| Titel: | Neue Meßgeräte zur Dampfkesselüberwachung. | 
| Autor: | Jul. Möller | 
| Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 106 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Neue Meßgeräte zur
                           								Dampfkesselüberwachung.
                        Von Dipl.-Ing. Jul. Möller, Frankfurt a. M.
                        JUL. MOELLER, Neue Meßgeräte.
                        
                     
                        
                           Um den Betrieb neuzeitlicher Großkraftwerke einfach und wirtschaftlich führen zu
                              									können, faßt man möglichst große Leistungen in einer Einheit zusammen. Ein
                              									Dampfkessel von 500 m2 Heizfläche galt noch vor
                              									wenigen Jahren als Hochleistungskessel, während heute die 2000 m2-Grenze längst überschritten ist. Die Aufgabe,
                              									solche Riesenkessel zu überwachen, führte neben der Weiterentwicklung der bekannten
                              									Druck-, Mengen- und Temperaturmesser zum Bau neuartiger Meßgeräte. Dazu gehören
                              									Druckstrebungszeiger, Temperaturwächter und Wasserstand fernzeiger, deren Aufbau und
                              									Wirkweise nachstehend beschrieben werden:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 106
                              Bild 1. Schema des Druckstrebungszeigers.
                              
                           
                              Druckstrebungszeiger.
                              
                           Um den Dampfdruck auf einer bestimmten vorgeschriebenen Höhe (Soll-Druck) zu halten,
                              									muß der Heizer die Feuerleistung stets der Dampfleistung anpassen. Ein Maß für die
                              									Feuerleistung im Vergleich zur Dampfleistung sind die Schwankungen des
                              									Dampfdrucks.
                           Fällt der Druck, dann ist die Feuerleistung zu klein.
                           Steigt der Druck, dann ist die Feuerleistung zu groß.
                           Zur Beurteilung der Feuerleistung ist die absolute Höhe des Drucks verhältnismäßig
                              									unwichtig, denn man braucht zur Erzeugung von 1 kg Dampf von 15 atü 620 kg/cal., von
                              									20 atü 623 kg/cal., beide bezogen auf 50° Speisewassertemperatur. Bei
                              									gleichbleibender Dampfleistung ergibt sich also durch die geringe
                              									Feuermehrleistung von nicht ganz ½% schon die erhebliche Dampfsteigerung von 5 at.
                              									Das entscheidende Kennzeichen, ob die Feuerleistung der Dampfleistung entspricht,
                              									ist nicht die Absoluthöhe des Drucks, sondern sein Streben zu steigen oder zu
                              									fallen.
                           Ist der Druck durch eine vorübergehende Lastspitze abgefallen, so läßt sich der
                              									Druckabfall sofort beheben durch geringes Steigern der Feuerleistung, etwa durch
                              									kurzes Oeffnen des Rauchgasschiebers.
                           Bei dauernd vermehrter Dampfleistung hingegen ist eine Drucksteigerung nur durch
                              									dauernde Feuermehrleistung herbeizuführen, etwa durch Erhöhen der
                              									Brennstoffschicht.
                           Da ein gewöhnliches Manometer nur die Augenblickshöhe des Drucks angibt, lassen sich
                              									daraus noch keine Schlüsse ziehen, wie die Feuerführung zu handhaben ist, denn ein
                              									Druckabfall kann eine vorübergehende oder eine dauernde Steigerung der Dampfleistung
                              									als Ursache haben. In beiden Fällen wird der Heizer geneigt sein, durch andauernd
                              									stark erhöhte Feuerleistung den Dampfdruck wieder zum Steigen zu bringen. Das ist
                              									richtig, wenn eine dauernde Steigerung der Dampfleistung Ursache des Druckabfalles
                              									war, – ist falsch, wenn eine vorübergehende Steigerung Grund ist, weil dann
                              									kurzzeitige Feuermehrleistung schon genügt hätte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 106
                              Bild 2. Temperaturwächter.
                              
