| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 179 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Unterirdische Motoren für Förderungs-, Wasserhaltungs- und
                              									Ventilationszwecke.
                           Die Direktion der Mansfeld'schen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft zu Eisleben
                              									hatte im vergangenen Jahre einen Preis ausgeschrieben für die beste Lösung der
                              									Aufgabe, einen unterirdischen Motor für Förderungs-, Wasserhaltungs- und
                              									Ventilationszwecke zu beschaffen, welcher in etwa 500m Tiefe und in Entfernungen von 1000m
                              									vom Schachte eine Betriebskraft von 10e benutzbar
                              									macht, womit jedoch eine Störung des Grubenbetriebes durch entweichende Gase oder
                              									Verbrennungsproducte nicht verbunden sein darf.
                           Von den zahlreich eingelaufenen Bewerbungen wurde keiner der ausgesetzte Preis
                              									zuertheilt. Die von Prof. Gust. Herrmann in Aachen und
                              									von Oberingenieur Wilh. Meyer in Graz eingereichten
                              									Abhandlungen wurden aber mit Rücksicht auf die gebotenen Erörterungen, Berechnungen
                              									und Constructionsangaben von der Preisstellerin für je 1500 M. erworben. Nach der
                              										Wochenschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                              									1883 S. 468 bezieh. 1884 S. 24 haben die Genannten die Lösung der Preisaufgabe in
                              									folgender Weise vorgezeichnet.
                           Nach einer kritischen Beurtheilung aller bisher überhaupt bekannt gewordenen
                              									Ferntrieb-Einrichtungen gelangt Prof. Herrmann auf
                              									Grund angestellter Rechnungen zum Schlüsse, daſs der beabsichtigte Zweck am besten
                              									unter Verwendung hochgepreſsten Wassers (bis zu 100at Ueberdruck) zu erreichen ist, welches von einem über Tage aufgestellten
                              									Accumulator aus durch enge schmiedeiserne Röhren den Betriebsstellen zuzuführen ist,
                              									um dort entsprechend construirte Wassersäulen-Zwillingsmaschinen in Bewegung zu
                              									setzen. Für diese Maschinen, welche wegen des hohen Druckes nur geringe Abmessungen
                              									erhalten, sind in der Abhandlung zwei Constructionen, eine für feste Aufstellung und
                              									eine bewegliche, zur Befestigung auf einem Förderwagengestelle, angegeben. Durch die
                              									Verwendung so hoher Pressungen werden gegenüber den bisherigen Maschinen mit
                              									geringeren Drucksäulen namhafte Vortheile erreicht, indem nicht bloſs die nöthigen
                              									Zuleitungsröhren nur geringe Weiten (80 bis 100mm)
                              									erfordern und daher die in diesen Röhren enthaltene todte Masse des Wassers sehr
                              									klein ausfällt, sondern auch, wie die Rechnung zeigt, gerade hierdurch eine sehr
                              									ökonomische Wirkung der Kraft erzielt wird. Die Beschaffung des hochgepreſsten
                              									Wassers ist in Bergwerken fast immer leicht dadurch zu erreichen, daſs man die
                              									bereits vorhandenen Wasserhaltungsmaschinen dazu benutzt, das gebrauchte
                              									Betriebswasser wieder zu Tage und in den Accumulator zu pumpen. Da diese Wasserhaltungsmaschinen
                              									in den meisten Fällen eine überschüssige, für den gröſsten Wasserandrang bemessene
                              									Gröſse und während der längsten Zeit nur einen Theil ihrer Leistungsfähigkeit zu
                              									entwickeln haben, so ist auf dem angegebenen Wege die Möglichkeit dargeboten, diese
                              									überschüssige Kraft für die geforderten Betriebszwecke in den Strecken nutzbar zu
                              									machen. Nur für den Fall, daſs solche überschüssige Kraft der
                              									Wasserhaltungsmaschinen nicht vorhanden sein sollte, würde die Aufstellung einer
                              									besonderen Pumpmaschine über Tag vorzusehen sein, welche als centraler Motor dient,
                              									dessen Kraft durch die gedachte Hochdruckwasserleitung nach den verschiedenen
                              									unterirdischen Betriebspunkten fortgepflanzt wird.
                           Es erscheint demnach der Schluſs berechtigt zu sein, daſs die elektrische Kraftübertragung, die neuerdings so groſse Erwartungen rege
                              									gemacht hat und für welche gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Feld der
                              									Anwendung darbieten dürfte, noch nicht auf der Stufe sich befindet, um gröſsere
                              									Kräfte in einer den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Weise zu übertragen.
                              									Ebenso erscheint die Verwendung gepreſster Luft, von welcher bei der Bohrung der
                              									groſsen Alpentunnele ein so ausgedehnter Gebrauch gemacht wurde, vom ökonomischen
                              									Standpunkte aus sehr unvollkommen, da die damit verbundenen Kraftverluste sehr
                              									beträchtlich und daher die erzielbaren Wirkungen sehr gering sind, wie die Theorie
                              									und die Erfahrung lehren.
                           Oberingenieur Meyer gelangte zu gleichen
                              									Schluſsresultaten wie Prof. Herrmann; doch ging das
                              									Wesen seines Vorschlages dahin, Wasser von 200 bis 250at Spannung zu verwenden. Während sich für die in der Grube wirkende
                              									Arbeitsmaschine leichter Typen finden lassen, ist es vor Allem wichtig, die
                              									Arbeitstransmission so einfach und den Grubenbetrieb so wenig wie möglich hindernd
                              									zu gestalten. Die elektrische Arbeitsübertragung ist in dieser Beziehung die
                              									vortheilhafteste; doch hier sind es gerade die Arbeitsmaschinen, welche in den
                              									bisher gebauten Typen den Bedingungen des Programmes und mancherlei Anforderungen
                              									des Grubenbetriebes nicht entsprechen. Die vorgeschlagenen Wasserspannungen
                              									gestatten, bis zu einer Leistung von 20e
                              									schmiedeiserne gezogene Röhren von 40mm Lichtweite
                              									zu verwenden. Das einzige Bedenken der einen hohen Nutzeffect in Aussicht stellenden
                              									Anlage ist ein allmähliches Inkrustiren der Röhren, weshalb im Bedarfsfalle auf eine
                              									Reinigung des Wassers oder Verwendung stets desselben Wassers Bedacht zu nehmen ist.
                              									Für alle mit Wasser arbeitenden Maschinen ist leicht auswechselbare
                              									Lederstulpdichtung in Aussicht genommen, welche trotz der kleinen Abmessungen der
                              									Plunger noch immer wenig Arbeit für Reibung verzehrt.
                           Damit die mit Wasser von hoher Spannung bedienten Motoren in der Grube stoßfrei und mit denkbar möglicher Wasserökonomie
                              									arbeiten, sind von W. Meyer einige zum Theile neue
                              									Constructionen in Vorschlag gebracht worden.
                           
