| Titel: | Von den seltenen Erden zum wirtschaftlichsten Licht. | 
| Autor: | B. Duschnitz | 
| Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 145 | 
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                        Von den seltenen Erden zum wirtschaftlichsten
                           								Licht.
                        
                           Zum ersten Gedenktag des Todes Dr. Carl Auer von Welsbachs.
                           
                        Von Ingenieur B. Duschnitz.
                        DUSCHNITZ, Von den seltenen Erden.
                        
                     
                        
                           Ein stattliches Werk gaben Dr. J. Herzfeld und Dr. Otto Korn im Jahre 1901
                              									heraus. Es trägt die Ueberschrift „Chemie der seltenen Erden“.
                           Bekanntlich bezeichnet man mit „seltenen Erden“ eine Anzahl schwer
                              									reduzierbarer Oxyde, deren chemische und physikalische Eigenschaften sich wenig
                              									voneinander unterscheiden, und die sich in gewissen selten und in geringer Menge
                              									vorkommenden Mineralien finden lassen, wie Gadolinit-Erden, Ceritoxyde, Thorerde,
                              									Zirkonerde. Die Aufmerksamkeit auf sie ist seit den achtziger Jahren des vorigen
                              									Jahrhunderts in außerordentlichem Maße gelenkt worden durch die höchst geniale und
                              									wirtschaftlich hervorragende Erfindung der Gasglühlichtkörper von Auer von Welsbach,
                              									der zur Herstellung der letzteren sich ausschließlich der Salze bediente, die aus
                              									den seltenen Erden gewonnen wurden. Der Erforschung sowie dem weiteren Ausbau der
                              									Chemie dieser Gruppe wandte man für die Folge erhöhten Eifer zu, und man gelangte
                              									bei der Bearbeitung des Thornitrats aus dem Monazitsand sogar zu einer chemischen
                              									Großindustrie. Chemiker aller Länder haben sich an diesem Ausbau eifrigst beteiligt,
                              									und so konnte in kurzer Zeit das eingangs erwähnte Wissensgebäude entstehen: Die
                              									Chemie der seltenen Erden. Doch weit ist dieses Gebäude noch davon entfernt, als
                              									vollendet zu gelten, und selbst Auer v. Welsbach, der sich vom Beginn seiner
                              									Laufbaln an besonders mit der Chemie der seltenen Erden beschäftigte und aus ihnen
                              									vier neue Elemente, und zwar Neodym, Praseodym, Aldebaranium und Cassiopeium gewann,
                              									hat noch seine letzten Lebenstage dem Studium und der Erforschung der seltenen Erden
                              									gewidmet.
                           Der Erfinder des Gasglühlichts, Dr. Carl Freiherr Auer von Welsbach, der durch diese
                              									Erfindung und überhaupt durch seine erfolgreiche Beschäftigung mit den seltenen
                              									Erden zu Ruhm und Reichtum gelangt ist, hatte einen bedeutenden und nicht minder
                              									erfinderisch begabten Vater, Alois Ritter Auer von Welsbach, der sich vom
                              									Traunflößerssohn zum Direktor der Hof- und Staatsdruckerei in Wien emporarbeitete,
                              									und dessen bahnbrechendes Wirken auf mehreren Gebieten der Druckereitechnik u.a.
                              									auch von Alexander v. Humboldt anerkannt wurde.