                           Die Anzeige mit dem gebräuchlichen Manometer, das eine kleine Skala und langsames
                              									Zeigerspiel hat, ist daher unvollkommen und schuld daran, daß die Drucklinie fast
                              									aller von Hand gesteuerten Kessel stark pendelt.
                           Daher hat die Hartmann & Braun A.G. einen Druckstrebungszeiger gebaut, der, auf
                              									der Grundlage eines
                              									Manometers arbeitend, alle Richtungsänderungen des Drucks mitmacht und an einem
                              									Leuchtbild ansagt, ob der Druck steigt oder fällt.
                           Im einzelnen arbeitet der Druckstrebungszeiger wie Bild
                                 										1 zeigt: Die Achse eines Manometers trägt einen Kontaktarm k, der mit
                              									geringem Spiel zwischen den Zinken a und b einer Kontaktgabel steht. Die
                              									Kontaktgabel kann der vollen Drehung der Manometerachse folgen, wird aber durch eine
                              									Schleiffeder f leicht gebremst. Strebt der Druck nach oben, dann legt sich der
                              									Kontaktarm an den Kontaktzinken a an und schaltet ein Leuchtzeichen „Druck
                                 										steigt“ ein.
                           Strebt der Druck nach unten, dann legt sich der Kontaktarm an den Kontaktzinken b und
                              									schaltet ein Leuchtzeichen „Druck fällt“ ein.
                           Verharrt der Druck längere Zeit auf gleicher Höhe, dann löst sich der Kontaktarm k
                              									und schwebt frei zwischen den Zinken der Kontaktgabel. Beide Leuchtzeichen sind
                              									ausgeschaltet.
                           Durch diesen Druckstrebungszeiger wird dem Heizer angezeigt, nach welcher Richtung
                              									der Dampfdruck strebt und ihm somit eindeutig klargemacht, wie das Feuer zu führen
                              									ist. Vor allen Dingen wird zweckloses Steigern der Feuerleistung unterlassen, wenn
                              									das Leuchtschild angibt, daß der Druck bereits wieder steigt, und umgekehrt läßt
                              									dauerndes Fallen des Drucks erkennen, daß die Feuerleistung zu gering ist. Mit dem
                              									Druckstrebungszeiger ist ein wichtiger Helfer für sichere Feuerführung
                              									geschaffen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 107
                              Bild 3. Signaltafel.
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 107
                              Bild 4. Kondensationsgefäß.
                              
                           
                              Temperaturwächter.
                              
                           Die Bildung von Entzündungsherden in Kohlenbunkern ist eine Gefahr, deren Verhütung
                              									besondere Maßnahmen verlangt. Einerseits müssen die Thermometer, die auf die
                              									Temperaturerhöhung hinweisen sollen, durch die ganze Masse des Staubes verteilt
                              									sein, andererseits würde eine Häufung von gleichartigen Thermometern weder
                              									übersichtlich noch betriebssicher sein, vom Kostenpunkt ganz abgesehen.
                           Für solche Zwecke baut deshalb die Hartmann & Braun A.G. einen besonderen
                              									Temperatur-Wächter, der zusammen mit Widerstands-Thermometern arbeitet. Von diesen
                              									Thermometern sind etwa 5 bis 12 im ganzen Raum des Staubbunkers verteilt. Je nach
                              									der Höhe des Bunkers sind sie 2–7 Meter lang. Sie werden an der Bunkerdecke in
                              									staubdicht schließenden Kugelpfannen aufgehängt. Ihre Beweglichkeit bewirkt, daß sie
                              									den oft sehr starken seitlich schiebenden Kräften der Staubmassen ohne Beschädigung
                              									nachgeben können.
                           Sämtliche Thermometer sind durch einen Umschalter mit einem Kreuzspul-Meßgerät
                              									verbunden. Der Umschalter wird durch einen Motor ständig langsam gedreht und bringt
                              									dadurch der Reihe nach alle Thermometer mit dem Meßgerät in Verbindung. (Bild 2.) Jede einzelne Meßstelle kommt also
                              									gleichmäßig in Zeitabständen von einigen Minuten zur Unterbrechung.
                           Das Kreuzspul-Meßgerät besitzt einen Grenzkontakt für die höchst zulässige
                              									Temperatur. Steigt die Temperatur im Bunker an irgendeiner Stelle über das zulässige
                              									Maß, so schließt der Grenzkontakt einen Signalstromkreis. An der Uebersichtstafel
                              										(Bild 3) fällt die Fallklappe der betreffenden
                              									Meßstelle, und ein Lärmsignal ertönt. Dadurch wird angezeigt, in welchem Bunker und
                              									an welcher Stelle sich ein Entzündungsherd zu bilden droht.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 108
                              Bild 5. Schema des Wasserstandfernzeigers.
                              
                           
                              Wasserstandfernzeiger.
                              
