| Titel: | Die Erfindung der innenmattierten Glühlampen. | 
| Autor: | B. Duschnitz | 
| Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 187 | 
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                        Die Erfindung der innenmattierten
                           								Glühlampen.
                        Von Ingenieur B. Duschnitz.
                        DUSCHNITZ, Die Erfindung der innenmattierten Glühlampen
                        
                     
                        
                           Genau vor einem Jahre, am 1. November 1929, brachten die führenden
                              									Glühlampenfabriken der Welt die innenmattierten Glühlampen auf den Markt und
                              									bezeichneten sie als den neuesten Fortschritt auf dem Gebiete der Glühlampentechnik.
                              									Während aus den meisten Ankündigungen nicht zu entnehmen war, wem dieser Fortschritt
                              									zu verdanken sei, fanden sich unter den ausländischen Werken solche, die angaben,
                              									daß ihre Ingenieure die innenmattierte Glühlampe schufen. Deshalb ist der folgende
                              									wahre Tatbestand lehrreich und von allgemeinem Interesse.
                           Der Erfinder der innenmattierten Glühlampe war G. B. Herrmann in Berlin-Halensee. Er
                              									hat seine Erfindung bereits am 17. Dezember 1912 dem Patentamt in Berlin offenbart
                              									und von diesem nach gehöriger Prüfung im Jahre 1913 das Patent 264 548 zuerkannt
                              									erhalten. Acht Jahre lang hat er die Patentjahresgebühren bezahlt, doch wegen
                              									Nichtzahlung der neunten Jahresgebühr erlosch das Herrmansche Patent am 23. Juni
                              									1921. Um zu ermessen, inwieweit Herrmann die heute gepriesenen Vorteile der
                              									Innenmattierung bereits im Jahre 1912 erkannt hat, ist es notwendig, aus seinem
                              									Patentgesuch seine ureigensten Angaben wie folgt anzuführen:
                           
                              „Um bei elektrischen Glühlampen eine möglichst gleichmäßige Zerstreuung der
                                 										Lichtstrahlen zu erzielen, bedient man sich bekanntlich einer Mattglasbirne,
                                 										d.h. einer Glasbirne, deren Außenmantel durch an sich bekannte Verfahren, z.B.
                                 										durch das Aetzverfahren, etwa unter Anwendung von Flußsäure, zu einer äußeren
                                 										Mattglasfläche ausgebildet wird. Hierdurch wird wohl die angestrebte, über den
                                 										ganzen Glasmantel verteilte Leuchtwirkung der Lichtquelle erzielt, doch muß der
                                 										Uebelstand in Kauf genommen werden, daß derartige Mattglaslampen, insbesondere
                                 										dann, wenn sie sich, z. B für Außenbeleuchtung, im Freien oder in Räumen
                                 										befinden, in denen geraucht oder stauberzeugende Tätigkeit ausgeübt wird, an
                                 										Lichtdurchlässigkeit verlieren. Denn die matte (gerauhte) Außenfläche der Lampe
                                 										läßt Staub und Unreinigkeiten ansetzen, deren Entfernung nicht nur wegen der oft
                                 										erschwerten Zugänglichkeit der Lampe, sondern auch insofern umständlich ist, als
                                 										es für die Beseitigung des Staubes und dergl. der Anwendung besonderer
                                 										Reinigungsmittel (staublösender Flüssigkeiten) bedarf. Der Versuch, derartige
                                 										Lampen in der üblichen Weise einfach durch Abwischen zu reinigen, würde
                                 										fehlschlagen, da der angesetzte Staub dann nur noch mehr in die kleinen
                                 										Aufrauhungen des äußeren Glühlampenmantels eindringen und sich dort festsetzen
                                 										würde. Es ergibt sich hieraus, daß die bisher üblichen Glühlampenbirnen zufolge
                                 										des erwähnten Ansetzens von Staub und dergl. nach und nach in ihrer
                                 										Leuchtwirkung beeinträchtigt werden und demgemäß eine rationelle Ausnutzung der
                                 										Leuchtwirkung nicht möglich ist.
                              
                           
                              Nach vorliegender Erfindung werden die erwähnten Uebelstände dadurch beseitigt,
                                 										daß die die Zerstreuung der Lichtstrahlen bewirkende Fläche nach außen hin durch
                                 										eine völlig durchsichtige, glattwandige Fläche überdeckt ist, z.B. dadurch, daß
                                 										die lichtzerstreuende Fläche nicht auf der Außenseite des Birnenmantels, sondern auf dessen Innenseite vorgesehen wird, so daß
                                 										also der Außenmantel der Glühbirne als gewöhnliche glatte, mit bezug auf die
                                 										innere Mattfläche durchsichtige Glasscheibenfläche unverändert aufrechterhalten
                                 										bleibt. Demzufolge können sich Staub und dergl. Unreinigkeiten so gut wie gar
                                 										nicht an dem Außenmantel der Birne festsetzen, oder sie lassen sich, wenn dieser
                                 										Fall dennoch eintreten sollte, ohne weiteres leicht durch trockenes Abwischen
                                 										entfernen.
                              
