| Titel: | Der Oekonom-Großflächenwagen. | 
| Autor: | Cr. | 
| Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 121 | 
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                        Der Oekonom-Großflächenwagen.
                        Der Oekonom-Großflächenwagen.
                        
                     
                        
                           Sämtliche bis jetzt laufenden Lastkraftwagentypen haben den großen Mangel, daß
                              									der Laderaum mit der Maschine ein untrennbares Ganzes bildet. Es ist demzufolge
                              									nicht möglich, daß die Maschine allein fährt, sondern sie muß stets den Laderaum mit
                              									sich herumschleppen. Außerdem ist bei der Be- oder Entladung die teure
                              									Maschinenanlage stets untätig an den Laderaum gebunden und muß abwarten, bis der
                              									Zeitpunkt kommt, an dem sie wieder ausgenutzt werden kann. Diese Tatsachen
                              									widersprechen jeder wirtschaftlichen Ausnutzung. Auch im Lastkraftwagenbetriebe muß
                              									das Ziel erreicht werden, das bei der Eisenbahn längst verwirklicht ist. Hier ist
                              									die Lokomotive vollkommen unabhängig vom Zuge, abgesehen von dem nur eine
                              									untergeordnete Rolle spielenden Triebwagenbetriebe. Die Lokomotive bringt den
                              									Güterzug an die einzelnen Ladestellen, begibt sich dann zu weiteren Aufgaben und
                              									holt den Zug, wenn er ent- bezw. beladen ist, wieder ab. Dieser Zustand war bei dem
                              									bisherigen Lastkraftwagenbetriebe nicht zu erreichen. Durch die Verwendung eines an
                              									den Lastkraftwagen angehängten Beiwagens wird zwar sein wirtschaftlicher Fehler
                              									gemildert, aber nicht beseitigt, denn für den Lastkraftwagen selbst bleibt das
                              									Gesagte bestehen.
                           Man hat nun versucht, den Fehler zu beseitigen, indem man reine Zugmaschinen baute,
                              									die lediglich Anhänger schleppen und über keinen Laderaum verfügen. Abgesehen davon,
                              									daß die bisher auf den Markt gebrachten Zugmaschinen nur sehr langsam fahren, haftet
                              									ihnen der grundsätzliche Fehler an, daß sie unbedingt, sobald große Zugkraft
                              									verlangt wird, mit bedeutendem Eigengewicht versehen werden müssen, damit sie über
                              									das notwendige Adhäsionsgewicht verfügen. Hierdurch wird die Wirtschaftlichkeit der
                              									Zugmaschine ganz bedeutend beeinträchtigt, sodaß die Lösung der Transportfrage auf
                              									diese Weise nicht befriedigt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 121
                              Abb. 1. Oekonom-Großflächenwagen (Seitenansicht).
                              
                           Durch die Konstruktion des Oekonom-Großflächenwagens ist nun die brennende Frage
                              									glücklich gelöst. Hier ist die Zugmaschine eine selbständig konstruierte Größe für
                              									sich. Sie kann sich bewegen, ohne einen Laderaum mitzuschleppen. Dieser wird
                              									gebildet durch Spezialanhänger der verschiedensten Art, die in ihrem
                              									Fassungsvermögen ganz bedeutend über das übliche Maß der Lastkraftwagen oder
                              									Anhänger hinausgehen.
                           Der grundlegende Gedanke des Oekonom-Systems besteht darin, einen Teil des
                              									Ladegewichtes als Adhäsionsgewicht für die Triebräder der Zugmaschine wirksam zu
                              									machen. Dies geschieht dadurch, daß die Zugmaschine rückwärts gegen einen Anhänger
                              									fährt und zunächst mit Hilfe zweier schiefer Ebenen das auf der Vorderachse des
                              									Anhängers ruhende Gewicht aufhebt und auf ihre eigene Triebachse ablagert. Während
                              									dieses Vorganges werden auch die vorderen Interimsräder des Anhängers hochgehoben
                              									und schließlich von einer bestimmtem Stelle aus hochgeklappt. Eine selbsttätige
                              									Kupplung verbindet gleichzeitig die Vorderachse des Anhängers mit der Zugmaschine,
                              									sodaß sofort die für das Ziehen des Anhängers erforderliche Verbindung
                              									hergestellt wird. Dieser ganze Vorgang nimmt nur wenige Sekunden im Anspruch,
                              									sodaß irgendwelche Umstände oder Verzögerungen hieraus nicht entstehen können. Mit
                              									der gleichen Schnelligkeit geht die Trennung von Zugmaschine und Anhänger vor sich.
                              									Es bedarf nur der Bedienung eines Handhebels vom Führersitze aus, um die
                              									Anhängerkupplung wieder zu lösen. Im nächsten Augenblick fährt die Zugmaschine
                              									vorwärts und setzt ganz sanft den Anhänger auf seine Interimsräder ab. Es ist ohne
                              									weiteres einzusehen, daß sich ein solches Fahrzeug bezüglich seines
                              									Adhäsionsgewichtes genau so verhält, wie ein gewöhnlicher Lastkraftwagen mit
                              									Anhänger. Es hat sogar noch den Vorteil, daß sich der gesamte Rollwiderstand nur auf
                              									3 Achsen verteilt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 121
                              Abb. 2. Oekonom-Großflächenwagen (im Winkel von 90° fahrend.)
                              
                           Da die Zugmaschine des Oekonom-Großflächenwagens den sehr geringen Achsstand von nur
                              									rund 3 m hat, so ergibt sich daraus eine vorzügliche Wendigkeit des Systems. Es ist
                              									ohne weiteres möglich, auf normaler Straße mit einem 10 m-Anhänger zu wenden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 121
                              Abb. 3. Kupplung- am Zugwagen.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 121
                              Abb. 4. Kupplung am Anhänger.
                              