                        
                           Dreifache Eisenbahnkreuzung.
                           Die amerikanische Railroad Gazette lenkt die
                              									Aufmerksamkeit auf ein wahrhaftes Curiosum der heutigen Eisenbahntechnik: die
                              									Kreuzung dreier Hauptbahnen in verschiedenen Höhen.
                              									Unweit von Pittsburg bei der Millville-Station zwängt sich von Osten nach Westen die
                              									Pennsylvania-Bahn durch ein enges Thal; von Süden kommend bricht die Junction
                              									Railroad aus einem Hügel hervor, um sofort wieder unterhalb des
                              									Pennsylvania-Geleises die Tiefe zu suchen, und hoch in der Luft 21m über ersterer, 27m über letzterer Linie zieht die East End Railroad dahin in einer kühnen
                              									Gitterbrücke von 229m Gesammtlänge, 37m gröſster Spannweite. – Ein ähnliches, wenngleich
                              									weniger imposantes Zusammentreffen tritt uns in der Nähe von Ludgate Hill Station in
                              									London entgegen. Hier überbrückt die London Chatham- und Dover-Bahn den Straſsenzug,
                              									während unterhalb desselben zwei Linien der unterirdischen Metropolitan Railroad
                              									sich kreuzen. (Nach dem Engineer, 1884 Bd. 57 S.
                              									221.)
                           
