| Titel: | Das Ozon, seine Eigenschaften und Verwendung in Gewerbe und Industrie. | 
| Autor: | E. Kuhn | 
| Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 181 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Das Ozon, seine Eigenschaften und Verwendung in
                           								Gewerbe und Industrie.
                        Von Dipl.-Ing. E. Kuhn,
                           								Berlin.
                        KUHN, Das Ozon, seine Eigenschaften und Verwendung.
                        
                     
                        
                           Das Ozon ist seit etwa 1840 bekannt. In gewöhnlichem Zustand ist es ein
                              									farbloses Gas, es kommt in der Natur frei vor, und zwar besonders in bestimmten
                              									Höhen, in Wäldern, am Meere, an Wasserfällen und an großen Seen. Unmittelbar nach
                              									Gewittern ist der Ozongehalt der Luft relativ hoch, er überschreitet aber im
                              									allgemeinen selten 0,5 mg/m3 Luft, normalerweise
                              									sind nur 0,1 bis 0,2 mg/m3 Ozon in der Luft
                              									enthalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 181
                              Abb. 1. Schema der elektrischen Ozonherstellung.
                              
                           Das Ozon O3, auch aktiver Sauerstoff genannt, hat
                              									seinen Namen ("das Riechende") von seinem Geruch, der an Waldesluft oder an den von
                              									im Freien gebleichter Wäsche erinnert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 181
                              Abb. 2. Röhrenozonapparat.
                              
                           Seine Bildung erfolgt durch die Vereinigung eines freien Sauerstoffatoms O mit einem
                              									Sauerstoffmolekül O2. Es tritt deshalb überall dort
                              									auf, wo chemische oder physikalische Vorgänge die Bildung freier Sauerstoffatome
                              									hervorrufen. Es entsteht so O2 + O = O3 (Ozon). Die Bindung des dritten Atoms ist aber
                              									eine viel labilere als die im Molekül O2, deshalb
                              									zerfällt das O3 sehr leicht und gerade diese
                              									Eigenschaft bedingt die starke Oxydationsfähigkeit des Ozons und ist der
                              									Ausgangspunkt für die technische Verwendung des Ozons geworden. Diese
                              									Oxydationsfähigkeit beruht nun darauf, daß das eben erwähnte dritte O-Atom jede
                              									Gelegenheit wahrnimmt, sich mit oxydierbaren Stoffen aller Art zu vereinigen. Das
                              									sind beispielsweise Bakterien verschiedener Art (Typhus, Cholera u.a.),
                              									Schimmelpilze sowie chemische und organische Stoffe (Staub, übelriechende Substanzen
                              									usw.), eine weitere Wirkung des Ozons ist seine bleichende auf Wäsche, Fette
                              									usw.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 181
                              Abb. 3. Plattenozonapparat.
                              
                           Nachdem Schoenbein 1840 das Ozon als Beimengung elektrolytisch entwickelten
                              									Sauerstoffes nachgewiesen hatte, gab Werner von Siemens 1857 ein elektrisches
                              									Verfahren zu seiner Herstellung an. Dieses beruht darauf, daß ähnlich wie in der
                              									Natur beim Blitz, Ozon entsteht, wenn Entladungen hochgespannter Ströme zwischen
                              									geeigneten Polen erfolgen. (Abb. 1) Auf der Grundlage
                              									dieses Verfahrens wurden dann von Siemens & Halske in jahrelanger
                              									Entwicklungsarbeit, die heutigen hochwertigen Ozonapparate herausgebracht, die je
                              									nach dem Verwendungszweck in verschiedener Größe und Ausführung hergestellt
                              									werden.
                           Das Prinzip dieser Apparate besteht darin, daß zwischen Glaszylindern (Abb. 2) oder -Platten (Abb.
                                 										3) oder anderen Nichtleitern, die einen Luftraum zwischen sich
                              									einschließen, eine Hochspannungsentladung in Form der bekannten Glimmentladung
                              									eingeleitet wird, unter deren Einfluß die weiter oben erwähnte Anlagerung des
                              									dritten Atoms an das zweiwertige Molekül des Sauerstoffes erfolgt, es ist dann nur noch nötig,
                              									einen Luftstrom durch diesen Entladungsraum hindurchzuführen, um ozonisierte Luft in
                              									beliebiger Menge zu erhalten. Selbstverständlich kann dieses auch mit reinem
                              									Sauerstoff geschehen, es wird auch bei der Herstellung von Ozon in chemischen
                              									Laboratorien oder für chemische Prozesse überhaupt, so verfahren und sind besondere
                              									Apparate dafür durchgebildet worden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 182
                              Abb. 4. Schematische Darstellung eines Ozonwasserwerkes.
                              
