| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 190 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Die letzte Entwicklung der Kolbendampfmaschine. Das
                              									Streben der modernen Technik ist mehr denn je auf eine Verbesserung des
                              									Wirkungsgrades und damit der Wirtschaftlichkeit von Kraftmaschinen gerichtet. Die
                              									scharfe Konkurrenz, die der Kolbendampfmaschine, der einst fast allein herrschenden
                              									Antriebsmaschine, durch die Dampfturbinen, Verbrennungsmaschinen und die
                              									Elektromotoren entstanden ist, hat die Dampfmaschinenkonstrukteure die
                              									mannigfachsten Verbesserungen ersinnen lassen mit dem Erfolg, daß auch heute noch
                              									die Kolbendampfmaschine in vielen Fällen anderen Antriebsmaschinen überlegen ist.
                              									Die ersten Verbesserungen erstrecken sich vor allem auf den mechanischen Teil der
                              									Maschine, aber bald waren davon nicht mehr besondere Fortschritte zu erwarten, und
                              									man wendete deshalb sein Augenmerk auf den wärmetechnischen Teil. Schon sehr früh
                              									hatte man den ungünstigen Einfluß des schädlichen Raumes erkannt, in welchem dadurch
                              									ein Verlust auftritt, daß er bei jedem Hub zuerst mit Frischdampf höherer Spannung
                              									und Temperatur, als die des Restdampfes ist, angefüllt werden muß. Die Einführung
                              									der Ventilsteuerungen, namentlich auch der schwingenden
                              									Corliss-Rundschiebersteuerung, mit ihren kleinen schädlichen Räumen brachte hier
                              									Verbesserung. Aber diese blieb doch erheblich hinter den Erwartungen zurück, so daß
                              									man heute sogar von der konstruktiv etwas schwierigen Corliss-Steuerung wieder fast
                              									ganz abgekommen ist. Ein viel größerer Verlust an Wärme tritt nämlich dadurch auf,
                              									daß Frischdampf und Auspuffdampf bei Schiebersteuerungen durch die gleichen Kanäle
                              									geleitet werden. Der Auspuffdampf hat eine so erheblich niedrigere Temperatur als
                              									der Frischdampf, daß die Wandungen sehr stark abgekühlt werden. Geht nun der
                              									Frischdampf durch die gleichen Kanäle, so verliert er sofort einen Teil seiner hohen
                              									Temperatur und damit seiner Spannung, was einen großen Verlust bedeutet. Dieser ist
                              									besonders groß bei Kondensationsmaschinen, wo die Austrittstemperatur nur ca. 45°
                              									beträgt. Diese Verluste treten im Indikatordiagramm nicht in Erscheinung, im
                              									Entropie-Temperatur-Diagramm lassen sie sich jedoch sehr gut verfolgen. Prof. P. Stephan (Altona) berichtet hierüber ausführlich im 15.
                              									Heft 1923 der Zeitschrift „Die Wärme“. Die Kenntnis der genannten
                              									Entropie-Diagramme darf hier wohl vorausgesetzt werden. Es ist offensichtlich, daß
                              									es einen Verlust bedeutet, wenn man den Kessel mit kaltem Wasser speist, dem die
                              									große Flüssigkeitswärme erst noch zugeführt werden muß. Das hat dazu geführt, in die
                              									Rauchgaswege Speisewasservorwärmer einzubauen, wodurch eine große Ersparnis an
                              									den Dampfkosten erzielt wird. Nachdem der Einfluß der Wandabkühlung erkannt war,
                              									suchte man auf verschiedene Weise, diese Verlustquelle zu beseitigen. Der eine Weg
                              									war die, Heizung des Zylinders, der andere die Verteilung der Expansion auf mehrere
                              									Zylinder und ein dritter, den man allerdings erst ziemlich spät beschritten hat, die
                              									Trennung der Dampfzu- und -abführung. Durch die Zylindermantelheizung erreicht man
                              									ohne Schwierigkeiten das erstrebte Ziel, die Eintrittskondensation zu vermeiden,
                              									aber der Aufwand an Frischdampf hierfür ist so groß, daß er die
                              									Kondensationsverluste kaum aufwiegt. Das erkannte man jedoch erst nach längeren
                              									Versuchen, zumal durch die fast gleichzeitige Einführung der Mehrfachexpansion die
                              									Verhältnisse etwas unübersichtlich geworden waren. Bei dieser heute noch viel
                              									angewandten Bauart wird das Wärmegefälle auf mehrere Zylinder verteilt und dadurch
                              									der Temperaturunterschied zwischen Eintritts- und Austrittsdampf verkleinert. Das
                              									verringert natürlich die Abkühlung des eintretenden Dampfes und damit die
                              									Kondensationsverluste. Oft wurden früher beide Mittel, Mehrfachexpansion und Heizung
                              									der Zylinder und der Ueberstromrohre angewandt, und man erreichte, daß der
                              									Eintrittsdampf in jedem Zylinder nahezu trocken gesättigt war. Aber bald zeigte sich
                              									die Unwirtschaftlichkeit dieser Methode, bei der die Verluste nur an eine andere
                              									Stelle verschoben wurden, und so ist heute die Mantelheizung wohl völlig verlassen
                              									worden. Auch die vielfache Expansion in mehr als zwei Zylindern wird heute kaum noch
                              									angewandt, dagegen hat sich die zweifache Expansion noch immer als vorteilhaft
                              									erwiesen. Ein großer Schritt in der Entwicklung der Dampfmaschine war erst die
                              									Einführung der Dampfüberhitzung durch Schmidt (Kassel),
                              									nachdem Hirn auf deren Vorteile hingewiesen hatte.
                              									Bekanntlich verlaufen im Entropie – Temperatur – Diagramm die Drucklinien innerhalb
                              									des Sättigungsgebietes horizontal, um von der Grenzkurve ab steil anzusteigen. Man
                              									kann also trocken gesättigten Dampf bei konstantem Druck mit verhältnismäßig
                              									geringem Wärmeaufwand auf hohe Temperatur überhitzen. Dadurch entfernt sich der
                              									Zustandspunkt so erheblich vom Sattdampf-Gebiet, daß eine Eintrittskondensation
                              									vollständig ver mieden wird. Die Ueberhitzung erfolgt in Rohrschlangen, die in die
                              									Rauchgaskanäle eingebaut sind. Der Mehraufwand an Brennstoffen zur Erzielung einer
                              									höheren Temperaturdifferenz zwischen Dampf und Feuerungsgasen ist nur gering. Hinter
                              									dem Ueberhitzer wird fast ausnahmslos noch ein Speisewasser-Vorwärmer (Economiser oder Wärmefang)
                              									eingebaut, um die aufgewendete Wärme möglichst voll auszunutzen. Interessant ist,
                              									daß man die Heizung mit Dampf in einer neuen Form bei Verbundmaschinen wieder
                              									aufgegriffen hat. Nach Schmidt (Hirschberg) wird der hoch überhitzte Frischdampf dem
                              									Hochdruckzylinder durch den Heizmantel des Ueberstromrohres (Aufnehmers) zugeführt.
                              