                        
                           Bewegliches Gerüst für den Bau und die Ausbesserung von
                              									Fabrikschornsteinen.
                           Broussas verwendet, wie die Annales industrielles, 1884 Bd. 1 * S. 26 mittheilen, für den Bau und die
                              									Ausbesserung von Fabrikschornsteinen ein einfaches bewegliches Gerüst, bestehend
                              									aus zwei Rahmen, welche je aus vier durch Eisenbänder verbundene Doppelbalken
                              									gebildet werden; letztere werden kreuzförmig um den Schornstein gelegt und an
                              									denselben durch Schraubenwinden, welche mittels Ketten je zwei gegenüber liegende
                              									Balken zusammenziehen, kräftig angepreſst. Die Schraubenwinden werden durch mittels
                              									Handgriff drehbare Doppelschrauben mit Rechts- und Linksgewinde, welche in je ein
                              									mit Muttergewinde versehenes Kettenglied eingreifen, gebildet; ferner werden die
                              									rechtwinklig zu einander liegenden Balken eines Rahmens durch Ketten zusammengezogen
                              									und zwischen die inneren Balken und die Schornsteinfläche Keile, welche gegen die
                              									Balken in Eisenbändern verschieblich angeordnet sind, getrieben. Die gegenseitige
                              									Abstützung der beiden in ungefähr 2m,5 Entfernung
                              									von einander um den Schornstein festgelegten Rahmen erfolgt durch vier Eisenstüzen,
                              									deren jede aus zwei Theilen besteht, welche durch eine Rechtsund Linksschraube
                              									zusammengezogen werden. Auf diese Weise wird ein Gerüst mit genügender Haltbarkeit
                              									um den Schornstein gelegt, welches mit einem kleinen Krahne o. dgl. zum Aufziehen
                              									von Baumaterialien versehen wird. Der untere Rahmen trägt die Laufbretter,
                              									aufweichen die Arbeiter stehen; senkrechte Stäbe, welche zwischen die äuſseren
                              									Balken des oberen und unteren Rahmens gestellt und noch durch wagrechte Stangen
                              									verbunden werden, bieten den Arbeitern eine Art Schutzgeländer.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 252, S. 181
                              
                           Gegenüber dieser Construction scheint der Besteigapparat von Yule und Wilkie in Glasgow (vgl. 1850 117 * 406 und wiederholt 1874 214 * 195) doch einfacher und die Verschiebung desselben ungleich leichter
                              									zu bewerkstelligen, ganz abgesehen von den noch einfacheren Steigeapparaten für je
                              									einen Arbeiter, z.B. jenen von E. v. Mengden in Ehrenfeld bei Köln (* D. R. P. Kl. 77 Nr. 4524 vom 18.
                                 										Juli 1878 und Zusatz * Nr. 8299 vom 1. April 1879).
                           
