| Titel: | Drahtzieherei und Drahtverarbeitung. | 
| Autor: | A. Bahls | 
| Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 145 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Drahtzieherei und Drahtverarbeitung.
                        Von A. Bahls, Fabr.-Dir. a. D., berat. Ing.,
                           									Eilenburg.
                        Drahtzieherei und Drahtverarbeitung.
                        
                     
                        
                           Inhalt: Die Praxis des
                              									Drahtzieherei-Betriebes mit älteren und neuesten Einrichtungen ist beschrieben und
                              									Durchschnittsleistungen genannt. – Hinsichtlich der zur Weiterverarbeitung des
                              									gezogenen Drahtes erforderlichen Richtmaschinen sind über Bauart, Wirkungsweise und
                              									Leistung entsprechende Angaben gemacht.
                           Der vom Drahtwalzwerk hergestellte Walzdraht, der zu großen Ringen aufgewickelt
                              									in den Handel kommt, muß auf kaltem Wege durch Dünnerziehen weiter verarbeitet
                              									werden. Für diesen Zweck kommen besondere Drahtziehmaschinen in Anwendung, deren
                              									wichtigste Teile die Ziehtrommel und das sogen. Zieheisen sind, während der sogen.
                              									Haspel dazu dient, den zu ziehenden Drahtring aufzunehmen. Der Ziehvorgang selbst
                              									besteht in einer molekularen Verlagerung des Werkstoffes, die hauptsächlich an der
                              									Umfläche des Drahtes auftritt, wobei neben einer Streckung gleichzeitig eine
                              									Materialpressung erfolgt. Es ist daher natürlich, daß der durch das Zieheisen
                              									hindurchgezwängte Draht eine wesentliche Erwärmung zeigt, die um so höher ist, je
                              									größer der Querschnittsunterschied zwischen dem gezogenen
                              									und dem Walzdraht vor dem Zieheisen ist. Dieses Zieheisen
                              									ist nichts als eine einfache Stahlplatte, die mit einer Anzahl gleichgroßer Löcher –
                              									den Ziehlöchern – versehen ist, die an beiden Flächen der Stahlplatte ausgerundet
                              									sind. Die erwähnte Erwärmung des Drahtes hängt aber nicht allein von der
                              									Querschnittsverringerung, sondern auch davon ab, mit welcher Gschwindigkeit der Draht durch das Zieheisen gezogen wird. Die Grenze der Querschnittsverminderung liegt praktisch
                              									zwischen 0,95 und 0,9, je nach Zugfestigkeit des Drahtes. Da der Draht nach dem
                              									Ziehen, wie erwähnt, eine größere Härte aufweist, muß
                              									beim zweitmaligen Ziehen der Verdünnungsgrad entweder geringer gewählt, oder der
                              									Draht muß geglüht werden. Die für das „Ziehen“
                              									erforderliche Kraft entspricht nun keineswegs etwa der Abscherfestigkeit oder der
                              									Zugfestigkeit des Werkstoffes, sondern liegt weit höher, etwa zwischen 85 und 115 kg
                              									je qmm des abgezogenen Querschnittes, unter
                              									Berücksichtigung der Materialbeschaffenheit und der Ziehgeschwindigkeit.