                           Dr. Carl Freiherr Auer v. Welsbach ist am 1. November 1858 in Wien geboren worden,
                              									und die Stellung seines Vaters ermöglichte ihm auch, in Heidelberg unter Bunsen zu
                              									studieren. Durch zufällige Experimente, die er dort zu seiner Doktorarbeit über die
                              									seltenen Erden gemacht hat, stieß er auf die Entdeckung, daß nichtleuchtende Flammen
                              									des Bunsenbrenners durch gewisse seltene Erden Leuchtkraft erhielten. Von diesen
                              									Versuchen ausgehend, gelangen ihm seine wissenschaftlichen und technischen
                              									Entdeckungen bzw. Erfindungen, deren erste die Schaffung des Glühkörpers für die
                              									Gasbeleuchtung im Jahre 1885 war. Was diese Erfindung zu ihrer Zeit bedeutete, wie
                              									sie in gleicher Weise die damals noch junge Elektrizitätsindustrie und die fast ein
                              									Jahrhundert alte Gasindustrie in Aufregung versetzte, das ist heute, wo bedeutende
                              									Erfindungen an der Tagesordnung sind, kaum noch vorstellbar. Die große
                              									wirtschaftliche Bedeutung des Auergasglühlichts bestand darin, daß es selbst in der
                              									im Herbst 1886 bekannt gewordenen unvoll kommenen Gestalt ermöglichte, auf gleiche
                              									Lichtstärke bezogen, mit nur ein Zehntel der Gasmenge auszukommen, die der damals
                              									allgemein gebräuchliche Schnittbrenner verbrauchte. Mit einem Schlage war die
                              									drohende Konkurrenz der erst 1879 von Edison in die Praxis der Beleuchtung
                              									eingeführten elektrischen Kohlenfadenglühlampe erledigt, aber selbst die
                              									Gasproduzenten fürchteten zunächst, daß sich der Gasabsatz infolge des so sehr niedrig
                              									gewordenen spezifischen Verbrauchs des Auerlichts stark verringern müsse. Doch kam
                              									ihnen der Lichthunger der Menschheit zu Hilfe, und rasch eroberte sich das
                              									Auergaslicht die Welt. Die kaum erst errichteten elektrischen Anlagen wurden in
                              									Massen stillgelegt, das weiße Licht des Auerglühstrumpfes verdrängte das gelbliche
                              									Licht der Kohlefäden der elektrischen Lampen, und die Auer- und Gaswerks-Aktien
                              									stiegen an allen Börsen der Welt zu niemals vorher geahnter Höhe. Und so kam Carl
                              									Auer v. Welsbach schon in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu großem
                              									Ruhm und Vermögen. Die zunächst aus imprägnierten Baumwollfäden hergestellten
                              									Glühkörper wurden von ihm 1901 in die endgültige Form des Thorium-Cer-Glühstrumpfes
                              									übergeführt. Ueber den ganzen Werdegang des Glühstrumpfes ist z.B. in Dr. H. W.
                              									Fischers 1906 erschienenem Werkchen „Der Auerstrumpf“ näheres zu finden.
                           Eine weitere technische Großtat Carl Auers war die Schaffung der pyrophoren
                              									Legierungen, insbesondere der als „Auermetall“ bekannten Cer-Eisen-Legierung,
                              									die ebenfalls aus den Studien der seltenen Erden entsprang und heute als Zündstein
                              									in Taschenfeuerzeugen und Gasanzündern über die ganze Welt verbreitet ist, und es
                              									auch durch die Anwendung in Benzin-Grubenlampen ermöglichte, die Gefahr der
                              									schlagenden Wetter stark zu vermindern. Doch wurde diese Gefahr noch wirksamer
                              									verringert, als man dazu übergehen konnte, zum Erhellen der Gruben Glühkörper zu
                              									verwenden, die zur Hervorbringung der Leuchtwirkung keine Luft mehr benötigten. Und
                              									für diese Glühkörper, d.h. die in luftleer gepumpten Glasbirnen eingebauten, mittels
                              									elektrischer Energie höchst wirtschaftlich zum Leuchten gebrachten metallischen
                              									Leuchtkörper hat auch Auer die Bahn gebrochen. In seinem 63. Lebensjahre hat er
                              									darüber berichtet, in welcher Weise ihm dies gelang (ETZ. 1921, S. 453), und diesem
                              									Bericht sei hier Raum gegeben; er war der einzige, den Carl Auer von Welsbach
                              									hierüber erstattete.
                           Der mächtige Aufschwung, den die elektrische Beleuchtung gegen Ende der achtziger
                              									Jahre des vergangenen Jahrhunderts genommen hatte, schien darauf hinzuweisen, daß
                              									der langjährige Kampf, der sich zwischen dem Gaslicht und elektrischen Licht
                              									entsponnen hatte, mit dem Siege des letzteren enden würde. Tatsächlich mußte das
                              									Gaslicht, trotz aller Bemühungen der Gastechniker, die Leuchtkraft der Flamme zu
                              									erhöhen, Schritt für Schritt vor dem elektrischen Lichte zurückweichen. Auch die
                              									Erfindung des Gasglühlichtes durch Auer vermochte, ungeachtet bemerkenswerter
                              									Anfangserfolge, keinen nachhaltigen Wandel zu schaffen. Diese ungünstige Lage der
                              									Gasbeleuchtung änderte sich aber fast mit einem Schlage, als der von Auer
                              									geschaffene Thor-Cer-Glühkörper in den Handel kam. In dem neuen Gasglühlicht hatte
                              									die Gastechnik ein das elektrische Glühlicht weit überstrahlendes Beleuchtungsmittel
                              									gewonnen, das an Billigkeit jedes andere übertraf. Von dieser Zeit an spielte
                              									die Gasbeleuchtung bei allen Beleuchtungsfragen naturgemäß wieder eine hervorragende
                              									Rolle, ja, es war ihr in gewissem Sinne eine Art Vorherrschaft über das damals so
                              									teure elektrische Glühlicht neuerdings erwachsen.