                              									Hierbei verliert er seine Ueberhitzung und tritt nahezu trocken gesättigt in den
                              									Hochdruckzylinder ein. Durch die Expansion verläßt der Dampf den Zylinder als
                              									Naßdampf, wird aber im geheizten Aufnehmer wieder bis etwa zur Sättigungstemperatur
                              									erwärmt, so daß auch im Niederdruckzylinder der Kondensationsverlust nur gering ist.
                              									Der Vorteil dieser Maßnahme liegt weniger in einer Verbesserung des
                              									Dampfverbrauches, denn Kondensationsverlust und Heizdampfverbrauch halten sich
                              									ungefähr die Wage; vielmehr erreicht man auf diese Weise eine gleichmäßigere
                              									Verteilung des Wärmegefälles auf beide Zylinder und dadurch eine leichtere
                              									Beherrschung der Temperaturspannungen.
                           Die Einführung des Heißdampfes war nicht einfach, denn die alten Stopfbüchsen,
                              									Schmiermittel wie auch die Schiebersteuerungen waren den hohen Temperaturen nicht
                              									gewachsen. Heute jedoch sind diese Schwierigkeiten überwunden, nachdem die
                              									Kolbenschieber- und Ventilsteuerungen, wie die Metall-Labyrinth – Stopfbüchsen und
                              									die hochtemperaturbeständigen Zylinderöle eingeführt sind. Die Ventilsteuerungen
                              									bedeuten einmal konstruktiv, dann aber auch in wärmetechnischer Beziehung einen
                              									Fortschritt. Denn bei ihnen sind Eintritts- und Austrittskanäle des Dampfes durch
                              									getrennte Ventile gesteuert, so daß der Frischdampf nicht zugleich durch die kalten
                              									Austrittsöffnungen eintritt. Die Eintrittskondensation wird dadurch natürlich
                              									geringer. Noch weiter geht Prof. Stumpf mit seinem Gleichstromprinzip. Er verlegt
                              									die Eintrittskanäle des Dampfes in die Deckel, den Auslaß in die Mitte des
                              									Zylinders. Letzterer wird durch den Kolben selbst gesteuert, wodurch erstens die
                              									Auslaßventile erspart werden, zweitens aber die kalten Auslaßschlitze während des
                              									Einströmens und der Expansion verdeckt sind, so daß der Frischdampf sich nicht daran
                              									abkühlen kann. Auf diese Weise ist eine ganz erhebliche Verbesserung der
                              									Dampfverbrauchszahlen erreicht worden. Als ein konstruktiver Nachteil hat sich
                              									jedoch teilweise die größere Baulänge des Zylinders und der schwere Kolben erwiesen.
                              									Denn wegen der Auslaßsteuerung durch den Kolben muß dieser etwa 9/10 und der
                              									Zylinder etwa 19/10 des Hubes lang sein. Für die Fälle, wo sich das besonders unangenehm
                              									bemerkbar macht, hat die Hanomag eine neue Konstruktion geschaffen, bei der Kolben
                              									und Zylinder die bei Wechselstrommaschinen übliche geringere Länge haben. Der
                              									Dampfeinlaß im Deckel und der Auslaß in Zylindermitte ist grundsätzlich beibehalten,
                              									doch werden die Auslaßkanäle durch ein Ventil gesteuert. Zwar kommt bei dieser
                              									Bauart der Dampf während der Expansion mit den Auslaßschlitzen in Berührung, aber
                              									der Nachteil ist nicht groß, da bis zum Freiwerden des Auslasses bereits der halbe
                              									Hub zurückgelegt ist; außerdem wird er dadurch fast ganz wettgemacht, daß die
                              									Kompression auch erst nach dem halben Rückwärtshub beginnt, wodurch das Diagramm
                              									voller wird. Vielleicht wird es dieser neuen, leichteren Konstruktion gelingen, das
                              									bisher von der Gleichstrommaschine vergeblich erstrebte Gebiet des Lokomotivbaues zu
                              									erringen und damit auch hier der modernsten Entwicklung des Kolbendampfmaschinenbaus
                              									Eingang zu verschaffen.
                           Parey.
                           Ausnutzung der Braunkohle in Deutschland. Die
                              										„Engineering“ vom 16. 3. 23 (s. Nr. 8 der Auslands-Nachrichten d. S.S.W,
                              									vom 30. 4. 23) bringen unter dieser Ueberschrift einen Aufsatz über die zunehmende
                              									Verwendung der Braunkohlen in Deutschland. Nach den Zahlenangaben der „Coal
                                 										Ressources of the Word“ sind für Deutschland an 9315000000 metrische Tonnen
                              									Braunkohlen anzunehmen, doch dürfte die wirklich vorhandene Braunkohlenmenge viel
                              									größer sein. Der Heizwert dieser Braunkohle ist niedrig infolge ihres hohen
                              									Wassergehaltes, wird aber nicht viel geringer, als der guter Steinkohle durch
                              									Trocken der Braunkohle. In Ländern mit reichlich vorhandener Hartkohle sieht man
                              									Braunkohle als minderwertigen Brennstoff an, Deutschland aber verwendet immer, trotz
                              									reichlich vorkommenden Steinkohlen, seine Braunkohlen. Es förderte 1921 gegenüber
                              									145601000 t bitimunöser Kohlen an 123011000 t Braunkohlen. Die englische Zeitung
                              									hält es nun von Interesse festzustellen, für welche Zwecke sie verwendet wird und
                              									nimmt einmal an, daß dies durch die Reparationsleistungen von Steinkohle an
                              									Frankreich, Belgien und Italien notwendig geworden ist, dann aber scheine die
                              									tatsächliche Wahrheit die zu sein, daß Deutschland erst in den letzten Jahren in
                              									seinen Braunkohlenlagern die Bedeutung als wertvolles Brennmaterial erkannt hätte,
                              									zumal es noch große Mengen flüchtiger Bestandteile enthält. Wie Deutschland bisher
                              									seine Braunkohlen verwendet hat, ist wenig bekannt geworden, jetzt jedenfalls wird
                              									sie sowohl im rohen wie im brikettierten Zustand verwendet und ist in der letzteren
                              									Form ein ausgezeichneter Hausbrand zur Beheizung der Wohnhäuser, in pulverisierter
                              									Form aber und als Staubkohle ein gutes Brennmaterial für die Industrie. In letzterer
                              									Form findet die Braunkohle zahlreiche Nutzanwendungen für Dampferzeugung,
                              									Zementbrennerei, als Brennstoff in Kraftwerken, zur Kalk- und Ziegelfabrikation usw.
                              									Die Zentralkraftwerke wieder beliefern einen weiten Kreis von Industrien mit der
                              									nötigen Energie, so auch mit Strom für zwei große Aluminiumfabriken, die ihn zur
                              									Reduktion der Tonerde benötigen. Braunkohle dient ferner als Rohstoff für Benzin-
                              									und Petroleum-Ersatzmittel. Deutschland kann sich unabhängig von fremder Zufuhr von
                              									Benzin- und Petroleumprodukten machen, da sich 60000 t Oel aus jeder Million Tonnen
                              									destillierter Braunkohlen gewinnen lassen. Schon scheinen die in Deutschland
                              									erzeugten Materialien die Petroleumerzeugnisse zu ersetzen, denn die Einfuhr dieser
                              									nach Deutschland betrug noch 1911 an 1215000 t, belief sich 1920 aber nur noch auf
                              									425000 t. Entweder hat jetzt Deutschland einheimische Quellen von Petroleum oder
                              									Petroleumersatzmittel, und davon dürfte die Hauptquelle die einheimische Erzeugung
                              									in der Destillation der Braunkohle zu suchen sein. Unabhängig dürfte Deutschland
                              									auch in Zukunft von eingeführten Nitraten werden, da das Ammoniaksulfat ein
                              									wichtiges Nebenerzeugnis der Braunkohledestillation und Düngemittel ist.
                           Frankreich besitzt auch große Braunkohlenlager (ziemlich wenig Hartkohle), macht aber
                              									wenig Fortschritte in der Ausbeutung seiner Braunkohlenquellen und fördert jährlich
                              									weniger als 1 Million Tonnen im Vergleich zu den ungefähr 140 Millionen Tonnen
                              