                        
                           Akustischer Umlaufzähler für Spinnereispindeln.
                           Bekanntlich beurtheilt man bei physikalischen und technischen Untersuchungen den
                              									Gleichförmigkeitsgrad sehr rascher Drehbewegungen am einfachsten nach der Stetigkeit
                              									des Tones, welchen irgend ein durch den bewegten Theil in Schwingungen versetzter
                              									Körper erzeugt. Für ein geübtes Ohr wird es aber auch nicht schwierig sein, aus der
                              									Höhe des Tones auf die Tourenzahl eines umlaufenden Maschinentheiles zu schlieſsen.
                              									Dies benutzt Prof. R. Escher in Zürich nach dem Centralblatt für die Textilindustrie, 1884 S. 2, um auf
                              									eine einfache und verhältniſsmäſsig sichere Weise die Drehungszahl von
                              									Spinnereispindeln zu ermitteln, wo mechanische Zählapparate ihres nicht
                              									unbeträchtlichen Kraftverbrauches wegen meistens recht ungenaue Angaben liefern.
                           Auf eine leere hölzerne Nähfadenspule wird ein mit Leim bestrichener Papierstreifen
                              									gleich der Spulenbreite gewickelt. Nach dem Trocknen werden alsdann in den
                              									entstandenen Papiercylinder in gleichen Abständen Löcher eingeschnitten. Steckt man
                              									diesen Cylinder alsdann auf eine rotirende Spindel und bläst durch ein Röhrchen
                              									einen Luftstrom auf denselben, so hat man eine vollkommene Sirene und kann aus der
                              									Höhe des Tones auf die Umlaufzahl der Spindel schlieſsen. Ein Irrthum in der
                              									Auffassung der Tonhöhe ist bei einiger Uebung wohl nur um eine ganze Octave möglich
                              									und würde dann der Fehler sofort bemerkt werden, da eine solche Annahme sogleich zu
                              									einer 2 mal zu groſsen oder zu kleinen Drehungszahl führen würde.
                           Wäre eine solche Sirene mit 4 Löchern versehen, so würde sich die Umlaufzahl aus der
                              									nachfolgenden Tabelle ergeben. Die beigeschriebenen Differenzen können zur
                              									Erleichterung der Interpolation dienen. Der Tabelle ist Pariser Stimmung zu Grunde
                              									gelegt (a1 = 435 Schwingungen in der Secunde):
                           
                           
                              
                                 Ton
                                 Umlaufzahl
                                 Differenz
                                 Ton
                                 Umlaufzahl
                                 Differenz
                                 
                              
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                                 2589,4
                                 –
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                                 258,8
                                 
                              
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                                 2743,4
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                                 e1
                                 4888,2
                                 274,4
                                 
                              
                                 g
                                 2906,5
                                 163,1
                                 f1
                                 5178,8
                                 290,6
                                 
                              
                                 gis
                                 3079,4
                                 172,9
                                 fis1
                                 5486,8
                                 308,0
                                 
                              
                                 a
                                 3262,5
                                 183,1
                                 g1
                                 5813,1
                                 326,3
                                 
                              
                                 ais
                                 3456,5
                                 194,0
                                 gis1
                                 6158,7
                                 345,6
                                 
                              
                                 h
                                 3662,0
                                 205,5
                                 a1
                                 6525,0
                                 366,3
                                 
                              
                                 c1
                                 3879,8
                                 217,8
                                 ais1
                                 6913,0
                                 388,0
                                 
                              
                                 cis1
                                 4110,4
                                 230,6
                                 h1
                                 7324,0
                                 411,0
                                 
                              
                                 d1
                                 4355,0
                                 244,6
                                 c2
                                 7759,5
                                  435,5.
                                 
                              
                           Zur sichereren Bestimmung der Tonhöhe könnte eine Stimmflöte benutzt werden, welche
                              									zudem so eingerichtet sein könnte, daſs sie ein direktes Ablesen der Umlaufzahl
                              									gestattete. Unbequem ist es auch, daſs man die Sirene anblasen muſs; doch lieſse
                              									sich dies vielleicht durch eine andere Einrichtung umgehen.
                           
                        
                           Ulffers' Zapfenlager mit Schalen aus Pergamentpapier.
                           Nach F. W.
                                    											Ulffers in Berlin (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 24837 vom 19. Mai 1883) soll
                              									Pergamentpapier als Zapfenlagerungsmaterial in der Weise verwendet werden, daſs der
                              									Zapfendruck auf die Kanten der stark zusammengepreſsten, nach dem Profile der
                              									Lagerschalen ausgeschnittenen Papierscheiben lastet. Die Papierscheiben erfüllen
                              									nicht die ganze Länge des Kastens, sondern es sind die einzelnen Scheibenpäckchen
                              									durch Zwischenlagen aus anderem Materiale getrennt. Eine reichliche Schmierung
                              									vorausgesetzt, mag in der That dieses Lager recht gute Resultate liefern, da stark
                              									zusammengepreſstes Pergamentpapier sich als eine harte hornartige Masse darstellt,
                              									welche durch Wasser oder Oel auſserordentlich schlüpfrig wird.
                           
