| Titel: | Polytechnische Schau. | 
| Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 146 | 
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                        Polytechnische Schau.
                        (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
                           								– nur mit Quellenangabe gestattet.)
                        Polytechnische Schau.
                        
                     
                        
                           Ein neuer inoxydierbarer Stahl. Das bisherige Verfahren
                              									für die Herstellung inoxydierbaren Stahles bestand in dem Einschmelzen von Spänen
                              									eines weichen Stahles im elektrischen Ofen und in der Einführung von Chrom als
                              									Ferro-Chrom. Da aber inoxydierbarer Stahl im Durchschnitt 0,100% Kohlenstoff
                              									enthält, muß man ein Ferro-Chrom ohne Kohlenstoff verwenden, durch dessen hohen
                              									Preis aber das Verfahren teuer wird.
                           Das unter dem Namen Hamilton Evans bekannte Verfahren ist vor kurzem erdacht worden
                              									und gestattet eine wirtschaftlichere Herstellung von inoxydierbarem Stahl, Wie
                              									gewöhnlich werden auch hier die Späne eines weichen Stahles in einem Heroult-Ofen
                              									eingeschmolzen, das Bad dann abgeschlackt und auf dem Stahlbad eine neue Schlacke,
                              									die sogenannte Aufnahmeschlacke gebildet. Wenn diese zurecht gemacht ist, versetzt
                              									man sie mit einem innigen Gemisch von Chromerz und Ferro-Silizium. Das ganze Erz
                              									einschließlich der Gangart wird geschmolzen und die Oxyde des Chroms, Eisens und
                              									Mangans durch das Silizium des Ferro-Siliziums reduziert. Chrom und die anderen
                              									freigewordenen Metalle gehen in das geschmolzene Metall über, während die übrigen
                              									Bestandteile des Erzes in der Schlacke bleiben. Die gebildete Kieselsäure verbindet
                              									sich mit dem Kalk der Schlacke, welcher Vorgang einen zu starken Angriff des
                              									basischen Futters vermeidet, während die Schlacke selbst in ihrer neuen Bildungsform
                              									dazu dient, das Metall zu feinern. Zwecks Erhaltung einer möglichst geringen
                              									Schlackenmenge muß man ein an Chrom- und Eisenoxyden möglichst reiches Chromerz
                              									verwenden, das zerkleinert und gesiebt wird. Das Ferro-Silizium soll so niedrig
                              									gekohlt wie möglich sein zur Erhaltung eines sehr weichen Stahles. Auch das
                              									Ferro-Silizium ist wie das Chromerz zu zerkleinern. Die chemischen Reaktionen, die
                              									sich als exothermische Reaktionen abspielen, sind folgende:
                           2Cr2O3 + 3Si = 4Cr + 3SiO2
                           2FeO + Si = 2Fe+ SiO2
                           2MnO + Si = 2Mn + SiO2
                           Als Chromerz wird in der Regel folgendes gewählt:
                           
                              
                                 Chromoxyd
                                 50,34 %
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                 22,33 „ 
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                   0,40 „
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                   4,20 „
                                 
