| Titel: | Kesselspeisepumpen. | 
| Autor: | R. W. Müller | 
| Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 27 | 
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                        Kesselspeisepumpen.
                        Von Regierungsbaumeister a. D. R. W. Müller, Arolsen.
                        MUELLER, Kesselspeisepumpen.
                        
                     
                        
                           In den letzten Jahren brachte die Entwicklung der elektrischen Energieversorgung
                              									einerseits die Zusammenfassung der Energieerzeugung in Großkraftwerken und
                              									andererseits die gegenseitige Verkettung großer Energiezentralen zwecks Austausch
                              									überschüssiger Leistung. Diese Entwicklungführte in den Dampfkraftwerken den
                              									Kesselbau zu einer ganz erheblichen Steigerung des Dampfdruckes und der
                              									Dampftemperatur. Ferner wird, um den thermischen Wirkungsgrad zu erhöhen, im
                              									Regenerativverfahren möglichst weißes Wasser verwendet. Heute ist man bereits bei Kesseldrücken
                              									von 250 atü und Speisewassertemperaturen von über 200° C angekommen.
                           In den modernen Kraftwerken wurden durch diese Fortschritte auch die
                              									Hilfseinrichtungen wesentlich beeinflußt. Vor allem sind darunter als einer der
                              									Teile einer Dampfkraftanlage, die für die Sicherheit eines einwandfreien Betriebes
                              									ausschlaggebend sind, die Kesselspeisepumpen zu erwähnen.
                           Die Sulzer Hochdruck-Zentrifugalpumpen als Kesselspeisepumpen werden schon seit
                              									langer Zeit verwendet; jedoch eine ganze Reihe vollständig neuer und oft recht
                              									schwieriger Probleme brachte die Speisung von Hochdruck- und Höchstdruckkesseln mit
                              									sich. Eine langjährige Erfahrung in der Konstruktion und der Materialauswahl sowie
                              									in der Werkstattausführung und im Betrieb ist die Voraussetzung für eine gute Lösung
                              									solcher Aufgaben. Die nachstehenden Zeilen mögen kurz darlegen, wie diese Erfahrung
                              									bei den Sulzer Höchstdruck-Kesselspeisepumpen ausgewertet wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 28
                              Abb. 1.
                              Brauchbare und unbrauchbare
                                 										Kennlinien von Kesselspeisepumpen. 1 = steile, gegen Q = 0 stetig ansteigende
                                 										Kennlinie; 2 = flache, gegen Q = 0 stetig ansteigende Kennlinie; 3 =
                                 										Gegendruckkurve (flache Rohrkennlinie) zu den Kurven 1 und 2; 4 = unstabile
                                 										Kennlinie; 5 = stabile, gegen Q = 0 nicht stetig ansteigende Kennlinie; 6 =
                                 										Gegendruckkurve (steile Rohrkennlinie); 7 = Kurve der Resultanten aus dem
                                 										Kesseldruck und dem zum Speisen nötigen Ueberdruck (einschließlich der
                                 										Förderhöhe von der Pumpe bis zum Speiseventil des Kessels, vermindert um den
                                 										Zulaufdruck); B = Betriebspunkt; Kennlinie 1: Für Kesselspeisung und besonders
                                 										Parallelbetrieb geeignet; Kennlinie 2 und 5: Für Kesselspeisung und besonders
                                 										Einpumpenbetrieb geeignet; Kennlinie 4: Für Kesselspeisung ungeeignet (2
                                 										Schnittpunkte und Kurve 3); Kennlinie 5 eignet sich besonders für steile
                                 										Gegendruckkurven wie Kurve 6, oder flache Gegendruckkurven wie Kurve 3, wenn der
                                 										Schnittpunkt E der Kennlinie mit der Ordinatenachse über jenem der
                                 										Gegendruckkurve A steht.
                              
                           Der von einer Kesselspeisepumpe zu überwindende Gegendruck setzt sich zusammen aus
                              									dem Druck des Kessels (einschließlich des zum Speisen nötigen Ueberdruckes,
                              									vermindert um den Zulaufdruck), der Förderhöhe von der Pumpe biszum
                              									Speiseventil des Kessels und dem dynamischen Anteil der Rohrleitungswiderstände. In
                              										Abb. 1 sind diese Werte sowie die resultierende
                              									Gegendruckkurve in Abhängigkeit von der Fördermenge eingetragen.
                           