                           Die Drahtziehmaschinen werden in der Praxis kurz als „Drahtzüge“ bezeichnet
                              									und – abgesehen von Einzeldrahtzügen – eingeteilt in Grobzüge,Mittelzüge und
                              									Feinzüge. Der vom Walzwerk in der Dicke von meist 6 oder 5,5 mm bezogene Walzdraht,
                              									der stets in Ringform zusammengerollt geliefert wird, wird zuerst auf den Grobzügen
                              									gezogen; alsdann wird er auf den Mittelzügen weiter bearbeitet. Die vorerwähnten Ziehtrommeln bilden durch ihre Umdrehung die Kraftquelle,
                              									die den Draht durch das Ziehloch des Zieheisens hindurchzieht, um ihn darauf auf
                              									ihre Mantelfläche aufzuwickeln. Die Ziehtrommeln werden in einem längeren
                              									tischartigen Gestell – in einer Reihe stehend – so angeordnet, daß ihr Antrieb von
                              									einer gemeinsamen beständig umlaufenden Welle aus erfolgen kann. Die einzelnen
                              									Trommeln – vom Praktiker auch „Ziehklotz“ genannt – sind auf senkrecht
                              									stehende Antriebsspindeln aufgesetzt. Jede dieser Spindeln ist unten in einem
                              									Fußlager und oben in einem Halslager eines besonderen rahmenartigen Ständers
                              									gelagert. (Abb. 1) Die Füße aller Ständer werden zumeist auf eine gemeinsame Sohlplatte gesetzt, die unter dem Fußboden liegt und auch
                              									zur Auflage der Brückenlager für die durchgehende Antriebswelle dient. Die obere
                              									Rahmenleiste aller Ständer wird nach Art einer langen Tischplatte abgedeckt und die
                              									beiden äußeren Seiten aller Ständer sind durch Verschlußbleche abgegrenzt. Die
                              									Anordnung wird so getroffen, daß die Antriebsspindeln von einander einen Abstand von
                              									1300–1000 mm aufweisen, je nach Größe der Anlage und ob es sich um Grobzüge oder
                              									Mittelzüge handelt.
                           Für den Antrieb kommen Kegelräder zur Verwendung. Von diesen ist das kleine Rad auf der wagerechten Hauptwelle, das größere Rad aber auf der Antriebsspindel aufgesetzt.
                              									Beide Räder arbeiten in der Regel in einem Uebersetzungsverhältnis von 1 zu 2,5
                              									zusammen, wodurch die Spindeln bei den Grobzügen eine
                              									Umdrehungszahl von 50–60 erhalten, während für die Arbeitsspindeln an Mittelzügen
                              									eine Umlaufszahl von 60–70 gewählt wird. Bei großen Anlagen, wo lange Wellen für den Antrieb einer größeren Anzahl von
                              									Ziehtrommeln eingebaut sein müssen, werden die Antriebsräder auf dem aus mehreren Teilen
                              									zusammengesetzten Wellenstrang meist zweiteilig
                              									ausgeführt. Diese Anordnung hat den Vorteil, bei Zahnbrüchen in verhältnismäßig
                              									kurzer Zeit ein Auswechseln eines einzelnen Rades vornehmen zu können.
                           Durch den Kegelradantrieb wird die Antriebswelle auf achsialen Schub beansprucht, der
                              									natürlich bei einem langen Wellenstrang mit vielen
                              									Kegelrädern einen so hohen Grad erreicht, daß zur Aufnahme des zulässigen
                              									Reibungsdruckes ein Anlaufbund am Ende des Wellenstranges nicht mehr ausreicht. In solchen Fällen wird das erste Wellenstück des
                              									Stranges gewöhnlich als Kammlagerwelle ausgeführt.
                              									Zwischen das Kammlager dieser Welle und ihrem Endlager pflegt man dann die Antriebsscheibe zu setzen, die entweder als Riemen- oder
                              									als Seilscheibe ausgeführt ist. Sie ist aber so schwer gewählt, daß sie in jedem
                              									Falle als Schwungrad wirkt. Bei einem weniger langen Wellenstrang wendet man in
                              									neuester Zeit für die Aufnahme des achsialen Wellendruckes auch ein größeres Druck
                              										kugellager an, das wirtschaftlicher arbeitet.