                              
                                 Tonerde
                                   6,40 „
                                 
                              
                                 Magnesiumoxyd
                                 15,70 „
                                 
                              
                                 Calciumoxyd
                                   0,63 „
                                 
                              
                           Die Wirkung des Ferro-Siliziums für die Reduktion beträgt
                              									60–70%, der Rest geht in Silikate über. In der Schlacke bleiben ungefähr 25% nicht
                              									reduzierten Erzes, denn mit einer vollständigeren Reduktion würde die Schlacke das
                              									Ofenfutter zu stark angreifen. Es ist vorteilhaft, das Erzgemisch vor seiner
                              									Einführung in den Ofen zwecks Beschleunigung des Arbeitsvorganges zu erwärmen.
                           Zubereitung der Aufnahmeschlacke. Zunächst gibt man die Späne weichen Stahles mit dem
                              									nötigen Kalkstein, Erz usw., die für die Reinigung beim Schmelzen notwendig sind, in
                              									den Ofen auf. Die zuerst gebildete Schlacke wird vollständig entfernt, damit die
                              									oxydierten Verunreinigungen, die später wieder reduziert und in der Stahl
                              									zurückwandern würden, beseitigt werden. Die Zusammensetzung der Aufnahmeschlacke
                              									wird durch folgende Erwägungen bestimmt:
                           Eine genügende Menge Kalkes muß vorhanden sein, damit die Schlacke während der
                              									Reaktion basisch bleibt und die Kieselsäure nicht übermäßig wird, da sie sonst
                              									die Ofenauskleidung angreifen würde; außerdem würde die reduzierende Wirkung
                              									des Ferro-Siliziums in saurer Umgebung vermindert. Das Gewicht der Schlacke muß
                              									genügend sein, damit genügende Kalorien aufgespeichert werden können, mit deren
                              									Hilfe unter Berücksichtigung der durch die Oxydation des Siliziums entwickelten
                              									Wärme das Erz schmilzt, die Oxyde reduziert werden und die gebildeten Metalle sich
                              									nach ihrer Schwere vom Metall trennen können. Sobald die ganze Aufnahmeschlacke
                              									zugegeben ist, wird der Strom wieder eingeschaltet, bis sie geschmolzen ist. Wenn
                              									die Temperatur hoch genug ist, um die Reduktion zu erhalten, fügt man nach und nach
                              									das Gemisch von zerkleinertem Chromerz und Ferro-Silizium hinzu. Die Reaktion ist
                              									exothermisch, so daß die Reduktion in einigen Minuten beendet ist und die gebildeten
                              									Metalle Chrom und Eisen alsdann in ein Bad übergehen. Auf die Weise erhält man ein
                              									inoxydierbares Eisen mit rund 12% Chrom; noch einige Minuten lang wird zur
                              									Verfeinerung des Metalles weiter erhitzt und zwecks Erhaltung einer genügenden
                              									Gießtemperatur. Die Stromspannung muß so hoch sein, daß die Elektroden nicht in die
                              									Schlacke getaucht zu werden brauchen. Würden sie in die Schlacke eindringen, so
                              									könnte eine Reduktion der gebildeten Silikate, ferner ein Uebergang von Kohlenstoff
                              									und Silizium in das Bad und mithin eine Härtung des Metalles erfolgen.
                           Dieses Verfahren, das die Verwendung von Chromerz und Ferro-Silizium – beides
                              									verhältnismäßig billige Stoffe – vorsieht, erniedrigt wesentlich den
                              									Selbstkostenpreis der inoxydierbaren Metalle. Bei dem Ferro-Chromverfahren beträgt
                              									der Preis von inoxydierbarem Eisen in Barren ungefähr 65 Pfund die Tonne, beim
                              									Hamilton Evansverfahren dagegen nur 30 Pfund/t. Das inoxydierbare Eisen enthält
                              									11–14% Chrom mit 0,1% oder weniger Kohlenstoff; der Anteil der übrigen Elemente
                              									(Silizium, Mangan, Schwefel, Phosphor) ist normal.
                           Eigenschaften von inoxydierbarem Stahl. Die folgende Zahlentafel gibt die
                              									Eigenschaften von gewalztem, geglühten, dann in Oel bei 950° gehärteten und bei
                              									verschiedenen Temperaturen angelassenem Metall wieder:
                           Eigenschaften von inoxydierbarem Stahl
                           
                              
                                 Anlaß-temperatur
                                 Elastizitäts-grenze inkg/mm2
                                 Zugfestig-keit inkg/mm2
                                 Dehnungin%
                                 Einschnürungin%
                                 Brinell-härteB. E.
                                 