                              									Deutschlands. Dieser Umstand veranlaßte den französischen Ingenieur A. Guiselin zu einer scharfen Kritik in „Chemie et
                                 										Industrie“ und dem Hinweis auf Deutschlands Forschungsarbeit in bezug seine
                              									Braunkohle. Die Entdeckung des deutschen Bergius findet in der Braunkohle ein
                              									ideales Rohmaterial, zwecks Umwandlung festen kohlenstoffhaltigen Materials in flüssige
                              									Kohlenwasserstoffe durch mäßige Wärme in Gegenwart von hoch komprimiertem
                              									Wasserstoff. Die sichergestellte erfolgreiche Weiterentwicklung dieses Verfahrens,
                              									hält der Verfasser von tiefgehender Wirkung auf die Zukunft der Oelversorgung und
                              									deren Nebenprodukte. Das Verfahren prüft auch der „Britsh Fuel Research
                                 										Board“ und hält die Anwendung von Braunkohle als Hochofenbrennstoff für
                              									beachtenswert, ebenso den Halbkoks aus der Destillation der Braunkohle als guten
                              									Brennstoff in Brikettform. Durchführbar wäre auch eine Form der elektrischen
                              									Eisenerzschmelzung mit Brennstoff in Pulverform. Jedenfalls bietet die Braunkohle
                              									viele Möglichkeiten zur Verwendung als Brennstoff und ist bereits als Basis für
                              									große und blühende Industrie anzusehen. So wurde nach Jahrg. 32 des Jahrb. d. regew.
                              									Naturwissenschaften (Verlag Herden & Co., Freiburg i. Br.) ein Verfahren zum
                              									Patent angemeldet zwecks Oxydation des Paraffins aus Braunkohlenteer und Erdöl und
                              									ihre Umwandlung in technische Seifen, wozu bisher die nötigen Fette aus dem Ausland
                              									bezogen wurden. Ein anderes Verfahren bezweckt den glyzerinfreien Speisefettersatz,
                              									die Erzeugung von Benzin, Leucht- oder Treiböl aus den Teerölen und
                              									Extraktionsprodukten der Destillation der Braunkohle. Die Verwendbarkeit des
                              									Braunkohlenteers ist eben so vielseitig, daß man in Zukunft immer vollkommenere
                              									Verfahren zu seiner Ausnutzung erproben wird und in der Tat das erwähnte englische
                              									Blatt Recht behalten wird mit seiner Prophezeiung von künftigen blühenden deutschen
                              									Industrien aus den deutschen Braunkohlenlagern, die es in vielen Fällen von der
                              									Zufuhr von Rohstoffen aus dem Ausland unabhängig machen.
                           Dr. Bl.
                           Die Eisenerzgewinnung der Welt in den Jahren 1918 bis
                                 										1920. Die nunmehr vorliegenden Zahlen über die Eisenerzgewinnung der
                              									wichtigsten Länder geben ein anschauliches Bild von der tiefgreifenden Wirkung des
                              									Weltkrieges auf die Gütererzeugung. Im Jahre 1920 betrug nämlich die
                              									Eisenerzgewinnung der Welt nur 120911000 t gegenüber einer Menge von 176389000 t im
                              									Jahre 1913; der Rückgang beträgt somit 31,5 v. H. Betrachtet man aber die
                              									Eisenerzgewinnung von Europa allein, so ergibt sich gar eine Abnahme von fast 56 v.
                              									H., denn im Jahre 1920 wurden in Europa nur 47,3 Mill. t Eisenerz gefördert,
                              									gegenüber fast 107 Mill. t vor dem Kriege. Im Gegensatz zu Europa konnten Amerika,
                              									ganz besonders aber Asien und Australien ihre Erzgewinnung erheblich vergrößern, wie
                              									folgende Zahlentafel zeigt:
                           
                              
                                 Erdteile und Länder
                                 Erzgewinnung in Mill. t
                                 +bzw. –1920 geg.1913
                                 
                              
                                 1913
                                 1918
                                 1919
                                 1920
                                 
                              
                                 Deutschland
                                    28,61
                                 18,39
                                   6,15
                                   6,36
                                 –  77,8 v.H.
                                 