                           
                              Gleichwertig dieser Verlegung der Mattierung von der Außenseite des Lampenmantels
                                 										nach dessen Innenseite wäre die Umschließung des üblichen außen mattierten
                                 										Lampenmantels mit einem glatten und durchsichtigen Ueberzuge. Die neue Glasbirne
                                 										bietet also den Vorteil der dauernd unbeeinträchtigten Leuchtwirkung bei ebenso
                                 										guter Zerstreuung der Lichtstrahlen.“
                              
                           Diese Herrmannsche Patentbegründung ist so vorzüglich, weil überzeugend und völlig
                              									richtig, daß sie heute, nach 18 Jahren, nicht besser verfaßt werden könnte.
                              									Sämtliche Vorzüge, die in den neuesten Prospekten der Glühlampenwerke den
                              									innenmattierten Glühlampen zugeschrieben werden, sind in der Beschreibung Herrmanns
                              									bereits genannt, so daß es sich auch erübrigt, die heutigen Innenmattlampen noch
                              									besonders zu empfehlen.
                           Doch sind Fachleute, die mit der Auslegung von Patenten zu tun haben, gewohnt, sich
                              									hierzu der dem Erfinder bzw. Anmelder gewährten Patentansprüche zu bedienen, da aus
                              									diesen, wenigstens bei deutschen Patenten, deren Erteilung gewöhnlich eine strenge
                              									Neuheitsprüfung vorausgeht, der Umfang der Erfindung hervorzugehen pflegt. Diese
                              									lauten nun:
                           
                              „1. Glühlampe mit Mattglasmantel, dadurch gekennzeichnet, daß die die Zerstreuung
                                 										der Lichtstrahlen bewirkende Fläche nach außen hin durch eine völlig
                                 										durchsichtige, glattwandige Fläche überdeckt ist.
                              
                           
                              2. Glühlampe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Mattierung nur auf der Innenseite des Glasmantels angeordnet
                                 										ist, die Außenfläche des Glasmantels dagegen glatt und lichtdurchlässig
                                 										verbleibt.
                              
                           
                           
                              
                              3. Glühlampe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß bei Anwendung einer
                                 										äußeren Mattierungsfläche diese mit einem geeigneten, Wasser- und
                                 										wärmebeständigen, lichtdurchlässigen glatten Ueberzug versehen ist.“
                              