                              
                                 200
                                 105
                                 115
                                 12,0
                                 37,5
                                 340
                                 
                              
                                 300
                                 104
                                 114
                                 12,5
                                 37,0
                                 332
                                 
                              
                                 400
                                 103
                                   113,8
                                 16,0
                                 50,0
                                 332
                                 
                              
                                 500
                                   93
                                 114
                                      18
                                 52,0
                                 240
                                 
                              
                                 600
                                   60
                                      75,5
                                 22,5
                                 62,0
                                 235
                                 
                              
                                 700
                                   49
                                      64,5
                                 27,0
                                 66,0
                                 192
                                 
                              
                                 750
                                   44
                                      57,6
                                 30,0
                                 69,0
                                 174
                                 
                              
                           Es geht daraus hervor, daß die Festigkeit bis 500° wenig
                              									abnimmt und bis 750° noch hoch ist. Die Anlaßfarben auf Schlifflächen sind dieselben
                              									wie beim gewöhnlichen Stahl, nur erscheinen sie bei höherer Temperatur. Die
                              									Warmbearbeitung dieses Metalles bietet wegen der Möglichkeit seiner Lufthärtung und
                              									der Warmhärte Schwierigkeiten. Die beste Walztemperatur liegt bei 1050 bis 1100°,
                              									während das Schmieden mit schnellen Schlägen zwischen 1150 und 900° erfolgen soll.
                              									Bei 900–850° ist die Formveränderung schwächer, und wenn man bei zu niedriger
                              									Temperatur eine zu starke Kraft ausübt, läuft man Gefahr, Brüche hervorzurufen. Auch
                              									das Walzen soll schnell und warm vor sich gehen, zunächst mit schwachen Kalibern,
                              									dann mit normalem Kaliberdruck. Die kritischen Punkte von inoxydierbarem Eisen
                              									erstrecken sich
                              									infolge der langsamen Diffusion des Kohlenstoffs in Gegenwart des Chroms zwischen
                              									865 und 965°. Verlangt man die höchste Weichheit, so ist das Metall langsam auf
                              									1000° zu erwärmen, auf dieser Temperatur, je nach den Abmessungen des Stückes,
                              									genügend lang zu erhalten und dann im Ofen langsam abkühlen zu lassen bei Vermeidung
                              									jeden harte Stellen verursachenden Luftzuges. Unter diesen Bedingungen zeigt der
                              									Stahl die höchste Weichheit, aber er läßt sich schlecht bearbeiten. Im Interesse
                              									einer leichten Bearbeitbarkeit und zur Ermöglichung des Kaltwalzens oder Kaltziehens
                              									empfiehlt sich ein Glühen zwischen 750 und 800°, vorzugsweise bei 780° mit folgender
                              									Abkühlung im Ofen oder an der freien Luft. Da hiermit der untere kritische Punkt
                              									nicht erreicht wird, stellt dies in Wirklichkeit ein Glühen bei sehr schwacher
                              									Temperatur dar.
                           Bei einem Glühen von 1000° beträgt die Brinellhärte rund 150, bei 780° 175–180. Da
                              									unoxydierbarer Stahl ein Selbsthärter ist, muß man ihn immer nach dem Warmwalzen
                              									oder Schmieden glühen oder anlassen, bevor er bearbeitet oder gekümpelt wird.
                              									Walzen, Ziehen und Kumpeln lassen sich leicht ausführen. Das Kalthämmern ruft
                              									Spannungen hervor, die sich nicht immer an Stellen der Oberfläche befinden. Durch
                              									Schleifen allein können sie nicht beseitigt werden, vielmehr ist eine Warmbehandlung
                              									des Stückes erforderlich. Diese Spannungen haben ein Rosten und auch Risse im
                              									Betrieb zur Folge.
                           Inoxydierbares Eisen läßt sich im elektrischen Bogen oder mit dem Gebläse gut