                        
                           Ruſslands Zuckerindustrie.
                           Ruſsland verarbeitete im Betriebsjahre 1882/83, wie A.
                                 										Tolpygin in der Deutschen Zuckerindustrie,
                              									1884 S. 360 berichtet, in 243 Fabriken von 3 663186t geernteten Rüben bis zum 1. December 1883 2950714t von 12,9 Proc. mittlerem Zuckergehalte. Der
                              									Zuckerertrag für das ganze Betriebsjahr wird voraussichtlich 301960t betragen.
                           Am bedeutendsten ist die Zuckerindustrie im Gouvernement Kiew, dann folgen Podolien,
                              									Charkow, Warschau, Kursk und Wolhynien.
                           
                        
                           Ueber südbayerische Kohlen.
                           E. Heyrowsky bespricht in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
                                 										Vereinsmittheilungen 1884 S. 38 eingehend den Bergbau auf den Gruben zu
                              									Miesbach, Hausham und Au. Die Kohlenflötze finden sich in der oligocänen
                              									Süſswassermolasse. Die Förderung ist auf jährlich etwa 275000t gestiegen. Miesbacher Kohle hatte folgende
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                  50
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                    4
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                  17
                                 
                              
                                 Schwefel
                                    3
                                 
                              
                                 Wasser
                                  10
                                 
                              
                                 Asche
                                  16
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 100.
                                 
                              
                           
                        
                           Erstarrungstemperatur von Gasen und Flüssigkeiten.
                           Läſst man nach K. Olszewski (Monatshefte für Chemie,
                              									1884 S. 127) in eine Glasröhre, welche in flüssiges, bei gewöhnlichem Drucke bis auf
                              									102° erkaltetes Ethylen eingetaucht ist, Chlor
                              									eintreten, so bildet sich alsbald eine orangegelbe Flüssigkeit, in welcher sich
                              									gelbe Krystalle ausscheiden. Setzt man die Temperatur noch um einige Grad herab, so
                              									gefriert die ganze Flüssigkeit zu einer gelben krystallinischen Masse. Es ist somit die Temperatur von –
                              									1020 die Erstarrungstemperatur des Chlores. (Vgl. v.
                                 										Wroblewski S. 87 d. Bd.)
                           Chlorwasserstoff bild et bei –102° eine farblose
                              									Flüssigkeit und erstarrt bei –115,7° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche
                              									bei –112,50 wieder zu schmelzen beginnt.
                           Arsenwasserstoff war bei –102° eine farblose
                              									Flüssigkeit, bildete bei –118,9° eine weiſse krystallinische Masse und schmolz
                              									wieder bei –113,5°. Wurde die Temperatur des Ethylens durch Hinzugieſsen von Aether
                              									bis auf –54,8° erhöht, so begann der Arsenwasserstoff zu sieden. Fluorsilicium erstarrte in der bis auf –102° erkalteten
                              									Glasröhre zu einer weiſsen amorphen Masse, welche bei Erhöhung der Temperatur
                              									langsam verdampfte, ohne vorher eine Flüssigkeit zu bilden.
                           Von Alkohol und Wasser befreiter Aethyläther erstarrte
                              									bei –129° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche sich bei –117,4° wieder in
                              									eine Flüssigkeit verwandelte.
                           Reiner Amylalkohol (Siedepunkt 131,60), bildete bei
                              									–102° eine ölartige Flüssigkeit, war bei –115° noch butterartig weich und gefror
                              									erst vollständig bei –1340 zu einer harten, halbdurchsichtigen, amorphen Masse.
                           