                           Wegen des beständigen Umlaufes der Arbeitsspindeln aller Ziehtrommeln kann bei der
                              									älteren Bauart der Drahtzüge die Ziehtrommel nur dadurch zum Stillstand gebracht
                              									werden, daß sie durch Anheben außerhalb des
                              									Wirkungsbereiches eines Mitnehmers gebracht wird, der
                              									dicht über dem Halslager auf der Spindel angeordnet ist. Außer beim Reißen eines
                              									Drahtes ist seitens des bedienenden Arbeiters – in der Praxis Zieher oder Zöger
                              									genannt – das Ausrücken des Ziehklotzes dann notwendig, wenn ein Drahtring restlich
                              									verarbeitet bzw. vom Haspel abgelaufen und das letzte Ende des Drahtes aus dem
                              									Ziehloch herausgezogen worden ist. Die älteste – in der
                              									Ausführung allerdings einfachste – Anordnung der Ausrückvorrichtung besteht in der
                              									Hauptsache aus einem Hebel, dessen kurzer, innen liegender Arm gegabelt ist, während
                              									das lange Hebelende in einen Fußtritt übergeht. In der
                              									Nähe der Gabelung liegt der Drehpunkt des Ausrückhebels, dessen beide Gabelenden je
                              									einen senkrechten Bolzen betätigen. Diese beiden Bolzen ragen soweit durch den Tisch
                              									hindurch, daß sie außerhalb einer zentralen Aussparung im Ziehtrommelboden diesen
                              									fast berühren. Im Grund dieser runden Ausparung sind zwei Schrauben angebracht, die den Zweck haben, damit sich der Spindelmitnehmer
                              									gegen sie legen und dadurch die Ziehtrommel in Umdrehung versetzen kann. Außerhalb
                              									der Aussparung kommen die erwähnten beiden Hubbolzen zur Wirkung, sobald sie durch
                              									den Ausrückhebel angehoben werden. Damit schieben sich
                              									dann dieSchrauben vom Mitnehmer ab und die Ziehtrommel kommt zum Stillstand.
                              									Wie leicht verständlich, ist beim Ausrücken ein sehr großer Reibungsdruck zu
                              									überwinden, wenn dies während des Ziehvorganges erfolgen
                              									muß. Deshalb sucht man durch geeignete Mittel den Kraftaufwand für das Ausrücken
                              									herabzumindern. Eine solche Anordnung besteht in einem daumenartigen Hubstück, das durch einen doppelarmigen Fußtritthebel
                              									dadurch betätigt wird, daß es mittels am kurzen Hebelarm angelenkter Hubstange nach
                              									oben gedrückt wird. (Abb. 1.) Dabei legt sich die
                              									gebogene obere Daumenfläche unter den Trommelboden und hebt die Ziehtrommel in der
                              									vorerwähnten Weise vom Mitnehmer der Spindel ab.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 146
                              Abb. 1. Drahtzug älterer Bauart.
                              
                           Für den Arbeitsgang ist das erste Ende des zu ziehenden Drahtes so lang vorzuspitzen,
                              									daß es nach Hindurchstecken durch das Ziehloch des Zieheisens mittels Zange erfaßt
                              									und an die Umfläche der Ziehtrommel herangeholt werden kann, denn der Draht soll
                              									beim Ziehvorgang tangential auf die Trommelumfläche auflaufen. Aus praktischen
                              									Gründen ist es nicht möglich, den Zieheisenhalter in unmittelbarer Nähe des
                              									Ziehklotzes anzuordnen. Der untere Teil des
                              									Trommelmantels ist mit einer Aussparung versehen, in die sich beim Betrieb Schenkel
                              									und Lasche einer Zange hineinlegen (Abb. 2). Die
                              									Zuglaschen der Zange sind in Verbindung gebracht mit einer kurzen Gelenkkette, deren
                              									Ende am Trommelmantel befestigt ist. Soll das am Zieheisen vorstehende Drahtende
                              									erfaßt werden, so ist die Zange – bei ausgerückter Ziehtrommel – hervorzuziehen.
                              									Dadurch wird die Zangenkette (unter Drehung der Ziehtrommel) vom Trommelmantel
                              									abgewickelt und der Draht durch die Zange erfaßt. Ist dies geschehen, so wird die
                              									Ziehtrommel durch Betätigung des Fußhebels zum Absinken gebracht. Sie wird dadurch
                              									mit der Antriebsspindel gekuppelt und in Umlauf versetzt. Wie leicht verständlich,
                              									wird durch das Einrücken plötzlich ein starker Ruck auf den erfaßten Draht
                              									hervorgerufen, der damit der Gefahr des Abreißens ausgesetzt ist, wenn nicht durch
                              									die Geschicklichkeit des „Zögers“ oder durch besondere Einrichtungen einer
                              									solchen Möglichkeit vorgebeugt wird. Ueber derartige Einrichtungen sollen später
                              									nähere Angaben gemacht werden.
