                              									umfangreiche Kessel zwecks Erzielung einer hinreichenden Steifigkeit eine größere
                              									Wandstärke, als aus Festigkeitsrücksichten geboten ist. Die Wärmeverluste sind
                              									natürlich wegen der kleinen Oberfläche bei Frischdampfspeichern am geringsten. Bei
                              									ihnen steht fernerhin immer die ganze Kesselspannung und damit das volle
                              									Wärmegefälle für die Energieausnutzung zur Verfügung, während bei Ruths – Speichern
                              									der Druck schwankt. Die hierdurch verursachten Verluste lassen sich zwar verringern,
                              									indem man den Dampf entsprechend der Spannungshöhe im Speicher nach der ersten,
                              									zweiten oder dritten Druckstufe der Turbine strömen läßt. Diese Einrichtung ist aber
                              									konstruktiv lästig und ermöglicht überdies nicht die Vermeidung von Dampfwirbelungs-
                              									und Reibungsverlusten usw. in den ersten Druckstufen, die entweder gar nicht oder
                              									mit schlechtem Wirkungsgrad in geringem Maße mitarbeiten.
                           Ein anderes Bild erhält man beim Vergleich der Speicher, wenn diese nur zum Ausgleich
                              									von Schwankungen im Heizdampfverbrauch herangezogen werden. In diesem Falle ist die
                              									gleiche Größe für alle Speicher erforderlich, und wegen ihrer leichteren Bauart sind
                              									die Dampfsammler von Ruths am vorteilhaftesten. Dieselben halten überdies infolge
                              									ihrer Pufferwirkung alle Heizdampfschwankungen von der Kraftmaschine fern.
                              									Unangenehm bemerkbar macht sich bei Frischdampfspeichern die fehlende Ueberhitzung
                              									des Dampfes und das Abfallen der normalen Spannung in der Kesselanlage. Diese Mängel
                              									können folgendermaßen vermieden werden: Man ordnet den Frischdampfspeicher zwischen
                              									zwei Kesselanlagen von hohem und niedrigem Druck an. Bei wechselnder Belastung
                              									schwankt der Druck nur in der vorgeschalteten Teilanlage. Sind als Betriebsmaschinen
                              									Turbinen vorhanden, so fließen der ersten Hochdruckstufe die unter verschiedener
                              									Pressung stehenden Dampfmengen vermittelst getrennter Düsengruppen zu. Sie
                              									expandieren bis zum gleichen Druck, um sodann gemeinsam den Niederdruckteil zu
                              									durchströmen. Leitet man den Speicherdampf vor dem Ueberhitzer in das Rohrnetz, so
                              									tritt auch bei ihm die erwünschte Umwandlung in Heißdampf ein. Gelangen
                              									Frischdampfspeicher mit Heißwasserkesselspeisung zur Verwendung, so kann der
                              									Unterschied zwischen der maximalen und normalen für das Rohrnetz zur Verfügung
                              									stehenden Dampfmenge bei gleichbleibendem Brennstoffverbrauch dadurch vergrößert
                              									werden, daß man
                              									wahlweise den Kessel mit schwach vorgewärmtem Wasser aus dem Oekonomiser, mit heißem
                              									Wasser oder mit einem Gemisch von Beiden speist. Treten sowohl Kraft- wie auch
                              									Kochdampfschwankungen auf, so empfiehlt es sich, der Maschine einen
                              									Frischdampfsammler vor- und einen Ruths-Speicher nachzuschalten. Bei großem
                              									Kraftbedarf leert sich der erstere, während letzterer gefüllt wird, da überreichlich
                              									Abdampf zur Verfügung steht. Bei geringem Energieverbrauch entnimmt man dem
                              									Ruths-Sammler die fehlende Heizdampfmenge, während sich der Frischdampfspeicher
                              									füllt. Der von Dr. Schreber gemachte Vorschlag, nicht Dampf, sondern überschüssige
                              									Wärme aus Feuergasen in sogenannten Osmose-Energiespeichern zu sammeln und später
                              									zur Dampferzeugung zu verwenden, dürfte zunächst nicht zur Schaffung von
                              									Vorrichtungen führen, die mit den beschriebenen Anlagen in Wettbewerb treten können.
                              									(W. Pape in Nr. 3 und 4 von Brennstoff und Wärmewirtschaft.)
                           Schmolke.