                              
                                 Frankreich
                                    21,92
                                   1,67
                                   9,43
                                 13,85
                                 –  36,6
                                 
                              
                                 England
                                    16,25
                                  14,85
                                 12,45
                                 12,91
                                 –  20,6
                                 
                              
                                 Spanien
                                     9,88
                                   4,77
                                   4,71
                                   4,79
                                 –  51,5
                                 
                              
                                 Rußland
                                     9,21
                                 ?
                                 ?
                                   0,15
                                 –  98,4
                                 
                              
                                 Schweden
                                     7,48
                                   6,62
                                   4,99
                                   4,53
                                 –  39,3
                                 
                              
                                 Luxemburg
                                     7,33
                                   3,13
                                   3,11
                                   3,70
                                 –  49,5
                                 
                              
                                 Oesterreich
                                     3,04
                                   1,17
                                   0,25
                                   0,44
                                 –  85,7
                                 
                              
                                 
                                    Europa
                                    
                                 106,97
                                  51,51
                                 41,72
                                 47,33
                                 –  55,8
                                 
                              
                                 Ver. Staaten
                                   62,97
                                 70,77
                                 61,95
                                 68,69
                                 +    9,1
                                 
                              
                                 Neu-Fundland
                                    1,46
                                   0,77
                                  0,45
                                   0,59
                                 –  59,8
                                 
                              
                                 Kuba
                                    1,61
                                   0,65
                                  0,36
                                   0,90
                                 –  44,2
                                 
                              
                                 
                                    Amerika
                                    
                                   66,32
                                 72,39
                                 62,43
                                  70,45
                                 +    6,2
                                 
                              
                                 
                                    Asien
                                    
                                    0,97
                                   1,12
                                   1,42
                                    1,41
                                 +  45,5
                                 
                              
                                 
                                    Afrika
                                    
                                    1,95
                                   1,37
                                   1,15
                                    1,11
                                 –  42,9
                                 
                              
                                 Australien
                                    0,18
                                   0,43
                                   0,45
                                    0,60
                                 +236,5
                                 
                              
                           Wie man aus diesen Zahlen ersieht, stand Deutschland 1913 mit seiner Erzförderung an
                              									der Spitze sämtlicher Länder Europas, während es im Jahre 1920 infolge des
                              									Verlustes der reichen lothringischen Erzlager noch nicht einmal ein Viertel der vor
                              									dem Kriege erzeugten Erzmengen fördern konnte. Es ist bemerkenswert, daß Frankreich,
                              									obwohl es nunmehr das an Eisenerzen reichste Land Europas ist, im Jahre 1920 noch
                              									nicht zwei Drittel seiner Förderung vom Jahre 1913 erreichte und daß sich auch im
                              									Jahre 1921 die Erzgewinnung nur auf 14 Mill. t erhöhte. Trotzdem fördert Frankreich
                              									mehr Eisenerze, als es selbst verhütten kann, England, dessen Förderung an Eisenerz
                              									seinen eigenen Bedarf nicht deckt, erzeugte im Jahre 1920 rund ein Fünftel weniger
                              									als vor dem Kriege. Auch in Spanien, das hauptsächlich Erzausfuhrland ist, ging die
                              									Förderung auf mehr als die Hälfte zurück, ebenso weist Schweden einen Rückgang von
                              									fast 40 v. H. auf, der in gleicher Weise, wie bei Spanien auf Absatzschwierigkeiten
                              									zurückzuführen sein dürfte. Rußlands ehemals bedeutende Eisenerzförderung liegt
                              									vollkommen darnieder. Auch in Luxemburg hat die Erzförderung infolge seines
                              
                              									Ausscheidens aus dem deutschen Zollverband sowie infolge von Koksmangel stark
                              									abgenommen; sie betrug 1920 nur noch die Hälfte der vor dem Kriege erzeugten Menge
                              									und ist im Jahre 1921 noch weiter auf 3,03 Mill. t gesunken. Die Erzförderung
                              