                              									schweißen, dagegen nicht im Schmiedefeuer. Die geschweißte Stelle wird beim Abkühlen
                              									selbstverständlich gehärtet, so daß es nötig ist, das Stück vor der Bearbeitung zu
                              									glühen, zu schleifen oder zu polieren. (La technique moderne.)
                           Dr.-Ing Kalpers.
                           Neue Versuche mit dem elektrischen Rauchgasprüfer. Ueber
                              									Versuche mit dem auch hier bereits beschriebenenDingl.
                                    											Polyt. J. 1923 Heft 10. elektrischen Rauchgasprüfer berichtet
                              									Obering. Generlich vom Dampfkessel-Ueberwachungs-Verein Berlin in Nr. 35 der
                              										„Wärme“. Die Versuche wurden an einem handbeschickten
                              									Steinmüller-Wasserrohrkessel mit Planrost-Unterfeuerung mit derselben Kohlensorte
                              									und bei fast gleicher Kesselleistung so durchgeführt, daß am ersten Tage die
                              									Anzeige-Instrumente des elektrischen Rauchgasprüfers hinten am Kessel, dem Blick des
                              									Heizers entzogen, angebracht wurden, daß aber am zweiten Tage derselbe Heizer den
                              									Kessel nach den Angaben der wieder am gewöhnlichen Platze befindlichen Instrumente
                              									und nach Anweisungen bedienen mußte, die er von der Lieferfirma des Rauchgasprüfers,
                              									der Siemens & Halske A.-G., auf Grund der am ersten Tage gemachten Beobachtungen
                              									erhielt. Dies Anweisungen bestanden im wesentlichen nur darin, die Feuerschicht ganz
                              									niedrig zu halten, die vier Feuer regelmäßig und abwechselnd zu beschicken und
                              									darauf zu achten, daß der Kohlenoxyd- und Wasserstoffmesser des Rauchgasprüfers
                              									möglichst auf Null stehen blieb, d.h. unverbrannte Gase nicht auftraten; zu diesem
                              									Zwecke sollte der Heizer nach jeder Beschickung für kurze Zeit Sekundärluft geben
                              									durch Oeffnen der Rosetten an den Führungstüren. Der Erfolg der höchst einfachen,
                              									von jedem Heizer leicht zu befolgenden Anweisungen war, daß Verdampfung und
                              									Kesselwirkungsgrad am zweiten Versuchstag um rund 10% größer waren (7,53fache statt
                              									6,77fache Verdampfung und 73 statt 66,4 v. H. Wirkungsgrad). Außerdem war das
                              									Abschlacken wegen der niedrigeren Feuerschicht schneller und bequemer auszuführen;
                              									auch äußerlich war die bessere Verbrennung erkennbar, und zwar daran, daß sich
                              									erheblich weniger Rauch entwickelte. Die von den Registrierinstrumenten des
                              									elektrischen Rauchgasprüfers aufgezeichneten Kurven (Abb.
                                 										1) zeigten ein ein viel ruhigeren Verlauf als am ersten Tage (Abb. 2), die Kohlensäurekurve außerdem recht gute
                              									Uebereinstimmung mit der auf Grund von Orsat-Analysen erhaltenem: 9,8 gegen 9,6 v.
                              									H. mittlerer Kohlensäuregehalt. Die Versuche bestätigen aufs Neue, daß der
                              									elektrische Rauchgasprüfer ein sehr wertvolles, für handbeschickte Kessel vielleicht
                              									sogar unentbehrliches Kontrollinstrument ist, weil er dem Heizer am Kessel mit nur
                              									ganz geringer Verzögerung (1 ½ bis 1 Minute) den Kohlensäure- und auch den Kohlenoxyd-Gehalt angibt, sodaß er stets in der Lage ist, so
                              									zu heizen, daß dauernd der günstigste Kesselwirkungsgrad, d.h. der kleinste
                              									Kohlenverbrauch erzielt wird. Selbst wenn sich mit Hilfe des elektrischen
                              									Rauchgasprüfers nicht wie beim beschriebenen Versuch, ein um 10 v. H., sondern nur
                              									ein um 5 v. H. besserer Wirkungsgrad ergibt, macht sich der elektrische
                              									Rauchgasprüfer in kürzester Zeit bezahlt: die Kohlenersparnis beträgt dann bei 550
                              									kg Kohle/Std., 10 Std. täglicher Arbeitszeit, 300 Arbeitstagen im Jahr und einem
                              									Kohlenpreis von 25 M/t immer noch 0,55 . 10 . 300 . 25,0 . 0,05 = rund 2050 Mk.
                              									jährilch für einen einzigen Kessel.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 147
                              Abb. 1. CO2- und CO-Kurve des elektrischen
                                 										Rauchgasprüfers an dem Tag, als der Heizer nach den Angaben des Rauchgasprüfers
                                 										arbeitete.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 341, S. 147
                              Abb. 2. CO2- und CO-Kurve des elektrischen
                                 										Rauchgasprüfers an dem Tag, als der Heizer nicht nach den Angaben des
                                 										Rauchgasprüfers arbeitete.
                              