                           Da es angängig ist, die verschiedenartigsten Spezialwagen als Anhänger auszubilden,
                              									die alle mit nur einer Zugmaschine in den Dienst gestellt zu werden brauchen,
                              									leuchtet es ohne weiteres ein, welche außerordentlichen Vorteile durch den Betrieb
                              									mit derartigen Wagen geboten werden. Der Lastwagenbetrieb wird ganz erheblich
                              									verbilligt, indem der Anhänger als Kipper oder Flaschenbierwagen, als Rungen- oder
                              									Bauholzwagen, als Möbelwagen oder Omnibus u. dergl. gebaut sein kann. Hierdurch wird
                              									eine derartig wirtschaftliche Ausnutzung des Lastwagenbetriebes erzielt, wie sie
                              									durch gewöhnliche Lastkraftwagen nie und nimmer erreicht werden kann. Am
                              									großartigsten kommen die Vorteile dieses Systems zur Geltung, wenn es sich darum
                              									handelt, Massentransporte durchzuführen, wie z.B. Kartoffeln, Steine, Kohlen, Ziegel
                              									und dergl. Es wird dann ein Anhänger beladen, ein anderer wird gleichzeitig am
                              									Bestimmungsorte entladen, und die Zugmaschine ist inzwischen mit einem dritten
                              									Anhänger unterwegs, tauscht ihn, z.B. am Beladeplatze, gegen den beladenen um und
                              									bringt diesen an die Abladestelle, wo er gegen einen entleerten ausgetauscht wird,
                              										u.s.f. So ist
                              									die Zugmaschine dauernd unterwegs und wird dadurch ganz intensiv ausgenutzt.
                              									Selbstverständlich können auch sämtliche Spezialanhänger, wie sie das Heer, die
                              									Polizei, die Feuerwehr usw. verlangen, nach dem gleichen System ausgebildet
                              									werden.
                           Die Antriebsmaschine des Zugwagens ist ein
                              									vierzylindriger, im Viertakt arbeitender Verbrennungsmotor, der bei rund 1000
                              									Umdrehungen 50 PS leistet. Die Kühlung erfolgt durch Elementenkühler, Ventilator und
                              									Wasserpumpe. Die Schmierung ist vollkommen selbsttätig. Die Zündung geschieht
                              									elektromagnetisch. Der Motor ist außerdem mit elektrischer Licht- und Anlaßmaschine
                              									ausgerüstet.
                           Je nach Wunsch kann die Zugmaschine mit Soden- oder mit einem gewöhnlichen
                              									Viergang-Getriebe mit Knüppelschaltung ausgestattet werden. Hiernach richtet sich
                              									auch die Ausführung der Kupplung zwischen Motor und Getriebe. Bei Sodengetriebe wird
                              									eine Lamellenkupplung verwendet, bei Knüppelschaltung dagegen eine Krauskupplung. In
                              									beiden Fällen sind 4 Geschwindigkeiten vorhanden; die Höchstgeschwindigkeit erreicht
                              									in jedem Falle das gesetzlich erlaubte Höchstmaß von 25 km je Stunde.
                           Der Antrieb auf die Hinterräder kann durch Kette oder
                              									Kardan erfolgen. Bei größeren Lasten von 8 bis 10 t ist der Kettenantrieb zu
                              									empfehlen, da dieser den großen Beanspruchungen viel besser gewachsen ist und da bei
                              									einem etwaigen Ketteinbruch die Instandsetzung sich sehr viel einfacher gestaltet,
                              									während ein Zahnbruch im Kardan bedeutend zeitraubendere Arbeiten erfordert,
                              									ganz abgesehen davon, daß ein abgebrochener Zahn unter Umständen das ganze Getriebe
                              									zerstören kann. Außerdem schont der Kettenantrieb die gesamte Maschinenanlage bei
                              									den Schaltvorgängen, die sich hierbei viel elastischer abspielen.
                           Die Bereifung hat folgende Abmessungen: Vorderräder 880 ×
                              									140 einfach; Hinterräder 1000 × 170 doppelt. In der Regel finden
                              									Fulda-Parabel-Kissen-Reifen Verwendung.
                           Das Führerhaus ist sehr geräumig und bequem, sodaß ohne
                              									weiteres 3 Leute Platz haben. Die Steuerung liegt links; sämtliche Bedienungshebel
                              									befinden sich in der Mitte des Führerhauses. Bei Verwendung des Sodengetriebes liegt
                              									die Schaltung im Lenkrahmen.
                           Die Anhänger werden gewöhnlich für Belastungen von 8 bis
                              									10 t in Längen von 7 bis 10 m geliefert. Die Breite ist innen etwa 2 m, die Ladehöhe
                              									etwa 1120 mm. Die Höhe der Bordwände beträgt normal 650 mm, kann aber allen
                              									Anforderungen angepaßt werden. Die Bereifung ist 1000 × 170 doppelt.
                           Außer der vorstehend beschriebenen schweren Bauart, die schon in größerer Zahl im
                              									Betriebe ist, wird auch eine leichtere hergestellt; die einen Schnelllastwagen von 1 bis 2 t darstellt. Hierfür ist ein 10/45 PS
                              									Vierzylinder-Verbrennungsmotor vorgesehen, der etwa 2000 Umdrehungen läuft. Das
                              									Gewicht der Zugmaschine beträgt etwa 1000 kg und die Höchstgeschwindigkeit 45 km je
                              									Stunde. Als Bereifung kommen hier Riesen-Luft-Reifen zur Verwendung.
                           
                              Cr.