                           Die Ziehtrommel ist stufenförmig abgesetzt. Wie die Abbildung erkennen läßt, ist der
                              									untere Teil zylindrich gestaltet und der zugehörige Trommelboden vielfach noch mit
                              									einem niedrigen Auffangrand versehen. Die darüber liegende Trommelstufe ist
                              									wesentlich höher, hat aber einen kleineren Durchmesser,
                              									der etwas konisch, d.h. nach oben zu verjüngt verläuft. Von der vorerwähnten
                              									Aussparung im unteren Trommelteil – für den Eintritt der Zange – führt eine Rinne schraubengangartig ansteigend im Mantel nach oben
                              									zur konischen Trommelstufe. Der Uebergang beider Stufen
                              									wird durch eine Hohlkehle vermittelt. In dieser
                              									Uebergangshohlkehle kommt die erwähnte Rinne zum Verlaufen. Der vom Zangenmaul der
                              									Greifzange erfaßte Draht legt sich bei der Drehung der Ziehtrommel zwangsläufig in
                              									diese Steigrinne hinein und wird somit in die Hohlkehle geführt, in der er sich um
                              									die Trommel herum wickelt. Aber nicht nur die erste
                              									Drahtwindung, sondern alle folgenden Windungen legen sich
                              									an dieser Stelle auf die Ziehtrommel auf. Die zum Ziehen
                              									des Drahtes aufzuwendende Kraft geht also von der Hohlkehle der Trommel aus. Der sogen. Ziehklotz wird demnach hauptsächlich
                              									an dieser Auflaufstelle beansprucht. Die Einwirkung kommt aber nicht allein als Druck zur Geltung, sondern tritt in den benachbarten
                              									höher liegenden Drahtwindungen auch als Reibung auf,
                              									indem die darüber liegenden Windungen, die doch auch noch anteilmäßig
                              									derZugspannung ausgesetzt sind, nach oben verschoben
                              									werden müssen. Da diese Verschiebung immer durch den neuauflaufenden Draht bewirkt
                              									werden muß, ist es verständlich, daß die Notwendigkeit besteht, die obere
                              									(Ansammlungs-) Trommelstufe entsprechend konisch
                              									auszuführen. Beim praktischen Betrieb werden also die ursprünglich ersten Drahtwindungen immer höher hinauf bis an den
                              									oberen Trommelrand geschoben. Sie sinken hier aber schließlich teilweise so
                              									ineinander, daß sie einen windungsreichen Drahtring bilden. Der auf diese Weise
                              									angesammelte Draht wird nach dem Durchziehen auch des letzten Drahtendes durch das
                              									Zieheisen – nach Stillsetzen der Ziehtrommel – abgenommen und weiter
                              									verarbeitet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 147
                              Abb. 2. Friktions-Drahtzug (W. Gerhardi, Lüdenscheid).
                              
                           Der vom Ziehklotz abgezogene Draht ist länger, aber dünner geworden. War er
                              									beispielsweise früher 6 mm dick, so beträgt sein Durchmesser nach dem Ziehen etwa
                              									nur noch 5,4 mm oder weniger. Aber der gezogene Draht weist eine größere Härte auf,
                              									die im allgemeinen um so beträchtlicher ist, je mehr er beim Ziehen verdünnt wurde.