                           Demnach hat also C. B. Herrmann als erster und alleiniger Erfinder der Innenmattlampe
                              									zu gelten; sie ist in seinem zweiten Anspruch vollkommen be- und umschrieben,
                              									während sein dritter Anspruch bereits über die heutige Ausführungsart hinausgeht und
                              									Zukunftsmöglichkeiten bietet.
                           Da somit feststeht, daß Herrmann die Innenmattlampe 1912 erfunden hat, handelt es
                              									sich weiterhin darum, den Gründen nachzugehen, denen es zuzuschreiben ist, daß die
                              									Herrmannsche Erfindung in Vergessenheit geriet und erst vor kurzem eine große
                              									Bedeutung erhielt. Diese Gründe sind einfacher Art. Zu Herrmanns Zeiten gab es nur
                              									sogenannte Langdrahtlampen, d.h. solche, deren Leuchtkörper aus einem gestreckten
                              									Draht bestand, und gerade kurz vor der Offenbarung der Herrmannschen Erfindung kam
                              									man soweit, biegsamen Wolframdraht fabrikationsmäßig herzustellen und anzuwenden. Da
                              									die Leuchtdichte bei diesen Langdrahtlampen nicht sehr groß war, war auch ihre
                              									Blendung noch erträglich, und so bestand keine dringende Notwendigkeit für die
                              									Anwendung dieser Erfindung. Dies änderte sich erst, als man dazu überging, den
                              									Wolframdraht zu wendeln, d.h. Leuchtkörper zu erzeugen, die schraubenfederförmig
                              									gestaltet waren. 1925 vollzog sich dieser Uebergang fast allgemein und die
                              									sogenannte Einheitsreihe bestand nur aus Wendeldrahtlampen. Da nun die Leuchtdichte
                              									der Leuchtwendel im Vergleich zum Langdrahtleuchtkörper sehr groß ist, entstand 1925
                              									ein geradezu dringender Bedarf nach erhöhtem Blendungsschutz, und nunmehr soll hier
                              									kurz dargelegt werden, wie man hierbei auf die Herrmannsche Erfindung zurückgriff
                              									und die zu ihrer Ausführung nötigen Verfahren schuf.
                           Dr.-Ing. h. c. Hermann Remané, der gemeinsam mit dem im Vorjahre verstorbenen Dr.
                              									Fritz Blau die erstmalig im Jahre 1906 auf den Markt gebrachte Osramlampe bei der
                              									Auergesellschaft in Berlin schuf, faßte 1925 den Gedanken, die Herrmannsche
                              									Innenmattierung bei Glasglocken anzuwenden, die – aus Milch- oder Opalglas oder
                              									bereits außen mattiertem Glas bestehen. Hierauf erhielt die Osramgesellschaft das
                              									Patent 438 522.
                           Prof. Dr. M. Pirani und Dr. Ellen Lax erfanden kurz darauf, Ende 1925, bei der
                              									Osramgesellschaft in Berlin zwei Verfahren zur Herstellung der Innenmattierung.
                              									Diese Verfahren bilden den Gegenstand der Patente 444428 und 444429, die 1927 der
                              									Firma Osram erteilt wurden.
                           Nach dem einen dieser Verfahren wird die Glockeninnenwand mit einem trockenen, durchsichtigen oder durchscheinenden Beschläge
                              									versehen. Nach dem anderen Verfahren von Pirani und Lax wird dagegen die Innenwand
                              									mit einer wäßrigen oder alkoholischen Aufschlämmung
                              									anorganischer Körper bespritzt oder bestrichen, die nach Abtrocknung des
                              									Aufschlämmungsmittels eine durchsichtige, lichtstreuende oder farbige Schicht
                              									hinterläßt. Die von Pirani und Lax gegebenen Grundlagen wurden dann, von 1926 ab,
                              									bei der amerikanischen General Electric Company weiterentwickelt, wie hier noch zum
                              									Schluß gezeigt werden möge.
                           Die amerikanischen Verfahren stellen eine Kombination der Pirani-Lax-Verfahren mit
                              									der Innenaufrauhung nach Herrmann dar. Bei dem einen Verfahren wird die Innenfläche
                              									der Klarglaslampenglocke vor dem Aufbringen der Aufschlämmung durch Aufrauhen oder
                              									Mattieren vorbereitet, so daß eine Grundfläche geschaffen ist, an der die
                              									zurückbleibende Schicht sehr fest anhaftet. Bei dem anderen Verfahren wird ebenfalls
                              									zunächst die Innenfläche der Lampenglocke aufgerauht und auf diese sodann trockenes
                              									Pulver anorganischer Stoffe aufgestäubt.
                           Da die aufgerauhte oder mattierte Innenfläche der Glocke bereits eine Lichtstreuung
                              									bewirkt, so kann die zurückbleibende Schicht der aufgespritzten oder aufgestäubten
                              									Körper von sehr geringer, für die Hervorbringung einer Farbwirkung jedoch schon
                              									ausreichenden Dicke sein. Dadurch wird einmal eine Ersparnis an Farbstoffen und
                              									ferner eine gleichmäßigere Lichtstreuung erzielt, was durch die vorbereitende
                              									Mattierung bedingt ist. Gegenüber der einfachen Innenmattierung ergibt sich aber
                              									hierbei der Vorteil, daß dieselbe sich nur auf eine geringe Tiefe erstrecken muß, da
                              									auch die Aufschlämmung bzw. Bestäubung zum Blendungsschutz beiträgt, so daß sehr
                              									dünne Lampengläser verwendet werden können.
                           Ende 1927 ging man bei der amerikanischen Firma daran, das letztere,
                              										„trockene“ Verfahren fabrikmäßig durchzubilden, um gleichzeitig eine
                              									größere Anzahl von Lampenglocken schnell und ohne Farbstoffverlust mit ihre
                              									mattierten Innenflächen bedeckenden Ueberzügen zu versehen.
                           Zu diesem Zwecke findet ein plattenförmiger Glockenträger Anwendung, der mit einer
                              									Anzahl ringförmiger Gummipuffer zum Einsetzen der Halsteile der Lampenglocken und
                              									außerdem mit einer Anzahl die Pufferbohrungen an der anderen offenen Seite
                              									abschließenden Kappen zur Aufnahme von pulverförmigem Farbstoff versehen ist. Da
                              									diese Kappen mit den in die Puffer eingesetzten Lampenglocken geschlossene Gefäße
                              									bilden, so kann durch Umdrehen und Auf und- abbewegen des Glockenträgers der
                              									Farbstoff in die Lampenglocken übergeführt und in diesen zum Absetzen gebracht
                              									werden. Beim Zurückdrehen des Glockenträgers fällt der nicht verbrauchte Farbstoff
                              									wieder in die Abschlußkappen zurück und steht in diesen zur weiteren Verwendung für
                              									die in die Puffer neu eingesetzten Lampenglocken bereit.
                           Die amerikanischen Verfahren und Vorrichtungen sind in Deutschland der
                              									Osramgesellschaft durch die Patente 459219, 459663 und 471672 geschützt. Wenn auch
                              									die letzte Vollendung der fabriksmäßigen Innenmattierung somit in Amerika geschah,
                              									so stammt die grundsätzliche Erfindung, wie eingangs näher gezeigt worden ist, aus
                              									Deutschland.