| Titel: | Die Gießereitechnik auf der Leipziger Messe. | 
| Autor: | Kalpers | 
| Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 228 | 
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                        Die Gießereitechnik auf der Leipziger
                           								Messe.
                        Die Gießereitechnik auf der Leipziger Messe.
                        
                     
                        
                           Der Verein deutscher Gießereifachleute hatte auf der vorjährigen Frühjahrsmesse
                              									1925 zum erstenmal in Verbindung mit dem technischen Messeamt in Anlehnung an die
                              									Wärmemesse eine Gießereimesse gefördert, die von etwa 50 Ausstellern beschickt war.
                              									Während damals abgesehen von der kurzen Zeit, nur ein beschränkter Raum in einem
                              									Zelt zur Verfügung stand, war in diesem Jahr die neuerbaute Halle 21 als Heim der
                              									beiden Gruppen Wärme und Gießereitechnik vorgesehen. Man betrat daher mit einer
                              									gewissen Neugier diese neue Halle, und dies um so mehr, als einerseits nach der
                              										„Gießereizeitung“, dem Organ des Vereins deutscher Gießereifachleute,
                              									Berlin, eine Erweiterung der Gießereifachmesse 1925 mit nicht weniger als 14
                              									Abteilungen, darunter einer Sonderausstellung über den Elektroofen in der Eisen–,
                              									Stahl- und Metallgießerei in Aussicht gestellt war, anderseits auch nach dem
                              									amtlichen Führer ein umfassendes und lückenloses Bild der gesamten deutschen
                              									Gießereitechnik geboten werden sollte. Wer sich aber auf Grund dieser
                              									Ankündigungen zu einem Besuch der Gießereimesse entschlossen hatte, erfuhr eine
                              									harte Enttäuschung; es muß in diesem Falle festgestellt werden, daß die
                              									Oeffentlichkeit hier irregeführt worden ist, da nur einige wenige Firmen ausgestellt
                              									hatten und all das, von dem man vorher gehört hatte, z.B. die Elektroofen, überhaupt
                              									nicht vertreten war. Schon die Absage des Gießereimaschinenverbandes hätte genügt,
                              									einen klaren Mißerfolg vorauszusagen, wobei selbstverständlich die Erzeugnisse der
                              									wenigen ausstellenden Firmen von diesem Urteil nicht getroffen werden, da man seit
                              									der letzten Düsseldorfer Gießerei-Ausstellung 1925 verschiedene Verbesserungen und
                              									Neuerungen sah.
                           Einheitlich vertreten waren die bekanntesten Firmen für Schmelzöfen mit Oelfeuerung.
                              									Hier ist zunächst ein im letzten Winter vollendeter neuer tiegelloser Schmelzofen
                              									der Firma Karl Schmidt, Neckarsulm, zu nennen, der bei einer Chargenleistung von 800
                              									kg sich für das Schmelzen von Grauguß, Temperguß, Ferromangan, Sondereisen und auch für
                              									Stahlguß eignet. Bei einer Gattierung von 80% Gußbruch und von 20% Roheisen werden
                              									im laufenden Betriebe Zerreißfestigkeiten von 25,6 kg/mm2 und Biegefestigkeiten von 40 kg/mm2
                              									erzielt; der Schwefelgehalt beträgt dabei 0,05% und der Siliziumgehalt 2,5%. Von
                              									Interesse ist der Brennstoffverbrauch, der sich nach der Anzahl der in einer
                              									Arbeitsschicht geleisteten Chargenzahl, d.h. nach der Ausnutzung der Ofenhitze
                              									richtet. An Betriebsdaten werden bei diesem neuen Ofen im Eisengießereibetriebe
                              									erhalten:
                           
                              
                                 
                                 1. Charge
                                 2. Charge
                                 3. Charge
                                 4. Charge
                                 5. Charge
                                 
                              
                                 Zeit
                                 2 St.
                                 1 St. 30 M.
                                 1 St. 25 M.
                                 1 St. 22 M.
                                 1 St. 20 M.
                                 