                           E. Zopf, Berlin.
                           Eine neue Großindustrie (Kunstseide). Von den vielen in
                              									den letzten Jahren auf den Weltmarkt geworfenen Kunst- und Ersatzstoffen haben sich
                              									nur wenige halten können. Zu ihnen gehört in erster Linie die Kunstseide. Diese neue
                              									Industrie hat sich inzwischen nicht nur zu einer modernen Großindustrie
                              									vervollkommnet, sondern steht noch mitten in ihrer Weiterentwicklung. Die
                              									Weltproduktion an künstlicher Seide stieg in den letzten 10 Jahren fast auf das
                              									10fache, nämlich von 24 Mill. auf 240 Mill. Ib. Während früher Deutschland an
                              									führender Stelle auf diesem Gebiete stand, ist es infolge wirtschaftlicher Nöte auf
                              									den 3. Platz in der Reihe der Produktionsländer abgedrängt worden. Mit rund 74 Mill.
                              									Ib. bringt Amerika etwa 28%, England 12% und Deutschland mit 26 Mill. Ib. etwas
                              									weniger als England für die gegenwärtige Erzeugung hervor. Italien ist auf dem Kontinent der
                              									stärkste Konkurrent Deuschlands.
                           Infolge ihrer guten Qualität, Vielseitigkeit des Produktes und verhältnismäßig
                              									niederer Preise (ein Viertel bis ein Achtel der Naturseide) erfreut sich die
                              									Kunstseide zunehmender Beliebtheit. Selbst für Fachleute ist es oft schwierig,
                              									künstliche Seide von der Faser des Naturproduktes zu unterscheiden. Da fast jede
                              									Fabrik ihr eigenes Geheimnis hat, und dieses ängstlich hütet, so ist es nicht immer
                              									leicht, Zutritt zu den Gewinnungsorten zu erhalten. Die Herstellungsverfahren sind
                              									zudem noch nicht abgeschlossen. Manche Probleme auf diesem Betätigungsfelde harren
                              									noch der Lösung bezüglich Erreichung des Endzieles. Es werden 4 wichtige Methoden
                              									von einander unterschieden. Allen Herstellungsverfahren gemeinsam ist die
                              									Verarbeitung des Ausgangsstoffes (Baumwolle oder Fichtenholz) durch Auflösen in
                              									Zellulose. Der Physiker Reaumur dürfte wohl derjenige sein, dei; erstmalig und zwar
                              									im Jahre 1734 auf den Gedanken kam, künstliche Seide aus Gummi und einer Harzlösung
                              									zu verfertigen. Seine Versuche blieben lange Zeit unbeachtet. Erst 50 Jahre später
                              									erfand Graf H. de Chardonet ein Verfahren zur Herstellung eines seidenglänzenden
                              									Fadens. Diese sog. Chardonet-Seide ist aus der in der Sprengstoffindustrie bekannten
                              									Hydrozellulose hervorgegangen. Um ihr die durch schädliche Nitroverbindungen
                              									anhaftenden Explosionsfähigkeiten zu nehmen, muß sie denitriert werden. Die
                              									nächstälteste Kunstseide ist die sog. Paulyseide, so genannt nach ihrem Erfinder,
                              									der zur Lösung von Zellulose Kupferoxydammoniak benutzte. Während die
                              									Chardonet-Seide in Deutschland von den Vereinigten Kunstseidefabriken hergestellt
                              									wurde, arbeiteten die Ver. Glanzstofffabriken in Elberfeld nach dem Pauly'schen
                              									Verfahren.