                           Teils persönliche Beweggründe, über die sich Auer nicht näher ausließ, teils aber
                              									auch sachliche Einflüsse veranlaßten Auer, diesem Rollentausch nicht gleichgültig
                              									gegenüberzustehen. Von Jugend auf mit Versuchen über das elektrische Licht
                              									beschäftigt, hatte Auer dieses Arbeitsgebiet liebgewonnen, und so beschloß er denn,
                              									zu versuchen, ob er nicht auch dem elektrischen Lichte zu Hilfe kommen konnte.
                              									Während er sich bei seinen früheren Arbeiten aber hauptsächlich mit Bogen- und
                              									Funkenphänomenen beschäftigt hatte, wollte er es diesmal mit starren Leitern
                              									probieren. Bei den vielen Versuchen, die Auer über das Lichtausstrahlungsvermögen
                              									anstellte, hatte er oft Gelegenheit, zu erkennen, wie außerordentlich verschieden
                              									sich die Körper in dieser Beziehung verhielten. Während der eine Körper oft nur zur
                              									hellen Rotglut kam, gab der andere, unter gleichen Verhältnissen erhitzt, schon
                              									blendend weißes Licht. Diese Beobachtungen bezogen sich allerdings zumeist auf das
                              									Erhitzen in chemischen Energiequellen und waren demnach nicht direkt beziehbar auf
                              									die durch den elektrischen Strom hervorgerufenen Glühprozesse.
                           Doch lag die Vermutung nahe, daß die Körper, im Strome erhitzt, gleichfalls
                              									erhebliche Unterschiede in ihrem Licht- und Wärmeausstrahlungsvermögen aufweisen
                              									könnten, ihre Lichtfarbe mithin verschieden wäre. Insbesondere richtete sich Auers
                              									Augenmerk auf die schwer schmelzbaren Metalle, von denen er annahm, daß sie sich in
                              									der Lampe ganz anders und besser verhalten müßten als der Kohlenstoff. Bestimmte
                              									Erfahrungen lagen in dieser Richtung indes nicht vor.
                           Auers Arbeitsziel war es also, ein Metall zu finden, das in der Gestalt eines dünnen,
                              									elastischen Fadens oder Drahtes eine bis zur strahlenden Weißglut gehende Erhitzung
                              									ohne Formveränderung auszuhalten imstande war. Platin mit seinem verhältnismäßig
                              									niedrigen Schmelzpunkt kam natürlich nicht in Betracht. Die anderen als sehr schwer
                              									schmelzbar bekannten Metalle hingegen waren als dünne Fäden oder Drähte nicht zu
                              									beschaffen. Da verfiel Auer auf eine etwas absonderliche Idee. Er hatte früher
                              									einmal gesehen, daß ein sehr feiner Aluminiumdraht, durch den elektrischen Strom
                              									allmählich zum Glühen gebracht, bis zur hellen Weißglut erhitzt werden könne, ohne
                              									abzuschmelzen. Unter Berücksichtigung des niedrigen Schmelzpunktes des Aluminiums
                              									gewiß ein überraschendes Experiment. Auer wiederholte es, und es gelang ganz leicht.
                              									Die Erklärung hierfür zu finden, fiel ihm nicht schwer. Der allmählich in Rotglut
                              									kommende Aluminiumdraht überzieht sich nämlich mit einer nach und nach dichter
                              									werdenden ziemlich schwer schmelzbaren Tonerdeschicht, in der das zum Schmelzen
                              									kommende Metall, wie in einer Röhre festgehalten, bis nahe zum Siedepunkt gebracht werden
                              									kann, ohne daß das halb-geschmolzene Röhrchen berstet. Diesen Versuch wollte Auer
                              									unter gewissen, mehr Erfolg versprechenden Abänderungen nachahmen.
