| Titel: | Die Dampfkesselexplosionen in Deutschland im Jahre 1925. | 
| Autor: | Parey | 
| Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 277 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Die Dampfkesselexplosionen in Deutschland im
                           								Jahre 1925.
                        PAREY, Die Dampfkesselexplosionen in Deutschland im Jahre
                           								1925.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1925 haben sich in Deutschland zehn Dampfkesselexplosionen ereignet,
                              									die leider fast alle sehr schwere Folgen hatten: 17 Personen wurden getötet, 7
                              									schwer und 15 leicht verletzt.
                           1. Auf dem Steinkohlenbergwerk Konsol. Fürstensteiner Gruben in Waldenburg
                              									explodierte am 26. Januar 1925 ein Einflammrohrkessel mit 86,77 m2 Heizfläche, 6,82 m2 Rostfläche, 7,5 at Betriebsdruck, Baujahr 1897. Der erste und zweite
                              									Schuß des Flammrohres wurden stark eingebeult, die Rundnaht wurde teilweise
                              									aufgerissen und 38 Niete abgeschert. Durch undichten Abschluß des Ablaßventils war
                              									Wassermangel entstanden, so daß der Wasserspiegel 740 mm unter dem Scheitel des
                              									Flammrohres stand. Zwei Personen wurden getötet, zwei schwer und zwei leicht
                              									verletzt.
                           2. Auf dem Blei- und Zinkbergwerk der Gewerkschaft Grube Glanzenberg in Silberberg,
                              									Kreis Olpe, explodierte am 2. Mai 1925 ein Wasserrohrkessel, erbaut 1908, Heizfläche
                              									225 m2, Rostfläche 5,59 m2, Betriebsdruck 12 at. Der vordere Stirnboden des
                              									Oberkessels wurde herausgedrückt, die vordere Wasserkammer teilweise vom Oberkessel
                              									getrennt und die Schweißnähte an den vier Ecken des Kammerhalses wurden aufgerissen.
                              									Die Bördelung des Stirnbodens zeigte Risse, die fast durch die ganze Blechstärke
                              									reichten. Drei Personen wurden getötet, zwei leicht verletzt.
                           3. Ein Zweiflammrohrkessel, Heizfläche 94,31 m, Betriebsdruck 6 at, Baujahr 1890,
                              									explodierte am 4. Juni 1925 auf der Zeche Er in in Castrop, Kreis Dortmund. Die
                              									Explosion des Kessels, der durch die Abhitze einer Kokerei beheizt wurde, war durch
                              									Wassermangel hervorgerufen, wie die blaue Anlauffarbe an beiden Flammrohren zeigte.
                              									Beschädigt wurde nur das eine Flammrohr, indem seine Feuerplatte so tief
                              									durchgebeult wurde, daß in der Unterplatte Eindrücke entstanden. Demnach muß die
                              									Unterplatte warm, also nicht vom Wasser gekühlt gewesen sein. Der Kesselwärter hatte
                              									angenommen, daß der Kessel überspeist sei, während die Wasserstandgläser vollkommen
                              									leer gewesen sind.
                           4. Wassermangel war ebenfalls die Ursache der Explosion eines Einflammrohrkessels,
                              									Heizfläche 15,2 m2, Rostfläche 0,59 m2, Betriebsdruck 8 at, Baujahr 1899. Der Kessel
                              									stand in der Meißner Konservenfabrik von Gebr. Bärwald G. m. b. H. in Meißen. Bei
                              									der Explosion am 15. August 1925 wurde das ganze Flammrohr eingebeult und in der
                              									Mitte bis auf den Boden zusammengedrückt. Der Grund des Wassermangels war nicht
                              									festzustellen.
                           5. Ein Lokomobilkessel, erbaut 1908, Heizfläche 15,2 m2, Rostfläche 0,59 m2, Betriebsdruck 8
                              									at, explodierte am 16. September 1925 in dem Sägewerk von J. Nitsch in Scharnigk,
                              									Kreis Roessel in Ostpr. Das Mantelblech des Langkessels wurde an der Stemmkante der
                              									Längsnaht 1,50 m lang aufgerissen. Dabei wurden sieben Heizröhren aus der
                              									Feuerbuchsrohrwand herausgezogen und alle Stehbolzen abgerissen. Wie eine
                              									rinnenförmige Vertiefung unmittelbar neben der unten liegenden Längsnaht erkennen
                              									ließ, war das Blech beim Verstemmen verletzt worden. Auch an dem nicht gerissenen
                              									Blechstück waren noch solche Einkerbungen zu sehen, die sich im Laufe der Zeit zu
                              									tiefen Rillen erweitert hatten, so daß das Blech teilweise nur noch 2 bis 3 mm stark
                              									war. Eine Person wurde getötet.