                           Das an der Obertrommel sitzende Wasserstandglas eines Großkessels liegt etwa 5 bis 10
                              									m über Kesselflur. In dieser Höhe ist selbst bei genügender Beleuchtung der
                              									Wasserstand nur schlecht abzulesen. Da die neuzeitlichen Kessel eine äußerst hohe
                              									Verdampfleistung haben, fällt der Wasserstand sehr rasch, wenn einmal die Speisung
                              									aussetzt. Die Beobachtung des Wasserstandes ist also nicht nur umständlicher,
                              									sondern auch bedeutungsvoller geworden. Um dem Heizer die Prüfung des Wasserstandes
                              									zu ermöglichen, mußte daher eine Einrichtung geschaffen werden, die es gestattet,
                              									den Kesselwasserstand unmittelbar am Arbeitsplatz des Heizers abzulesen. Für manche
                              									Fälle wurde außerdem noch verlangt, daß die Schwankungen des Wasserstandes
                              									fortlaufend aufgezeichnet werden, um das rechtzeitige Speisen der Kessel oder das
                              									zuverlässige Arbeiten des Speiseapparates prüfen zu können. Allen diesen
                              									Anforderungen entspricht der H & B-Wasserstandfernzeiger, bei dem der
                              									schwankende Kesselwiderstand verglichen wird mit einem stets gleichbleibenden
                              									Wasserstand. Als Vergleichsgerät für die Wasserstände wird die H & B-Ringwaage
                              									benutzt. Im einzelnen arbeitet der Wasserstandfernzeiger wie folgt:
                           An der Obertrommel des Kessels wird ein Kondensationsgefäß angebaut, wie es Bild 4 zeigt. Dieses Kondensationsgefäß ist immer bis
                              									an den Ueberlauf mit Kondenswasser gefüllt, da stets Dampf kondensiert (Bild 5.) Das überschüssige Kondenswasser fließt über
                              									den Ueberlauf in die Obertrommel zurück; der Kondenswasserspiegel ist also stets
                              									gleich hoch. Zum vergleichweisen Messen dieses festen Kondenswasserstandes mit dem
                              									schwankenden Kesselwasserstand dient eine H & B-Ringwaage. Das ist ein
                              									leicht drehbar gelagertes Ringrohr aus Stahl, zur Hälfte mit Quecksilber gefüllt.
                              									Der freie Raum oberhalb des Quecksilbers ist durch eine Scheidewand in zwei Kammern
                              									getrennt. Stehen beide Kammern unter gleichem Druck, so steht die Ringwaage in der
                              									Grundstellung und wird in dieser Stellung durch das am Ringrohr befestigte
                              									Gegengewicht gehalten. Einseitiger Ueberdruck in einer Kammer verschiebt das
                              									Quecksilber; dadurch wird das Ringrohr einseitig belastet. Es dreht sich so weit,
                              									bis das ausschwingende Gegengewicht das Gewicht der einseitig verschobenen
                              									Quecksilbersäule wieder ausgleicht.
                           Um nun mit der Ringwaage den schwankenden Kesselwasserstand zu messen, führt man in
                              									die neue Kammer eine Leitung vom Kondensgefäß, in die andere Kammer eine Leitung vom
                              									tiefsten Punkt der Obertrommel. Auf die Quecksilberfüllung wirkt also – unabhängig
                              									vom statischen Dampfdruck, der auf beiden Seiten gleich ist! – der Höhenunterschied
                              									der beiden Wasserspiegel. An der Skale der Ringwaage kann dann der jeweilige
                              									Wasserstand abgelesen werden. Durch rote Striche macht man den höchsten und
                              									niedrigsten Wasserstand noch besonders kenntlich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 108
                              Bild 6. Wasserstandfernzeiger.
                              
                           Die Ringwaage kann an beliebiger Stelle unterhalb der Obertrommel angeordnet sein.
                              										Bild 6 zeigt ein Kesselsteuerpult mit einem
                              									Wasserstandfernzeiger dahinter. Will man den Kesselwasserstand aufzeichnen, so wird
                              									statt der anzeigenden eine schreibende Ringwaage eingebaut, wobei die
                              									Wasserstandschwankungen auf einem ablaufenden Papierstreifen aufgeschrieben werden.
                              									Sowohl anzeigende als auch schreibende Ringwaagen können mit einem elektrischen H
                              									& B-Fernsender ausgerüstet werden, der die gemessenen Werte auch an
                              									entferntliegenden Ort, ins Betriebbüro, zur Kesselwarte usw., überträgt.