                              									Oesterreichs ist durch die Abtrennung der Tschechoslowakei, die im Jahre 1913 etwas
                              									mehr als die Hälfte der Gesamtförderung lieferte, gleichfalls stark zurückgegangen,
                              									und selbst wenn man nur das Gebiet des heutigen österreichischen Staates betrachtet,
                              									bleibt die Erzförderung des Jahres 1920 hinter der im Jahre 1913 auf dem gleichen
                              									Gebiete erzeugten Menge weit zurück.
                           Unter allen Ländern der Welt weisen die Vereinigten Staaten von Amerika die
                              									bedeutendste Eisenerzförderung auf, sie konnten ihre Erzeugung in den letzten Jahren
                              									noch vergrößern und liefern heute über die Hälfte der Weltförderung; im Jahre 1921
                              									erlitt die Erzgewinnung Amerikas allerdings einen starken Rückschlag, denn sie nahm
                              									gegenüber 1920 um 56,7 v. H. ab. In China und Britisch-Indien zeigt die
                              									Eisenerzgewinnung in den letzten Jahren eine nicht unbeträchtliche Zunahme und in
                              									noch höherem Maße gilt dies für Neu – Süd-Wales und Süd-Australien, von denen
                              									letzteres Gebiet im Jahre 1913 erst 62000 t, im Jahre 1920 dagegen 420000 t
                              									Eisenerze lieferte. Aus diesen Zahlen erkennt man deutlich, in wie hohem Maße die
                              									Eisenerzgewinnung der Welt durch den Krieg und seine wirtschaftlichen Folgen in
                              									Mitleidenschaft gezogen worden ist. (Stahl und Eisen 1923, S. 18–19.)
                           Sander.
                           Technische Neuerungen in der deutschen Seeschiffahrt. Bei
                              									dem steten Streben der deutschen Reedereien, ihre Schiffe mit allen technischen
                              									Neuerungen auszustatten, haben in den letzten Monaten drei Neuerungen Eingang in
                              									deutsche Schiffahrt gefunden, die ihre künftige Entwicklung beeinflussen dürften. Es
                              									sind dies der Gegenpropeller und das Flettnerruder, die bedeutende
                              									Betriebskostenersparnisse ermöglichen, und die neuartige Verbindung der sog.
                              									formstabilen Anbauten mit den Frahmschen Schlingertanks, die neben erhöhter
                              									Stabilität die Schlingerbewegungen fast aufheben und so auch bei bewegter See eine
                              									ruhige Fahrt des Schiffes gewährleisten.
                           Der Gegenpropeller ist ein festes System von Leitschaufeln und am Ruderpfosten hinter
                              									der rotierenden Schiffsschraube angebracht, die durch ihre Rotation einen sich
                              									drehenden Wasserstrom erzeugt. Ein Leitapparat fängt diesen Wasserstrom auf und
                              									setzt seine Energiemengen in zusätzlichen Schub um, der eine Erhöhung der
                              									Wirtschaftlichkeit des Betriebes um 10 bis 15 v. H. bewirkt. Der Gegenpropeller gleicht den
                              									Kostenaufwand infolge dieses Nutzens in einem Betriebsjahre wieder aus, denn die
                              									damit versehene „Andalusia“ legte eine Reise von 8000 Seemeilen bei einem
                              									Kohlenverbrauch von 510 Tonnen in 975 Stunden zurück, zwei Schwesterschiffe aber
                              									brauchten dazu durchschnittlich 1045 Stunden und verfeuerten 574 Tonnen Kohlen. Das
                              									bedeutet eine um 6,7 v. H. kürzere Reisedauer und ein um 11,2 v. H. geringerer
                              									Kohlenverbrauch.
                           Wirtschaftlich vorteilhaft ist auch das Flettnerruder gegenüber dem bisherigen.
                              									Dieses steuert das Schiff dadurch, daß sich das Ruderblatt um seine feste Achse
                              									dreht, und so ein stärkerer Druck auf der einen, ein schwächerer auf der anderen
                              									Seite entsteht und damit das Schiff seine Längsachsenlage, also seinen Kurs ändert.
                              									A. Flettner baute nun in das Hauptruderblatt ein Hilfsruderblatt ein, das durch
                              									Fernleitung von der Kommandobrücke her mit geringer Kraft von Hand gesteuert werden
                              									kann. Dieses Hilfsruder wird von den hinter dem fahrenden Schiff abströmenden
                              									Wassermengen getroffen und wirkt nun an einem langen Hebelarm auf das
                              									Hauptruderblatt, indem es dieses in die gewünschte Lage stellt. So erforderte das
                              									Motorschiff „Odenwald“ in Verbindung von Flettnerruder und
                              									Anschütz-Kreiselkompaß-Selbststeuerer 95 bis 97 v, H. Steuerkraft weniger als ein
                              									gewöhnliches Ruder und bedurfte keiner Rudermaschine. Zudem steuert der wachthabende
                              									Offizier den Kreiselkompaß-Selbststeuerer und stellt den Kurs unter automatischer
                              									Einschaltung eines halbpferdigen Motors ein. Die „Odenwald“ fährt also ohne
                              									Rudermaschine und Rudersmann und ihre Steuerung erfolgt durch eine sehr geringe
                              									menschliche und mechanische Kraft.
                           Die dritte technische Neuerung liegt in der Verbindung formstabiler Anbauten mit den
                              									Frahmschen Schlingertanks. Die bisherigen Schlingertankanlagen waren an der Steuer-
                              									und Backbordseite angebracht und bestanden aus teilweise mit Wasser gefüllten Tanks,
                              									die durch Ueberlaufröhren mit einander verbunden waren. Mit dem Schlingern des
                              									Schiffes pendelten auch die Wassermassen zwischen den beiden Tanks hin und her und
                              									die größte Wassermasse, also die höchste Gegenkraft war immer an der den Impulsen
                              									der See am meisten ausgesetzten Seite. Die stärkste Wirkung traf demnach immer auf
                              									die größte Gegenwirkung und so trat ein gewisser Ausgleich dieser Kräfte ein und
                              									eine Abdämpfung der Schlingerbewegung des Schiffskörpers. Statt dieser
                              									Schlingertankanlage haben aber die neuerbauten Zweischraubenturbinendampfer
                              										„Albert Ballin“ und „Deutschland“ an der Steuerbord- wie
                              									Backbordseite wulstartige Anschwellungen, die sog. formstabilen Anbauten, dje dem
                              									Schiff bei jedem Tiefgang eine gleichbleibende Stabilität sichern und dem Dampfer in
                              									der Wasserlinie eine doppelte Sicherung gegen Leckungen gewähren. Dazu ist noch eine
                              									innere Haut in der senkrechten Flucht der normalen Schiffslinie eingebaut, wodurch
                              									der Raum zwischen den beiden Wänden in zahlreiche wasserdichte Zellen eingeteilt
                              									werden konnte. Von diesen haben einige in der Mitte Schlitze in der Außenhaut, durch
                              									die das Außenwasser in die Zelle eintreten kann. Beginnt nun der Dampfer in schwerer
                              									See zu rollen, so fangen die Wassermassen in den Zellen an zu pendeln und die
                              
                              									Rollschwingungen des Schiffskörpers werden schon im Entstehen abgedämpft. Die
                              									Ausnutzung eines Teils der Stabilitätsanschwellungen führt auf diese Weise zu
                              									wirksamen Schlingertanks und gewährt einen ruhigen Schiffsgang auch bei stürmischem
                              									Wetter.
                           Um ein Kentern oder Sinken von Schiffen unmöglich zu machen, baut man übrigens
                              									in Amerika den Schiffskörper aus zwei mit einander verbundenen Stahlzylindern, die
                              									durch wasserdichte Schotten in Abteilungen zerlegt sind. Nach Jahrg. 32 des Jahrbuchs der angewandten Naturwissenschaften (Verlag
                              									Herder & Co., Freiburg i. Br.) sind solche Schiffe 100 m lang und haben 8535
                              									Bruttotonnen Raumgehalt und 4240 t Ladefähigkeit, Sie sind mit zwei Dampfmaschinen
                              									ausgestattet, deren jede eine Schiffsschraube treibt. Die Konstruktion dieser
                              									unsinkbaren Schiffe ist von dem Ingenieur Leparmentier.
                           Dr. Bl.
                           Motorschiff „Phoebus“. Das für die
                              									Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft erbaute Tankschiff „Phoebus“ hat
                              									am 14, Juli seine Probefahrt erledigt. Das Schiff mit 14000 t Tragfähigkeit wurde
                              									von den Howaldtwerken in Kiel erbaut. Die beiden Diesel- Zweitaktmaschinen von je
                              									1600 PS und 85 Uml/min. sind von der Firma Sulzer geliefert. Bei der Probefahrt
                              									konnte vorübergehend eine Gesamtmaschinenleistung von 4000 PS bei einer
                              									Schiffsgeschwindigkeit von 12,6 Knoten erzielt werden. Durch Bremsversuche auf dem
                              									Probierstand wurde festgestellt, daß das Zwertaktverfahren bei großer
                              									Maschinenleistung den gleichen niedrigen Brennstoffverbrauch wie das
                              									Viertaktverfahren erreicht. Die Versuchsmaschine lief dabei; 60 Stunden unter
                              									Vollast, abwechselnd mit Gasöl und] Steinkohlenteeröl und 12 Stunden unter Ueberlast
                              									und Teillast mit Gasöl, Die Höchstleistung betrug 2225 PS bei 95 Uml/min. Der
                              									mittlere nutzbare Druck wurde dabei zu 6,6 at bestimmt. Die Nutzarbeit der
                              									Hilfsdieselmaschine wurde mit einem Brennstoffverbrauch von 213 g/PSe h der
                              