                           Bei den Henckel-Donnersmark-Werken wird Zellulose mit Essigsäurehydrat behandelt und
                              									das so erhaltene Erzeugnis in Chloroform gelöst. Diese so gewonnene Acetatseide
                              									dürfte wegen ihrer Festigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit und weil ihre
                              									Eigenschaften denjenigen der Naturseide recht nahe kommen, eine große Zukunft haben.
                              									Die heutigen hohen Herstellungskosten dürften durch technische Verbesserungen in
                              									absehbarer Zeit ermäßigt werden. Die bislang billigste aller Kunstseiden ist die
                              									nach der in Deutschland gebräuchlichsten Viskose-Methode hergestellte. Sie ist
                              									wirtschaftlicher als die nach dem Nitro- und Kupferverfahren erzeugte und besteht
                              									darin, daß anstelle von Baumwollzellulose Holzzellstoff verwandt wird, der mit
                              									Alkalien und Schwefelkohlenstoff behandelt wird und zudem noch einen Gärungsprozeß
                              									durchmachen muß. Die zähflüssige Masse wird beim Ausspinnen in einer Lösung von
                              									Salmiak verfestigt. Ein großer Teil unserer Holzbestände geht heute bereits den Weg
                              									durch die Kessel, Kochprozesse, Bleichereien und Pressen der Zellstoffbetriebe, um
                              									in Kunstseidefabriken eine weitgehende Umwandlung zu reiner Zellulose im
                              									Kunstseidenfaden für ein glänzendes Dasein verarbeitet zu werden. Eine Unsumme
                              									gemeinsamer Arbeit von Wissenschaft und Technik war und ist noch erforderlich, die
                              									die neue deutsche Großindustrie aufbringen mußte und noch muß, um den Vorsprung
                              									anderer Länder Wieder einzuholen.
                           Landgraeber.
                           Gründung des Fachnormenausschusses für Krankenhauswesen.
                              									Die Normung, die sich ursprünglich nur in der Elektrotechnik und im Maschinenbau
                              									auswirkte, wird in ihrer Bedeutung von immer weiteren Kreisen erkannt. Nachdem die
                              									Vereinigten Staaten von Nordamerika die Vorteile der Normung auf vielen Gebieten
                              									außerhalb der maschinellen Technik bereits erprobt haben, befruchten die Erfahrungen
                              									Amerikas auch die europäischen Länder.
                           In diesen Tagen wurde in Deutschland ein Fachnormenausschuß für Krankenhauswesen
                              									gegründet, der alle beteiligten Kreise umfaßt. Getragen werden die Arbeiten vom
                              									Gutachterausschuß für das öffentliche Krankenhauswesen, der als gemeinsame
                              									Organisation der Spitzenverbände der Selbstverwaltung (Deutsche Städtetag, Deutsche
                              									Landkreistag, Provinzialgeschäftsstelle, Reichsstädtebund, Reichsarbeitgeberverband,
                              									Deutscher Landgemeindetag, Preußischer Landgemeindeverband West) anerkannt ist und
                              									auch von den beteiligten Ressorts des Reiches und der Länder unterstützt und
                              									gefördert wird; der Gutachterausschuß arbeitet in enger Fühlungnahme mit dem
                              									Deutschen Normenausschuß; der Reichsverband der privaten gemeinnützigen Kranken- und
                              									Pflegeanstalten Deutschlands ist an den Arbeiten beteiligt.