                              									Ob der Draht jetzt ohne weiteres auf einem anderen Ziehklotz abermals dünner gezogen
                              									werden kann, oder ob er ausgeglüht werden muß, damit er wieder seine ursprüngliche Weichheit
                              									erlangt, hängt von dem Grade seiner Härte ab. Auch Draht mit ursprünglich geringer
                              									Festigkeit (Eisendraht im Vergleich zu Stahldraht) ist wie übrigens nach
                              									physikalischen Gesetzen erklärlich, durch den Ziehvorgang hart geworden. Er erlangt also in jedem Falle einen höheren Festigkeitsgrad. Deshalb darf Draht, der nach dem erstmaligen
                              									Ziehen nicht geglüht wurde, beim zweit maligen Ziehen
                              									nicht in dem gleichen Grade dünner gezogen werden. Mindestens müßte man die Ziehgeschwindigkeit entsprechend herabsetzen. Dies ist
                              									indessen nicht zu ermöglichen, weil gewöhnlich eine größere Anzahl Ziehtrommeln in
                              									einem Ziehtisch angeordnet sind (Abb. 3). Wie bereits
                              									ausgeführt, werden aber alle Ziehtrommeln eines Drahtziehtisches von einem
                              									gemeinsamen unter dem Fußboden liegenden Wellenstrang aus angetrieben und laufen
                              									deshalb mit der gleichen Umfangsgeschwindigkeit. Aus den genannten Gründen ist darum
                              									das Ausglühen eine unvermeidliche Maßnahme in der Drahtziehpraxis. Die Kosten dafür
                              									sind als anteilige Herstellungsunkosten ebenso zu berücksichtigen, wie die durch das
                              									weiter noch erforderliche Beizen und Entzundern des Drahtes entstehenden Kosten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 148
                              Abb. 3. Tisch mit 4 Frikt.-Grobzügen (W. Gerhardi, Lüdenscheid).
                              
                           Das Ausglühen erfolgt in der Weise, daß die Drahtringe in
                              									eiserne Fässer verpackt und diese, mit einem Deckel dicht verschlossen, in einen
                              									besonderen Glühofen eingesetzt werden. Nach dem Glühen
                              									weist der Draht, trotz guten Verschlusses der Einpackfässer, eine dünne Oxydschicht
                              									(Glühspan) auf, die vor dem abermaligen Ziehen des nun weichen Drahtes entfernt
                              									werden muß. Dies geschieht durch Beizen in der Weise, daß
                              									die Drahtringe in große Bottiche gelegt werden, die mit verdünnter Schwefelsäure
                              									gefüllt sind. Nach mehreren Stunden werden die Drahtringe herausgenommen und auf das
                              									äußere Ende von Wippbalken gelegt, deren kurzes Hebelende durch einen Daumen, auf
                              									langsam umlaufender Welle befestigt, periodisch herabgedrückt und dann plötzlich
                              									frei gegeben wird. Das lange Balkenende mit dem aufgelegten Drahtring fällt nun auf
                              									eine harte Bohlen- oder Steinunterlage, was zur Folge hat, daß der Glühspan
                              									absplittert. Neuere Einrichtungen dieser Art arbeiten wirtschaftlicher. – Bei der
                              									Anordnung nach Patent 492056 (Köster) erfolgt das Entzundern des Drahtes dadurch
                              									wesentlich schneller, daß ein zwei armiger Wippbalken in
                              									Anwendung kommt, der an seinen beiden Enden zur Aufnahme
                              									von Drahtringen eingerichtet ist und von seinem Drehpunkt aus in gleichmäßig auf und
                              									ab wippende Bewegung gebracht wird. Bei dieser Vorrichtung kann über die
                              									Aufnahmebügel an beiden Enden des Wippbalkens leicht je ein Drahtring
                              									geworfenund ebenso bequem auch wieder abgenommen werden, ohne daß eine
                              									Betriebsunterbrechung erforderlich ist.
                           Von der Wichtigkeit, beim Einrücken einer Ziehtrommel die Wirkung des plötzlichen
                              									Ruckes, der den zu ziehenden Draht zum Reißen bringen kann möglichst herabzumindern,
                              									wurde bereits gesprochen. Es kamen früher für diesen Zweck verschiedene Anordnungen
                              									zur Ausführung, die sich im Laufe der Zeit gegenseitig überholten. Heute sind
                              									allgemein sogen. Friktionsdrahtzüge in Gebrauch. Bei der
                              									von der Firma W. Gerhardi, Lüdenscheid, ausgeführten Bauart (Abb. 2) kommt eine im Innern der Ziehtrommel liegende
                              										Reibungskupplung, und als Verbindungsglied zwischen
                              									treibendem und getriebenen Teil eine in Oel arbeitende Schraubenfeder zur
                              									Verwendung. Während des Einrückens mittels des Fußhebels wird das obere Ende dieser
                              									Feder angezogen und dadurch das allmähliche Festziehen aller Federwindungen
                              									herbeigeführt. Als treibender Teil kommt eine geschliffene Hartgußmuffe mit
                              									mehrflächiger Bohrung in Anwendung. Für das Ausrücken während des Arbeitsganges ist
                              									bei dieser Anordnung ein nennenswerter Kraftaufwand nicht erforderlich.