                           6. Ein Krempenriß war die Ursache der sehr folgenschweren Explosion des liegenden
                              									Walzenkessels einer feuerlosen Lokomotive, erbaut 1912, Inhalt 3,25 m2, Betriebsdruck 15 at. Die Lokomotive explodierte
                              									am 5. Oktober 1925 in der Zellstoffabrik Ragniter Zellstoff G. m. b. H. in Ragnit,
                              									Ostpreußen. Die Krempe des Kesselbodens war entsprechend den früher geltenden
                              									Bauvorschriften mit einem damals zulässigen kleinen Krümmungshalbmesser ausgeführt.
                              									Infolge des stetig sich verändernden Kesseldruckes traten so starke Beanspruchungen
                              									auf, daß ein alter 14 mm tiefer Anriß in dem einen Kesselboden sich ausdehnte, bis
                              									der ganze Boden abgerissen wurde. Der Boden flog 70 m weit, der Kesselkörper wurde
                              									58 m weit geschleudert. Sieben Personen wurden getötet,
                              									drei schwer und 8 leicht verletzt.
                           7. Auch bei dem Kessel einer Lokomobile, die seit dem Jahre 1912 bei der
                              									Dreschgenossenschaft Steinhausen, Kreis Buren, zeitweilig in Betrieb war, entstand
                              									die Explosion am 13. Oktober 1925 infolge von Krempenrissen. Ein kurz vorher
                              									beobachteter 50 mm langer Riß in der Bodenkrempe hatte sich über einige andere 7 bis
                              									8 mm tiefe Anrisse bis auf 800 mm Länge ausgebreitet. Begünstigt wurde die Explosion
                              									dadurch, daß sich beim Fahren der Lokomobile die Längsanker ausgehängt hatten, so
                              									daß die Widerstandsfähigkeit des Kessels bedeutend herabgesetzt war.
                           8. In der Zuckerfabrik von Loß & Co. in Wolmirstedt explodierte am 27. Oktober
                              									1925 ein Zweiflammrohrkessel, Heizfläche 95,3 m2,
                              									Rostfläche 3 m2, Betriebsdruck 7 at. Der Kessel
                              									war seit dem Jahre 1894 in Betrieb. Die Explosion wurde durch Wassermangel
                              									hervorgerufen, dessen Ursache nicht mehr festzustellen war. Die vorderen Schüsse des
                              									einen Flammrohres wurden eingebeult, die Niete abgeschert. Drei Personen fanden
                              									dabei den Tod.
                           9. Die Explosion eines Zweiflammrohrkessels, erbaut 1894, Heizfläche 75 m2, Rostfläche 2,6 m2, Betriebsdruck 4,5 at in der Aktienzuckerfabrik Watenstedt in
                              									Watenstedt, Kreis Helmstedt, am 8. November 1925 wurde ebenfalls durch Wassermangel
                              									hervorgerufen. Der Wasserstand war so tief gesunken, daß er in den
                              									Wasserstandgläsern überhaupt nicht mehr gesehen werden konnte. Der Kesselwärter
                              									hatte sich nicht davon überzeugt, obwohl die Warnungspfeife ertönte. Das eine
                              									Flammrohr wurde tief eingebeult und quer aufgerissen. Eine Person wurde dabei leicht
                              									verletzt.
                           10. Auch bei der letzten Explosion des Jahres 1925 war Wassermangel die Ursache. Ein
                              									Einflammrohrkessel mit Steinkohlenstaubfeuerung, Heizfläche 81,84 m2, Betriebsdruck 12 at, Baujahr 1902, explodierte
                              									am 11. November 1925 auf der Zeche Friedrich Ernestien in Essen. In dem gewellten
                              									Flammrohr hatte sich eine 2,40 m lange Beule gebildet, die aufgerissen wurde; dabei
                              									schlug das gewellte Blech auf die Sohle auf und breitete sich aus. Die Bruchränder
                              									waren scharf ausgezogen und zeigten blaue Umlauffarbe. Als Ursache des
                              									Wassermangels, auf den diese Kennzeichen hinwiesen, wurde eine Störung des
                              									Speisewasserreglers festgestellt. Eine Person wurde getötet, zwei wurden schwer,
                              									zwei leicht verletzt.
                           Zusammenfassend sind als Ursachen der Explosionen festzustellen: In sechs Fällen
                              									Wassermangel, in drei Fällen Krempenrisse und in einem Fall Verletzung des Bleches
                              									beim Vorstemmen.
                           Unserem Bericht in Heft 19 Band 340 über die Dampfkesselexplosionen in Deutschland im
                              									Jahre 1924 ist noch ein 9. Fall nachzutragen: Am 23. Dezember 1924 explodierte in
                              									dem landwirtschaftlichen Betrieb von W. Bahr in Conradswalde ein Lokomobilkessel,
                              									erbaut 1923, Heizfläche 13,86 m2, Rostfläche 0,345
                              										m2, Betriebsdruck 6,5 at. In der
                              									Feuerbuchsdecke war das Kesselblech von 8 mm ursprünglicher Stärke auf 3 bis 5,5 mm
                              									abgenutzt. Infolgedessen wurde die Feuerbuchsdecke eingedrückt. Eine Person wurde
                              									leicht verletzt. (Vierteljahrshefte z. Statistik d. deutsch. Reiches 1926.)
                           Parey.