                              
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                              Abb. 2. Steile Pumpenkennlinie.
                              Verteilung der Pumpenbelastungen im
                                 										Paralle betrieb mit flachen und steilen Pumpenkennlinien. Flache
                                 										Pumpenkennlinie; Q = Fördermenge H = Förderhöhe; B = Betriebspunkt des
                                 										Parallelbetriebes; 1 = Kennlinie der Pumpe 1; 2 = Kennlinie der Pumpe 2; 3 =
                                 										Resultierende Kennlinie der Pumpen; 4 = Gegendruckkurve; Q1 = Fördermengenanteil
                                 										der Pumpe 1, auf den Betriebspunkt B bezogen; Q2 = Fördermengenanteil der Pumpe
                                 										2, auf den Betriebspunkt B bezogen; qB = Fördermengenunterschied, auf den
                                 										Betriebspunkt B bezogen; qA = Fördermengenunterschied beim Anlauf oder Regeln
                                 										gegen Q = 0.
                              
                           Wenn die Rohrleitungen kurz und die Wassergeschwindigkeiten
                              									klein sind, so verläuft diese flach, hingegen steil bei langen Rohrleitungen und
                              									großen Wassergeschwindigkeiten.
                           
                              
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                              Abb. 3. Heißwässerstopfbüchse mit Außenkühlung aus dem Jahre 1923.
                              
                           Den Schnittpunkt dieser Gegendruckkurve (3) mit der Kennlinie (1
                              									oder 2) der Pumpe nennt man Betriebspunkt (B).
                           Das hydraulische Kennzeichen der Sulzer Kesselspeisepumpen ist ihre vollständig
                              									stabile Kennlinie, die bis zur kleinsten Fördermenge die Gegendruckkurven eindeutig
                              									und bestimmt jeweils nur in einem einzigen Betriebspunkte schneidet. Ein Abschnappen
                              									der Pumpen oder ein Pendeln der Wassersäule kann dadurch nicht vorkommen. Je nach
                              									den vorliegenden Anlage- und Betriebsverhältnissen werden Laufräder mit einer
                              									flacheren oder steileren Kennlinie verwendet.
                           
                              
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                              Abb. 4. Neuartige Kühlung der Stopfbüchse von innen.
                              
                           Eine flach verlaufende Pumpenkennlinie ist für den Einpumpenbetrieb zu empfehlen,
                              									damit durch die Fördermengenregelung nur geringe Druckhöhenverluste eintreten. Beim
                              									Parallelbetrieb mehrerer Pumpen von gleicher Größe und Bauart ist zu beachten, daß
                              									ihre Kennlinien wohl ähnlich, jedoch nicht kongruent sind. Diese Erscheinung, die
                              									von Bearbeitungszufälligkeiten, Ungenauigkeiten im Guß usw. herrühren, verursacht
                              									eine gegenseitige Verschiebung der Kennlinien sowie eine ungleichmäßige Verteilung
                              									der Belastung. Durch die Wahl steil und stetig ansteigender Kennlinien kann auch bei
                              									gegebener unveränderlicher Drehzahl der Antriebsmaschinen die Lastverteilung
                              									praktisch ziemlich gleichmäßig erfolgen, wie das z.B. in Abb. 2 gezeigt wird. Im Regelbereich verursachen die steileren
                              									Pumpenlinien größere Druck Verluste, jedoch tritt dieser kleine Nachteil im Betrieb
                              									den Vorteilen gegenüber ganz zurück.
                           Durch diese Eigenschaften weisen diese Kesselspeisepumpen eine große
                              									Anpassungsfähigkeit auf, sie vermögen allen Belastungsstoßen und
                              									Betriebsschwankungen der Kessel leicht und rasch zu folgen.
                           Bei der Konstruktions-Durchbildung dieser Kesselspeisepumpen hat sich Sulzer neben
                              									der günstigen hydraulischen Anordnung eine große Dauerhaftigkeit und
                              									Betriebszuverlässigkeit als Ziel gesetzt. Das Gehäuse ist als kräftiger,
                              									geschlossener Zylinder ausgebildet, in welchem alle Innenteile, wie
                              									Ueberstromstücke, Lauf- und Leiträder, leicht ein- und ausgebaut werden können.
                              									Lästige Undichtigkeiten und Leckungen nach außen, sowie betriebsstörende
                              									Verwerfungen durch Wärmeausdehnungen sind damit auf einfache Art und Weise
                              									vermieden.
                           Auf die spannungslose Ausdehnungsmöglichkeit der verschiedenen Teile wurde besondere
                              									Sorgfalt gelegt. Soll die Pumpe sehr hohen Temperaturen ausgesetzt werden, so wird
                              									sie in der Achsenebene in Ständern aufgehängt. Höhenunterschiede gegenüber der Achse
                              									des Antriebes werden damit ausgeschaltet, in besonderen Fällen werden die Ständer
                              									auch noch durch Wasser gekühlt. Nur in einer Querebene senkrecht zur Achse ist das
                              									Gehäuse festgeschraubt, und die losen hinteren Aufhängetatzen gestatten eine freie
                              									Bewegung in der Längsrichtung. Das Gehäuse ist gegen seitliche Verschiebungen in
                              									Keilbahnen geführt. Unter Berücksichtigung gleicher Ausdehnungszahlen erfolgt für
                              									die Innenteile die Wahl der Baustoffe. Zweckmäßig angeordnete Ausdehnungspuffer
                              									nehmen die restlichen Längenveränderungen auf. Die unter verschiedenem Druck
                              									stehenden Innenteile sind gegenseitig sorgfältig abgedichtet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 29
                              Abb. 5.
                              