                           Die Konzentration des erzeugten Ozonluftgemisches ist dabei abhängig von der
                              									Luftgeschwindigkeit, -Feuchtigkeit und -Temperatur, bezw. -Erwärmung. Bei höherer
                              									Temperatur von 50 bis 60° an beginnt das Ozon von selbst zu zerfallen, deshalb
                              									werden die Elektroden bei den ganz großen Apparaten mit Wasserkühlung versehen.
                              									Andererseits kann man diese Eigenschaft auch wieder technisch nutzbar machen, indem
                              									man das Ozon in auf 50 bis 60° erwärmte Flüssigkeiten (z.B. Fett) einführt, um so
                              									die oxydiernde Wirkung zu verstärken.
                           Die bei der Ozonherstellung verwendete Spannung beträgt 8000 V und wird mittels eines
                              									kleinen Transformators hergestellt. Die erforderliche Stromstärke ist gering, so daß
                              									die Apparate einen sehr kleinen Energiebedarf haben. Ein Tischozonventilator z.B.
                              									hat einen solchen von 40 bis 50 W inkl. Motor; eine Anlage für die Ozonisierung von
                              									120000 m3 Luft/h verbraucht dazu rund 1 kW, worin
                              									noch der Stromverbrauch für Gebläse und Umformer enthalten ist.
                           Die technischen Anwendungsgebiete des Ozons sind sehr
                              									zahlreich. Eines der ältesten ist die „Keimfreimachung des
                                    											Trinkwassers“, (Abb. 4) große
                              									Anlagen dazu sind im In- und Auslande, wie Italien, Schweden, Spanien (Abb. 5), Ungarn, Japan, Indien usw. in Betrieb bezw.
                              									in Bau. Das Ozon wirkt hier in kräftiger Weise auf Bakterien und chemisch gelöste
                              									Stoffe ein, indem es die ersteren vernichtet und die letzteren durch Oxydation in
                              									bedeutungslose Verbindungen verwandelt, ebenso werden auch färbende Substanzen
                              									zerstört.
                           Die „Wasseraufbereitung“ hat so große Anwendung zur
                              									Herstellung von Trinkwasser, sowie Gebrauchwasser gefunden, Ozon wird zur
                              									Regenerierung des Wassers in Schwimmbädern verwendet, bei Mineralquellen usw. dient
                              									es zur Beseitigung unangenehmer Gerüche. Das Verfahren hat in neuerer Zeit
                              									wieder erheblich an Bedeutung gewonnen, da es gegenüber der Chlorierung oder der
                              									Anwendung von aktiver Kohle usw. im praktischen Betriebe erhebliche Vorteile gezeigt
                              									hat. In den Tropen wird es vielfach bei der Herstellung künstlicher Mineralwässer
                              									verwendet.
                           Eine ähnliche Entwicklung wie bei der Verwendung in Ozonwasserwerken hat auch
                              									diejenige bei der „Ozon-Wäschebleiche“
                              									durchgemacht, hier kommt, abgesehen von der keimtötenden Wirkung auch die
                              									geruchzerstörende, sowie die Bleichwirkung (wie die Rasenbleiche) in Frage, die in
                              									ihrer Unschädlichkeit auf die Fasern von keinem der heute sonst verwendeten
                              									chemischen Bleichmittel übertroffen wird.
                           In steigendem Umfange findet das Ozon Anwendung in anderen Zweigen von Gewerbe und
                              									Industrie.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 182
                              Abb. 5. Ozonwasserwerk.
                              
