| Titel: | Das Spritzgußverfahren als moderne Fabrikationsart für die spanlose Formung von Kupfer-, Zink-Legierungen. | 
| Autor: | R. W. Schulze | 
| Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 83 | 
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                        Das Spritzgußverfahren als moderne
                           								Fabrikationsart für die spanlose Formung von Kupfer-, Zink-Legierungen.
                        Von R. W. Schulze
                           								Berlin-Mariendorf.
                        SCHULZE, Das Spritzgußverfahren.
                        
                     
                        
                           Das modernste Verfahren zur spanlosen Formung metallischer Werkstoffe ist das
                              									Spritzen in stählerne Dauerformen zu Teilen höchster Genauigkeit. Nicht ohne
                              									Schwierigkeit ist es in letzter Zeit gelungen, diese für leichtschmelzende und
                              									leicht formbare Zinn-, Blei- und Zinklegierung schon früher angewendete
                              									Fabrikationsart auf Aluminium und neuerdings auch auf Kupfer-Zink und
                              									Kupfer-Zinnlegierungen zu übertragen. Obwohl das Messingspritzverfahren in seiner
                              									augenblicklichen Entwicklung noch nicht für alle Teile in Frage kommt und daher
                              									nicht als vollwertiger Ersatz der Messingteilpresserei sonders zweckmäßig in
                              									Anlehnung an diese betrieben wird, hat es durch Ersparnis der Zwischenprodukte wie
                              									Gußbarren und Preßstange manchen Vorteil voraus. Messingabfälle bekannter
                              									Zusammensetzungkönnen also ohne weiteres wieder eingeschmolzen und unter
                              									Berücksichtigung des Zinkabbrandes zu Spritzteilen verarbeitet werden, wodurch
                              									gegenüber Preßteilen um etwa 30 % vorteilhafter gearbeitet werden kann.
                           Wie die gleichen Verfahren zur Verarbeitung von Zink und Aluminium ist das Spritzen
                              									von Messing eine ausgesprochene Massenfabrikation und deshalb besonders zur
                              									Herstellung von Teilen geeignet, deren hoher Bedarf die zwar einmaligen, aber nicht
                              									unerheblichen Kosten für die erforderliche Spritzform rechtfertigt. Als
                              									kalkulatorische Grundlage für die zweckmäßige Anwendung des Messingspritzverfahrens
                              									gilt allgemein eine Stückzahl von 2000. Herstellen lassen sich Teile mit Wandstärken
                              									von 1 bis 10 mm und eingespritzten Bohrungen von 1 bis 8 mm Durchmesser. Die Stückgewichte
                              									schwanken etwa zwischen 20 g bis 3 kg und mehr. Besonders vorteilhaft ist das
                              									Spritzverfahren für Stücke, die mit Gewindelöchern und Aussparungen herzustellen
                              									sind, da diese bei Preßteilen meist noch nachträglich durch spanabhebende Formung
                              									eingearbeitet werden müssen.
                           Nach der Gestalt und der Materialführung der Maschinen sind für die spritztechnische
                              									Verarbeitung von Messing z. Zt. 2 Wege bekannt. Beim ersteren werden stehende, einer
                              									Presse ähnliche Anlagen verwendet, bei denen die Spritzformen vertikal beweglich
                              									angeordnet sind. Das Material wird in einem besonderen Schmelzkessel erschmolzen,
                              									mittels eines Asbestbechers in die Maschine gebracht und durch einen Spritzkanal in
                              									die Form gedrückt. Der Asbestboden haftete an den Eingüssen fest und läßt sich von
                              									dort später restlos entfernen. Verunreinigungen der Gußstücke durch evtl.
                              									eingespritzte Asbestfasern treten nicht ein. Der zum Spritzen erforderliche Druck
                              									wird entweder aus einer angeschlossenen hydraulischen Anlage von 200 At. oder aus
                              									einem besonderen, in die Maschine eingebauten Kompressor entnommen. Die getrennte
                              									Anordnung von Schmelzkessel und Spritzmaschine bringt es bei den stehenden Maschinen
                              									mit sich, daß beim Verarbeiten von Messing 2 Mann Bedienung nötig werden, was jedoch
                              									die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens nicht in Frage stellt.
                           Die zweite Maschinenart ist liegend angeordnet und arbeitet mit Luftdruck;
                              									dementsprechend erfolgt auch die Bewegung der Spritzform horizontal. Bei der
                              									Fabrikation wird die letztere automatisch zunächst gegen einen
                              									Metallaufnahmezylinder gepreßt und derselbe alsdann mit dem im teigigen Zustande