                        
                           Zur Kenntniſs der Pflanzenfarbstoffe.
                           Behandelt man nach R. Benedikt (Monatshefte für Chemie, 1884 S. 63) in Eisessig suspendirtes Morin mit Salpetersäure, so löst es sich ohne
                              									Gasentwickelung auf. Baryt fällt amorphe Nebenproducte und geringe Mengen einer
                              									krystallisirbaren Nitro Verbindung und aus dem Filtrate erhält man durch
                              									Ausschütteln mit Aether Resorcylsäure.
                           Die neuholländische Strohblume, Helichrysum bracteatum,
                              									deren Blüthen sich durch die lebhaft gelbe Farbe auszeichnen, welche sogar durch
                              									lange direkt einwirkendes Sonnenlicht keine Veränderung erleidet, wird gegenwärtig
                              									allgemein in den Gärten Deutschlands kultivirt, indem die getrockneten Knöpfchen zu
                              									Immortellenkränzen verwendet werden. Daselbst ist es an manchen Orten auch
                              									gebräuchlich, die getrockneten Knöpfchen in Boraxlösung, welcher man etwas Salzsäure
                              									zufügt, einzutauchen, wodurch die Involucralblättchen schön rubinroth gefärbt
                              									werden.
                           Nach Versuchen von A. Rosoll (daselbst S. 94) läſst sich
                              									der Farbstoff schwer durch kaltes, leicht durch kochendes Wasser, Weingeist,
                              									Alkohol, Aether und organische Säuren (Essigsäure, Oxalsäure und Weinsäure), nicht
                              									aber durch Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff ausziehen. Er färbt Wolle und
                              									Seide gelb und bildet, je nach der Behandlung rothe und gelbe Lacke. Dieser neue
                              									Farbstoff, Helichrysin genannt, zeichnet sich noch
                              									dadurch aus, daſs er sowohl durch Mineralsäuren, als auch durch Alkalien purpurroth
                              									gefärbt und von Metalloxyden und deren Salzen im Extracte mit rother Farbe gefällt
                              									wird. Die Verbindung, welche in alkalischer Lösung sowohl von Natriumamalgam, als
                              									auch von Schwefligsäure stark reducirt wird, dürfte als chinonartige Verbindung
                              									anzusehen sein, was selbstredend erst durch die genaue chemische Analyse
                              									festgestellt werden kann.
                           Der häufig vorkommende Pilz Peziza aurantia enthält
                              									ebenfalls einen eigenthümlichen gelben Farbstoff, Pezigin genannt.
                           