                              									Nutzleistung der Hauptmaschine angerechnet Der auf diese Art festgestellte
                              									Gasölverbrauch ergab zwischen ¾ Belastung und Vollast den außerordentlich geringen
                              									Verbrauch von 183 g/PSe h, umgerechnet auf einen unteren Heizwert von 10000
                              									WE/kg.
                           Wimper.
                           Motorschiff „Urano“. Auf der Werft in Kiel der
                              										„Deutschen Werke A,-G.“ wurde kürzlich das Motor-Tankschiff von 8000 t
                              									Tragfähigkeit fertiggestellt. Das Schiff besitzt acht große Tanks, die vom Kiel bis
                              									zum Zwischendeck reichen. Die Maschinenanlage ist wie üblich im Hinterschiff
                              									angeordnet, Sie besteht aus zwei einfach wirkenden sechszylindrigen Viertaktmotoren
                              									von je 950 PS bei 130 Uml/min, Die dabei erzielte Geschwindigkeit des vollbeladenen
                              									Schiffes ist 10 Knoten. Die Luftverdichter für die Einspritzluft werden mittels
                              									Schwinghebel von den Hauptmaschinen angetrieben. Ebenso werden von den
                              									Hauptmaschinen die Zylinderkühlwasserpumpe, Kolbenkühlwasserpumpe, Schmierölpumpe
                              									und Maschinenraumlenzpumpe angetrieben. Ein Hilfsluftverdichter, der sowohl
                              									hochgespannte Einspritzluft, Luft zum Anlacht und Umsteuern wie auch niedrig
                              									gespannte Luft zum Antrieb der Hilfsmaschinen und Pumpen liefern kann, wird von
                              									einem Dreizylindermotor von 180 PSe bei 300 Uml/min. angetrieben. Außerdem ist noch
                              									ein Notkompressor vorhanden, der von einem die Lichtmaschine antreibenden 16
                              									PS-Glühkopfmotor betrieben werden kann. Die Schiffshilfsmaschinen werden mittels
                              									Druckluft betätigt, die von dem Hauptluftverdichter geliefert wird. Zum Hafenbetrieb
                              									dient Dampfkraft.
                           Wimplinger.
                           Löschen und Verhüten von Grubenbränden unter Tage. Im
                              									Bergbau ist in letzter Zeit ein neues Verfahren zum Löschen von Grubenbränden zur
                              									Einführung gelangt, bei dem Lösungen von doppelkohlen-saurem Natron in den Brandherd
                              									eingespritzt werden: aus dieser Lösung werden in dem Feuer große Mengen von Kohlensäure frei, die
                              									den Brand ersticken. Zum Ausspritzen der Salzlösung benutzt man verflüssigte
                              									Kohlensäure, die gleichfalls an der Löschung des Feuers teilnimmt. Zur Ausführung
                              									des neuen Verfahrens sind Kesselwagen in der Spurweite der Fördergleise gebaut
                              									worden, die verflüssigte Kohlensäure in Stahlbehältern enthalten und die in
                              									Verbindung mit einem zweiten, die Salzlösung aufnehmenden und mit Spritzen
                              									ausgerüsteten Wagen an den Brandherd herangefahren werden können. Auch kleinere
                              									Apparate für Handgebrauch sind in Benutzung. Das Verfahren hat sich namentlich auch
                              									zur Erstickung von Transformatorbränden unter Tage gut bewährt.
                           Zur Verhütung von Grubenbränden eignet sich besonders das Torkret-Verfahren, bei dem
                              									alle brennbaren Teile des Grubenausbaues mit einer mehrere Zentimeter dicken
                              									Betonschicht überzogen werden, und zwar wird hierbei der Beton mit Hilfe von
                              									Preßluft auf die Unterlage aufgespritzt. Dieses Verfahren bietet außer dem
                              									Brandschutz noch manche andere Vorteile, wie z.B. erhöhte Festigkeit der überzogenen
                              									Materialien und größere Stabilität gegen Biegung. Wie die „Braunkohlen- und
                                 										Brikett-Industrie“ 1922, S. 1448, berichtet, ist dieses Verfahren in
                              									Nordamerika bereits sehr verbreitet, und es ist dort gelungen, mit 2 Mann in einer
                              									Stunde 8 qm Fläche mit einer 2–4 cm dicken Betonschicht zu bespritzen.
                           Sander.
                           Betriebswirtschaft. Bis zum Weltkrieg verstand man unter
                              									einer gesunden Betriebswirtschaft den wirtschaftlichen Ausbau des Dampf- und
                              									elektrischen Betriebs. Man suchte durch Konstruktionsverbesserungen und durch gute
                              									Führung der Antriebsmaschinen, bzw. Kraftmaschinen, an Brennstoffen zu sparen. Erst
                              									in den letzten Jahren setzte daneben auch eine sehr erhebliche Arbeit zur
                              									Vervollkommnung der eigentlichen Produktion ein. Diese Bewegung ging von Amerika
                              									aus. Man erkannte, daß infolge der gestiegenen Arbeitslöhne, ferner zur Förderung
                              									erhöhter Produktion und genauester Arbeit Maßnahmen notwendig waren, die sich nicht
                              									mehr innerhalb der alten Forderungen, die sich nur mit den Kraftmaschinen befaßten,
                              									deckten. So entstand die neuzeitliche Betriebswirtschaft und daraus die
                              									Betriebswissenschaft. Vor allem war es Deutschland, welches sich den Ausbau dieser
                              									neuen Wissenschaft angelegen sein ließ. Besondere Anregungen erhielt man dort unter
                              									anderem durch das vorzüglich ausgebaute Ausstellungs- und Messewesen, das jedes Jahr
                              									zwei Mal seinen Höhepunkt in der Leipziger Messe findet. Dadurch, daß vor allem die
                              									Leipziger Technische Messe immermehr eine Veranstaltung der gesamten deutschen
                              									Produktionsmittel herstellenden Industrie geworden ist und von vornherein zielbewußt
                              									darauf ausging, nur die allerbesten Maschinen der Welt darzubieten und deren
                              									Verwendung vorzuführen, wurde unter den beteiligten Firmen ein Wettbewerb
                              									hervorgerufen, der zur Erfindung immer neuer, besserer Betriebsmittel führte. Da die