                           Grobzüge zum Ziehen von Drähten im Durchmesser von etwa
                              									8–5 mm erhalten einen Trommeldurchmesser von 600–570 mm und erfordern zum Antrieb
                              									ungefähr 8 PS bei einer Leistung von etwa 1600 kg gezogenen Drahtes in achtstündiger
                              									Arbeitszeit. – Auf sogen. Mittelzügen wird Draht von
                              									3,5–2 mm Ø gezogen. Den Ziehtrommeln wird hier ein Durchmesser von 500–420 mm
                              									gegeben. Als Betriebskraft sind 4 PS in jedem Falle ausreichend bei einer Leistung
                              									von ungefähr 650 kg gezogenen Drahtes in achtstündiger Arbeitszeit. Für Feinzüge wird ein Ziehtrommeldurchmesser von 350–250 mm
                              									gewählt. Der zu verarbeitende Draht hat eine Dicke von 2–0,8 mm, und an
                              									Betriebskraft sind etwa 1,5 PS erforderlich. In achtstündiger Arbeitszeit kann etwa
                              									240 kg Draht gezogen werden.
                           Die vorerwähnten Einzeldrahtzüge dienen hauptsächlich zum
                              									Ziehen von dicken Drähten mit etwa 10–15 mm. Sie finden
                              									zumeist in Betrieben Verwendung, die nicht immer Drahtziehereien sind. Derartige
                              									Dickdrahtzüge werden deshalb nicht nur einzeln aufgestellt,
                              									sondern auch einzeln entweder durch Riemen mittels Stufenscheibe oder durch einen
                              									Elektromotor in Verbindung mit Wechselradgetriebe zur Erzielung verschiedener
                              									Geschwindigkeiten angetrieben. Die Ziehtrommel wird meist mit einem Durchmesser von
                              									700, seltener von 650 mm ausgeführt. Bei einer Umlaufszahl von 25–40 minutlich kann
                              									auf einem Einzeldrahtzug – bei geschickter Ausnützung seiner Uebersetzung – in
                              									achtstündiger Arbeitszeit etwa 2000–3000 kg Draht gezogen werden, wobei mit einem
                              									Kraftverbrauch von rund 12 PS für den Antrieb zu rechnen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 149
                              Abb. 4. Aut. Drahtricht- und Abschneidemaschine. (Fa. Cari Semper & Co.,
                                 										Greiz).
                              
                           Der Umstand, daß auch der auf Einzeldrahtzügen hergestellte Dickdraht ebenfalls hart
                              									geworden ist, wird hier insofern ausgenützt, als der Draht ohne weiteres von der
                              									Ziehtrommel weg weiter verarbeitet werden kann. Er wird zu diesem Zweck auf
                              									Drahtrichtmaschinen gerade gerichtet und zugleich in kürzere oder längere Enden
                              									geschnitten, damit er zu den verschiedensten Gegenständen wie Spindeln, Bolzen,
                              									Schrauben und dergl. verarbeitet werden kann. – Die Drahtrichtmaschinen sind – insbesondere in der Bauart der Firma Carl
                              									Semper & Co. in Greiz – zugleich selbsttätige Abschneidemaschinen, die den Draht vom Ring aus nicht nur völlig gerade
                              									richten, sondern auch den gerichteten Draht in längere oder kürzere Stücke,
                              									entsprechend der Einstellung, zerschneiden. Die Wirkungsweise der
                              									Drahtrichtmaschinen besteht darin, daß der Draht durch mehrere verstellbare Richtkluppen hindurch gezogen wird. Diese Richtkluppen
                              									sind in einem langgestreckten Kluppengehäuse mit
                              									wagerecht liegender Axe so angebracht, daß sie einzeln von außen her verstellt
                              									werden können. Vor und hinter dem Kluppengehäuse sind Zugwalzenpaare angeordnet, die lediglich für die Zuführung und Abführung
                              									des Drahtes bestimmt sind, während das eigentliche Geraderichten im Kluppengehäuse stattfindet. Für den Arbeitsgang werden
                              									die Richtkluppen mit ihren Richtdüsen so eingestellt, daß der Draht darin schlangenförmig langsam hindurch gezogen wird, sobald die
                              									Maschine in Tätigkeit kommt. Die erwähnten Walzenpaare werden durch Räder
                              									inVerbindung mit einer Gelenkkette in gleichmäßige Drehung versetzt, während
                              									das Kluppengehäuse gewöhnlich von einem Deckenvorgelege aus in schnelle Umdrehung
                              									gebracht wird. (Abb. Nr. 4.) Da die Richtdüsen exzentrisch zur Achse des
                              									Kluppengehäuses eingestellt sind, machen sie zu dieser stets eine Kreisbewegung.