                           Die Normungergebnisse werden in der „Zeitschrift für das gesamte
                                 										Krankenhauswesen“, Verlag Julius Springer, Berlin, als Entwürfe zur Kritik
                              									veröffentlicht und nach Abgleichung aller Einwände als Normblätter in das deutsche
                              									Normensammelwerk (Beuth-Verlag, G. m. b. H., Berlin SW. 19, Beuthstraße 8) unter dem
                              									Zeichen „DIN“ aufgenommen.
                           Das Programm umfaßt die Normung des gesamten Bedarfs der Krankenhäuser an
                              									Einrichtungsgegenständen jeder Art, Möbel, Geräte, Apparate, Instrumente.
                              									Spinnereien und Webwaren jeder Art zu Krankenhauszwecken, Wäsche, Kleidung,
                              									Laboratoriumsbedarf, Lebensmittel, Reinigungs- und Desinfektionsmittel; aber auch
                              									den besonderen Bedarf zur Ausstattung des Krankenhausbaues: Fußbodenbelag, Fenster,
                              									Türen, Belüftungsvorrichtungen usw. usw. Bereits vor der Gründung des
                              									Fachnormenausschusses sind die Normungsarbeiten aufgenommen worden, so daß die
                              									ersten Entwürfe voraussichtlich in nächster Zeit zur Kritik veröffentlicht werden
                              									können.
                           Den Kreisen, die an der Mitarbeit auf diesem Gebiet interessiert sind, ist dringend
                              									zu empfehlen, die Arbeiten in der obengenannten Zeitschrift zu verfolgen. Firmen,
                              									die in dem Ausschuß mitzuarbeiten beabsichtigen, werden gebeten, sich an den
                              										„Fachnormenausschuß Krankenhaus“, Düsseldorf, Moorenstr. 5, zu
                              									wenden.
                           Erleichterung im Haushalt. Die Hausfrauen kommen oft in
                              									Verlegenheit, wenn es sich darum handelt, für Teile von Haushaltgegenständen oder
                              									Geräten passenden Ersatz zu beschaffen, z.B. Deckel für Kochtöpfe oder
                              									Einkochgläser, Herdringe, Schrauben oder Kurbeln an Fleischmaschinen u. dgl. Diese
                              									Schwierigkeiten entstehen dadurch, daß diese Gegenstände ohne praktische Gründe in
                              									überaus zahlreichen verschiedenen Formen hergestellt werden. Diesem Mißstand soll
                              									dadurch abgeholfen werden, daß an Stelle der Vielfältigkeit nur wenige Ausführungen
                              									treten, die nach reinen Zweckmäßigkeitsgründen festgelegt werden. Das bedeutet
                              									leichtere Ersatzbeschaffung für den Käufer. Auch die Händler werden in die Lage
                              									gesetzt, bei verhältnismäßig geringer Lagerhaltung alle vorkommende Bedürfnisse zu
                              									decken und vor allen Dingen Ersatzteile schnell und billig zu liefern.
                           Der Normenausschuß der Deutschen Industrie hat gemeinsam mit den Hausfrauenvereinen,
                              									den Herstellern und Händlern die Vereinheitlichung von Haushaltgegenständen
                              									aufgenommen. In Arbeit sind Normen für Kochtöpfe, Einkochgläser und Herdringe.
                           Anregungen aus den interessierten Kreisen zur Normung auch anderer
                              									Haushaltgegenstände nimmt der Normenausschuß der Deutschen Industrie, Berlin NW. 7,
                              									Friedrich-Ebert-Straße 27, gern entgegen.
                           