                              									Leipziger Technische Messe nicht nur den deutschen Abnehmern, sondern auch den
                              									Interessenten der ganzen Welt zum Studium offensteht, hat sie auch zur
                              									Vervollkommnung der Produktion außerhalb Deutschlands wertvolle Winke gegeben. Um
                              									nur ein Beispiel anzugeben, sei auf das Gebiet der Transportmittel, die in Leipzig
                              									in einer großen Hille in besonders großer Anzahl und Mannigfaltigkeit ausgestellt
                              									sind, hingewiesen. Diese Ausstellung dürfte wesentlich zur Erweiterung der
                              									Erkenntnis beigetragen haben, daß es sich bei dem Wiederaufbau der Wirtschaft nicht
                              									nur um die Herstellung der besten Maschinen handelt, sondern daß in großem
                              									Umfange auch die Einrichtungen in Frage kommen, die den Verkehr von Maschine zu
                              									Maschine und von Mensch zu Mensch vermitteln. Was von den Fördermitteln gilt, könnte
                              									von vielen anderen Gebieten der Technik gesagt werden. Selbstverständlich hat die
                              									Not, in der sich große Teile der deutschen Industrie befinden, dazu beigetragen, die
                              									Arbeit durch Vervollkommnung der Maschinen immer sparsamer zu gestalten. Darin liegt
                              									natürlich der Hauptgrund, warum die deutsche Industrie auf dem Gebiet der modernen
                              									Betriebswirtschaft an der Spitze marschiert. Aller Voraussicht nach werden in den
                              									nächsten Jahren in der Vervollkommnung der gesamten Betriebsführung von Deutschland
                              									noch manche Ueberraschungen zu erwarten sein. Da sie auf der Leipziger Technischen
                              									Messe ihren ersten Niederschlag zu finden pflegen, wird diese Veranstaltung
                              									sicherlich weit über Deutschland hinaus die Aufmerksamkeit wachhalten.
                           Vom 20. bis 25. September fand in Marburg die erste Jahresversammlung der Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik
                              									zusammen mit der der Deutschen Mathematiker -Vereinigung statt.
                           Während die ersten Tage den Vorträgen aus dem Gebiete der reinen Mathematik gewidmet
                              									waren, waren an den beiden letzten Tagen die Vorträge aus dem eigentlichen
                              									Arbeitsgebiet der Gesellschaft zusammengefaßt, um so Herren, die nur für diese
                              									Vorträge Interesse hatten, die Teilnahme zu erleichtern.
                           Dem Interesse, das neuerdings dem Verhalten plastischer Körper bei der Beanspruchung
                              									entgegengebracht wird, wurden drei Vorträge von Professor Prandtl (Göttingen), Dr. Nadai (Göttingen) und
                              									Professor Trefftz (Dresden) gerecht. Professor Prandtl
                              									gab einige Beispiele von statischen Gleichgewichtszuständen in plastischen Körpern
                              									im Anschluß an eine Arbeit von Hencky. Er behandelte das
                              									Eindringen eines an der Druckfläche abgerundeten Stempels in einen unendlich
                              									ausgedehnten Halbraum, das Eindringen eines ebenen Stempels in eine Platte von
                              									endlicher Dicke und die Zerdrückung eines würfelförmigen Körpers, wie sie beim
                              									Druckversuch erfolgt. Besonders bei dem letzten Beispiel zeigte sich eine sehr
                              									erfreuliche Uebereinstimmung zwischen den Ergebnissen der Versuche und der
                              									Theorie.
                           Dr. Nadai sprach über die Torsion von Stäben aus
                              									plastischem Material. Der Vortragende zeigte, daß die Gebiete, in denen plastische
                              									Deformationen eintreten, sich ermitteln lassen, indem man über dem Querschnitt des
                              									Stabes eine Böschungsfläche errichtet und weiterhin sich die als Loch gedachte
                              									Querschnittsfläche mit einer Membran bespannt denkt. Bringt man die Membran durch
                              									gleichmäßigen Druck zur Durchbiegung nach der Seite der Böschungsfläche hin, dann
                              									legt sie sich teilweise gegen die Böschungsfläche. Diese Stelle, wo das Anlegen
                              									stattfindet, entsprechen den Stellen der plastischen Deformation.
                           Die Ausführungen von Professor Trefftz bezogen sich auf
                              									das gleiche Thema. Ueber die qualitativen Ergebnisse des Nadaischen Vortrages
                              									hinausgehend gab er eine rechnerische Lösung des Problems für die Torsion des
                              									Winkeleisens. Unter der Annahme, daß die über den Schenkeln des Winkeleisens
                              									errichteten Böschungsflächen an der Innenecke des Winkels durch einen Kegelmantel
                              									ineinander übergehen, zeigte er, daß sich dann an dieser Ecke ein Gebiet plastischer
                              									Deformationen abgrenzen läßt und daß man die übrige Querschnittsfläche konform auf
                              									einen Kreisquadranten abbilden kann. Da für diesen das Torsionsproblem gelöst ist, so ist es auch
                              									für das Winkeleisen.
                           Die vorstehenden Untersuchungen stellen wesentliche Schritte dar auf einem Wege, der
                              									schließlich zur vollständigen Beherrschung des für den Maschinenbau äußerst
                              									wichtigen Premblems führen kann. Im besonderen werden sich daraus wertvolle Schlüsse
                              									für die Lösung des Problems der Kerbfestigkeit ziehen lassen.
                           Eine seit langem in Angriff genommene Aufgabe der Baumechanik löste Professor von Mises (Berlin) durch die Untersuchung der Stabilität
                              									ebener Stabverbindungen. Ausgehend von zwei Grenzfällen, einerseits dem
                              									biegungssteifen Fachwerk, dessen Stäbe nur Längenänderungen zulassen und in den
                              									Knotenpunkten gelenkig miteinander verbunden sind, und andererseits dem Rahmen,