                           In erster Linie ist es die Lüftungstechnik, die in großem
                              									Ausmaße Ozon verwendet. Ueberall, wo sich viele Menschen in geschlossenen Räumen
                              									aufhalten (Abb. 6) (Theater, Kino, Versammlungssäle,
                              									Kirchen, Warteräume, Warenhäuser usw.), erscheint die Luft nach kurzer Zeit
                              									verbraucht und das Atmen wird erschwert. Die Luft erscheint verbraucht, nicht nur,
                              									weil Luftsauerstoff verbraucht worden ist, sondern weil gewisse
                              									Stoffwechselprodukte angereichert werden, die einen unangenehmen Geruch verbreiten
                              									und so zu verflachter, ungenügender Atmung führen. Ozonreiche Luft schafft hier
                              									Abhilfe dadurch, daß diese belästigenden Bestandteile zerstört werden, es tritt also
                              									eine Aenderung der Zusammensetzung der Luft ein und nicht etwa eine Ueberdeckung
                              									dieser riechenden Bestandteile, wie dies bei Zerstäubung von Riechstoffen der Fall
                              									ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 183
                              Abb. 6. Ozonanlage für Parlamentsgebäude (Banken, Theater usw.)
                              
                           In Restaurants, Hotels, Kasinos usw. werden durch das Ozon die Speisengerüche und der
                              									Geruch nach kaltem Tabakrauch beseitigt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 183
                              Abb. 7. Gitterozonisator zum Einbau in die Lüftungskanäle von
                                 										Banktresors.
                              
                           In den Tresors und Aktenkellern der Banken (Abb. 7),
                              									die meist auf künstliche Lüftung angewiesen sind, ist der Einbau einer Ozonanlage
                              									unbedingt notwendig und mit ausgezeichnetem Erfolg bei den größten Bankhäusern des
                              									In- und Auslandes ausgeführt worden.
                           Ebenso wichtig ist natürlich auch die Zugabe von Ozon bei der Lüftung gewerblicher
                              									Räume aller Art, in denen belästigende Gerüche auftreten können.
                           In der Kälteindustrie hat sich die Anwendung des
                              									Ozons bei der Belüftung von Kühlräumen, besonders für Nahrungsmittel, erfolgreich
                              									eingeführt. Untersuchungen des Reichsgesundheitsamtes haben die Wirkung desselben
                              									auf Bakterien, Schimmelpilze und unangenehme Gerüche festgestellt. Die Haltbarkeit
                              									des Fleisches wird dadurch erheblich verlängert. Die meisten der modernen
                              									Schlachthöfe bei uns und im Auslande sind deshalb mit Ozonanlagen ausgerüstet
                              									worden, von besonderem Vorteil ist die Verwendung ozonisierter Luft auch in den Abteilungen der Schlachthöfe, in denen schlechtes
                              									Fleisch, Abfälle usw. gelagert oder verarbeitet werden. Das Arbeiten in den
                              									Darmschleimereien, Kadaver-Verwertungsanstalten wird wesentlich erleichtert und
                              									seine gesundheitsschädlichen Folgen werden verringert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 339, S. 183
                              Abb. 8. Ozonisator (Laboratoriumstype).
                              