                        
                           Herstellung von Anthrachinonverbindungen.
                           Erhitzt man nach H. Engelsing in
                              										Witten (D. R. P. Kl. 22 Nr. 26432 vom
                                 										25. August 1883) 1 Th. Anthrachinonsulfosäure mit 2 Th. rauchender
                              									Salpetersäure und 3 bis 10 Th. Schwefelsäure, so steigt nach der Beendigung der
                              									Nitrirung die Temperatur und es entweicht unter heftigem Aufschäumen Schwefligsäure.
                              									Nach Beendigung des Schäumens erhält man das Gemisch noch 10 bis 15 Minuten auf 180
                              									bis 1850. Durch Behandeln des Reactionsproductes mit Alkohol kann man den
                              									gebildeten, leicht löslichen, rothen Farbstoff von dem schwer löslichen
                              									blauvioletten trennen.
                           Der blauviolette Farbstoff ist leicht löslich in Wasser
                              									und bildet mit Basen blaue neutrale und basische Salze. Der rothe Farbstoff bildet rothe neutrale und blaue basische Salze. Beide
                              									Farbstoffe werden durch gebeizte Faserstoffe fixirt.
                           Beim vorsichtigen Erhitzen der Nitroanthrachinonsulfosäuren bezieh. ihrer Salze,
                              									ebenso der Disulfosäuren bezieh. deren Salze, auf 150 bis 180° findet ein lebhaftes
                              									Aufblähen der Masse statt, indem die schwach gelbe Färbung allmählich in eine tief
                              									schwarze Farbe übergeht. Nach 5 bis 10 Minuten langem Erhitzen auf genannter
                              									Temperatur ist die Umwandlung vollständig vor sich gegangen. Leichter noch gelingt
                              									dieselbe durch einen geringen Zusatz von Schwefelsäure, welcher jedoch den dritten
                              									Theil bis die Hälfte der in Anwendung gekommenen Nitroanthrachinonsulfosäuren nicht
                              									übersteigen darf, weil sich sonst auch noch nebenher rothe und violette Farbstoffe
                              									bilden würden. Sehr verdünnte Lösungen dieses schwarzen Farbstoffes haben einen
                              									Blaustich. In Alkohol, Aether, Eisessig u. dgl. ist er unlöslich, in Schwefelsäure
                              									löst er sich mit schwarzgrüner Farbe. Mit Basen verbindet er sich zu neutralen und
                              									basischen Salzen. Beide Salzverbindungen besitzen eine schwarze Farbe und sind, mit
                              									Ausnahme der Alkalisalze, in Wasser fast unlöslich. Die Faser gebeizter Stoffe
                              									fixirt die Farbe.
                           Um diese Farbstoffe, Oxyverbindungen der Anthrachinonabkömmlinge, in ätherartige
                              									Verbindungen überzuführen, ist es zweckmäſsig, dem Gemische des Farbstoffes mit
                              									Schwefelsäure gleich nach dem Erkalten den betreffenden Alkohol zuzusetzen und zwar
                              									am besten in einem Verhältnisse von 2 : 1. Man erhitzt dieses Gemisch in einem
                              									Kolben mit aufsteigendem Kühler ½ bis 1 Stunde auf 90 bis 120°. Neutralisirt man
                              									darauf vorsichtig, so lassen sich die Aether durch Sublimation rein gewinnen, oder
                              									man kann dieselben auch durch Destillation mit Wasserdämpfen oder Alkohol in
                              									wässeriger oder alkoholischer Lösung erhalten. In ihren äuſseren Eigenschaften sind
                              									der Methyläther und der Aethyläther von einander nicht zu unterscheiden. In
                              									trockenem Zustande stellen diese Aether ein braunes Pulver dar mit grünlichem
                              									Metallreflexe, in Alkohol lösen sie sich ziemlich leicht mit fast fuchsinrother
                              									Farbe auf. Die neutralen Salze der Aether sind in Wasser mit rother Farbe löslich,
                              									die basischen haben eine blaue Farbe und sind, mit Ausnahme der Alkalisalze, in
                              									Wasser unlöslich.
                           Durch mehrtägiges Erhitzen des Methyläthers bezieh. seiner Barytsalze mit etwas
                              									überschüssigem Aetzbaryt und Wasser erhält man, nachdem vorher durch Einleiten von
                              									Kohlensäure oder vorsichtiges Zusetzen von Schwefelsäure aller Baryt ausgefällt ist,
                              										Vanillin. Wendet man anstatt des Methyläthers den
                              									Aethyläther an, so erhält man den Aethyläther des Dioxybenzaldehyds, welcher
                              									gleichen Geruch und gleiche Krystallformen und Farbe besitzt wie das Vanillin.
                           Das Vanillin wird auch auf folgende Weise gewonnen: Man
                              									fällt aus den beschriebenen, durch Erhitzen von Schwefelsäure mit den Nitro- und
                              									Amidoanthrachinonen bezieh. deren Sulfosäuren erhaltenen rohen Massen, bestehend aus
                              									den rothen und violetten sowie schwarzen Farbstoffen und Schwefelsäure, mit einer
                              									wässerigen Lösung von Aetzbaryt die basischen Salze aus. In dieses kochende Gemisch
                              									läſst man, unter Ersatz des verdampften Wassers allmählich so viel
                              									Methylschwefelsäure eintröpfeln, daſs die Schwefelsäure zur Fällung des Bariums aus
                              									der organischen Verbindung gerade hinreicht. Wendet man anstatt der
                              									Methylschwefelsäure die Aethylschwefelsäure an, so erhält man den Aethyläther des
                              									Dioxybenzaldehyds. Das Vanillin und der Aethyläther des Dioxybenzaldehyds lassen
                              									sich der wässerigen Lösung durch Aethyläther, Chloroform u.s.w. entziehen.
                           Das Vanillin wird ebenfals erhalten, wenn man die basischen Barytsalze der oben
                              									beschriebenen Farbstoffe mit einer zur Umsetzung berechneten Menge
                              									Methylschwefelsäure in geschlossenen Röhren auf 150 bis 170° erhitzt. Bei Anwendung
                              									von Aethylschwefelsäure entsteht auch nach dieser Methode der Aethyläther des
                              									Dioxybenzaldehyds.