                           Die Stopfbüchsen gehören zu den heikelsten Bestandteilen der Kesselspeisepumpen, die
                              									die mit sehr heißem Speisewasser gefüllten Pumpenräume bei oft großen
                              									Druckunterschieden gegen die freie Luft hin möglichst verlustlos abdichten müssen.
                              									Schon ein geringer Austritt heißen Wassers gibt zu lebhafter Dampfentwicklung Anlaß.
                              									Die Abbildung 3 zeigt eine Heißwasser Stopfbüchse mit
                              									Außenkühlung, deren Packungsraum mit einem wasserdurchspülten Kühlmantel a umgeben
                              									ist, der seinerseits durch ein Luftkissen b vom heißen Speisewasser getrennt
                              									ist.
                           
                           
                              
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 30
                              Abb. 6. Sulzer Höchstdruck-Kesselspeisepumpe mit Abstützung in der Achsebene
                                 										und Wärmeschutzmantel
                              
                           Für sehr heißes Wasser und bestimmte Druckverhältnisse verwendet Sulzer
                              									zusammengesetzte Stopfbüchsen mit Innen- und Außenkühlung, welche die Wasser- und
                              									Wärmeverluste auf ein Mindestmaß beschränken. Bei der Ausführungsform nach Abb. 4 wird in dem umlaufenden Kühlraum c durch die
                              									Wellenbohrung d das Kühlwasser gespritzt. Vom Räume c gelangt das Wasser durch die,
                              									Stopfbuchse in den Wasserfänger f und kann von dort dem Speisewasserbehälter
                              									zugeführt werden. Wie die Abbildung zeigt, wird beim Durchfluß des Kühlwassers durch
                              									die Welleganz besonders auch die Lagerstelle gekühlt. Der Sperrwasserzufluß g
                              									dichtet einerseits gegen den Saugraum bzw. Entlastungsraum hin ab und kühlt
                              									gleichzeitig die anliegenden Teile. Wenn die Zufuhr durch die Wellenbohrung d nicht
                              									möglich ist, wird das Kühlwasser durch h in die Laterne k geleitet. Das durch die
                              									Stopfbuchsenbrille austretende Wasser wird ebenfalls vom Fänger f aufgefangen. Diese
                              									patentierten Stopfbuchsen-Konstruktionen haben sich in jahrelangem Betrieb als
                              									vollkommen zuverlässig erwiesen.
                           Abb. 5 zeigt einen Längsschnitt durch eine
                              									Kesselspeisepumpe. Der hydraulische Axialschub wird durch die bekannte
                              									Entlastungsscheibe s ausgeglichen, und das Entlastungswasser fließt durch die
                              									Leitungen dem Speisewasserbehälter zu. Zur Verminderung der Wärmeverluste ist der
                              									Pumpenkörper mit einem Wärmeschutzmantel umgeben (Abb.
                                 										6). Bronzebüchsen schützen die Welle im Pumpeninnern gegen die Rostgefahr.
                              									Alle Dichtungsringe und Dichtungsbüchsen sind leicht auswechselbar. Die Pumpen
                              									eignen sich für jede Betriebsart, besonders zweckmäßig ist der elektrische oder der
                              									Dampfturbinenantrieb mit oder ohne Vorgelege. Die Abbildung
                                 										7 zeigt eine Anlage und deren Betriebsanordnung.
                           In der elektrischen Zentrale zu Langerbrügge (Belgien) sind im Dezember letzten
                              									Jahres zwei Sulzer Pumpen für die Speisung von Höchstdruckdampfkesseln in Betrieb
                              									gekommen, die insofern besonderes Interesse für sich beanspruchen dürfen, als sie
                              									die größten Kesselspeisepumpen der Welt sind. Jede Pumpe fördert in der Stunde 135
                              									Tonnen heißes Wasser von 180° C auf einen Betriebsdruck von 250 Atmosphären. Der
                              									Kraftbedarf beträgt dabei 2340 PS. je Pumpe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 30
                              Abb. 7. Zwei neunstufige Sulzer Höchstdruck-Kesselspeisepumpen für zusammen
                                 										180 t/h Fördermenge und je 111,7 atü Pumpenenddruck. Zulaufwassertemperatur 200°
                                 										C.