                              									Damit führt aber jeder Punkt des Drahtes eine Schraubenlinie mit großer Steigung aus
                              									und lediglich diese Bewegung ist es, die das
                              									Geraderichten des Drahtes herbeiführt. Der beständig weiter wandernde gerichtete
                              									Draht kommt dann in die Meß- und Abschneidevorrichtung der Maschine (Abb.
                                 									5), wo er je nach Erfordern in kurzen Stücken oder in größeren Längen (etwa 1
                              									m) selbsttätig abgeschnitten wird. Genannte Firma baut die Drahtrichtmaschinen in
                              									mehreren Größen. Maschinen in großer Ausführung sind zum
                              									Richten von Drähten im Durchmesser von 9–15 mm und zum Schneiden von Stücken mit
                              									100–50000 mm Lauge bestimmt. Mit dem kleinen Modell
                              									können Drähte im Durchmesser von 0,5–2 mm gerichtet und Längen von 15–1000 mm
                              									geschnitten werden. (Abbildg. 5.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 149
                              Abb. 5. Aut. Drahlricht- und Abschneidemaschine. Kleines Modell. (Fa. Carl
                                 										Semper & Co., Greiz).
                              
                           Aber auch Drahtrichtmaschinen für Massenerzeugung werden in
                              									Sonderausführung gebaut. So sind Doppel-Richt- und
                              									Abschneidemaschinen recht vorteilhaft, da sie das Richten und Schneiden von
                              									gleichzeitig zwei Drähten mit 0,8–2 mm Ø in Längen von
                              									20–1000 mm ermöglichen. Als weitere, für hohe Leistung berechnete Sonderbauart mögen
                              									hier die automatischen Drahtricht- und Abschneidemaschinen für Blumendrähte erwähnt sein. Mit diesen Maschinen können gleichzeitig drei
                              									Blumendrähte in Dicken von 0,5 bis 2 mm gerichtet und in Längen bis 6000 mm
                              									geschnitt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 346, S. 150
                              Abb. 6. Richt- und Abschneidemaschine für Profil- und Runddrähte (Carl Semper
                                 										& Co.).
                              
                           Von der genannten Firma werden weiter auch noch Drahtricht- und Abschneidemaschinen
                              									gebaut, die sowohl Runddrähte, als auch besonders Profildrähte zu verarbeiten gestatten. (Abb. Nr. 6.) Die Arbeitsweise
                              									solcher Maschinen ist jedoch eine andere als bei den vorbehandelten. Der
                              									Richtvorgang wird hier durch zwei hinter einander gebaute Rollenrichtapparate bewerkstelligt,von welchen der eine wagerecht,
                              									der andere senkrecht auf den Profildraht einwirkt. Die Richtwirkung kommt also
                              									gleichzeitig in zwei senkrecht zu einander liegenden Ebenen zur Geltung. Dei
                              									einzelnen Richtrollen in den beiden Richtkörpern können durch Stellschrauben
                              									unabhängig von einander eingestellt werden. Für den Vorschub kommen statt der Rollen
                              									Zugzangen in Anwendung, die auf hin und her gleitenden, durch Kabelstangen betätigte
                              									Schlitten angeordnet sind.