                           Dasselbe gilt für Lagerräume anderer Lebensmittel, wie für Eier, Obst, Gemüse usw. So
                              									sind Dampfer und Lagerhäuser für Früchte, Eierkühlhäuser u.a. mit Ozonanlagen
                              									versehen worden. Das Lagerhaus in San Francisco, in dem Früchte für den Export
                              									gelagert werden und das einen Kubikinhalt von über 6000 m3 hat, hat in jedem Lagerraum einen Anschluß für
                              									Ozon. Auch in Italien sind Ozonanlagen für Lagerräume von Obst und Gemüse sowie Bier
                              									und Mehl in Betrieb.
                           Hier tritt, abgesehen von der Schutzwirkung gegen Fäulnis, noch in manchen Fällen
                              									eine Wertsteigerung der Ware durch Nachreifen hinzu.
                           Die Schutzwirkung ozonreicher Luft gegen gesundheitsschädigende
                                 										Einflüsse tritt besonders bei der Verwendung in den Operationssälen und
                              									Leichenaufbewahrungsräumen von Krankenhäusern in Erscheinung. Moderne Anlagen, wie
                              									z.B. die Berliner Charité, werden deshalb heute neben den Kühlanlagen durchweg mit
                              									solchen Einrichtungen versehen.
                           Ein nicht zu unterschätzender Vorteil bei den ebengenannten Anlagen ist auch der, daß
                              									die Wirkung der Kühlanlage als solche wesentlich erhöht wird und Ersparnisse an
                              									Betriebsstoffen gemacht werden können.
                           In der chemischen und verwandten
                                 										Industrien findet das Ozon immer weitere Anwendungsmöglichkeiten. Zur
                              									Verwendung in chemischen Laboratorien, sind, wie bereits erwähnt, besondere Apparate
                              									konstruiert worden (Abb. 8), die, mit Luft oder
                              									Sauerstoff betrieben, es ermöglichen vorbereitende Versuche, Untersuchungen über die
                              									Oxydationsfähigkeit verschiedener Stoffe usw. durchzuführen.
                           Im Großen findet das Ozon in der chemischen Industrie Verwendung bei der Herstellung
                              									von Riechstoffen, wie Vanilin, künstlichem Kampfer, Gewinnung von Fettsäure aus
                              									Teeröl, zum Bleichen von Oelen und Fetten (Seifenindustrie).
                           In der Kunstseidenindustrie, besonders des Auslandes,
                              									werden Ozonanlagen zu den verschiedensten Zwecken verwendet, leider sind hier nähere
                              									Einzelheiten nicht zu erfahren. Es sollen dort die auf den Faden aufgebrachten
                              									Schichten, die als Farbkörperträger dienen, ozonisiert werden, wodurch schnellere
                              									Verharzung und bessere Farbaufnahmefähigkeit eintritt. Bei den Fabriken, die nach
                              									dem Viskose-Verfahren arbeiten, hat sich das Ozon zur Reinigung der Abluft von
                              									Schwefelwasserstoff usw. besonders bewährt und verhindert dessen schädlichen Einfluß
                              									auf Menschen und Pflanzen.
                           Für die Nahrungsmittelindustrie hat sich das Ozon
                              									ebenfalls als wichtiges Hilfsmittel erwiesen, die Verwendung in Kühl- und
                              									Lagerräumen wurde schon erwähnt, wichtig ist hier auch sonst die konservierende
                              									Wirkung. In Schokoladenfabriken z.B. verhindert das Ozon
                              									die Weiterverbreitung der „Cacoa-Motte“, Mehl kann von dumpfem Geruch und von
                              									der „Mehlmotte“ befreit werden. Ozon hat Verwendung gefunden bei der
                              									Behandlung von „Tabak“ und „Stärke.“ Im Gärungsgewerbe dient es zur Verbesserung der Luft in den Gärkellern,
                              									die Gärfliegen werden vertrieben, außerdem findet es Verwendung zur schnelleren
                              									Alterung von Alkohol, Wein, Kognak usw. und bei der Hefezucht. Ozonisiertes Wasser
                              									wurde mit Erfolg zur Reinigung von Bierfässern und anderen Behältern benutzt.
                           In der Farben- und Lackindustrie und bei der Verwendung von Produkten dieser, findet es
                              									Anwendung zum schnelleren Trocknen, dies gilt besonders für alle Farben und
                              									Anstriche, die Leinöl und ähnliche oxydierbare Stoffe enthalten, da es die Bildung
                              									des Linoxins beschleunigt und so die Trocknung schneller vor sich geht als in der
                              									normalen Luft. Zu diesem Zwecke wird das Ozon in der Autoindustrie, in Druckereien
                              									usw. gebraucht. Hinzugefügt sei, daß es bei Nitrolacken nicht anwendbar ist.
                           In der Textilindustrie und ähnlichen sind ähnliche
                              									Verhältnisse vorhanden, hier werden Wolle, Felle, Häute usw. mit Ozon behandelt,
                              									auch dient es zum Bleichen verschiedener Stoffe, wie Flachs, Hanf u. ä.
                           Wie eingangs erwähnt, erfolgt die Erzeugung des Ozons auf dem Wege der
                              									Glimmentladung, diese wird auch zu einer Reihe von anderen ähnlichen Vorgängen
                              									nutzbar gemacht, so wurden neuerdings Versuche damit angestellt, um Methan aus
                              									Koksofengas in Acytelen umzusetzen, die Herstellung der Voltolöle beruht auf
                              									ähnlichen Vorgängen.
                           Man kann aus vorstehendem erkennen, wie vielseitig die Verwendung des Ozons in der
                              									Technik ist, dabei ist die Entwicklung noch keineswegs abgeschlossen.