                           Statt des Aluminiums wählte Auer Platin, und den emailleartigen Ueberzug wollte er
                              									aus dem fast unschmelzbaren Thoroxyd herstellen. Das war auf den ersten Blick eine
                              									recht schwierige Aufgabe, in Wirklichkeit jedoch eine höchst einfache Sache. Auer
                              									bewerkstelligte dies in folgender Weise: Er zog einen dünnen Platindraht durch die
                              									mit einer verdünnten Thornitratlösung befeuchteten Fingerspitzen, glühte ihn dann in
                              									der Flamme aus und wiederholte diesen Versuch behutsam solange, bis der Platindraht
                              									mit einer eben sichtbaren Thoroxydschicht überzogen war. Nun zerschnitt Auer den
                              									Draht, um metallische Berührungsstellen zu schaffen, bog ihn in der Flamme
                              									bügelförmig ab und setzte ihn an die aus Platin bestehenden, mit Strom versorgten
                              									Pole an; infolge einer kleinen Bogenbildung frittete der Draht alsbald an und begann
                              									zu glühen. Mit dem allmählichen Ansteigen der Stromstärke kam er bis nahe zur
                              									Weißglut. Da begann er plötzlich an einer Stelle hell aufzuleuchten, während
                              									gleichzeitig der übrige Teil des Fadens an Leuchtkraft verlor. Durch entsprechende
                              									Verstärkung der Spannung gelang es leicht, die weißglühende Stelle zu vergrößern und
                              									so nach und nach den ganzen Faden in Weißglut zu versetzen. Der früher starr
                              									gewesene Faden war nun leicht beweglich – das Platin war in seiner Hülle
                              									geschmolzen. Das Licht ließ sich bis zur strahlenden Weißglut verstärken, ohne daß
                              									der Faden Schaden nahm. Auer überraschte es, wie gering, relativ genommen, die
                              									Wärmestrahlung im Verhältnis zur Lichtstrahlung war. In diesem Versuche war die
                              									erste niedrigwattige Metallfadenlampe Auers in freilich nicht gebrauchsfähiger Form
                              									erstanden, und Auer sah sich seinem Ziele schon näher gerückt.
                           Allein die Enttäuschung blieb nicht lange aus! Beim Unterbrechen des Stromes bewegte
                              									sich der Faden zwar ein wenig, blieb aber scheinbar intakt. Als Auer es aber dann
                              									versuchte, den Strom wieder einzuschalten, gelang das nicht mehr; die Leitung im
                              									Faden war unterbrochen. Bei näherer Prüfung konnte Auer an einer Stelle ein kleines
                              									Platinkügelchen wahrnehmen, wogegen an einer anderen die Platinseele zerrissen war.
                              									Auer wiederholte den Versuch unter den mannigfachsten Abänderungen, jedoch immer mit
                              									dem gleichen ungünstigen Ergebnis. Nun ersann er eine kleine Vorrichtung, die in
                              									selbsttätiger Weise es gestattete, die Thoroxydhülle beträchtlich zu verstärken und
                              									sie glashart zu machen. Wiederum ohne jeden Erfolg. Das schmelzende Platin sprengte
                              									die Hülle stets an irgendeiner Stelle, und auch der Platinfaden zerriß immer
                              									wieder.
                           Unter solchen Umständen gab es Auer auf, diese Versuche ins Praktische zu übertragen,
                              									experimentierte indes aus wissenschaftlichen Gründen weiter. Da, bei einem Versuche
                              									mit recht langem, bügelförmigem Faden, zeigte sich eine merkwürdige Erscheinung. Der
                              									glühende Faden krümmte sich und kam längsseits zur Berührung; von diesem
                              									Augenblicke an fiel der untere Teil aus dem Glühen, der Strom ging an der
                              									Berührungsstelle über. Wiederholte, in verschiedener Weise abgeänderte Versuche
                              									hatten das gleiche Ergebnis. Auer schloß daraus, daß dichtes, stark gefrittetes
                              									Thoroxyd in glühendem Zustande den Strom leiten müsse. Weitere Versuche bestätigten
                              									diese Annahme. Auer erzielte den für das Leitvermögen notwendigen innigen
                              									Zusammenhang der Teilchen dadurch, daß er das komprimierte Oxyd mit einer
                              									Thornitratlösung tränkte, dann ausglühte und diesen Vorgang solange wiederholte, bis
                              									das Oxyd glasartige Beschaffenheit angenommen hatte. Andere feuerbeständige Oxyde,
                              									z.B. die seltenen Erden, verhielten sich ähnlich wie das Thoroxyd.