                              
                                 Oelver-brauch
                                 14,4%
                                 10,9%
                                 9,5%
                                 9%
                                 8,5%
                                 
                              
                           Der durchschnittliche Oelverbrauch beträgt 12,5% und die
                              									Gesamtbetriebsdauer einschließlich des Anwärmens, Einsetzens und Ausgießens 9
                              									Stunden 7 Minuten. Bei Berücksichtigung der notwendigen hohen Schmelztemperatur ist
                              									dieser Brennstoffverbrauch ziemlich niedrig, und die günstigen Erfolge werden nur
                              									durch die besondere Ausführung des Trommelofens gesichert. Von Wichtigkeit ist dabei
                              									die Ableitung der Abgase im Anschluß an die Metallvorwärmung durch einen
                              									Rekuperator, der nach dem Gegenstromprinzip eine heiße Verbrennungsluft von 400°
                              									erzeugt. Ferner dreht sich der Schmelzofen dauernd und das Schmelzgut wird ständig
                              									durchmischt, so daß das Enderzeugnis von gleichmäßiger Beschaffenheit ist. Das
                              									Einschmelzen des Eisens selbst erfolgt unter einer neutralen Schlackendecke, die
                              									während der ganzen Betriebsdauer schwimmend auf dem Bade bleibt; auf die Weise wird
                              									das Eisen vor direkter Flammenwirkung geschützt. Die Ergebnisse dieses neuen
                              									Schmelzofens, namentlich die hohen Festigkeitseigenschaften, der geringe
                              									Brennstoffverbrauch, die billige Gattierung mit hohem Gußbruchanteil und der geringe
                              									Schwefelgehalt lassen die Annahme als berechtigt erscheinen, daß dieser Ofen mit dem
                              									elektrischen Ofen für die Herstellung von Sonderguß in aussichtsreichen Wettbewerb
                              									treten wird.
                           Eine andere Ofenausführung zur Oelfeuerung war auf dem Stand der Fulmina-Werke zu
                              									sehen, bei welcher die Abgase ebenfalls den Einsatz in einem Vorraum vorwärmen. Die
                              									Brennstoffverbrauchsziffern sind zwar nicht so günstig wie beim obenbeschriebenen
                              									Ofen, aber immerhin noch beachtenswert. Bei der Herstellung von Temperguß können
                              									folgende Daten angenommen werden:
                           
                              
                                 Fassungsvermögenkg
                                 Schmelzzeitin Minuten
                                 Oelverbrauch%
                                 
                              
                                 1000
                                   90–120
                                 16–18
                                 
                              
                                 1500
                                 120–140
                                 16–18
                                 
                              
                                 2000
                                 120–140
                                 15–17
                                 
                              
                                 3000
                                 140–180
                                 15–17
                                 
                              
                                 4000
                                 140–180
                                 14–16
                                 