                              									dessen Stäbe durch starre Knotenpunktsverbindungen miteinander vereinigt sind und
                              									gegen Längsänderungen als starr vorausgesetzt werden, so daß sie nur Biegungen
                              									erleiden können, zeigte der Vortragende, daß bereits für sehr einfache Vertreter
                              									dieser beiden Gattungen Fälle der Instabilität eintreten können. Er gab eine
                              									vollständige Lösung des Problems und zeigte, daß sich der allgemeine Fall aus einer
                              									Kombination beider Annahmen über die Steifigkeits-Verhältnisse der Stabverbindungen
                              									ergibt. Der Anschluß an die bisher vorhandenen Ergebnisse der Theorie, die Eulerschen Knickformeln, bietet sich zwanglos.
                           Weitere Probleme aus dem Gebiete der Mechanik der elastischen Körper behandelte
                              									Professor Grammel (Stuttgart), der über
                              									Kipp-Erscheinungen bei elastischen Ringen sprach, und Dr. Schwerin (Berlin), der die Knicksicherheit von Blechen unter dem Einfluß
                              									ungleichmäßig über den Rad verteilter Belastungen untersuchte. Professor Grammel gelang es mit sehr einfachen mathematischen
                              									Hilfsmitteln, die interessanten Erscheinungen an elastischen Ringen darzustellen,
                              									die darin bestehen, daß bei Beanspruchung der Ringe in ihrer Symmetrie-Ebene ein
                              									Ausbiegen der Ringe aus dieser Ebene erfolgt (Flanschringe). Außerdem trug Dr. Alt (Dresden) über die Bestimmung der Bewegung eher Ebene
                              									vor, wenn die Geschwindigkeiten dreier ihrer Punkte gegeben sind.
                           Professor Knoblauch (München) gab einen eingehenden
                              									Bericht über die theoretischen und experimentellen Arbeiten, die in den letzten
                              									Jahren in München unter seiner Leitung ausgeführt worden sind, um neue Tabellen für
                              									das thermodynamische Verhalten des Wasserdampfes herzustellen und seine
                              									Instandsgleichung zu ermitteln, während Professor Zerkowitz (München) über die neueren Bestrebungen, die Dampfdrücke bei
                              									Kolbendampfmaschinen und Turbinen bis auf 100 Atm. zu erhöhen, sowie über die
                              									gleichzeitige Verwendung des Dampfes zu Heizzwecken, sprach.
                           In das Gebiet der Elektrotechnik führten Vorträge von Professor Rüdenberg (Berlin), Professor Emde
                              									(Stuttgart), Dr. Pflieger-Härtel (Berlin) und Dr. Doery (Chemnitz).
                           Professor Rüdenberg berichtete über eine Lösungsmethode,
                              									um unharmonische Schwingungen mit großer Amplitude, bei denen der Kraftverlauf
                              									graphisch gegeben ist, zu behandeln und gab dafür eine große Reihe von
                              									Beispielen.
                           Professor Emde trug über den Gebrauch komplexer
                              									Phasenverschiebungsstrecken in der Elektrotechnik vor, wobei er als Beispiel die
                              									Stromverteilung längs einer langen Leitung behandelte.
                           Dr. Pflieger-Härtel sprach über
                              									die Anwendbarkeit der Sätze der konformen Abbiödung auf die Theorie der
                              									Kreisdiagramme elektrischer Maschinen und über die dadurch zu erzielenden
                              									Vereinfachungen dieser Theorie.
                           Weiter gab Dr. Doery (Chemnitz) einen Ueberblick über die
                              									bei elektrischen Lokomotiven auftretenden Schüttelerscheinungen und die Erklärung
                              									hierfür, die in dem Lagerspiel des Kurbelgetriebes und in der wechselnden
                              									Elastizität der Kurbelstangen zu suchen ist.
                           Eine Reihe von Vorträgen von vorwiegend mathematischem Interesse, und zwar von
                              									Professor Noether (Breslau) über die Randwertaufgabe des
                              									Turbulenzproblems, von Dr. Dötsch (Halle) über Probleme
                              									der Wärmeleitung sowie von Professor Pöschl (Prag) über
                              									die ebene Strömung eines Gases in einer Düse mit Berücksichtigung der Reibung,
                              									endlich ein Vortrag von Dr. Basch (Wien) über
                              									Ausgleichsrechnung und ein Bericht von Studienrat Luckey
                              									(Elberfeld) über Nomographie vervollständigten das Programm.
                           Pflieger Härtel.
                           Persönliches. Am 15. September feierte Geheimer
                              									Regierungsrat Max Geitel seinen 70. Geburtstag. Eine
                              									reichhaltige Tätigkeit auf dem Gebiete der Technik und allgemeinen Wissenschaften
                              									liegt hinter ihm. Den Kindern seiner Muse war es beschieden, überall Freude zu
                              									erwecken, belebend zu wirken und neue Gedanken anzuregen. Als Mitglied des
                              									Reichspatentamtes füllte er seine Musestunden durch Schriftstellerei und Poesie aus.
                              									Max Geitel hat nicht nur eine Reihe von Schriften und Werken herausgegeben, sondern
                              									auch selbst verfaßt. In reichhaltigen Vorträgen, geschichtlichen Abhandlungen und
                              									Untersuchungen strebte er danach, die durch die mechanischen und mathematischen
                              									Bedingungen schroff erscheinenden Gebilde der Technik poetischer zu gestalten. Seine
                              
                              									Arbeiten waren stets von Erfolg begleitet, gleichgültig, ob es sich um den Preis
                              									einer Beuth-Aufgabe, um den Wettbewerb für ein Moselweinlied oder um eine Abhandlung
                              									über Goethes Beziehungen zur Technik handelte. Ueberall war er zu Hause. Die
                              									Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft Berlin ehrte ihr langjähriges Mitglied
                              									durch Ernennung zum Ehrenmitgliede und verlieh ihm die Beuth-Denkmünze in Gold.