                           Es war für Auer nicht schwierig, mit Hilfe solcher gefritteter Stäbchen sehr schöne
                              									Lichteffekte zu erzielen. Auer ging indessen der Sache nicht weiter nach, weil die
                              									Schwierigkeit des Vorglühens in einer für praktische Zwecke bestimmten Lampe nicht
                              									leicht zu überwinden gewesen wäre. Sein Ziel blieb nach wie vor der
                              									schwerschmelzbare, elastische Metallfaden. Nach den Versuchen mit Platin begann er
                              									seine Arbeiten auf die anderen schwerschmelzbaren Platinmetalle auszudehnen,
                              									namentlich auf das den höchsten Schmelzpunkt unter ihnen besitzende Osmium. Alle
                              									diese Platinmetalle sind bekanntlich höchst spröde Körper, die ein Ziehen zu Draht
                              									unter keinen Umständen erlauben. Auf dem Wege der mechanischen Gestaltung war sonach
                              									nichts zu erreichen. Osmium und Ruthenium, die in hohem Maße verbrennlich sind und
                              									überaus gefährliche und giftige Verbrennungsprodukte geben, in dünne elastische
                              									Fäden zu bringen, war keine ganz leichte Aufgabe. Zunächst imprägnierte Auer
                              									Baumwollfäden mit den entsprechenden Salzlösungen und verglühte sie; dann überzog er
                              									verbrennbare Fäden mit einer Schicht des fein zerriebenen Metalls; alles jedoch ohne
                              									eigentlichen Erfolg. Die Fäden waren stets ungleichmäßig und brannten daher an den
                              									dünnen Stellen durch, lange bevor der Faden konsolidiert war. Allein das eine
                              									zeigten Auer diese Versuche mit aller Deutlichkeit, daß das Osmium den anderen
                              									Platinmetallen weit überlegen war, und daß er hoffen durfte, in ihm das geeignete
                              									Metall für die neue Lampe gefunden zu haben.
                           Auer versuchte nun ein anderes Verfahren. Er spannte in einer weiten Röhre haarfeine
                              									Drähte aus, füllte die Röhre mit reduzierend wirkenden Gasen, die Dämpfe von
                              									Osmiumtetroxyd enthielten, und erhitzte die Metallfäden durch den Strom soweit, daß
                              									das Osmium sich abzuscheiden begann. Dieser Prozeß wurde dann solange fortgesetzt,
                              									bis die Fäden die gewünschte Stärke angenommen hatten. Auf diese Weise gewann Auer
                              									mitunter ganz brauchbare Fäden. Allein technisch vorteilhaft war dieses Verfahren
                              									noch immer nicht, teils weil es schwer hielt, die Seele des Glühfadens zu entfernen,
                              									teils weil die Fäden nicht genügend gleichartig und elastisch waren. Nach allen
                              									diesen mehr oder weniger fehlgeschlagenen Versuchen fand Auer schließlich doch das Richtige.