                              
                           Auch Sonderguß und Eisenlegierungen lassen sich in diesem Ofen erschmelzen. Günstige
                              									Brennstoffverbrauchsziffern erhält man beim Schmelzen von Kupferlegierungen, die bei
                              									Rotguß 6–7% ausmachen.
                           Die Firma Schmitz & Co., Barmen, stellte u.a. einen Oelschmelzofen aus, der aus
                              									Schmelztrommel und Untergestell mit dem Wendegetriebe besteht. Die Ofenreise
                              									erstreckt sich bei Eisenguß auf etwa 100–160 Schmelzungen, bei Metallguß je nachdem
                              									auf etwa 400 Schmelzungen. Während für die Herstellung von Metallguß die Luft nicht
                              									vorgewärmt zu werden braucht, ist dies bei Eisenguß notwendig. Der Winderhitzer
                              									besteht aus einem Rohrsystem, das in einer aus feuerfesten Steinen gemauerten Kammer
                              									untergebracht ist.
                           Auf dem Gebiete des Kupolofenbetriebs zeigte ein Ofenmodell mit Stampfmasse der
                              									Dörentruper Sand- und Tonwerke den Vorteil dieser Ofenauskleidung gegenüber dem
                              									Steinfutter, der vor allem darin zu erblicken ist, daß das Ofenfutter der
                              									Stampfmasse fugenlos wird und infolgedessen der Zerstörung durch Einwirkung der sich
                              									im Schmelzprozeß bildenden Schlacke nicht preisgegeben ist. Bei der Verwendung von
                              									Stampfmasse bildet sich bei der hohen Schmelztemperatur eine Glasurschicht auf der
                              									Oberfläche, während die Masse selbst festzusammensintert. Das Auftragen der
                              									Stampfmasse ist einfach und erfolgt vermittels Stampfringe. Als zweckmäßigste
                              									Futterstärke wird für den Kupolofenbetrieb eine solche von 150–180 mm gehalten. Das
                              									Aufstampfen selbst kann mit Hand- oder besser mit Preßluftstampfer vorgenommen
                              									werden. Vor Inbetriebnahme des Ofens ist die gestampfte Masse bei 110–180° zu
                              									trocknen. Auf demselben Ausstellungsstand waren dann weiter Gießereischwärzen,
                              									Sande, Flußspat u.a.m. ausgestellt. Dem Flußspat scheint man neuerdings ein höheres
                              									Interesse zu widmen, da er die Schlacke dünnflüssiger gestaltet, die mechanischen
                              									Eisenverluste verringert, den Eisenabbrand von 6–7% beim Kalksteinzusatz auf 2–3%
                              									herabsetzt und die Entschwefelung begünstigt. Ausstampfmasse, wie oben beschrieben,
                              									stellten auch die Eisenberger Klebsandwerke aus, die als Neuerung u.a. die Anwendung
                              									des Spritzverfahrens, d.h. die Auftragung unter Druck brachten. Diese neue
                              									Arbeitsweise gestattet die Ausbesserung des Ofens, hauptsächlich der Kleinkonverter
                              									für Stahlformgießereien in heißem Zustand während des Betriebes.
                           Von Temperaturmeßinstrumenten ist das Wico-Pyrometer erwähnenswert, ein kombiniertes
                              									Strahlungsthermometer; es besteht aus einem hochfeuerfesten Metallrohr, an dessen
                              									Ende Glühtöpfe aus keramischer Masse eingesetzt sind. Mit dem Rohr verbunden ist das
                              									Gesamtstrahlungspyrometer mit höchster Millivoltspannung (etwa 50 M.V.). Bei
                              									Temperaturen bis 1000° kann das gesamte Element, also Kopf und ein Teil des Rohres,
                              									der Temperatur ausgesetzt werden, bei hohen Temperaturen nur der rohrartige
                              									keramische Glühkopf. Der Boden des Glühkopfes nimmt sehr schnell die
                              									Umgebungstemperatur an und wird glühend, während das Strahlungspyrometer genau auf
                              									den glühenden Boden eingerichtet ist, und die Bodentemperatur ermittelt.
                           Von Sandaufbereitungsmaschinen war nur die bekannte Prosama der Firma Axmann
                              									ausgestellt, die seit ihrer Düsseldorfer Vorführung verbessert worden ist,
                              									namentlich hinsichtlich der Bauart und Fahrtvorrichtung. Gegenüber anderen
                              									Sandaufbereitungsmaschinen besteht der Vorteil darin, daß der Sand in Gießereisohle
                              									aufgegeben wird und nicht erst hochgehoben zu werden braucht. Dieser Maschine ist
                              									das Prinzip des Schleuderverfahrens zugrundegelegt. Der Sand kann dabei entweder
                              									seitlich oder rückwärts oder durch Wurf nach oben in Sandbunker, die sich über der
                              									Formmaschine befinden, geschleudert werden. Aus dieser Sandaufbereitungsmaschine ist
                              									dann die kombinierte Aufbereitungs- und Formmaschine entstanden, die den Sand in die
                              									Gußform schleudert und mit der Rüttelmaschine bereits in starkem Wettbewerb getreten
                              									ist. Was die Maschine als Sandaufbereitungsanlage anbetrifft, so muß zugegeben
                              									werden, daß sie in ihrer Eigenschaft als Sieb- und Schleudermaschine eine
                              									wesentliche Vereinfachung in der Sandaufbereitung darstellt. Ein glücklicher Umstand
                              									ist auch die Möglichkeit der Reinigung des Sandes von Koksstücken, Fremdkörpern und
                              									Eisenteilen.
                           Von Formmaschinen waren infolge Ausbleibens sämtlicher Firmen des
                              									Gießereimaschinenverbandes nur einige Maschinen zu sehen, u.a. die