                              									befindlichen Metall beschickt. Ein vertikal arbeitender Kolben drückt danach das
                              									Material durch den Eintrittskanal in die Form, die sich anschließend ebenfalls durch
                              									Luftdruck öffnet, wobei zugleich das fertige Gußstück ausgestoßen wird. Zum Schöpfen
                              									des Metalls aus dem dicht neben der Maschine stehenden fahrbaren Schmelzkessel
                              									findet eine einfache Schöpfkelle Verwendung, da das teigige Material von der an der
                              									Luft sich bildenden Oxydhaut ausreichend zusammengehalten wird. Beim Spritzen
                              									zerstäubt jedoch die Oxydhaut vollständig. Für die blasenfreie Herstellung von
                              									Ms-Spritzgußteilen ist besonders der Durchmesser des Metalleintrittskanals von
                              									Bedeutung, der zweckmäßig nicht zu stark gehalten werden darf. Bei liegenden
                              									Spritzmaschinen kann die Bedienung durch einen Mann erfolgen, der von einfachen
                              									Teilen bis zu 100 Stück in der Stunde herzustellen vermag.
                           Beide Messing-Spritzmaschinenarten unterscheiden sich nach den Beschreibungen
                              									grundsätzlich von den für Zink und Aluminium verwendeten Anlagen dadurch, daß das
                              									Metall entsprechend den physikalischen und kristallographischen Verhältnissen von Ms
                              									nicht in der Maschine selbst, sondern besonders erschmolzen wird. Dadurch besteht
                              									die Möglichkeit der Verwendung von Graphittiegeln, und die schon bei Zink und
                              									Aluminium auftretenden Schwierigkeitenmit den gußeisernen Schmelzpfannen lassen
                              									sich umgehen. Ferner mußte bei den Messingspritzmaschinen der Fortfall des
                              									beweglichen Druckbehälters, der Spritzdüse und der relativ schwachen
                              									Materialführungskanäle zur Vermeidung von Verstopfungen angestrebt werden.
                           Einen außerordentlich einflußreichen Faktor stellen bei der fabrikationsmäßigen
                              									Erzeugung von Messingspritzguß die Formen dar. Sie bestehen zweckmäßig aus
                              									hochwertigen Chrom-Vanadium- oder Chrom-Nickelstählen. In ihrer äußeren Gestalt
                              									unterscheiden sie sich von denen für Zink und Aluminium dadurch, daß sie keine
                              									Wanddurchdringungen, hervorgerufen durch eingeführte Dorne, erhalten dürfen, weil
                              									sie an diesen Stellen infolge der starken Wärmeausdehnung schon nach kurzem Gebrauch
                              									aufklaffen. Aus dem gleichen Grunde sind ebenfalls Auswerfer möglichst zu vermeiden;
                              									durch geeignete Werkzeuge lassen sich die Werkstücke auch ohne Beschädigung aus der
                              									Form herausheben. Vor dem Gebrauch müssen die Formen bei 100 bis 200° C angewärmt
                              									werden. Sind Kerne erforderlich, so sind diese wie bei Sandformen fest einzulagern.
                              									Wichtig ist zur Vermeidung innerer Spannungen ein gewisser Erstarrungsausgleich bei
                              									Teilen, deren Querschnitte stark schwanken. Man erreicht dieses durch Einlegen
                              									kalter Kerne in die Form, was für starke Querschnitte eine schnelle Wärmeableitung
                              									bewirkt oder auch durch Verringerung der Formenwandstärke, wodurch infolge der
                              									Wärmestauungen die Abkühlung bei schwächeren Querschnitten verlangsamt wird. Zum
                              									Zwecke der günstigsten Materialverteilung muß die Form so angeordnet sein, daß die
                              									entferntesten Partien des Gußstückes vom eingespritzten Gießstrahl getroffen werden,
                              									bzw. daß sich die starken Querschnitte zuerst füllen. Der Formenverschleiß ist
                              									verhältnismäßig gering, da sich bis zu 12000 Teile mit einem Werkzeug anfertigen
                              									lassen. Das Gefüge eines Metalls, dessen Aufbau sich allgemein als Folge der
                              									vorangegangenen technischen Behandlung vollzieht, bildet sich beim Spritzguß
                              									entsprechend der schnellen Erstarrung des Materials an den Formenwänden feinkörnig
                              									aus; infolgedessen sind die mechanisch-physikalischen Eigenschaften von
                              									Messingspritzguß durchaus gute und liegen, wie aus der nachfolgenden Tabelle
                              									ersichtlich ist, über denjenigen der bisher bekannten Spritzgußmetalle und zwischen
                              									denen anderer Armaturwerkstoffe wie Rotguß, Messingsandguß und Preßmessing.
                           