                              									Dieses neue Verfahren, nach welchem die Glühlampenindustrie lange Zeit gearbeitet
                              									hat, war das in den Auerschen Patentschriften über die Osmiumlampe ausführlich
                              									geschilderte „Pasteverfahren“. Amorphes Osmium, wie man es durch gelindes
                              									Glühen von Osminditetraminchlorid leicht erhält, wurde unter Zusatz von Zucker oder
                              									auch für sich zu feinstem Pulver zerrieben und geschlämmt; das Osmiumpulver wurde
                              									hernach mit einer viskosen Lösung von Gummi oder gebranntem Zucker versetzt und zur
                              									Paste geknetet. Diese wurde hierauf in einen mit einer feinen Düse versehenen
                              									Zylinder gebracht und durch gut schließende Stempel unter hohem Druck zum Faden
                              									gepreßt. Der spinnende Faden wurde auf einer beweglichen Unterlage aufgefangen, in
                              									passende Stücke zerschnitten, diese wurden geformt und auf einer heißen Tonplatte
                              									getrocknet. Die so gewonnenen Fäden kamen in eine Muffe und wurden unter
                              									Luftabschluß zum gelinden Glühen erhitzt. Diese nun Kohlenstoff enthaltenden Fäden,
                              									die nicht schwierig zu verarbeiten waren, wurden in passende Fassungen eingeklemmt
                              									oder mit Osmiumbrei befestigt und waren so zum „Formieren“ fertig. Das
                              									Formieren hatte den Zweck, den Kohlenstoff zu entfernen und den Faden zum Sintern zu
                              									bringen. Hierzu diente ein gleichzeitig reduzierend und oxydierend wirkendes
                              									Gasgemisch, wie es beispielsweise dem Bunsenbrenner nach dem Zurückschlagen der
                              									Flamme entströmt. In einem solchen Gasgemenge wurde der Faden bei hoher Spannung
                              									erst bis zur Rotglut, dann dem sinkenden Widerstand entsprechend bei niedrigerer
                              									Spannung bis zur strahlenden Weißglut erhitzt. Nach kurzer Zeit nahm er seine
                              									endgültige Form an. Er war nun zum Einsetzen in die Lampe fertig. Die so entstandene
                              									Osmiumlampe war die erste niederwattige Metallfadenlampe, die im Handel erschien und
                              									1902 von der Auergesellschaft in Berlin auf den Markt gebracht wurde. Von da an
                              									schössen die Glühlampenpatente wie die Pilze aus dem Boden. Die neuzeitliche
                              									Metallglühlampentechnik begann sich, von Auer in die Wege geleitet, zu
                              									entfalten. Das folgende Bekenntnis Auers sei noch wörtlich angeführt:
                           
                              „Nicht unerwähnt will ich es schließlich lassen, daß ich auch andere Metalle in
                                 										den Kreis meiner Versuche zog. Allein keines von diesen schien mir dem Osmium
                                 										überlegen zu sein. Hierbei hatte ich freilich das Wolfram übersehen. Eine
                                 										Unachtsamkeit, der es in erster Linie zuzuschreiben war, daß meiner Erfindung
                                 										der materielle Erfolg versagt blieb.“
                              
                           Nachdem also Auer v. Welsbach das wesentlich schwerer schmelzbare und sich daher für
                              									Glühlampenleuchtkörper besser als Omnium eignende Wolframmetall übersah und dasselbe
                              									somit außerhalb des Bereiches seiner Patente blieb, konnten andere diese Patente
                              									umgehen und Wolframfadenlampen auf Auerscher Grundlage erzeugen. Nach den letzten
                              									Angaben des Statistischen Reichsamts (Wirtsch. u. Stat., Bd. 10, 1930, S. 427) sind
                              									nun während des Rechnungsjahres 1928-29 in Deutschland 98,9 Millionen
                              									Metalldrahtlampen hergestellt worden, und der Leuchtkörper dieser Lampen besteht aus
                              									Wolfram, das Auer zwar übersah, für dessen Verarbeitung zu Leuchtfäden aber er die
                              									Bahn gebrochen hat. Seine Osmiumlampe benötigte nur etwa 1,5 Watt pro Hefnerkerze,
                              									während die bis dahin gebräuchliche Kohlefadenlampe 3 bis 4 Watt pro Hefnerkerze
                              									verbrauchte. Selbst die heutigen luftleeren Wolframdrahtlampen erfordern etwa 1,25
                              									W/HK, also nicht wesentlich weniger als Auers Osmiumlampe, so daß das Verdienst, den
                              									ausschlaggebenden wirtschaftlichen Fortschritt eingeleitet zu haben, Dr. Carl Auer
                              									von Welsbach gebührt. Das Dunkel der Gruben mittelst transportabler elektrischer
                              									Lampen von geringem Gewicht zu bannen, ermöglichte erst die Erfindung von Auer.
                           Carl Auer v. Welsbach starb am 4. August 1929, nachdem er kurz zuvor von der
                              									Universität Freiburg i. B. und der Technischen Hochschule Graz zum Ehrendoktor und
                              									von der Universität Heidelberg zum Ehrensenator ernannt wurde.