                              									Handpreßformmaschine Barbarossa für kastenlose Formung, deren Verwendungsmöglichkeit
                              									sich auf Formgrößen von 325 × 450 mm bis 400 × 500 mm bei einer Formhöhe bis 270 mm
                              									erstreckt. Die Sandverdichtung wird durch Schwenken des Preßarmes vorgenommen,
                              									während das Abheben so erfolgt, daß Oberkasten und auch die Modellplatte durch einen
                              									Vibrator gelockert werden und der Oberkasten sich durch Kurbelbewegung von der
                              									Modellplatte und nach Weiterdrehen der Kurbel die Modellplatte sich aus dem
                              									Unterkasten hebt. Nach dem Abheben wird der Oberkasten an der Maschine hochgestellt,
                              									die Modellplatte auf eine Wärmevorrichtung abgelegt, so daß die Form zum Einlegen
                              									der Kerne freiliegt. Das Zusammensetzen von Ober- und Unterkasten geschieht dann
                              									einfach durch Zurücklegen des Oberkastens. Die Arbeitsweise dieser Maschine wurde
                              									praktisch vorgeführt; ihre Leistung beträgt bei Bremsklötzen 15–18 Kasten in der
                              									Stunde, bei Herdringen 22–24 Formkasten in der Stunde.
                           Die Steinmodellplatten-Gesellschaft Dresden war mit Steinmodellplatten bzw.- Material
                              									für die Herstellung derartiger Modellplatten vertreten.
                           Von einer Steinmodellplatte sollen sich 15–20000 Abformungen ohne Veränderung oder
                              									Abnutzung der Form herstellen lassen. Die Anfertigung dieser Modellplatte kann
                              									innerhalb eines Tages im eigenen Betrieb erfolgen, indem sie in Sandformen oder
                              									Gipsrahmen vergossen werden und dann erhärten. Da sie gegen Stöße widerstandsfähig
                              									sind, eignen sie sich besonders für Rüttelformmaschinen.
                           Von Werkstoffprüfapparaten ist ein Ritzhärteprüfer zu nennen, bei dem eine
                              									kegelförmig geschliffene Diamantspitze mit der polierten Probe in Berührung gebracht
                              									und diese unter der Spitze des Ritzkörpers fortgezogen wird. Der Apparat besteht aus
                              									einer Laufgewichtswage, die den Diamanten trägt, und aus einem Schlitten zur
                              									Aufnahme des Prüfstückes. Dabei gilt als Maßstab für die Ritzhärte diejenige
                              									Belastung, die für die Erzeugung eines Risses von 0,01 mm Breite erforderlich ist.
                              									Diese Breite selbst wird mit dem Meßmikroskop bestimmt. Weiter waren Mikroskope und
                              									Kameras für Mikro- und Makro-Photographie ausgestellt. Bei den Mikroskopen handelt
                              									es sich um solche mit Beleuchtungseinrichtung (Metallfadenlampe von 4 Volt
                              									Spannung), für die Untersuchung des Gefüges von Metallen, während die Kameras von
                              									den übrigen metallographischen Apparaten dadurch abweichen, daß sie nicht liegend,
                              									sondern stehend ausgeführt sind, so daß sich die Kamera über dem Mikroskop befindet,
                              									und seitlich ausgeschwenkt werden kann.
                           Das Förderwesen für Gießereiverhältnisse war nicht in der Halle 21, sondern auf dem
                              									Freigelände neben Halle 11 (Förderwesen) untergebracht. U.a. wurde im Betrieb eine
                              									Einrichtung für Fließarbeit gezeigt, wie sie in Gießereien verwendet werden kann.
                              									Die Formkästen bewegen sich durch ihr Eigengewicht ohne Betriebskraft auf geraden
                              									und gekrümmten Rollbahnen; durch die verstellbaren Füße kann der Rollbahn ein der
                              									jeweilig gewünschten Leistung und Geschwindigkeit entsprechendes Gefälle gegeben
                              									werden. Zum Fördern der Formkästen in steigender Richtung wird die Bahn mit einer
                              									einfachen Antriebsvorrichtung ausgerüstet. Zeichnungen erläuterten die Betriebsweise
                              									von der Sandaufbereitungsanlage bis zur Formerei, Schmelzanlage und
                              									Formkastenentleerungsstelle.
                           Im großen und ganzen dürften im vorstehenden die Einrichtungen, die sich auf die
                              									Gießereitechnik beziehen und in Leipzig ausgestellt waren, aufgeführt sein. Bei
                              									einem Rückblick auf die Düsseldorfer Gießereiausstellung vom vorigen Jahr muß man zu
                              									der Einsicht kommen, daß ein Vergleich zwischen diesen beiden Ausstellungen nicht
                              									ausgesprochen werden kann, da in Leipzig das Gießereiwesen nur zu einem Bruchteil
                              									vertreten war. Bevor man eine umfangreiche Gießereiausstellung ankündigt, wie es
                              									diesmal geschah, sollte man sich doch der Beteiligung der maßgebenden Kreise erst
                              									einmal sichern, denn die Enttäuschung, die der Besucher in diesem Falle erfahren
                              									hat, ist so nachwirkend, daß in Zukunft das Vertrauen zu der Leipziger Gießereimesse
                              									möglicherweise erschüttert wird. Aber auch das Ansehen der deutschen Gießereitechnik
                              									im In- und Auslande erfährt dadurch keine Förderung, wenn man in der Presse die
                              									Ausstellung vorher so darstellt, als ob sie „ein umfassendes und lückenloses Bild
                                 										der gesamten deutschen Gießereitechnik“ zeigen würde, während sie sich
                              									später in Wirklichkeit als mißlungen erweist.
                           Dr.-Ing. Kalpers.