                              
                                 Material
                                 Festigkeit
                                 Dehnung %
                                 Härte
                                 
                              
                                 Zinn-, Blei-, Spritzguß
                                   8
                                   2
                                   24
                                 
                              
                                 Zinkspritzguß
                                 18
                                   1
                                   35
                                 
                              
                                 Aluminiumspritzguß
                                 24
                                      2,5
                                   70
                                 
                              
                                 Rotguß 5
                                 16
                                   8
                                   50
                                 
                              
                                 Messingsandguß Ms 67
                                 20
                                 10
                                   55
                                 
                              
                                 Messingspritzguß Ms 58
                                 38
                                 10...30
                                 100–130
                                 
                              
                                 Pressmessing Ms 58
                                 40
                                 20
                                 100
                                 
                              
                           Richtig konstruierte Formen gewährleisten die Herstellung von Messingspritzgußteilen
                              									in gut dichter Qualität, was besonders für Armaturen von Bedeutung ist. Bei der
                              									Prüfung von 2 Hähnen auf Atmosphärendruck, wobei ein Hahn langsam bis zum Bruch belastet
                              									wurde, konnte festgestellt werden, daß derselbe erst bei etwa 600 At. eintrat. Der
                              									zweite Hahn wurde mit 500 At. zunächst 3 Stunden vorgedrückt und anschließend durch
                              									Laststeigerung mit 790 At. zu Bruch gebracht. Die Belastungssicherheiten sind danach
                              									für normale Installationsarmaturen bei weitem ausreichend. Eine weitere Anwendung
                              									hat das Ms-Spritzverfahren bei der Herstellung von Kupferrohrverbindungen,
                              									sogenannten Perfektverbindungen gefunden, die im Innern aus schwachwandigem Kupfer
                              									bestehen, das zur Verfestigung mit einem etwa 4 mm starken Messingmantel umspritzt
                              									wird. Dadurch ist es möglich,Rohrleitungsnetze für Wasser und sonstige Zwecke
                              									in der chemischen Industrie ohne Unterbrechung aus Kupfer herzustellen, wodurch
                              									Korrosionen verhütet werden, die aus der gegenseitigen Beeinflussung der Metalle
                              									entstehen, und deren Produkte die durchgeleiteten Flüssigkeiten beeinflussen können.
                              									Neben den eingangs erwähnten Preisvorteilen von Messingspritzguß gegenüber
                              									Preßmessing ist in bezug auf Amortisation noch zu sagen, daß die Lebensdauer der
                              									Maschinen etwa derjenigen von normalen Werkzeugmaschinen entspricht, da eine
                              									unmittelbare Berührung mit dem schmelzflüssigen Metall nicht eintritt.