                           Internationaler gewerblicher Rechtsschutz. Mitgeteilt
                              									vom Patentanwaltsbüro Dr. Oskar Arendt, Berlin W. 50.
                           Deutschland: Ausstellungsschutz genießen Erfindungen,
                              									Muster und Warenzeichen auf nachstehenden Ausstellungen bzw. Messen: Deutsche
                              									Hygiene-Messe und -Ausstellung in Berlin 18. bis 25. April 1926. 7. Deutsche
                              									Erfindungen-, Neuheiten- und Industriemesse des Reichsverbands deutscher Erfinder in
                              									Ludwigshafen a. Rhein 5. bis 13. Juni 1926, 32. Deutsche landwirtschaftliche
                              									Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Breslau 31. Mai bis
                              									6. Juni 1926.
                           Durch die am 1. April 1926 in Kraft getretene Neuregelung der Patentamtsgebühren ist
                              									auch bei Eventualgebrauchsmuster-Anträgen wieder die Hälfte der Anmeldegebühr, also
                              									jetzt 7,50 Mk., zu zahlen. Die Gebühr für Antrag auf Nennung des Erfinders in der
                              									Patentschrift bleibt mit 3 Mk. bestehen. Bei Einzahlung von Jahresgebühren, die vor
                              									dem 1. April 1926 fällig waren, ist die Gebühr in alter Höhe zu entrichten. Jedoch
                              									sind in der Nachfrist für überfällige Taxen nur 10% Zuschlag zu zahlen.
                           Lettland hat seine Kündigung der beiden Madrider Abkommen
                              									vom 14. April 1891 über die internationale Registrierung von Fabrik- und
                              									Handelsmarken und über die Unterdrückung falscher Herkunftsangaben auf Waren zum 21.
                              									Dezember 1926 ausgesprochen.
                           Brit. Dominions: Deutsche Firmen, die Patente,
                              									Warenzeichen und Muster eingetragen haben, sind damit noch nicht in den Brit.
                              									Dominions geschützt, was aber gerade bei Geschäftsbeziehungen in Australien von,
                              									großer Wichtigkeit sein dürfte. Infolge der in Australien aufblühenden eigenen
                              									Industrie müssen interessierte Firmen zur Vermeidung unerwünschter Folgen ihre
                              									Rechte durch Anmeldung von Patenten usw. zu schützen suchen. Dies geschieht am
                              									besten durch einen deutschen Patentanwalt.
                           China: In der Zeit vom 14. Juli 1923 bis 31. Mai 1925 sind
                              									5097 Handelsmarken vom chinesischen Handelsmarkenamt eingetragen worden.
                           Persien: Dem Parlament liegt ein Patentgesetz vor, dessen
                              									Annahme in noch unbestimmter Zeit zu erwarten ist. Warenzeichenanmeldungen nimmt das
                              									persische Justizministrium bereits entgegen. Die zum persischen Markenschutzgesetz
                              									vom 31. März 1925 vorgesehenen Ausführungsbestimmungen sind noch nicht
                              									ergangen.
                           Frankreich: Bei Anmeldung oder Erneuerung eines
                              									Warenzeichens sind eine Grundgbühr von 50 Frcs. und eine Eintragungsgebühr von 10
                              									Frcs. für jede Warenklasse zu zahlen.
                           Argentinien: 15jährige Patente konnten früher nur in
                              									Ausnahmefällen für besonders wichtige Erfindungen erhalten werden. Dies kann jetzt
                              									aber für jedes Patent verlangt werden. Bei Anmeldung muß die gewünschte Patentdauer
                              									beantragt werden, da es zurzeit eine spätere Patentverlängerung nicht gibt. Eine
                              									Vollmacht kann für mehrere Patent- und Warenzeichenanmeldungen, die eventl. auch
                              									nicht zu gleicher Zeit einzureichen sind, benutzt werden und braucht nur vor einem argentinischen Konsul beglaubigt werden.
                              									Nach dem argentinischen Markengesetz ist der erste Anmelder der Inhaber einer Marke.
                              									Es kommt daher häufig vor, daß eine ausländische Marke für eine dort ansässige
                              									Person eingetragen wird. Diese Eintragungen bezwecken sehr oft hohe Geldforderungen
                              									für die Abtretung an den rechtmäßigen Eigentümer. Um diesem unlauteren Treiben
                              									entgegenzutreten, wird dringend geraten die rechtzeitige Anmeldung wichtiger
                              									Schutzmarken in Argentinien zu veranlassen.
                           Termine der Leipziger Herbstmesse. Die Leipziger
                              									Herbstmesse 1926 findet vom 29. August bis 4. September statt. Die Technische Messe
                              									mit Baumesse fällt diesmal mit der Mustermesse zusammen, sie dauert also ebenfalls
                              									bis 4. September. Die im Rahmen der Mustermesse abgehaltene Textilmesse und die
                              									Deutsche Schuh- und Ledermesse halten ihre Ausstellungen vom 29. August bis 1.
                              									September geöffnet.
                           Die Preise für die amtlichen Meßadreßbücher sind zur Herbstmesse herabgesetzt worden.
                              									Es kostet das Amtliche Meßadreßbuch für die Allgemeine Mustermesse 3.– Mk., das
                              									Meßadreßbuch für die Technische Messe 2.– Mk. und das für die Textilmesse –. 50
                              									Mk.
                           Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf der
                                 										Leipziger Messe. Nach einer Bekanntmachung des Reichsministers der Justiz
                              									im Reichsgesetzblatt tritt der durch das Gesetz vom 18. März 1904 (Reichsgesetzbl.
                              									S. 141) vorgesehene Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen ein für die vom
                              									29. August bis 4. September 1926 in Leipzig stattfindenden Mustermesse nebst
                              									Technischer Messe und Baumesse.